12. Kapitel - Solution
Schweigend lag ich auf meinem Bett, starrte die Decke an und spürte wie heiße Tränen, die ich die ganzen Wochen unterdrückt hatte, über mein Gesicht liefen. Leise schluchzte ich erstickt auf, drehte mich auf den Bauch und vergrub mein Gesicht wimmernd in dem Kopfkissen. Wieso tat es so weh..? Er sagte es sei ein Wimpernschlag, aber für mich fühlte es sich mehr so an, als ob ich noch viel länger als er litt. Mein Kopf brummte bereits von diesem ganzen Emotionsschwall in mir, während ich trotzdem noch versuchte eine Lösung aus meinem Kopf zu ziehen. Gab es denn eine mögliche Lösung..? Das einzige, was mir immer und immer wieder einfiel, war ihn ebenfalls in einen Vampir zu verwandeln, doch das war dumm. Ich wollte nicht, dass er so wurde wie ich, ich wollte es strick einfach nicht. Allerdings hatte ich in den letzten zwei Tagen, also seitdem ich zuhause war, alle anderen Möglichkeiten recherchiert. Alles was einen Zusammenhang mit unendlichem Leben ergab, doch weder gab es dafür Zaubertränkte, noch Zaubersprüche. Und einen Werwolf zu suchen, damit dieser ihn Biss und sein Leben verlängerte, war wie eine Nadel im Hauhaufen zu suchen.. Eine mikroskopisch kleine Nadel. Denn woher in Himmels Namen sollte ein Vampir einen Werwolf auftreiben?! Mal ganz davon abgesehen, dass unsere Beziehung dann wieder etwas illegales hatte und von den Sitten meiner Gattung -und vermutlich auch von den Werwölfen- gar nicht geduldet wurde. Also blieb nur eine Option. Eine Option die ich eigentlich meiden wollte. Doch ohne ihn.. ohne ihn war diese Welt auf einmal nur noch schwarz-weiß, hatte all ihre Farben verloren.
Langsam stand ich auf, erhob mich aus meinem Bett, sah flüchtig aus dem Fenster, ehe ich mich langsam von dem dämmernden Himmel abwendete, um die Treppen hinab zu laufen, mir schnell meine Laufschuhe anzuziehen und ohne nachzudenken das Haus verließ. Schnell hatte ich auch Kageyama angeschrieben, doch weder war er online, noch kamen meine Nachrichten an. Schnell begann ich zu laufen, schneller und schneller, spürte die Emotionen, die dadurch in mir aufkamen, wusste, dass er mich nicht mit offenen Armen empfangen würde. Allerdings hoffte ich einfach, dass mir nicht seine Mutter oder gar sein Vater die Tür öffnen würde, denn ich hatte nicht nur geweint, sondern war nun ebenso wieder am weinen, konnte beim Laufen einfach all meinen angestauten Emotionen freien Lauf lassen.
Es verginge gefühlte Stunden bis ich das Haus meines Geliebten erreichte. Ohne auch nur eine Millisekunde zu zögern betätigte ich die Klingel und wartete ungeduldig. Natürlich musste mir seine Mutter aufmachen, sah mich schockiert an, war schon im Sinn zu fragen, was los war. "Ist Kageyama da?", fragte ich frei heraus. Sie nickte nur irritiert, ehe ich mich an ihr vorbeidrängte, einfach nach oben stürmte an Miwa vorbei und einfach nur zu dem Zimmer des Schwarzhaarigen sprintete, nichtmal Zeit fand meine Schuhe auszuziehen. Mit angehaltenem Atem stand ich vor seiner Zimmertür, zögerte für wenige Sekunden, ehe ich sie einfach aufriss, eintrat und hinter mir die Türe wieder schloss. Er war schon im Sinne mich anzumeckern, hatte glasige Augen, doch genau diese trafen nun auf meine. Leicht erschauderte ich bei seinen dunklen, blauen Augen. Jetzt gab es kein zurück mehr. Doch ehe ich mich versah, war er aufgesprungen, hatte mich unter Tränen in seine Arme gezogen. Sein Geruch stieg in meine Nase, was auch mir wieder Tränen in die Augen trieb. "Ich kann ohne dich nicht leben", sprach er meine Gedanken aus. Alles in mir zog sich krampfhaft zusammen, denn ich wusste, dass er noch nicht fertig war. "Aber so wie es jetzt ist, kann ich es auch nicht lassen." "Darum", ich musste einmal schwer schlucken, "Darum bin ich hier mit einer Lösung." Vorsichtig drückte er mich von sich und sah mir in die Augen. "Ich werde dich in einen Vampir verwandeln." "Sh-Shoyo.." "Un- Und irgendwie löst sich das auch noch mit deinen Eltern", hing ich rasch an, war im Sinne aus Nervosität noch irgendwas vor mir her zu plappern, doch seine Lippen auf meinen, ließen mich nun doch vollständig verstummen. Ein leises, glückliches Seufzen entfuhr mir noch, ehe ich mich auf meine Zehenspitzen stellte, seinen Kuss nur zu gerne erwiderte, mich seiner Liebe, die ich so lange vermisst hatte, entgegenstreckte.
"Also wie machen wir es?", fragte er sogleich etwas motivierter, als wir uns auf sein Bett gesetzt hatten. "Du beisst mich.. Ich beisse dich.. dann müsste es funktionieren.. Du musst mein Blut konsumieren und ich deins. Am Besten du denkst an etwas schönes.. sonst.. weiß ich nicht wie lange ich trinken kann", erklärte ich, sah ihm kurz ernst in die Augen, ehe ich eine schöne Erinnerung aus meinem Kopf suchte, die negativen nach Möglichkeit verbannte und mich darauf konzentrierte, wie sehr ich Kageyama liebte, ehe ich dann auch schon zu einem Biss an seinem Hals ansetzte, er es mir darauf gleichtat. Kurz darauf folgte der intensive Schmerz seiner Zähne in meiner Haut, weswegen ich leise auffauchte, doch im selben Moment ebenfalls in seinen Hals biss. Diesmal spürte ich Liebe, Zuneigung und Vertrauen. Innerlich seufzte ich zufrieden auf und begann langsam zu trinken. Diesen Moment wollte ich gerne auskosten, war froh, dass es ansonsten keine Nebenwirkungen gab, mal abgesehen, von einem vermutlich starken Blutdurst, allerdings war ich auch noch in seiner Nähe, also konnte ich danach genauso gut auf ihn aufpassen. Vor meinem inneren Auge sah ich mich selbst. Glücklich. Lächelnd. Und das ließ mich schließlich auch in diesem Moment lächeln, während ich versuchte mich vollständig auf die Situation einzulassen, bereits spürte, wie seine Eckzähne irgendwie schärfer wurden, dennoch versuchte ihn weiter trinken zu lassen.
Es vergingen wenige Minuten, da löste ich mich langsam von ihm, drückte auch ihn vorsichtig von mir. Wieder spürte ich, wie das Blut meine Kehle hinablief, sah ihn schweratmend und mit roten, glühenden Augen an. Doch im Gegensatz zu meinen, waren die seinen nicht rot, sondern blau. Ein strahlendes blau, so blau wie der Nachthimmel. Vorsichtig strich mein Finger über seine Wange und wir beide brauchten einige Sekunden, bis wir uns wieder gefangen hatten, intensiv unsere Lippen miteinander verbanden. Er fühlte sich etwas ausgekühlter an und da war ich mir sicher, dass die Verwandlung vollständig abgeschlossen war. "Hast du Durst?", fragte ich mit heiserer Stimme, wusste auch nicht, woher das Kratzen im Hals kam. Er schüttelte den Kopf. "Nein, keineswegs", meinte er mit leiser Stimme, weswegen ich mir ein Taschentuch nahm und erstmal das restliche Blut abwischte. "Das ist ein gutes Zeichen", entgegnete ich darauf, doch sank dann auch schon erschöpft auf sein Bett. Ich hatte ihm wohl doch etwas zu viel Blut gegeben. Stumm sah ich ihn von unten an, doch hatte nichts weiter zu sagen. Wenn er keinen Durst hatte, sprach das entweder für außerordentliche Kontrolle oder dafür, dass er vorerst satt war und wir nachher noch eine Runde jagen gehen mussten. Langsam schlangen sich seine Arme um meinen Körper und ich sank unbeabsichtigt doch in einen ruhigen Schlaf.
Als ich erwachte, war auch Kageyama schon auf den Beinen. Ich wusste nicht, ob er überhaupt geschlafen hatte, so aussehen tat er nicht gerade. "Das was du übrigens mit deinem Körper machst, also Essen, Schlafen, Sport.. wirkt sich trotzdem noch auf deinen Körper aus", erklärte ich ihm schließlich und erhob mich langsam aus den Federn. "Ich.. Ich habe Durst", murmelte er leise, sah scheu zur Seite und ließ mich erleichert aufatmen. "Dann komm, wir gehen jagen", meinte ich darauf und öffnete ausladend das Fenster, da ich ihn nicht an seiner menschlichen Familie vorbeiführen wollte.
Seither waren mehrere Wochen vergangen und Kageyama hatte sich prächtig entwickelt. Weder hatte er irgendwelche Menschen angegriffen, noch hatte er vor diesen seine wahre Gestalt gezeigt. Ich war stolz auf den Vampir den ich aufgzeogen hatte, meinen Schützling oder vielleicht eher meinen Verlobten. Denn der Schwarzhaarige hatte mir tatsächlich einen Antrag gemacht. Seitdem war unser Zusammenspiel auch wieder um einiges besser geworden. Wir harmonierten besser denn je, denn wir beiden wussten, dass wir für die Ewigkeit zusammen sein würden, mal ganz davon abgesehen das wir uns noch mit seinen Eltern unterhalten wollten.. heute. Es war noch nicht ganz klar, ob wir unser Wesen erläutern würde, vermutlich nicht, schließlich waren sie alle Älter als wir und somit war es nicht unbedingt nötig. Jedoch hatte ich Kageyama diese Entscheidung überlassen. Er kannte sie besser als ich es tat, schließlich wurde er von ihnen aufegzogen. Nachdenklich sah ich in den Spiegel in welchem ich nur schwach meine eigene Gestalt wahrnahm. Ich stand vor der Wahl meiner Kleidung, schließlich war das ein ernstes Gespräch, andererseits wollte ich nicht so extrem overdressed dort ankommen. Letztlich entschied ich mich für ein schwarzes Hemd mit einer schwarzen Jeans. Es war schlicht und einfach, dennoch hatte es etwas relativ mondernes und sah eindeutig anständiger aus, als ein Jogginganzug. Dazu hatte ich einen Strauß mit mitternachtsblauen Rosen. Allerdings waren sie nicht für seine Mutter gedacht, denn ich war nicht dort um zu schleimen, sie waren für Kageyama, einfach nur, weil ich ihn liebte. Verträumt lächelte ich die Rosen an, die fast die selbe Farbe hatten, wie seine Augen.
Schnell hatte ich nun ebenso das Haus verlassen und dachte darüber nach, wie ich es am besten sagen sollte. Wir waren verlobt, schon klar, aber sie wussten nichtmal, dass wir eine Beziehung hatten, sie dachten, wir wären einfach nur gute Freunde und würden deshalb die ganze Zeit miteinander rumhänge. "Herr und Frau Kageyama! Sie dürfen ihren Sohn nicht wegschicken!" Nein, dass war viel zu bestimmerisch. Andererseits wollte ich auch nicht mein ganzes Leben erzählen.. Ich brauchte eine Mischung aus emotional und erklärend... Deprimiert schnaubte ich auf, war mein Weg doch schon gleich zu Ende und ich hatte keinerlei Lösung. Womöglich sollte ich einfach auf mein Herz warten.. Ja das war eine gute Idee! Hätte ich gewusst, dass ich diese Entscheidung gleich noch bereuen würde, hätte ich sie nie in Erwägung gezogen. Vorsichtig betätigte ich die Klingel, hörte Schritte und sah dann in Kageyamas wunderschöne blaue Augen. Lächelnd reichte ich ihm den Strauß, sah wie er hinter diesem kurz errötete, doch mich dann wortlos hereinließ. Stumm zog ich meine Schuhe aus, war es nun doch etwas unangenehm wieder hier zu sein, schließlich war ich das letzte Mal einfach in das Haus reingestürmt.
Mit langsamen Schritten trat ich in das Wohnzimmer, wo mich drei Augenpaare bereits ansahen. Schnell hatte ich mich verbeugt. "Entschuldigen sie meine Unhöflichkeit bei meinem letzten Besuch!" "Schon in Ordnung", wank seine Mutter ab und bat darum, dass ich mich setzte. Somit saß ich nun neben Kageyama auf dem Sofa, blickte zu seinen Eltern, während Miwa unparteiisch auf dem Sessel saß. "Es sieht nicht gerade so aus, als ob das einfach nur ein Plausch wird", stellte der Vater meines Verlobten fest. Innerlich lachte ich nervös auf, docht konnte ich es vermeiden, dass es allzu sehr nach außen drang. "Es geht darum, dass sie Tobio auf ein Internat schicken wollen", leitete ich das Thema also ohne zögern ein. Ich dachte kurz ich hätte ihn leise 'Boke' sagen hören, doch dem Anschein nach, hatte ich es mir nur eingebildet, denn er schwieg, spannte sich dennoch stetig an. "Inwiefern geht dich das was an?" , wurde nun gezielt gefragt. "Tobio und ich sind verlobt", haute ich einfach raus, wurde rot, als ich realisierte, was ich gesagt hatte und starrte verlegen auf meine Hände. Kurz herrschte vollständige Stille, ehe der Schwarzhaarige neben mir, mich dichter an sich zog, den Arm um mich schlang und seine Eltern kritisch an sah. "Ja genauso ist das!", bestätigte er todernst, "Ich liebe ihn und darum werde ich diese Schule nicht verlassen. Ich liebe Volleyball und darum werde ich mein Team nicht verlassen. Ich habe Freunde und darum werde ich sie nicht im Stich lassen!" Perplex lauschte ich seinen Worten, doch hatte erstmal nichts zu ergänzen, sah einfach schweigend zu seinen Eltern, die den Schock erstmal verarbeiten mussten. "T-Tobio.. Du bist schwul?", erkundigten sie sich nach dem offensichtlichen. "Es wundert mich, dass er überhaupt ein romatisches Interesse besitzt. Ich dachte er heiratet irgendwann einen Volleyball", warf Miwa ein, grinste neckend, doch schenkte ihrem jüngeren Bruder dann doch ein ehrliches Lächeln. Eben dieses erwiderte ich zärtlich, ehe ich wieder seine Eltern ansah. "Bitte.. lassen sie ihn hier bleiben.. bei mir", bat ich schließlich mit leiser Stimme, wusste, dass dieser Satz wirklich viel in mir bewegte, weswegen ich mich mehr an ihn drückte, schwer schluckte und betrübt auf den Boden sah, erstmal verarbeiten musste, was es heißen würde, wenn er weg war. "Meinetwegen. Aber wenn du deinen Abschluss nicht bestehst da-" Weiter kam der Herr des Hauses nicht, denn mein Zuspieler unterbrach ihn: "Dann kann ich meine eigenen Entscheidungen trefen."
Nach dieser Unterhaltung hatten wir uns nie wieder explizit mit seinen Eltern unterhalten. Alles schien mehr nebensächlich zu passieren, weswegen wir uns auch Hauptsächlich bei mir trafen und dort unsere Zeit verbrachen. Auch heute war einer dieser Tage. Ich saß mit angezogenen Beinen auf der Fensterbank und starrte hinaus in den Sonnenuntergang. Tobio war duschen, doch hatte ich schon vernommen, wie er das Wasser abdrehte. Leise knarzte der Holzboden unter seinen Füßen, ehe er sich an den Fensterramen lehnte. Seine Haare waren noch nass, doch wenigstens trug er seine Kleidung. Still sah ich zu ihm, lächelte und blickte wieder nach draußen, hinab auf die Stadt. Er gab mir einen sanften Kuss. Wieder vernahm ich in diesem Moment, dass wir noch eine gesamte Unendlichkeit zusammen vor uns hatten, was mich breiter lächeln ließ.
"Ich bin froh, dass du mein Blut getrunken hast."
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