Kummerkasten
Roberts Sicht
Ich hatte es wirklich getan. So ganz glauben konnte ich das selbst auch nicht. Ich hatte diese fast schon umwerfend normale Frau wirklich nach einem Date gefragt. Sie war nicht so umwerfend im Sinne von perfekt, wie Anna es gewesen war, sondern eher ihre Normalität war dass, was mich an ihr faszinierte. Allerdings so viel, dass es mir fast Angst machte. Wie es wohl werden würde, wenn wir vielleicht irgendwann...? Nein, darüber sollte ich gar nicht nachdenken. Vielleicht half es ja diesen dummen Gedanken weg zu bekommen, wenn ich mit jemandem darüber redete. Ich redete eigentlich nur selten über meine Gedanken oder Gefühle, aber ich glaube ich würde irgendwann verrückt werden wenn ich nicht darüber sprach. Aber mit wem? Meine Mutter? So lieb ich sie auch hatte, aber nein. Antonina? Garantiert nicht. Vielleicht...
DUUUUUUUUUUUUUUUUUT! Ich schreckte zusammen und ging auf die Bremse. Das Auto ruckte und stand schließlich, während ein weißer Mini vor meiner Motorhaube herfuhr. Ich sah noch, wie die Fahrerin mir den Mittelfinger zeigte. Mein Gehirn brauchte noch kurz um zu verstehen was passiert war, als hinter mir schon die nächsten Hupen ertönten. Ich stand mitten auf einer stark befahrenen Kreuzung und war wahrscheinlich über rot gefahren. Wow, mich unwillentlich zu so etwas zu bringen, hat nicht einmal Anna geschafft. Als das Hupkonzert hinter mir immer lauter wurde, vertrieb ich diesen Gedanken schnellstmöglich aus meinem Kopf und bog in die nächste Nebenstraße.
Als ich dort einen Parkplatz gefunden hatte und das Auto mit ausgeschaltetem Motor in der Lücke stand, atmete ich erst einmal tief durch. Mir wurde gerade bewusst, dass ich gerade fast mich und vermutlich auch die andere Fahrerin ins Krankenhaus katapultiert hätte. Ich musste definitiv reden. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt. Ich aktivierte also, nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, die Freisprechanlage meines Autos und fuhr dann aus der Parklücke. Ein paar Sekunden später hörte ich dann einen irgendwie ziemlich atemlos klingenden Manu am anderen Ende der Leitung.
,,Hey Robert. Was gibt's? Du rufst doch sonst nicht an."
,,Hey, ähm kann ich vorbeikommen? Und wieso klingst du so außer Atem?"
,,War gerade joggen. Ja klar kannst du kommen, aber warum?"
,,Erklär ich dann."
40 Minuten später fuhr ich vor Manus Villa am Tegernsee vor und war mit meinen Nerven endgültig am Ende. Meine Gedanken waren während der Fahrt immer wieder abgeschweift und so konnte ich eigentlich froh sein, dass ich noch immer nicht im Krankenhaus lag. Ich parkte also mein Auto, stieg aus und klingelte an der Haustür. Ein frischgeduschter Manuel Neuer öffnete mir. ,,Hey, komm rein.", begrüßte er mich bereits mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Ich betrat die moderne Villa. ,,Willst du was zu trinken?" Ich nickte und Manu ging in die Küche, während ich auf der Couch im Wohnzimmer Platz nahm.
(So könnt ihr euch Manus Wohnzimmer vorstellen)
Ich schreckte auf, als Manu sich neben mich fallen ließ und ein Wasserglas vor mir auf den Couchtisch stellte. Sein Blick wurde noch besorgter, als er feststellte, wie schreckhaft ich gerade reagiert hatte. ,,Was ist los, Kumpel? Du bist doch sonst nicht so abwesend? Und um ehrlich zu sein, siehst du scheiße aus." Na danke, das hatte ich jetzt wirklich gebraucht. Ich versuchte immer wieder in meinem Kopf Sätze zu formulieren, aber keiner machte am Ende wirklich Sinn. ,,Na los, ich werde dich nicht fressen, versprochen. Und ich kann schweigen wie ein Grab." Er schloss sich den Mund mit einem imaginären Schlüssel und warf diesen dann über seine Schulter. Schließlich brach es dann doch aus mir heraus.
,,Ich,... ich habe eine Frau kennen gelernt. Ihr Name ist Jenny und sie ist, naja, normal. Viel zu normal, als dass sie mich so überwältigen sollte, wie sie es im Moment tut. Sie sieht mich als Mensch und nicht nur den reichen und beliebten Fußballer. Ich habe das Gefühl, sie ist seit Anna die erste Frau die das tut. Aber ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob sie mich auch so mag wie ich sie. Es hat sich so verdammt gut angefühlt sie zu küssen. Meine Fresse Manu, ich fühl mich, als wär ich 15!" Ich fuhr zum gefühlt 1000sten Mal heute durch meine Haare, während ich Manu einen verzweifelten Blick zuwarf. Dieser blickte zuerst erstaunt, dann bildete sich auf seinem Gesicht ein Grinsen.
,,Also hatte Thommy recht.", schmunzelte er. ,,Hallo, ich finde das irgendwie nicht so lustig!", regte ich mich auf. Ich erzählte ihm hier von meinen Problemen und ihm fiel nichts besseres ein, als zu Lachen. ,,Hey, tut mir leid, ich wollte dich nicht kränken oder so.", beschwichtigte Manu daraufhin und legte mir väterlich eine Hand auf die Schulter, ,,Es ist nur so, dass wir uns alle, damit meine ich wirklich die gesamte Mannschaft, unheimlich für dich freuen würden. Du hast das Glück so sehr verdient, nachdem was mit Anna passiert ist. Jetzt nehme es dir und halte es so fest du kannst. Genieß dieses Gefühl, ganz unabhängig davon ob sie es auch fühlt oder nicht. Außerdem hätte sie den Kuss wohl kaum erwidert, wenn sie nicht genau so fühlen würde wie du, oder?" ,,Hätte sie wahrscheinlich wirklich nicht."
Wow, dass kam irgendwie unerwartet. Manu hatte genau die richtigen Worte gefunden. Ich drehte mich zu ihm und sah ein jetzt eher ermutigendes Lächeln. ,,Ich habe vorhin, auf dem Weg zu dir fast mehrere Unfälle gebaut, so sehr macht sie mich verrückt." Jetzt konnte auch ich mir ein Schmunzeln über mich selbst nicht mehr verkneifen. Manu verzog nur die Augenbrauen. ,,Ernsthaft?"
Es wurde noch ein verdammt langer Abend. Deswegen und in Anbetracht dessen, dass ich schon vorhin wahrscheinlich besser nicht mehr hätte fahren sollen, bot mir Manuel sein Gästezimmer an. Ich nahm, nach kurzer Absprache mit meiner Mutter, dankend an. Als er dann endgültig in sein Schlafzimmer gehen wollte, lag mir allerdings noch eine Sache auf dem Herzen. ,,Manu?" ,,Ja?" ,,Danke, du warst wirklich ein super Kummerkasten!" ,,Nicht dafür Kumpel, ich bin gerne Kummerkasten."
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