2 - Tochter verstoßen
Ich wachte auf und schaute auf die Uhr. Es war 11 Uhr morgens. Meine Eltern mochten es nicht, dass ich so lange schlief, aber heute war es mir wirklich egal. Ich war gestern alleine bei der Veranstaltung, ohne sie.
Ich legte meine Decke über den Kopf und versuchte nochmal einzuschlafen, doch das war nicht möglich, denn meine Schwester Jenny kam in mein Zimmer getrampelt.
„Aufwachen. Unsere Eltern wollen heute mit dir reden. Ich wette, du hast wieder was angestellt", sagte sie energisch.
„Jenny, du nervst, okay? Lass mich in Ruhe und sei nicht so laut", entgegnete ich gereizt unter meiner Decke.
„Mom, Naomi möchte nicht in die Küche kommen'", schrie sie nach unten.
„Das würde ich ihr nicht raten. Wenn sie nicht runterkommt, komme ich zu ihr", hörte ich sie schreien.
„Okay gut, ich komme ja. Aber ich will mich erst fertig machen", entgegnete ich nun genervt und blickte Jenny böse an.
Meine Schwester streckte mir die Zunge raus und knallte die Tür zu. Ich rollte meine Augen und stand nun auf. Meine Schwester ist 2 Jahre jünger, verhält sich aber wie ein Teenager, obwohl sie 19 Jahre alt ist.
Ich machte mich im Bad fertig, schminkte mich und ging die Treppe runter in die Küche.
„So, um was geht es?", fragte ich leicht provokant. Meine Stimmung war sowieso schon gekippt. Eigentlich hatte ich wirklich keine Motivation, mir das Gespräch anzuhören.
„Dir auch einen Guten Morgen. Wir wollten darüber reden, dass du wieder zu spät gekommen bist", sagte mein Vater.
„Dad, wir hatten doch das Gespräch schon so oft. Können wir einmal nicht darüber reden?", fragte ich und lehnte mich am Stuhl an, während ich meine Arme auf meinen Bauch legte. Erschöpft atmete ich aus und starrte nur auf die Tischdecke.
„Nein. Und außerdem wollte ich was anderes sagen. Es war unklug von mir, dich anzuschreien und das tut mir auch leid", sagte er nun etwas bedrückt.
Ich rollte meine Augen. „Dad, dieses Gespräch ist unnötig, denn wenn ich wieder unterwegs bin, komme ich wieder zu spät und dann geht alles von vorne los", sagte ich nun schwer atmend.
„Junge Dame. Zügel dich in deinem Ton zu deinem Vater", sagte meine Mutter verärgert. Ich blickte auf und man konnte in ihren Augen sehen, dass ich sie anwiderte.
„Du zickst mich doch auch immer an. Zumindest entschuldigt sich Dad noch. Von dir kommt nichts", sagte ich und stand energisch auf.
„Naomi, wo gehst du hin?", fragte mich mein Vater in einem doch besorgten Ton.
„Am besten zieh ich aus. Niemand von euch interessiert sich für mich und ich muss mir seit Jahren anhören, was ich falsch mache. Hauptsache ihr habt alles, was ihr braucht. Aber ich... Ich bin nur eine Last für euch", sagte ich. Die Tränen waren mir nahe, doch ich hielt sie zurück, um nicht schwach rüberzukommen.
„Mach das. Du wirst wieder bettelnd zurückkommen", sagte meine Mutter.
Ich drehte mich schlagartig um, versuchte, die Tränen in Schach zu behalten und wollte meiner Mutter zeigen, dass ich auch anders kann.
„Anna!", schrie mein Vater meine Mutter an. „Was? Wenn sie es so will, soll sie doch gehen. Ben, ich habe keine Lust jedes Mal mit ihr zu diskutieren", sagte meine Mutter genervt und stand auf. Sie lehnte sich mit ihren Armen an den Stuhl ab.
„Anna, das ist noch unsere Tochter. Vergiss das nicht. Du führst dich auf, als wäre das eine Fremde", mein Vater war entsetzt von ihrer Aussage. Das hatte sie mir in den letzten Jahren noch nie an den Kopf geworfen.
„Ich bin ihr nie wichtig gewesen, Dad. Ich wusste das früher und jetzt hat sich das nicht geändert", sagte ich enttäuscht. Meine Schwester rollte mit den Augen.
„Oh man, das ist ja mal ein Drama. Kann ich gehen? Das Gespräch mit ihr
ist doch unnötig", sagte sie genervt.
Ich schaute sie böse an, ehe sie aufstand und die Küche verließ.
„Wenn du ausziehen willst, bitte. Du bist 21 Jahre. Du solltest schon längst eine eigene Wohnung haben und selbst arbeiten", entgegnete meine Mutter gereizt.
„Ich arbeite nicht? Ich gehe immer alleine auf diese Veranstaltungen. Ihr habt mich nie unterstützt, habt nie gesehen, was ich überhaupt mache. Oh, ein Stück vorspielen ist keine Arbeit.... Diese Meinung hast du und das ist verdammt nochmal unfair, denn ich fahre extra hin, spiele vor einem Publikum, dass mir sowieso nicht zuhört und bekomme genauso wenig Anerkennung von dir. Also langsam will ich echt nicht mehr zur Familie gehören. Ihr habt immer was zu bemängeln an mir", schrie ich meine Mutter wütend an.
Ich drehte mich um, ging die Treppe hoch in mein Zimmer und knallte meine Tür zu. Ich lehnte mich gegen sie, rutschte zum Boden runter und ließ meine Tränen freien Lauf. Dieser Druck, wenn man in der Öffentlichkeit steht, bringt mich manchmal wirklich aus der Fassung.
Ich hörte nur noch vereinzelte Wörter von meinem Dad und meiner gereizten Mutter, die wahrscheinlich noch in der Küche waren. Danach hörte ich nichts mehr, nur das Klopfen an meiner Tür.
„Naomi, öffnest du mir die Tür?", fragte mein Dad leise. Ich stand auf, öffnete die Tür ohne Widerrede und versuchte nicht mal, meine Tränen zu verstecken.
Er kam rein, schloss die Tür und nahm mich in seine Umarmung. Ich war einen Kopf kleiner wie er, weshalb er sein Kinn auf meinen Kopf legte.
„Es tut mir leid Naomi. Ich wusste nicht, dass dich das alles so verletzt. Ich weiß nicht, was mit Mom ist. Sie ist in letzter Zeit genervter als sonst und ich weiß nicht mal wieso. Bitte nimm es nicht ernst und bleib hier", sagte er. Ich merkte die Ernsthaftigkeit meines Vaters in seiner Stimme.
„Dad, sag mir, dass das Leben einfacher wird", erwiderte ich ihm an seiner Brust. Er streichelte meine Haare, noch immer umarmend und atmete tief aus.
„Ich weiß nicht, ob das der Fall ist, süße, aber ich verspreche dir, dass ich immer an deiner Seite bleibe", sagte er und küsste meine Stirn.
„Es ist so schwer, immer alles richtig zu machen. In der Öffentlichkeit ist es schwer, immer gut dazustehen. Ich kann langsam nicht mehr. Wie haltet ihr das nach so vielen Jahren aus?", fragte ich ihn und schaute zu ihm hoch. Er starrte geradeaus aus meinem Fenster, sprach aber zu mir.
„Nach Jahren legt man sich ein Fell an. Die Leute werden immer etwas gegen dich haben. Immer werden sie negativ über dich reden. Aber das wichtigste ist, dass du weißt, was dir liegt, was du bewirkst und aus welchem Beweggrund du es machst", sagte mein Vater, zu mir herabblickend.
„Ich habe nicht mal Freunde, die mir zuhören, Dad. Ich habe nur noch Lejla. Seit der Sache mit Chris haben sich alle abgewandt. Sogar Sydney", entgegnete ich traurig. Der Gedanke an die alten Zeiten, zerbricht mir das Herz.
„Ich weiß, mein Schatz. Aber es wird die Zeit kommen, wo sich das Blatt wendet. Und nochmals, nimm deine Mutter nicht ernst. Ich werde mit ihr wegen ihrer Laune reden müssen. Ich möchte selbst wissen, wieso sie in dieser Verfassung ist", sagte mein Vater und küsste mich nun an meinen Kopf. Er löste sich von mir und die sichere Wärme verschwand.
Ich setzte mich auf mein Bett und starrte ins Leere. Ich dachte nochmal über das Gespräch mit ihm nach. Ich durfte mich nicht negativ sehen, wie die Leute es taten. Ansonsten würde ich selbst in ein Tief fallen.
Leute denken - egal wie sehr du es versuchst - schlecht über dich. Das liegt aber nicht daran, dass du die schlechteste Person bist. Sondern weil sie selbst nicht zufrieden sind, neidisch wegen deinem Leben sind oder sie gerne Du sein würden. Aber niemals solltest du auf die Meinung fremder hören. Deine Meinung über dein Leben ist die wichtigste, denn so, wie du eingestellt bist, so wirkt es sich auf dein Leben aus.
Entweder, du siehst, auch wenn es schwer ist, dein Leben positiv oder du verfällst in ein Loch der Negativität.
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