40. Der finale Angriff
Es sind jetzt schon mehrere Wochen vergangen, in denen Nicolas mich bis zu meinen Grenzen trieb. Nun habe ich meine Heilfähigkeit bestens unter Kontrolle, konnte mich nach belieben bewegen und habe zudem an Stärke gewonnen. Die Sportgeräte standen nämlich nicht umsonst im Sportraum, wie ich schon zu Beginn feststellen musste. Mein Vampirgespür war im Top-zustand und mit dem Schwert umzugehen, so wie mit ganz normalen Schusswaffen war nun eine einfache Angelegenheit.
Mein Vater habe ich seit der letzten Besprechung vor einigen Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Obwohl ich ihn schon lange nach dem Grund seines Hasses gegenüber der Vampire ausfragen wollte. Leider bat sich jedoch nie die Gelegenheit dazu.
....
Heute war es soweit. Wir würden damit beginnen den Plan zur Vernichtung der Vampire durchzusetzen. Mir war noch immer etwas unwohl bei der Sache, aber dennoch riss ich mich zusammen und tat das, was man von mir erwartete.
Immer wieder rief ich mir dabei in Erinnerung, wie die Vampire meine Mitschüler und mich gedemütigt hatten. Nach ein paar Malen hat es schließlich funktioniert und ich musste nicht mehr mit meinem schlechten Gewissen streiten.
Gerade saß ich in einem schwarzen Van auf dem Weg zu meiner Schule. Neben mir saßen weitere düstere Gestalten, von denen ich den Blutdurst ziemlich stark spüren konnte. Ich verlor jedoch kein Wort über sie oder ihr Auftreten. Warum auch?! Kennen tat ich sie sowieso nicht, wonach ich ehrlich gesagt, auch nicht strebte.
Nach einer kurzen Autofahrt kamen wir schließlich an. Ich atmete noch einmal tief ein und aus, bevor ich mein Schwert nahm und es an der Seite meines Gürtels anbrachte. Waffen und Munition befanden sich schon unter meiner Kleidung und ein Ersatzmesser hatte ich ebenfalls parat. Die anderen Männer machten sich ebenfalls bereit, als der Wagen zum Stehen kam.
Als ich ausstieg, musste ich erst einmal meine Schule betrachtet und an vergangene Zeiten zurück denken. Die unschöne Begegnung mit Elvithan, die Demütigung meiner Klassenkameraden und an meinen besten Kumpel, den ich umbedingt aus den Fängen der Vampire befreien wollte. Er hatte genug gelitten und die Gewissensbisse, dass ich nicht für ihn da gewesen war, nagten noch immer an mir.
Das selbe galt aber auch für Raven und Elivthan. Doch leider bekam ich nicht die Gelegenheit noch mehr über die Beiden nachzudenken, denn da kam schon ein feindlicher Vampir angerannt. Ich wich seinen Klauen geschickt aus ohne viel außer Atem zu kommen. Mein Feind jedoch war das genaue Gegenteil. Wie ein Tier lechzte er vor sich hin, Speichel lief ihm aus den Mundwinkeln. Angewidert verzog ich das Gesicht. Für ihn war deutlich jede Rettung zu spät, er war ganz anders als Raven oder Elvithan. Vorher habe ich den Unterschied zwischen einem Reinblütigen und einem Normalo gar nicht so sehr wahrgenommen, doch wie es sich herausgestellte herrschte eine riesige Kluft zischen den beiden Arten.
Da mir die Angriffe des Vampiren so langsam aber sicher auf die Nerven gingen, setzte ich zum tödlichen Gegenschlag an, der mir auch sofort gelang. Laut ächzend fiel der Körper zu Boden und löste sich schließlich komplett in Luft auf.
Viele weitere Stunden verbrachte ich damit unzählige Vampire auszulöschen. Ihre Anzahl wurde von Minute zu Minute geringen. Doch je weniger sie wurden, desto mehr machte ich mir um Raven und Elivthan Gedanken.
Was wenn sie schon verletzt oder noch schlimmer getötet worden waren?
Alleine der Gedanke weckte Besorgnis in mir. Ich musste die Beiden umbedingt vor den anderen Vampirjägern erwischen, bevor sie in einen wohlmöglich tödlichen Kampf geraten könnten. Ich wollte die Beiden nicht verlieren. Sie haben mich zwar zu Beginn schrecklich behandelt, doch ich wusste, dass sie im Inneren besser waren, als die meisten Menschen, die ich kannte.
Eilig rannte ich deswegen durch den Hof, auf dem weitere Kämpfe stattfanden. Da ich die beiden Brüder jedoch nirgends erblickte, setzte ich meine Suche in Innere des Gebäudes fort. Dort nahm ich zum ersten Mal eine Spur von ihnen auf. Ich konnte ihren Duft vernehmen, dem ich auch sogleich folgte. Letztendlich stand ich vor einem alten Klassenzimmer, in welchem ich noch nie gewesen war.
Zögernd fasste ich die Türklinke an, ehe ich tief ein atmete und sie nach unten drückte. Die Tür ging leise auf und ließ mich sie passieren. Im Inneren trafen zwei Augenpaare in meine. Glücklich darüber, dass Raven und Elivthan unversehrt waren, rannte ich zu ihnen, um sie stürmisch zu umarmen. Tränen rannten mir die Wange hinab. Ich war so unendlich erleichtert sie lebendig zu sehen.
Wie hätte ich wohl reagiert, wenn sie doch zur Strecke gebracht worden wären?
,,Leonardo, wir wussten, dass du zu uns zurückkehren wirst", sagte Raven und holte mich somit aus den Gedanken. Elivthan gesellte sich zu uns und stimmte seinem Bruder zu. ,,Als du entführt worden bist, wusste ich nicht mehr, was ich unternehmen sollte. Ich habe mich so verlassen und einsam gefühlt. Mein Kopf war so leer, dass ich an nichts anderes außer an dich denken konnte!", fügte Raven hinzu und war ebenfalls kurz davor in Tränen auszubrechen.
Vor ein paar Wochen hätte ich noch ganz anders von ihnen gedacht, doch nun da ich auch ihre inneren Werte kannte, hat sich unsere Beziehung erheblich verbessert. Und das zum Guten.
Eine Weile lagen wir uns einfach in den Armen und sagten nichts. Niemand wollte den schönen Moment unterbrechen. Leider musste auch jener zu Ende gehen.
,,Wir müssen euch sofort von hier wegschaffen, ansonsten werdet ihr ebenfalls ausgelöscht!", brach ich die Stille und strich mir die Tränen weg. ,,Und was ist mit den Anderen? Also deinem Kumpel und deinen Mitschülern? Wirst du ihnen etwa nicht zur Hilfe eilen?", fragte Elvithan verwundert.
Schmerzhaft drehte ich mich zu den beiden um und schüttelte den Kopf, mit der Erklärung: ,,Sie sind Menschen, deshalb wird Ihnen schon nichts passieren."
Die beiden Vampire nickten und folgten mir nach draußen. Oftmals mussten wir eine Abkürzung nehmen oder einen anderen Weg einschlagen, da fast überall sowohl Vampire als auch Menschen kämpften. Erst nach einer gefüllten Ewigkeit konnten wir uns in Sicherheit wiegen. Wir befanden uns mehrere Meter von der Schule weg, dennoch fühlte ich mich unwohl. Immer wieder sah ich mich um, um sicherzustellen, dass uns niemand von den Jägern verfolgte.
,,Beruhige dich! Uns hat niemand bemerkt", meinte Raven und legte seine Hand an meine Wange. Kurz entspannte ich mich, ließ mich von seiner Stimme beruhigen. Gerade wollte ich meine Deckung komplett vernachlässigen, als ich einen Herzschlag spürte, der sich langsam in unsere Richtung bewegte. Sofort löste ich mich aus seinem Griff und
stellte mich beschützend vor ihn. Raven wusste sofort, was los war, legte aber trotzdem seine Hand auf meine Schulter. ,,Lass mich das regeln. Ich bin nicht so wehrlos gegen sie wie du glaubst!", flüsterte der Vampir in mein Ohr, was ich verneinte. Es lag nicht daran, dass ich ihn als schwach oder hilflos einstufte, sondern eher daran, dass ich mir die Schuld geben würde, wenn ihm doch etwas passieren würde. Und dies konnte bzw. wollte ich nicht zulassen.
Elvithan wollte mich ebenfalls beschützen, doch ich wies ihn mit einem strengen Blick wieder hinter mich. Verwundert tat er, was ich von ihm verlangte. Die Person näherte sich immer mehr, bis ich ihr schließlich direkt in die Augen sehen konnte. Es war niemand anderes, als Nicolas. In seiner einen Hand hielt er sein Schwert, welches von Blut übergossen war und in der anderen ein Handy, aus dem die Stimme meines Vaters klang. ,,Hast du ihn gefunden?", fragte mein Vater, woraufhin Nicolas seine Frage bejahte. ,,Gut, dann Sorge dafür, dass er wieder zurückkehrt. Egal mit welchen Mitteln. Leonardo ist nun ein erwachsener Mann und muss Verantwortung tragen. Er kann sich nicht nach Belieben auf die Seite der Feinde stellen, nur weil ihm ein paar Monster schöne Dinge ins Ohr geflüstert haben. Aber anscheinend ist er ja noch ein Kind, dem man Manieren beibringen muss.
Aber egal...
Nicolas..., tu was getan werden muss!", fügte mein Vater hinzu und legte auf, nachdem Nicolas mit:,, Jawohl, mein Meister!", geantwortet hatte. Ich konnte seinen Worten nicht glauben. Mein eigener Vater behandelte mich wie ein Gegenstand. Als wolle er mich bei sich einsperren, damit niemand mich und meine Kräfte sich zu nutze machen konnte.
Als hätte er keine anderen Gefühle für mich...
Aber was habe ich auch schon groß von ihm erwartet. Ich kannte ihn schon damals so. Wieso habe ich also geglaubt, er würde sich bessern, nachdem er mir mehr über Mum erzählt hatte? Ich bin sowas von naiv. Er wird mich nie lieben oder respektieren, da ich ihn immer an seine verstorbene Liebe erinnert würde.
Betrübt über diese Feststellung zog ich mein Schwert und zeigte auf Nicolas. ,,Ich werde nicht mit dir kommen! Ich bin kein Gegenstand meines Vaters!", richtete ich an meinen ehemaligen Lehrer. Nicolas grinste nur und meinte:,, Ich war mir sicher, dass du so etwas sagen würdest." Ohne weitere Worte auszutauschen, stürmten wir aufeinander zu. Jeder mit der Absicht den anderen umzubringen.
Ich erwischte ihn um Haaresbreite am Arm, doch leider drehte er sich so geschickt, dass er meinem Angriff ausweichen konnte. Nicolas holte aus und traf mich am Bein. Ich stöhnte kurz schmerzhaft auf, ehe sich die Zellen an der Wunde wieder regenerierten und ich erneut auf meinen Lehrer losging.
Eine Weile ging es so weiter. Wir versuchten uns gegenseitig Schaden zuzufügen.
,,Geb schon endlich auf! Du kannst mich nicht gegen meinen Willen mitnehmen! Deine Hiebe verheilen eh immer wieder!", rief ich wütend und strich mir den Schweiß weg.
,,Ich bin mir dem sehr wohl bewusst, aber das heißt nur, dass ich dich so lange verwunden muss, bis dein Körper keine Energie hat sich erneut zu generieren!", schrie Nicolas mir entgegen und verwinkelte mich in ein erneutes Gefecht.
Diesmal gelang es ihm jedoch mir das Schwert aus der Hand zu schlagen.
Siegessicher hielt er mir seines an dir Kehle und fragte:,, Glaubst du ein Schnitt durch die Kehle würde auch wieder verheilen?"
In seinen Augen konnte man erkennen, dass er dies nur zu gerne ausprobieren würde, doch meine Wenigkeit konnte gerne darauf verzichten. Zwar war ich mir sicher, dass es wieder verheilen würde, doch den Schmerz könnte ich nicht so leicht ausblenden.
Raven und Elivthan knurrten Nicolas wütend an und kamen näher. ,,Bleibt wo ihr seid!", schrie mein Lehrmeister aufeinmal und hielt seine Klinge so nah an meinen Hals, dass die Spitze sich quältend langsam in meine Haut bohrte. Sofort blieben die beiden Brüder stehen, was Nicolas mit einem verrückten Lachen quittierte.
,,Ihr benehmt euch wirklich so, als hättet ihr Gefühle für ihn. Ist euch eigentlich klar, dass er ein noch größeres Monster ist als ihr? Hahahaha bestimmt seid ihr deswegen so gehorsam zu ihm, hab ich recht? Ihr wollt ihn nah bei euch haben, nur um ihn somit unter Kontrolle zu haben. Das Sprichwort: Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden noch näher, passt wohl perfekt auf eure Beziehung zu!", lachte Nicolas und hörte gar nicht mehr auf.
Ich nutzte die Chance, die sich mir bat und zog die Waffe, die ich unter meiner Kleidung versteckt hatte. Nicolas bekam nicht einmal die Gelegentlich meiner Kugel auszuweichen. Ich war ihm schließlich so nahe, dass nach dem Abzug, die Kugel sich direkt in sein Bein bohrte, was ihn schmerzhaft aufschreien ließ. Sein Schwert ließ er fallen, um sich dafür um seine Wunde zu kümmern, aus der immer mehr Blut hervorquoll. Mühsam schleifte ich meinen Körper zu Raven und Elivthan, bei denen ich mich auch sogleich in die Arme fallen ließ. Meine Ausdauer ließ nun zu wünschen übrig. Alles in mir schrie danach einfach die Augen zu schließen und einzuschlafen.
Kurz bevor ich meinem Verlangen nach kam, sah ich wie Nicolas wieder sein Schwert ergriff.
Ich schrie innerlich meinen Körper an, wieder aufzustehen und weiterzumachen, doch leider regte sich kein einziger Muskel nach meinem Willen.
Elvithan wandte sich meinem Lehrmeister zu. Ich wollte ihn aufhalten. Auch wenn er reinblütig war, selbst ich habe gegen Nicolas schon meine Probleme, was konnte dann also Elivthan schon groß gegen ihn ausrichten?
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