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Die gewaltigen Türen öffneten sich schwermütig, jedoch anmutig und hinauskamen mehrere junge Damen. Sie kicherten und stießen sich gegenseitig an. Vor Belial blieben sie stehen und verneigten sich. Jede von ihnen sah unterschiedlich aus. Verdattert beobachtete ich das Geschehen. Ich hatte mich noch nie vor dem König verneigt. Ich warf ihm einen Blick zu. Er jedoch beobachtete die wunderschönen Damen nicht, sondern sah mich an. Ertappt, wandte ich mich wieder zu den Frauen. Ich hatte keine Zeit, mir die Frauen besser betrachten zu können; da nickte schon Belial knapp und streckte eine Hand nach mir aus. Die drei erhoben sich. Erst jetzt sahen sie mich. Sie wechselten miteinander erstaunte Blicke. Ohne zu zögern, ergriff ich seine Hand und er zog mich vor.
» Willkommen, mein König «, sagten sie Synchron.
Er erwiderte nichts. Mit langsamen und festen Schritten gingen wir durch die Frauengruppe auf das Schloss zu. Die Größe schüchterte mich ein. Neben ihr fühlte ich mich bedeutungslos, klein und schwach. Ein anderer Gedanke kreiste in meinem Kopf. Die Frauen hatten wunderschöne, elegante Kleider angehabt. Bedenklich sah ich an mir runter. Der Fall durch das Portal und der Sturz durch die Luft hatte nicht nur mich, sondern auch meine Klamotten mitgenommen. Meine ausgewaschene Jeans war zerrissen. Das T-Shirt hing schief an meinem Körper. Ich musste nicht in einen Spiegel sehen, um zu wissen, dass meine Haare aussahen wie ein Vogelnest. Ich sah erbärmlich aus. Als hätte man mich von der Straße aufgegabelt.
Belial hingegen sah so zauberhaft aus, wie immer. Ein paar Haarsträhnen hatten sich aus seinem Zopf gelöst und hingen lose an seiner Schulter. Sein eng anliegendes Shirt war kein Zentimeter verrutscht. Unter ihm konnte ich seine kräftigen Muskeln sehen, die sich daran schmiegten. Sein Gewand hatte ein Eigenleben und mit jedem Schritt, den wir vorwärts taten, bauschte es sich auf und streichelte seinen Körper.
Drinnen ließ er mich los. Unbeholfen blieb ich stehen und sah mich um. Der Eingang war riesig. Die Decke war fast nicht zu sehen. Mein Blick fiel auf glitzernde Lichter, die keinen Ursprung hatten. Direkt vor uns befand sich zwei gewaltige Wendeltreppen. Zwischen ihnen war eine große Statue. Mit Staunen erkannte ich, dass es der König war. Nicht den, den ich kannte. Es war der Engel Belial. Der, der verstoßen wurde. Ich kam nicht mehr raus aus dem Staunen. Alles schien mir gewaltig, groß und atemberaubend. Die Lichter schwirrten über unsere Köpfe und ließen alles erstrahlen. An den Wänden hingen auch Fackeln. Es bereitete eine gemütliche Atmosphäre. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als sich der König in meinem Blickwinkel stellte. Nun galt meine ganze Aufmerksamkeit ihm.
» Folge mir «.
Wir stiegen die robusten Treppen hinauf. Erstaunt bemerkte ich den langen Gang, der sich links und rechts weiter zu strecken schien. Der Dämon blieb keine Sekunde stehen. Wir gingen nach links. Ich hetzte ihm nach. Der Gang war leer, aber geräumig. Auch hier hingen mehrere Fackeln. Am Ende des Ganges befand sich eine schwere Tür. Der König trat beiseite. Er deutete mir, dass ich die Tür öffnen sollte. Meine Hand berührte den kalten, starken Türknauf und erstaunlicherweise öffnete sich die Tür, ohne ein Knirschen von sich zu geben. Wie so oft verschlug es mir die Sprache, als ich hineintrat.
In der Mitte des Raumes thronte ein monumentaler Betthimmel. Ich schritt darauf zu und berührte die samtigen, smaragdgrünen Vorhänge. Sie waren bezaubernd weich. Die Wand hinter dem Bettrücken bestand nur aus Glas, mit einer Nische, um sich darauf sitzen zu können. Rechts von mir gab es einen Kamin, indem ein kleines Feuer den Raum erwärmte. Links von mir gab es eine große Badewanne, in die locker mehrere erwachsene Menschen passen würden. Die Wanne wurde in den Boden eingegeben, weswegen man heruntersteigen musste. An der rechten Wand, über und neben dem Kamin, gab es Regale, indem dutzende Bücher sich stapelten. Neben der Wanne gab es zwei weitere Türen. Meine Gefühle und meine Gedanken überschlugen sich. Der Raum war fast so groß wie mein Haus auf der Erde. Deswegen bemerkte ich nicht, wie sich der König hinter mich gestellt hatte.
» Gefällt es dir ? «.
Sein warmer Atem traf meinen Nacken und ich erschauderte. Ich konnte seinen Körper spüren, die mir so nah war. Seine Präsenz war mächtiger und gewaltiger als dieser Raum, als dieser Schloss. Er nahm so viel Platz ein. Ich schloss für eine Sekunde meine Augen, um das alles zu genießen.
» Es ist märchenhaft «, gestand ich. Sanft legten sich seine Hände auf meine Arme. Mir stockte der Atem. Sein Griff lenkte mich zum Kamin. Dort befand sich zwei genauso smaragdgrüne Sessel. Der König ließ mich dort stehen und entzog sich mir.
» Dir ist bestimmt kalt. Du solltest dich aufwärmen «, flüsterte er. Wir standen uns gegenüber. Das Feuer warf ungeheuer attraktive Schatten auf sein Gesicht. Seine Augen widerspiegelten die wirbelnden Flammen. Augenblicklich wurde es mir warm. Es war nicht der Kamin, der mir Wärme spendete, sondern er.
» Ja, das sollte ich «.
» Aldreda «, hauchte er und verringerte unseren Abstand. Magisch von ihm angezogen, legte ich meine Hände auf seine starke, kräftige Brust. Die Unterwelt sowie die Welt, verschwamm. Es gab nur noch uns. Seine pechschwarzen Augen musterten mich aufmerksam. Sein Blick ließ meine Knie weich werden, so lehnte ich mich an ihn.
» Sag mir, was du denkst «.
Seine tiefe, raue, aber dafür genauso leidenschaftlich, sinnliche Stimme hallte in meinem Kopf wider. Vergessen war alles. Mein Blick wanderte über sein kantiges Gesicht. Die leicht spitzen Ohren wurden dieses Mal nicht von seinen Haaren überdeckt. Seine vollen, dicken Lippen. Warum fand ich ihn so anziehend? Er war mehr als nur attraktiv. Er war göttlich. Seine Fürsorge, seine Aufmerksamkeit. Das alles hatte mich ihm näher gebracht. Sein Respekt gegenüber mir, meinen Körper nicht anzufassen. Natürlich berührte er mich. Er berührte meine Seele, während mein Körper in der Oberwelt geschützt von ihm auf dem Bett lag. Nie hatte er etwas hinterfragt. Er kam mir immer helfen. Auch jetzt half er mir. Meine Hände wanderten zu seinem Nacken und schlangen sich darum. Der König beugte sich zu mir runter. Ich hingegen stellte mich auf die Zehenspitzen.
Unser Atem traf sich in der Mitte und vermischte sich zu einem süßlichen Duft. Es war besorgniserregend, wie schnell und tief ich mich auf ihn eingelassen hatte. Die Gefühle, die wild in mir tobten. Ich hatte Angst davor, sie zu benennen. Denn dann wären sie für immer. Ich wollte der Realität nicht in die Augen schauen. Wie Magnete bewegten wir uns zueinander. Seine Lippen neckten mich sanft, er strich zärtlich darüber, küsste mich nicht. Ich wollte die Lücke überbrücken, als jemand an die Tür klopfte. Wir erstarrten. Ein frustriertes Knurren verließ seine Lippen.
Wir lösten uns voneinander und augenblicklich wurde es mir wieder kalt. Betäubt, wie ich war, drehte ich mich zum Kamin und starrte die Flammen an, damit sich mein Atem und mein Herz beruhigte. Damit ich zu mir kam. Der König rief die Person herein. Es erschien eine der Frauen, die ihn draußen begrüßt hatten. Sie hatte dunkelblonde, wellige Haare, die sie geflochten trug. Ihr Kleid schien aus einer Farbe zu bestehen, die ich auf der Welt noch nicht gesehen hatte. Es erweckte den Eindruck, als wäre es eine Mischung aus Grün und Blau. Luftig und lang strich der Saum des Kleides lieblich den Boden. Sie lächelte nett. Geschickt verbeugte sie sich.
» Sie hatten nach mir rufen lassen, mein König «.
» In der Tat, das habe ich «.
Verwirrt verzog ich meine Augenbrauen. Er hatte nie meine Seite verlassen; wie konnte es sein, dass er sie gerufen hatte ? Die Verwirrung schien mir auf mein Gesicht zu stehen, denn der König hob kaum merklich seine Mundwinkel. Er hatte die Hände hinten zusammengefaltet. Seine Haltung schrie nur so vor Macht.
» Vergiss nicht, ich bin ein Gedankensprecher. So habe ich sie gerufen «.
Das ergab Sinn. Meine Aufmerksamkeit galt der hübschen Frau, die sich nun erhob. Sie fragte, wie sie behilflich sein konnte. Der König öffnete kein einziges Mal seinen Mund, jedoch schienen sie eine Konversation zu führen. Denn die junge Dame schüttelte oder nickte immer in Abständen. Dauernd wanderte ihr Blick zu mir. Ihr Lächeln erstarb kein einziges Mal. Sie wurde sogar breite, geradezu sanfter.
» Aber natürlich, mein König «, sagte sie nun.
Belial schritt an uns vorbei und ging zu der Tür. Die Frau gesellte sich zu mir und etwas unsicher sah ich zwischen ihnen hin und her. Behutsam legte sie eine Hand an meine Schulter und tätschelte mich. Sie versuchte, mich zu beruhigen. Der Dämon verharrte an der Tür. Leicht schaute er über die Schulter zu mir und zwinkerte mir unauffällig zu, sodass die junge Dame davon nichts mitbekam.
» Abends werde ich dich erwarten. Lass mich nicht warten «.
Er schloss die Tür hinter sich.
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