Kapitel 8

~Kijan Broder~

"Er ist bloß ein Bekannter, morgen trennen sich unsere Wege ohnehin. Glaub mir, Marek, er wäre ohnehin kein Mann für mehr als eine Nacht." Sie meint es genauso, wie sie es sagt.

Ich lasse Jane los, doch sie zieht mich wieder an sich heran.

"Ey, das ist nur ein Spiel, setz dich wieder auf deinen Platz", fahre ich sie an.
Sie steht auf und setzt sich wieder in ihren Campingstuhl, wobei sie vom Alkohol schon taumelt. Erstaunlich, dass sie trotz des Pegels noch so gut küssen kann.

"Du bist dran", sagt sie und ihre Wangen sind rot vor Erregung.

"Derek", rufe ich auf die andere Seite unseres kleinen Kreises. Er hebt seinen Kopf. "Hau raus!"

Ich denke kurz nach und sage dann: "Wen aus der Runde würdest du am ehesten wollen?"
Der etwas pummelige Junge greift so schnell nach seinem Flachmann, als hätte er schon immer einen Crush auf eines der Gruppenmitglieder und fürchtet, es könne nun nach Jahren des Verheimlichens herauskommen.

Derek wischt sich mit dem Ärmel über die Lippen und sellt seine Frage. "Jane, wie viel Geld hast du auf deinem Konto?"

Sie verdreht genervt die Augen. "Keine Ahnung."

Derek drängt sie: "Wenn du es uns nicht sagst, dann musst du trinken."

Sie dreht sich zu mir und bettelt: "Ich kann nicht mehr, trink du auch für mich, Kijan." Dabei macht sie große Augen und starrt gierig auf meine Lippen. Sie ist genauso wie alle anderen, ... nur die Befriedigung und Bestätigung zählt, alles andere ist scheiß egal.

"Nö", entgegne ich knapp. "Trink selbst, wenn du nicht antworten willst."

Aus ihrem Gesicht weicht jegliches Verhalten des süßen Mädchens, was sie vorgaukelt zu sein. "Du bist so ein Arschloch, für sie trinkst du auch." Jane deutet auf Lya, die erschrocken in ihrem Stuhl zusammenzuckt.

"Es reicht, wenn ich für eine mittrinken", entgegne ich kühl.

Jane schüttelt den Kopf. "Mich küsst du, aber für sie trinkst du mit." Die Wut in der kleinen Frau ist nicht zu übersehen. "Lass sie selbst trinken und kümmere dich um mich", befiehlt sie und wühlt mit ihren Füßen Sand auf.

Bevor ich etwas erwidern kann, mischt Lya sich ein. "Ich würde mich jetzt ohnehin in meinen Schlafsack verkriechen wollen. Dann braucht er für mich auch nicht mehr mittrinken." Sie steht auf und geht in Richtung Auto. Ich ziehe den Schlüssel aus meiner Hosentasche und halte ihn hoch in die Luft, um ihr den Wagen aus der Ferne zu öffnen.

Sie steigt ein und ich beobachte, wie sie ihren Schlafsack aus dem türkisen Rucksack kramt und sich neben dem Jeep die Zähne putz. Anschließend platziert sie ihren Rucksack zentral, sodass er uns beim Schlafen trennen wird. Ich muss schmunzeln und wende mich wieder der Gruppe zu.

"Ich trinke trotzdem nicht für dich", sage ich Jane stumpf und stehe auf. An die Gruppe gewendet sage ich: "War schön mit euch, vielleicht sieht man sich ja mal wieder." Und nur an Marek gerichtet ergänze ich: "Ich muss noch was erledigen, hast du ein Auge auf Lya?" Ich deute auf das Auto und er nickt. Dann stehe ich auf und gehe davon.

Es ist stockdunkel und ich versichere mich noch mal, dass ich das Auto sicher abgeschlossen habe, bevor ich mich zu Fuß auf den Weg zu einem runtergekommenen Haus ganz in der Nähe mache.
Es reicht, dass meine Schwester wegen mir gestorben ist und ich deshalb nicht mehr schlafen kann. Lya soll nicht die Nächste sein, die für meinen Scheiß büßen muss.
Ich klopfe dreimal an der verrotteten Eingangstür des Hauses.

Der Mond ist eine dünne Sichel am Himmel, sodass sich meine Augen nur schwer an die Dunkelheit gewöhnen.
Die Tür öffnet sich und Guiseppe bittet mich herein. Der Flur ist staubig und es riecht nach Schimmel. An den Wänden hängen bunte Poster aus dreckigen Zeitschriften von nackten Frauen. Guiseppe geht zur Treppe und verschwindet im Keller, während ich im Flur warte.
Als er wiederkommt, reicht er mir ein Päckchen und ich nehme es entgegen, ohne den Inhalt zu checken. Guiseppe soll nicht auf die Idee kommen, dass ich ihm nicht vertraue.

Mit seinen ringbesetzen Fingern schlägt er mir unsanft auf die Schulter. "Sei vorsichtig."
Zwischen Daumen und Zeigefinger sind fünf kleine Punkte tattoowiert.
Dann schiebt er mich wieder zur Tür hinaus und das Letzte, was ich von ihm sehe, ist das Tränentattoo zwischen den vielen anderen Tattoos, die sein Gesicht prägen.

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