Kapitel 51


Mit langsamen, ruhigen Schritten, das Baby sicher in meinen Armen, lief ich in Richtung Behandlungszimmer, in dem Bella immer noch lag.
Mit einer Hand, gut daraufachtend meine schlafende Nichte nicht zu wecken -es klang immer noch ungewöhnlich und unglaublich, dass sie wirklich meine Nichte war-, öffnete ich zaghaft die Tür.
Bella lag noch immer auf der Liege und ich musste die Beherrschung behalten, um nicht erneut los zu schluchzen.
Die ganze Stimmung im Raum war zum verrückt werden. Eine meiner engsten Freundinnen, meine Schwägerin, meine Schwester, lag kreidebleich auf der Liege und ich stand mit ihrer neugeborenen Tochter in der Tür und horschte, ob ich irgendeinen weiteren Herzschlag außer den von Renesmee in dem Zimmer ausfindig machen konnte. Doch da war nichts! Pure Stille.
Die Situation draußen hatte ich absichtlich abgestellt. Ich wollte mich nicht noch damit auseinandersetzen, dass sie es nicht packen würden, gegen die Werwölfe anzukommen. Ich musste ihnen vertrauen und mich auf Bella konzentrieren.
Ich schluckte einmal, als ich einen Schritt näher an sie heran trat. Das ganze Geschehen war für mich besonders schlimm. Durch meine Gabe wusste ich immer, wann etwas brenzliges auf uns zu kam oder wann es wieder einen Lichtblick gab, doch das hier war völlig anders. Es war schlimmer als alles, was ich je erlebt hatte, schlimmer als die Ungewissheit bei Victoria und den Neugeborenen vor geraumer Zeit.
Ich wusste nicht, wie ich Bella helfen konnte, wann sie wieder aufwachte oder schlimmer, ob sie überhaupt je wieder aufwachen würde.
Diese Unsicherheit machte mich irrsinnig. Eigentlich sollte ich mich schon längst daran gewöhnt haben, doch ganz im Gegenteil. Es war jedes Mal wieder genauso angstvoll, wie bei den Malen zuvor.
Plötzlich bewegte sich etwas in meinen Armen und mein Kopf wirbelte zu dem Baby herum. Vielleicht hatte sie die Anwesenheit ihrer Mutter bemerkt und strampelte deswegen aufgeregt mit ihren beiden kleinen Beinen. Ich lächelte sie gerührt an und betrachtete sie zum ersten Mal richtig.
Auf den ersten Blick sah sie aus wie Edward, mit den süßen Grüppchen in ihren Wangen, doch beim genauen Betrachten konnte ich erkennen, dass sie einige Akzente auch von Bella hatte, insbesondere ihre braunen, wunderschönen Augen, die mir wachsam entgegen schauten.
Dann fiel mein Blick auf den Babybody in meiner anderen Hand und mir schoss eine Idee in den Kopf.
,,Was hälst du davon, wenn wir dich anziehen gehen?" fragte ich sie schmunzelnd und meine Finger fuhren zärtlich über die weiche Haut ihrer Wange.
Natürlich bekam ich keine Antwort, doch das niedliche Quietschen von ihr nahm ich als Bestätigung.
,,Na dann!" Ich lachte herzerwärmend auf und lief mit ihr aus dem Zimmer.
Bella würde ich im Auge behalten und wenn sich etwas regen würde, dann würde ich es sofort mitbekommen. Ich nickte entschlossen darüber und lief in mein Zimmer nach oben.
Zum ersten Mal dankte ich Rose dafür, doch schon eine weiße Wickelkomode gekauft zu haben, während ich Renesmee vorsichtig auf die rosa, lila gepunktete Decke legte.
Ich konnte meinen Blick kaum von dem süßen Anblick lösen, als ich ihr behutsam die Babyklamotten anzog.
Wie sehr würde ich mir gerade wünschen Bella wäre hier und würde nicht bewusstlos auf einer Liege um ihr Leben kämpfen.
Sie sollte hier sein, sich um ihre Tochter kümmern, sie anlächeln, ihr ihre Liebe zeigen und sie im Arm halten. Nicht ich...
Mein Bruder und Bella hätten es so sehr verdient, endlich ihre eigene Familie zu haben, stattdessen kämpfte Edward gerade mit den Werwölfen für den Schutz seiner Tochter und Frau, und Bella lebte nicht einmal.
Es war frustrierend.
Konnte nicht einmal unser Leben nach Plan laufen?

Sie schlief immer noch, als ich sie fertig umgezogen hatte. Sie sah so friedlich aus, wenn man bedachte unter welchen Umständen sie auf die Welt kam, und ich stand einfach nur vor der Kommode und betrachtete sie, während meine Hand sanft über ihren kleinen Körper strich.
Ich spürte einen kurzen Luftzug im Zimmer, drehte mich jedoch nicht herum, da ich wusste, dass es meine Schwester war.
Rose sprach kein Wort als sie neben mir stand, ihre Augen starr auf das Baby gerichtet.
Langsam wandte ich meinen Kopf zu ihr herum und blickte sie von der Seite her an. Ihre goldenen Augen funkelten, und ich brauchte dazu nicht die Gabe meines Mannes, um zu erkennen, wie sie sich fühlte.
Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, erschien eine zweite Person im Türrahmen, die erst Renesmee und danach uns ansah. Ich schluckte und plötzlich kamen Gefühle hoch, die ich am liebsten für immer verbannt hätte.
,,Mom." meinte ich und versteckte den verzweifelten Unterton in meiner Stimme nicht. Ich lief auf sie zu und schlang meine Arme, um ihren Hals.
,,Es ist alles gut, mein Engel." erwiderte sie sanft und ihre Hand strich durch mein Haar.
Ich schniefte kurz auf, nickte dann jedoch, löste mich von ihr und drehte meinen Kopf in die selbe Richtung, in die sie sah.
Ein kurzes Lächeln erschien auf meinen Lippen, als Esme sich von mir löste und ein paar Schritte auf Rosalie zu machte. Sie hatte ihre Nichte auf den Arm genommen und sah sie lächelnd an, während Esme sie zum ersten Mal sah.
Ich konnte spüren wie Mom anfing zu lächeln, als ihre Finger sanft über die Haut ihrer Enkelin strich.
Ich wusste, wie sehr sie es sich gewünscht hatte jemals Mutter zu werden, genau wie Rosalie. Nie würde sie Kinder bekommen, doch im Gegenzug zu meiner Schwester, musste sie nicht den Verlust ihres Babys verkraften.
Doch jetzt hatte sie uns. Ihre ganz eigene, schräge Familie, die auf seltsame Weise verbunden war.
,,Sie ist wunderschön." sagte Esme und nahm Renesmee sanft in ihre Arme.
Dieser Blick.. Mit all der Liebe und Wärme sah sie ihre Enkelin an und streichte ihr über den kleinen Kopf.
Ich war völlig in Gedanken versunken, als mich plötzlich eine Stimme zurück in die Realität warf.
,,Alice?" Verwirrt blickte ich auf und bemerkte, dass Esme und Rosalie mich mit ihren goldenen Augen anschauten.
,,Ist alles in Ordnung, Engel?" Esme sah mich besorgt an.
,,Ja Mom, mir geht's gut." Leicht lächelte ich sie an, während ich eine Hand auf meinen Bauch legte.
,,Vielleicht sollten wir nach unten gehen." meinte Rose kurz darauf und ich folgte den beiden die Treppe hinunter.
Ich sah wie Edward in dem Behandlungsraum stand, Carlisle neben ihm.
Emmett und Jasper standen an den Fenstern, blickten nur kurz mit großen Augen auf, als sie Renesmee in Esmes Armen sahen.
Dad hingegen lächelte das kleine Mädchen liebevoll an und nahm ihre winzige Hand.
Sie schien immernoch zu schlafen und von all dem nichts mit zu bekommen, jedoch ließ Rosalie sie keine Sekunde aus den Augen.
Langsam lief ich zu dem Fenster.
Jasper schlang still seine Arme um mich, während er mir tief in die Augen blickte. Er musste nicht mit seiner Gabe herausfinden, wie ich mich fühlte, er wusste es auch so.

Poch. Poch. Poch. Poch.
Immer lauter wurde das Geräusch und erschrocken drehte ich mich um.
Wie aus dem Nichts kam es, und zog mit einem Mal all seine Aufmerksamkeit auf sich.
Noch ehe jemand etwas sagen konnte, tat es Rosalie.
,,Bella." flüsterte sie leise, sodass man es kaum verstand.
,,Was ist, wenn ich zu lange gewartet habe?" meinte Edward, sein Blick starr auf Bella gerichtet.
,,Ihr Herz schlägt." flüsterte nun auch Carlisle und Edward sah ihn wehmütig an.
Es würde alles Gut werden. Ich wusste es.

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