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Die junge Frau ging hinüber zu der Badewanne und ließ warmes Wasser rein. Überraschende Weise stellte ich fest, dass aus der Decke ein weiterer Wasserstrahl zu sehen war. Es existierte kein Duschkopf. Erstaunt schritt ich zur Wanne und versuchte zu verstehen, wie das möglich war. Nein, es gab wirklich keinen Duschkopf. Mit Anstrengung bemerkte ich die kleinen, winzigen Löcher, aus denen das Wasser kam. Befand sich oben ein Boiler? Vermutlich dachte ich zu viel nach. Bestimmt befand sich nichts über uns. Wir waren in der Unterwelt. Es musste keinen Sinn ergeben. Man musste an Wunder glauben. An der Wand waren zwei kleine Regale, an denen mehrere Flaschen mit Substanzen waren. Sie blickte zu den Flaschen und schien sich unsicher zu sein.
» Ma'am, welche der Aromen hätten Sie gerne ? «.
Die Frage lenkte mich ab. Auch ich betrachtete die Flaschen unsicher. Solche ungewöhnlichen Farben waren neu für mich. Waren sie überhaupt gesund ? Links von mir befand sich eine Flasche mit neongrüner Farbe. So würde ich sie benennen, obwohl sie so viel anders aussah als auf der Erde. Für mich war es aber definitiv ein Nein. Belial würde nicht zulassen, dass mir etwas passierte. Deswegen griff ich die erstbeste Flasche mit einer wunderschönen Farbe. Es schien ein dunkles Lila zu sein. Die Dame lächelte mich freudig an und nickte.
» Dark Rose, eine ausgezeichnete Wahl «.
» Was ist das ? «, wollte ich wissen.
» Ah, natürlich. Tut mir leid, der König sagte schon, dass sie frisch in der Unterwelt sind und sich nicht auskennen. Dies ist eine der seltensten Blumen, die sie hier finden werden. Es blüht nur auf, wenn die Blühten eine tragische und herzzerreißende Liebesgeschichte voraussehen. Sie heißen Dark Rose, haben aber nicht die gleichen Eigenschaften wie die Rosen auf der Oberwelt «, erklärte sie mir geduldig.
» Das ist ja schrecklich ! «.
Die junge Frau nickte. Ihre seidigen, dunkelblonden Haare glänzten im Sonnenschein. Gekonnte öffnete sie die kleine Flasche und roch daran. Der Duft war überwältigend. Sie beschlagnahmte den ganzen, riesigen Raum. Es roch nach warmen Sonnenstrahlen, mit einer salzigen Note. So als hätten die Blumen geweint. Als würde man auf einer Klippe stehen, unter einem das Meer und würde hinaus in den Sonnenaufgang hinauf sehen. Es vermittelte gemischte Gefühle. Entweder konnte man sich auf die salzige, frische Note einlassen oder auf den milden Sonnenaufgang.
» Man nannte sie Dark Rose aus einem bestimmten Grund, Ma'am. Die Rose auf der Oberwelt symbolisiert die Liebe und ich denke, dass es sich nicht geändert hat oder noch ändern wird. Die Dark kommt von der Dunkelheit. Es soll eine dunkele Liebe sein, die entstehen wird. Diese Blumen wachsen so selten, in diesem unsterblichen Leben habe ich sie nur einmal blühen sehen. Aber nun gibt es einen Haufen von ihnen auf der Lichtung «.
» Welche Lichtung ? «. Neugier packte mich. Es sollte hier eine Lichtung geben, voll mit diesen Blumen ? Die dunkelblonde Dame ließ sich Zeit zu antworten. Ihre eleganten Hände schütteten die Hälfte des Inhaltes in die Badewanne ein. Darauf streute sie ein paar verschiedene Salze.
» Die Lichtung des Königs. Man darf sie nicht betreten, ohne den König gefragt zu haben. Es ist sein kostbarster Schatz. Ich durfte es nur einmal besichtigen, um die Blumen zu sammeln und ich sage ihnen, Ma'am, so etwas Schönes werden sie nie wieder sehen «.
Die Dame wandte sich zu mir und deutete mir, meine Klamotten auszuziehen. Unbehaglich trat ich von einem Fuß auf die andere. Sie sagte mir, ich hätte nichts zu befürchten, sie hätte denselben Körper mit denselben intimen Sachen. Sie versuchte, mir Mut zu machen. Aber das war nicht das Problem. Sondern meine Narben. Seufzend gab ich auf und sie zog mich behutsam aus. Sie bemerkte meine Narben, das merkte ich daran, wie ihre Hände zur stockten, nur um danach still mich zu der Badewanne zu ziehen. Sanft stieg ich die zwei kleinen Treppen hinunter und tauchte meine Füße ein. Ein prickelndes Gefühl strich zärtlich daran. Erstaunt ließ ich mich komplett hineinsinken. Das Prickeln umarmte mich und ich ließ sie herzlich willkommen. Die junge Dame setzte sich auf den Boden und fing an, mit meinem Einverständnis, meine Haare zu massieren. Sie benutzte ein Art-Shampoo.
» Sie haben wunderschönes, gesundes Haar «, bemerkte die junge Dame und das erste Mal lächelte ich sie an und bedankte mich. Ihre Haare sahen so viel geschmeidiger und gesunder aus als meiner. Lag es daran, dass sie diesem Luxus gewohnt waren ? Oder lag es daran, dass meine Seele noch nicht verstorben war und mir meinen Körper repräsentierte? Beides konnte der Fall sein.
Meine Muskeln lockerten sich. Ich hatte nicht bemerkt, wie angespannt ich gewesen war. Belial hingegen schon. Nichts schien seinen aufmerksamen Augen etwas zu entwischen. Ich schloss meine Augen. Der Duft benebelte mich. Als die Dame fertig mit meinen Haaren war, schrubbte sie mir aufmerksam meinen Körper. Die Salze halfen mir dabei, mich zu entspannen. Ihre Hände waren samtweich und wussten genau, wie sie mich zu verwöhnen hatte.
Als auch diese Hürde bewältigt war, sagte sie mir, ich solle mich unter dem Wasserstrahl stellen. Dies tat ich auch. Immer noch wusste ich nicht, woher das Wasser kam. Es hatte auch keine Bedeutung mehr, als mich herunterstellte. Es waren wie sanfte, zärtliche Regentropfen, die mich umgaben. Sachte prasselte das Wasser auf meinen Kopf, um danach über meinen Körper in den Ausfluss zu fließen. Meine Haare und mein Körper waren frei von irgendeinem Shampoo und so stieg ich hinaus. Die junge Dame wartete dort schon auf mich mit einem Tuch. Sie legte es über meine Schulter und trocknete mich ab. Danach hielt sie eine Flasche mit komischer, gelblicher Substanz. Diese schüttete sie in ihre Handinnenfläche und rieb sich damit satt, um danach meinen Körper einzucremen. Augenblicklich wurde meine Haut weich und geschmeidig.
Nackt und sauber stand nun mitten im Raum. Die Frau wandte sich zu einer der noch geheimnisvollen Tür und öffnete diese. Es erschien ein weiterer großer Raum, indem jede Menge Kleider hingen. Es war ein begehbarer Kleiderschrank. Sie schielte immer wieder zu mir und versuchte etwas Passendes zu finden. Schnell wurde sie fündig. Ihre Augen glänzten und zielsicher packte sie eine der Kleider und zog sie hervor. Es war ein dunkelrotes Kleid. Bevor ich sie mir genauer ansehen konnte, steckte sie mich schon hinein. Es schien aus Seide zu bestehen. Der kalte Stoff umwarb meinen erhitzten Körper.
Sie musterte mich und schien zufrieden zu sein. Leider konnte ich mich nicht ansehen. Dies ließ sie nicht zu. Danach waren meine Haare dran. Sie kämmte sie ausgiebig und flößte irgendeine Creme hinein. Schon waren sie nicht mehr widerspenstig. Sie ließ meine Haare über meine Schulter fallen und meinte, sie wären auch so bezaubernd und offene Haare würden zu diesem Kleid besser passen als eine aufwendige Frisur. Anschließend war mein Gesicht dran. Sie tat nicht viel. Ein bisschen Puder, etwas Mascara und Balsam auf die Lippen.
» Sie sehen wahrlich aus wie eine Königin «, schwärmte sie und klatschte freudig mit ihren Händen. Meine Wangen brannten und ich sah weg. Die Frau kicherte und zog mich sanft zu dem bis zu der Decke reichenden Spiegel. Ich erstarrte. Neben der hübschen, dunkelblonden Frau stand eine zauberhafte Frau. Sie hatte wahrlich Wunder gewirkt. Vor noch zwei Stunden sah ich aus wie eine Obdachlose, die Belial aus der Straße aufgegabelt hatte. Nun sah ich wirklich königlich aus. Ich strich mir durch meine weichen Haare. Mein Gesicht war immer noch leicht erhitzt und gab eine schöne, kräftige Farbe zu meinen Wangen. Meine vollen Lippen waren nicht mehr aufgesprengt. Sie sahen einladend aus. Aber das Schönste war das Kleid.
Das Kleid war bescheiden und verlief von oben nach unten und hatte einen Wasserfallausschnitt, der das darunter getragene elegante Kleid zart zum Vorschein brachte. Der seidige, korsettartig gebundene Stoff meines Kleides bedeckte meinen Bauch, wo der kontinuierliche Fluss durch ein dickes Band unterbrochen wurde, das hoch um meine Taille getragen wurde. Unterhalb des Bandes öffnet sich das Kleid weit und gibt den Blick auf das darunter liegende Kleid frei. Die Vorderseite des Oberkleides reicht knapp bis zum Boden und bedeckte meine Füße. Die Rückseite war ein kleines Stück länger und verlief spitz zu. Die Ärmel sind fast so lang wie meine Arme und unglaublich weit.
Ich hatte mich noch nie so hübsch gefühlt. Hübsch war noch eine Untertreibung. Auf der Oberwelt zog ich immer nur getragene Klamotten an, die ich mir von Flohmärkten leisten konnte. Was eine Ironie des Schicksals. Vor der Unterwelt hatte ich mich bis zu Tode gefürchtet und nun behandelte sie mich viel besser, als die Oberwelt. Meine Narben, bis auf meine Wange, waren verdeckt. Ich wandte mich zu der jungen Frau und bedankte mich überschwänglich.
» Wie heißt du ? «, fragte ich.
» Ich heiße Kira, Ma'am «, antwortete sie.
» Ein wunderschöner Name. Dürfte ich wissen, was sie bedeutet ? «.
» Gewiss doch. Es bedeutet Sonne «.
» Du siehst auch aus wie eine Sonne, hell strahlend und sehr freundlich «, versicherte ich ihr und ihr Lächeln wurde größer. Sie zog mir passende flache Schuhe an und scheuchte mich hinaus.
» Der König erwartet sie bereits schon «, sagte sie nur. Kira erklärte mir, dass dieses Stockwerk nur zwei Räume hatte. Die eine bewohnte ich nun, die andere besaß der König. Es gab niemanden außer uns zwei. Sie schloss hinter und die Tür und verabschiedete sich an den Wendeltreppen. Anmutig stieg sie diese hinunter und winkte mir ein letztes Mal von unten zu, bevor sie hinter den Obsidian-Wänden verschwand. Ich holte tief Luft und setzte meinen Weg zu dem Dämon fort. Der Gang schien soeben viel zu kurz. Mit pochendem Herzen stand ich vor seiner massiven Tür. Zögerlich klopfte ich. Seine Stimme rief mich hinein. Sachte öffnete ich die Tür, die wiederum wieder kein Ton von sich gab und trat hinein.
Der König stand oberkörperfrei, mit dem Rücken zu mir gedreht, da und hielt in seinen Händen das Oberteil, das er anziehen wollte. Mir stockte der Atem und ich hielt mitten in meiner Bewegung inne. Belial drehte sich zu mir um und seine Augen weiteten sich. Wir starrten uns stumm an. Ich gewann meine Beherrschung wieder und lief auf ihn zu. Seine dunklen Augen beobachteten jede einzelne Bewegung. Er schien sie zu inhalieren. Ich umrundete ihn und blieb hinter ihm stehen. Seine Wunden sahen so viel besser aus. Sie hatten aufgehört, zu bluten. Seine Flügel erzitterten, als ich mit meinen Fingern über die Wunde strich. Belial atmete hörbar ein. Er drehte sich plötzlich zu mir und hielt mein Handgelenk fest. Seine Augen durchbohrten mich.
Mein Blick wanderte über seinen Körper. Seine Muskeln gaben preis, wie stark und kräftig er war. Seine weit gebaute Schultern, seine adrigen Arme. Die Sixpacks glitzerten unter dem Strahl des Feuers, der im Kamin knisterte. Er war neu aus der Dusche raus, genauso wie ich. Sein V-Line verlor sich im Bund seiner Hose. Mir wurde wieder brennend heiß. Ihm schien es genauso zu ergehen, denn die Wassertropfen vermischten sich mit seinem Schweiß. Belial ließ mich los und zog ohne ein Wort zu sagen sein Oberteil an. Er war komplett in Schwarz gekleidet. Ich konnte nicht ausmachen, was genau er anhatte. Seine feuchten Haare hingen ihm wirr über die Schulter.
» Du siehst hinreißend aus «, hauchte er. Ein angenehmer Schauer rieselte über meinen Rücken. Nichts konnte ich darauf erwidern. Ich war sprachlos. Der Dämon ging zu seiner Kommode. Darauf war seine Krone. Er setzte sie auf seinen Kopf, die perfekt zu ihm passte.
» Lass uns etwas essen gehen, du hast bestimmt Hunger «.
Die Spannung zwischen uns wurde nicht minder. Im Gegenteil, sie wuchs rasend. Auch wenn wir so taten, als wäre nichts zwischen uns, sprühten Funken. Das fühlte auch der Dämon. Ich konnte es an seiner Körperhaltung sehen. Mein Magen verzog sich krampfhaft. Ich nickte.
» Das wäre womöglich gut «.
Er hielt mir die Tür auf und ließ mich vorlaufen. Seine langen Beine fanden schnell den Anschluss und nebeneinander liefen wir durch den dunklen Gang. Unsere Hände berührten sich. Belial ließ es zu, dass sich unsere Hände mit jedem Schritt, den wir taten, sich berührten. Kein einziges Mal wich er zurück. Aber er fasste mich auch nicht unnötig an. Enttäuscht, wie ich war, gelangten wir zu den Wendeltreppen. Er sagte mir, dass der Speisesaal sich unten befand. Wir nahmen die rechte Wendeltreppe. Verstohlen warf ich ihm einen Blick zu und verfehlte eine der Stufen. Ich war kurz davor zu fallen, da packten mich große und robuste Hände.
Ich lag in seinen Armen. Er hatte mich gerettet. Schon wieder. Durch den Sturz waren wir uns näher gekommen. Meine Augen waren schreckgeweitet und mein Herz raste noch vor der Angst und vor Verlangen. Seine Augen musterten mich, ob mir etwas passiert war. Meine Haare und das Kleid hingen locker in der Luft. Mein Körper war leicht nach hinten gebeugt. Belial hingegen beugte sich zu mir hinunter. Ohne zu zögern, presste er seine Lippen auf meine.
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