Kapitel 10

„Ich weiß nicht.", murmelte ich leise. Eigentlich wollte ich nicht mit ihm reden. Es fühlte sich komisch an.

„Bitte, es ist wirklich wichtig."

„Na gut. Aber nur kurz. Ich habe Jenn versprochen mich in der Mittagspause zu ihr zu setzen.", sagte ich schnell. Innerlich Ohrfeigte ich mich selbst. Wollte ich mich nicht von Edward fern halten?

„Alice sagt ihr, dass du etwas später kommst und sie sich keine Sorgen machen soll.", kam es schnell von Edward.

„Ähm... Okay.", das letzte Wort zog ich in die Länge. Dann sah ich zu Alice die schon den Gang runter ging. Merkwürdig. Mir war gar nicht aufgefallen, dass sie schon aus dem Zimmer war.

Unbehaglich ging ich neben Edward her. In Gedanken fragte ich mich was so wichtig war, dass Edward mit mir alleine sprechen wollte.

In meinen Hinterkopf malte ich mir das aus. Was wenn er herausgefunden hatte wer ich wirklich war? Sollte ich lügen? Oder besser eine Ausrede finden?

Oder vielleicht war es nur etwas harmloseres. Bestimmt wollte nur etwas über meine Familie erfahren. Dazu hätte er aber auch Stephan fragen können.

Oder ich war seine neue 'Zerstreuung'. Wie Edward vor 16 Jahren so schön sagte Vampire fanden schnell neue Zerstreuung. Leider hatte ich meine noch nicht gefunden.

Nach einer Weile kamen wir an der Schulbibliothek an. Sie sah aus als würden sich nicht oft Schüler hier hin verirren.

Der Aufsichtslehrer sah gelangweilt auf, als wir sie betrat. Dann vertiefte er sich in seine Lektüre über diverse Krankheiten und schenkte uns keine Beachtung mehr. Genau sah ich mich um.

Die Bibliothek war recht groß, im Vergleich zu anderen Schulbibliotheken.

Im vorderen Teil der Bibliothek standen Tische mit Stühlen. An denen einige Streber saßen und lernten. Dahinter erstreckten sich drei Reihen großer Bücherregale. Alle waren voll mit Büchern. Einige Exemplare sahen recht alt aus, andere relativ neu.

Edward ging auf den hintersten Teil der Bibliothek zu. Dort wo die Sachbücher und Lexika standen. Verirrten sich selten Schüler, das war überall gleich und genau dort würde uns niemand stören. Bei dem was Edward auch immer mit mir zu bereden hatte.

Dort angekommen setzte er sich auf ein altes Sofa, welches von den Regalen versteckt wurde. Mit einer Handbewegung deutete er mir mich zu setzen. Langsam leistete ich seiner Aufforderung folge und lies mich neben ihn nieder. Aber nicht ohne eine gewissen Sicherheitsabstand.

Lange sagte keiner von uns etwas. Edwards Blick war auf den Boden gerichtet. Nach einer Weile seufzte er schwer und sah zu mir: „Ich wollte dich etwas fragen."

„Dann frag doch einfach.", forderte ich ihn auf.

„Dein Schutzschild, wehrt es alle Gaben ab?"

„Ja... ähm es wert so gut wie alle geistigen Gaben ab.", antwortete ich verwirrt. Warum fragte er das?

„Gut zu wissen. Ich habe mich gestern nämlich gewundert, dass ich deine Gedanken nicht lesen konnte.", sein Gesicht wirkte plötzlich nachdenklich.

„Gedanken lesen?", stellte ich mich dumm.

„Ja normalerweise kann ich die Gedanken von allen lesen. Egal ob Mensch oder Vampir. Es gab bis jetzt nur einen Menschen dessen Gedanken nicht lesen konnte.", sagte Edward verträumt.

„Wer war sie?", verließ die Frage meinen Mund ohne dass ich es wollte.

Plötzlich leuchtet etwas in Edwards Augen auf. War das etwa Hoffnung?

„Woher weißt du, dass es sich um eine 'sie' handelt?", in diesem Moment wurde mir klar, dass ich mich versprochen hatte. Schnell suchte ich nach einer plausiblen Antwort: „Na ja... Ich ähm... Dein Gesicht... als... du sagtest das es nur einen Menschen gab dessen Gedanken du nicht lesen konntest. Da... Da hast du... so... so gelächelt... so verliebt... da habe ich einfach angenommen dass es ein Mädchen war... und... ich konnte mir nicht vorstellen dass du dich in einen Jungen verliebt... haben könntest. War sie hübsch?"

„Mehr als das sie war wunderschön. Sie wusste was wir waren und hatte trotzdem keine Angst vor uns. Ich habe das nie verstanden. Warum hat mir ihre ganze Liebe gegolten? Sie hätte jeden habe können und verliebte sich ausgerechnet in mich.

Ich konnte mein Glück anfangs nicht fassen. Ich wollte einfach nicht glauben, dass ich ihre Liebe und Zuneigung einfach bekam. Ich habe nicht darum gekämpft, wie die meisten Jungs aus unserer Schule. Sie gab sie mir einfach. Ohne dass ich danach verlangt habe. In Bellas Nähe fühlte ich mich normal. Sie hat mich nicht als Monster betrachtet, welches ich eigentlich war.

Doch mit der Zeit geschahen Unfälle. Mir wurde klar, dass ich so nicht weiter machen konnte. Also verließ ich Bella, um ihr ein normales menschliches Leben zu schenken und sie vor Vampiren zu schützen. Dieses Opfer nutzte ihr gerade mal sechs Monate. Dann wurde sie von einem Vampir getötet.

Ich habe sie verlassen um sie zu beschützen und habe versagt. Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen. Aber das kann ich nicht. Doch ich würde wenn ich nur könnte.", Edward vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Ich kämpfte mit mir selbst. Wieder gerieten die Seiten in meinem Innern aneinander.

Die Eine hatte großes Mitleid, wollte Edward in den Arm nehmen. Ihn trösten.

Doch die Andere hatte kein Mitleid. Sie freute sich regelrecht, dass er litt. Gott was war bloß los mit mir? Wurde ich etwa sadistisch?

Eine kleine Ewigkeit schwiegen wir. Doch dann brach ich das Schweigen: „Edward, das was dir passiert ist tut mir unendlich Leid. Doch du musst aufhören damit. Das ist, es tut mir Leid wenn das Wort etwas grob klingt, aber das ist jämmerlich. Glaubst du etwa sie hätte gewollt, dass du hier im Selbstmitleid badest. Du hast noch eine Chance. Du hast noch ein Leben und wenn es dir egal ist. Dann... Dann lebe wenigstens für sie."

Edward sah mich erschrocken an. Das hatte er offensichtlich nicht von mir erwartet. Die frage war nur: Was hatte er erwartet? Das ich ihm in die Arme falle und die Wahrheit erzähle?

Doch darauf konnte er lange warten. So schnell wollte ich ihm und seiner Familie nicht verzeihen. Sie hatten es noch nicht verdient, Wahrheit aus meinem Mund zu hören . Oder gar dass ich ihnen verzieh.

Plötzlich spürte ich etwas meine Wange herunter laufen. Mist, nicht schon wieder. Warum musste ich jetzt wieder weinen.

Schnell sprang ich auf und rannte in Menschengeschwindigkeit aus der Bibliothek. Ich hörte Edward meinen Namen rufen, doch ich ignorierte es einfach. Als ich an hielt stand ich vor der Mädchentoilette. Da mir mein außer ordentlich gutes Gehör verriet, dass niemand darin war betrat ich es schnell. Ich musste dringend etwas allein sein und nach denken. Am Waschbecken stützend sah ich in den Spiegel vor mir.

Automatisch sah ich sie darin. Cathy. Auch wenn mein Aussehen sich stark verändert hatte. Sah ich in jeden Spiegel, in jeder Reflektion immer noch mein Gesicht... nein Cathys Gesicht. An manchen Tagen war es so real, dass ich glaubt nur die Hand ausstrecken zu müssen um sie zu berühren. Doch jedes mal wenn ich dies tat berührten meine Hände nur kaltes Glas.

Grimmig sah ich mein Spiegelbild an und dachte über das nach, was Edward mir offenbart hatte.

Er war gegangen um mich zu schützen? Nicht weil er mich nicht mehr liebe? Warum fiel es mir so schwer das zu glauben? Wann hatte er angefangen darüber nach zu denken?

Meine Hände ballten sich zu Fäusten, als ich wieder wütend auf mich selbst wurde. Wieso konnte ich mich nicht daran erinnern?

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