Kapitel 12
„Wir machen ein Wettrennen, aber Mike brauchte noch etwas Gepäck, um..." Weiter kam er nicht, denn April verpasste ihm einen sanften Klapps auf den Hinterkopf. „Hast du Liv und mich eben als Gepäck bezeichnet?" fragte sie gespielt schockiert. Adam rieb sich mit übertrieben schmerzverzerrter Miene den Hinterkopf und drehte sich zu April um.
„Rainbow, da hast du was falsch verstanden." sagte er.
„Pff." April tat beleidigt. „Fahr lieber, bevor dein Gepäck gleich ins Hotel zurücktransportiert wird." Sie zog einen spielerischen Flunsch und Adam reagierte genauso spielerisch geschockt. Ich musste kichern. Und die Blicke flogen zu mir. Ich hatte keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so eine schlechte und doch so unterhaltsame Darstellung gesehen hatte. Bei Adam und April schien das auf der Tagesordnung zu stehen, aber ich hatte nicht mit so einer kleinen Einlage gerechnet. Die beiden waren zusammen schon einmalig.
Ich wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel und blinzelte die anderen weg.
„Adam?" fragte April überrascht.
„Hm?" Er sah April abwartend an, aber sie fixierte mich.
„Hat uns Liv gerade ausgelacht?" Adam runzelte die Stirn, aber kurz darauf breitete sich ein Schmunzeln in seinem Gesicht auf. „Ja Liebling, das hat sie."
„Wenn das so ist." Sie zeigt mit dem Finger und ausgestrecktem Arm auf mich. „Werdet ihr eindeutig verlieren müssen." Mike lachte.
„Träum weiter Liebes." sagte Mike. Dann sah er mich über die Schulter an. „Leg deine Arme um mich, das wird jetzt keine Paddelfahrt." Ich tat wie geheißen und legte meine Arme um Mikes Taille. Mein Blick glitt zu Hugh. Er hatte nun Mike ins Visier genommen und schien noch immer nicht sehr erfreut zu sein.
„Hugh, wer als erstes wieder hier ist, hat gewonnen." sagte Adam. Dann klärten die Männer die Route für das Rennen und wendeten die Jetskis. Ich drehte mich noch einmal zu Hugh um, der meinen Blick bemerkte und dann auch mich ansah. Er musste sich kurz darauf aber abwenden, weil der Verleiher etwas zu ihm sagte. Also drehte auch ich mich um und kurz danach schrie April los. Das Rennen begann.
Der Anfang war ganz leicht, da nur hin und wieder ein paar Bojen umfahren werden mussten. Der Rückweg sollte dann schwieriger werden, weil da ein kleiner Slalom stattfinden sollte. Mike und Adam waren noch ungefähr gleich auf, weil beide unglaublich gut mit dem Jetski umgehen konnten. Das konnte ich wirklich nicht. Mike schrie hin und wieder, dass ich mich nach links oder rechts lehnen sollte, aber irgendwann hatte ich auch verstanden und tat es, ohne auf seine Anweisung zu warten. Ich klammerte mich an ihm fest, weil er die Kurven verdammt scharf nahm. Nach kurzer Zeit machte sich meine Schulter wieder bemerkbar. Vor allem, wenn wir uns nach rechts lehnen mussten. Ich versuchte den angehenden Schmerz zu ignorieren und konzentrierte mich auf die Fahrt.
Irgendwann kam Mike kurz in Schwanken, weil er die Kurve um eine Boje nicht so richtig hinbekam. Adam konnte problemlos überholen und Mike fluchte. Er drückte daraufhin wieder voll aufs Gas und versuchte Adam einzuholen. Dieser ging vom Gas, weil er die letzte Boje umrunden wollte. Er lenkte nach rechts ein und wir holten weiter auf.
„Mike!" Ich rief noch seinen Namen, aber er hörte nicht auf mich. Mike war viel zu schnell, als dass er die Boje hätte umrunden können. Ich sah April noch, wie sie den Mund öffnete, aber da war es schon zu spät. Mike lehnte sich nach rechts und da konnte auch ich nichts gegen tun. Ich hielt mich krampfhaft an ihm fest, aber in diesem Moment gab mein linker Arm nach. Ich verlor den Halt und landete kopfüber im Wasser, wo ich einige Drehungen machte, bis mich die Schwimmweste wieder nach oben zog.
Ich schnappte nach Luft und heilt meinen linken Arm an meine Brust gepresst. Hektisch strampelte ich mit den Beinen und meinem rechten Arm, damit ich über Wasser blieb. Die Schwimmweste erleichtere das zum Glück etwas. Ich sah in die Richtung, in die Mike weitergefahren sein musste und entdeckte ihn einige Meter von mir entfernt ebenfalls im Wasser schwimmen. Sein Jetski war noch weiter weg, aber er war schon auf dem Weg zu ihm. Plötzlich sah ich etwas auf mich zurasen und drehte hektisch den Kopf nach links. Der heftige Schmerz durchzog wieder meinen Körper, wenn auch schon etwas abgeschwächt, aber noch zu stark, um ihn erträglich zu nennen. Ich stöhnte auf und kniff die Augen zusammen. Etwas fiel ins Wasser und was Anderes raste an mir vorbei.
Ich öffnete die Augen und sah mich um. Adam und April drehten gerade ihren Jetski, als wie aus dem nichts Hugh neben mir aus dem Wasser auftauchte. Vor Schreckt schrie ich kurz auf, verschluckte dabei Wasser und fing heftig an zu husten. Hugh zog mich kurz darauf in seine Arme und drückte mich sanft an seinen Oberkörper, wieder darauf bedacht, dass er meine linke Schulter nicht berührte. Ich hustete noch ein paar Mal und klammerte mich dann an Hugh, weil mir die Kraft fehlte mit nur einem Arm zu schwimmen. Hughs Nähe beruhigte mich sofort.
Ich hätte bedenken müssen, dass wenn ich vom Jetski falle, ich hätte schwimmen müssen. Auch wenn ich allein unterwegs gewesen wäre. Darum war ich froh, dass Hugh wieder in der Nähe war und mir half. Das passierte oft in letzter Zeit, aber in diesem Moment war es mir gleich. Ich legte meinen rechten Arm um Hughs Hals. Er nahm daraufhin mein linkes Bein und legte es sich um seinen Körper. Ich verstand und machte es mit dem rechten Bein ebenfalls, um die Beine hinter Hugh zu überkreuzen. Erst dann wurde mir bewusst, was für eine Position wir eingenommen hatten.
Meine Wangen fingen an zu glühen. Ich hob den Kopf und sah Hugh mit aufgerissenen Augen an. Dann wollte ich mich von ihm lösen, aber er legte seine Hand auf mein Steißbein und schob sie dann unter die Schwimmweste und mein Top, um mich an sich zu drücken. Ich hielt die Luft an. Mein Herz begann zu rasen. Wieder breitete sich dieses Kribbeln in meinem ganzen Körper aus. Und auch eine unglaubliche Hitze. Hugh hielt meinen Blick gefangen und begann dann kleine Kreise mit dem Daumen auf meiner Wirbelsäule zu malen. Gänsehaut breitete sich an meinem gesamten Körper aus. Wie er uns über Wasser hielt, war gerade Nebensache.
Zögernd sah ich in Hughs Augen und konnte eine unglaubliche Glut darin erkennen. Zuerst dachte ich, dass er wütend war, aber es war etwas Anderes. Ich atmete zitternd ein, als ich verstand. Leidenschaft. Gier. Wie auch immer ich es nennen wollte. Genau das lag in Hughs Augen. Hugh wollte MICH?! Mein Blick glitt zu seinen Lippen. Wenn möglich wurde mir noch heißer und ein Ziehen breitete sich in meinem Unterleib aus. Und aus Reflex leckte ich mit mit der Zunge über meinen eigenen.
Hugh drückte mich näher an sich heran, zog dann aber die Hand unter meinem Shirt vor. Ein Teil seiner Wärme verwand, aber kurz darauf legte er die Hand in meinen Nacken und drückte mich sanft aber bestimmt zu sich. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge und atmete seinen herben Duft wieder ein. Er war mit Salzgeruch des Meeres vermischt, aber Hughs Duft würde ich immer erkennen.
„Ich hätte wissen müssen, dass so etwas passiert." flüsterte Hugh. Es schien, als ob er es mehr zu sich als zu mir gesagt hatte. Wieder zog sein Daumen kleine Kreise auf meiner Haut, aber dieses Mal in meinem Nacken. Er presse mich mit seinem Arm weiter an sich und drehte den Kopf. Dann vergrub er sein Gesicht in meinen Haaren und atmete einmal tief ein. Ich erschauderte und schloss die Augen. Diese Berührung, diese ganze Situation. Ich genoss sie vollkommen. Ich wollte nicht, dass sie je wieder endete.
Hugh merkte mein Erschaudern und löste sich etwas von mir. Als er mir in die Augen sah, konnte ich Überraschung in den seinen erkennen. Das hatte er wohl nicht so geplant. Die Frage war, was genau davon nicht geplant gewesen war. Ich für meinen Teil wollte noch nicht, dass er mich wieder losließ. In diesem Moment fielen mir aber wieder die anderen ein und ich sah mich um. Mike kämpfte damit auf den Jetski raufzukommen. Adam und April waren im Wasser nirgends zu sehen. Als ich zum Strand sah, konnte ich sehen, wie sie gerade von ihrem Jetski abstiegen. Wollten sie vorhin nicht noch wenden, um zu mir zu kommen? Hatten sie bemerkt, was zwischen Hugh und mir passiert war? Hugh folgte meinem Blick und sah dann wieder mich an. Ich hob den Kopf und sah, dass er verstehen wollte, was ich dachte. Aber Erkenntnis erschien nicht in seinen Augen.
„Wie sehr schmerzt deine Schulter?" fragte er mich dann. Mit der Frage kamen auch die Schmerzen wieder. Sie waren im erträglichen Rahmen, aber eindeutig stärker als vor der Fahrt.
„Es lässt sich ertragen. Waren schon schlimmer." Hugh nickte. Dann löste er meine Beine vorsichtig von seinem Körper und legte seinen rechten um meine Mitte. Er sah zu seinem Jetski und zum Strand. Ich verlor einen weiteren Teil von Hughs Wärme und vermisste sie sofort wieder.
„Strand ist kürzer." sagte er schließlich und schwamm los. Er achtete darauf, dass er meinen linken Arm schützte, aber ihn selber nicht berührte. Wie er uns trotzdem so schnell zum Strand bringen konnte, war mir ein Rätsel. Viel mehr beschäftigte mich aber die Nähe, die eben zwischen uns entstanden war. Ich hatte ein unglaublich großes Bedürfnis danach, mich einfach an Hugh heranzukuscheln und mich weiter festhalten zu lassen. Ich wollte noch einmal seine Hand auf meinem Rücken spüren. Seine Nähe. Noch einmal, dass er sein Gesicht in meinen Haaren vergrub. Ich wollte ihn!
Meine Gedanken erschreckten mich im selben Moment, als ich Sand unter meinen Füßen spürte. Ich konnte wieder stehen. Hugh ließ mich trotzdem noch nicht los, bis wir bis zu den Hüften aus dem Wasser raus waren. Er bleib kurz danach stehen und hielt mich sanft zurück. Immer wieder überraschte mich Hugh damit, wie feinfühlig er mich berührte. Ich sah zu ihm auf und erkannte wieder die Glut in seinen Augen. Er fixierte meinen Blick, dann hörte ich ein Klack. Irritiert sah ich nach unten. Hugh hatte meine Schwimmweste geöffnet. Jetzt erst bemerkte ich, dass er selber keine trug.
Vorsichtig schob er sie mir von den Schultern und warf sie dann ins flache Gewässer. Danach drehte er sich mir wieder zu und trat einen Schritt näher. Wieder konnte ich seinen Duft einatmen und genoss es. Dann hob Hugh die Arme. Ich wusste nicht, was er vorhatte, darum wartete ich einfach ab. Trotzdem brachte es mich vollkommen aus dem Konzept, als er seine Hände an meine Wangen legte und mich weiter ansah. Sein Blick veränderte sich. Seine Augen strahlten weniger Gier aber dazu umso mehr... es war schwer zu beschreiben... Sie strahlten mehr Zuneigung und auch ein wenig Sorge aus.
Meine Augen fielen zu, als er wieder kleine Kreise mit seinen Daumen auf meinen Wangen entlang zeichnete. Die Berührung war so federleicht und doch so intensiv. Alles, was ich wahrnahm, war Hugh. Ich hatte keine Ahnung was der Mann mit mir machte und wie er es machte. Aber ich genoss Hughs Nähe zu sehr, um mir darüber Gedanken zu machen. Wenn ich den Mut gehabt hätte, wäre ich einen Schritt auf ihn zugegangen, um ihn selber an mich zu drücken, aber ich wusste nicht wie er reagieren würde, und das verunsicherte mich. Darum genoss ich einfach nur seine zarte Berührung.
„Versprich mir eins." flüsterte er irgendwann. Ich öffnete die Augen und sah wieder etwas Ernstes in seinem Blick. Darum wartete ich, bis er weitersprach.
„Steige nicht nochmal bei Mike auf den Jet. Vor allem nicht, wenn du selber nicht schwimmen kannst." Seine kreisenden Daumen machten es schwer, logisch zu denken. Sie vernebelten mein Gehirn, aber ich verstand noch, was mir Hugh sagen wollte. Darum nickte ich.
„Ich werde es nicht machen." sagte ich. Dass ich dazu sowieso keine Gelegenheit mehr haben würde, verschwieg ich. Aber genau dieser Gedanke brachte die Seifenblase zum platzten. Ich erinnerte mich, wo ich war und wo ich in 14 Stunden sein würde.
„Danke Hugh." flüsterte ich bevor ich vorsichtig einen Schritt zurücktrat und meinen Blick senkte. Ich war wohl wirklich ein Meister darin Momente zu zerstören.
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