Kapitel 11

„Und vergiss nicht, immer gut festhalten, sonst sitzt du nicht mehr auf dem Jetski, sondern darfst ihm hinterherschwimmen." schloss der Verleiher seine Einweisung. Ich hatte spontan beschlossen, den letzten Tag mit noch etwas Action zu verbinden. Also war ich zum Strand gelaufen und hatte mir einen Jetski gemietet. Der Spanier hatte mir noch einmal die Grundregeln vom Jetski Fahren erklärt, aber es war nicht das erste Mal, dass ich mit einem Jetski über das Wasser geglitten bin. Logan hatte mich vor zwei Jahren mal mitgenommen und es hatte mir sofort unglaublich gut gefallen. In letzter Zeit waren wir nicht mehr oft zusammen auf dem Meer unterwegs. Dafür hatten wir beide beruflich zu viel zu tun, aber jetzt, da ich wieder auf einem Jetski sitzen würde, hatte ich unglaubliche Lust mit ihm zusammen wieder den Spaß zu genießen. Das musste unbedingt auf unsere To-Do-Liste.

Der Verleiher gab mir gerade den Sicherheitsschlüssel, als ich meinen Namen hörte. Ich schaute über meine Schulter nach hinten und sah Mike, Hugh, Adam und April in meine Richtung kommen. Mein Blick blieb automatisch wieder an Hugh hängen, der stur in meine Richtung schaute und nicht sehr erfreut aussah. Ob er noch immer sauer wegen gestern war? Wenn ja, fragte ich mich, warum er gestern auf einmal so abweisend geworden ist. Auch wenn es nur die letzten Sekunden gewesen waren. Innerlich stöhnte ich auf. Meine Gedanken drehten sich wieder nur um Hugh. Es war zum verrückt werden. Vor allem, weil sich die Gedanken im Kreis drehten. Ständig kam ich zum gleichen Ergebnis. Zu gar keinem!

„Hallo." begrüßte ich die anderen, als sie bei mir angekommen waren. Die drei Männer trugen Badehosen, die ihnen bis zu den Knien reichten und ein einfaches T-Shirt. Hugh hatte sich im Gegensatz zu Mike und Adam dunkel gekleidet mit einem dunkelblauen langarmigen Shirt und einer schwarzen Badehose.

„Ein bisschen Jetski fahren heute?" fragte Mike gut gelaunt und betrachtete mich grinsend. Sein Blick glitt von oben nach unten. Er checkte mich ab, wie man so schön sagte, und irgendwie nervte es mich. Darum nickte ich nur. Ich trug eine helle Jeansshorts und ein weißes lockeres Top über einem schwarzen Bikini. Wirklich phänomenal war ich also nicht gekleidet, aber wahrscheinlich war Mike einfach der Typ Mann, der gerne Frauen betrachtete. Und noch wahrscheinlicher betrachtete er sie nicht nur gerne.

April, die sich bei Adam untergehakt hatte, lächelte mich freundlich an. Ihre Augen waren hinter einer großen Sonnenbrille verborgen, aber dennoch sah ich, dass ihr Lächeln echt war. Sie freute sich wohl wirklich mich zu sehen. Ähnlich wie ich, trug sie eine Shorts und ein einfaches Top.

Mein Blick glitt wieder nach links zu Mike, dabei blieb ich eine Sekunde an Hugh hängen, der mich musterte. Seine Miene war eine einzige Maske. Selbst seine Augen verrieten nichts über seine Gefühle oder Gedanken.

„Ja, ich wollte heute noch etwas Action haben." sagte ich kurz. Den Vormittag über war ich spazieren gewesen, um noch einmal die Gegend erkunden zu können und ein paar Fotos ganz in Ruhe schießen zu können. Für den Abschluss hatte ich mir die Jetskis aufgehoben.

„Miss, der Jetski ist dann für Sie bereit." Ich drehte mich wieder zu dem Spanier um und dankte ihm. Er reichte mir noch eine orangene Schwimmweste und zeigte auf einen blauweißen Jetski, der im Wasser von den Wellen hin und her geschaukelt wurde.

„Vielen Dank." Ich drehte mich wieder zu den anderen und wollte mich verabschieden, als Mike mir zuvorkam. „Du brauchst sogar nicht alleine fahren." sagte er grinsend und drehte das Band eines Sicherheitsschlüssels um seinen Zeigefinger. Ich runzelte dir Stirn. Er wollte auch Jetski fahren?

„Wir kommen auch mit." sagte April und wedelte mit einem weiteren Sicherheitsschlüssel. Ich nickte. Das Timing, dass die anderen an den Tag legten, war schon wirklich erstaunlich. Wie schafften sie es immer wieder da aufzutauchen, wo ich gerade war? Es war schon kurios, wie oft wir uns in den letzten Tagen über den Weg gelaufen waren.

„Okay, dann..." ich ließ den Satz in der Luft hängen, denn ich wusste nicht so wirklich, was ich sagen sollte. Mich schüchterte Hughs unterschwellige Abneigung ein. Ich lächelte den anderen noch einmal zu, was aber auch nicht das echteste Lächeln war, was ich hervorgebracht habe. Automatisch ging mein Blick zu Hugh und mein Lächeln erstarb, weil ich wieder diesen Blick sah, den ich gestern Abend im Fahrstuhl schon gesehen hatte. Also hatte es wirklich an dem falschen Lächeln gelegen. War es so offensichtlich, oder sah nur er es, weil er darauf achtete?

Ich drehte mich um, und ging ins Wasser zu meinem Jetski. Ich hörte, wie mir die anderen folgten und selber zu ihren Jetskis gingen. Nachdem ich den Schlüssel in den Jetski gesteckt und das Band um mein Handgelenk gewickelt hatte, startete ich den Jetski. Mein Blick flog noch einmal zu Hugh, der seinen selber gerade startete und dann auch wieder in meine Richtung sah. Unsere Blicke trafen sich.

Ich konnte es nicht beschreiben. Wann immer ich Hugh ansah, war ich nur auf ihn fixiert und auf nichts Anderes. Meine Gedanken kreisten ständig um ihn und ich hatte seine Nähe die letzten Male sehr genossen. Ich sehnte mich sogar nach seiner Umarmung und seiner Wärme. Ich hatte die Befürchtung, dass ich mir einfach nicht eingestehen wollte, dass ich mich zu Hugh hingezogen fühlte. Es würde sowieso keine Rolle mehr spielen, weil ich morgen früh das Hotel wieder verlassen würde. Ich würde also keinen, auch Hugh nicht wiedersehen. Auf einmal war meine Laune ziemlich gesunken. Bevor sie noch weiter sank, betätigte ich rechts die Drehschaltung und ich fuhr Richtung Horizont.

Es war ein unglaublich schönes Gefühl, denn dort draußen konnte ich alle Gedanken abstellen. Selbst Hugh tauchte kein einziges Mal auf. Ich wusste nicht, wo die anderen vier waren, oder warum sie mir nicht gefolgt waren, wie Mike es gesagt hatte, aber vielleicht wollten sie in eine andere Richtung. Ehrlich gesagt störte mich das auch nicht weiter. April hatte sich bei Adam mit auf den Jetski gesetzt, also würden die beiden genug mit sich zu tun haben. Mit Mike war ich in der kurzen Zeit nicht wirklich warm geworden und Hugh schien meine Anwesenheit nicht sonderbar toll zu finden. Höchst wahrscheinlich war sie ihm sogar gleichgültig. Und da war er wieder. Ich stöhnte frustriert auf. Ich hatte gut eine Stunde an nichts denken müssen und dann war es wieder vorbei.

Meine Gedanken wurden von Motorgeräuschen unterbrochen. Ich sah, wie Mike und April mit Adam in meine Richtung fuhren, also ließ ich die Drehschaltung für das Gas los und ließ den Jetski langsamer werden. Eine Bremse gab es ja nicht.

Adam und April waren zuerst bei mir. „Hey Liv, hast du Lust auf ein Wettrennen?" fragte April, als sie neben meinen Jetski fuhren. Überrascht sah ich sie an. Sie wollten ein Rennen veranstalten und ich sollte mitmachen?

„Wie soll das denn ablaufen?" fragte ich und sah mich nach Hugh um, den ich aber nirgends fand.

„Naja wir dachten, dass du mit Mike fahren könntest und ich bleibe bei Adam. Die beiden wollen sich ein Rennen liefern, aber es wäre wohl langweilig ohne weibliche Begleitung." Sie verdrehte spielerisch die Augen. Ich sah mich weiter um, konnte aber Hugh nirgendwo ausmachen.

„Hugh musste zum Strand zurück. Sein Jetski hat wohl einen Defekt." beantwortete mit April meine unausgesprochene Frage.

„Und weil er nicht mehr da ist..."

„Wollten wir dich fragen, ja." Mike grinste breit, als er meinen Satz beendete. Er bestätigte meinen Verdacht. Hugh wollte mich also nicht in seiner Nähe haben. Das tat weh. Sehr. Mehr als es sollte. Und wieder machte sich ein deprimierendes Gefühl in mir breit.

„Hey jetzt mach nicht so ein Gesicht. Du ziehst die falschen Schlüsse. Hugh hatte gesagt, nachdem du weggefahren bist, dass du wahrscheinlich deine Ruhe haben willst, also haben wir dich nicht weiter verfolgt."

Irritiert sah ich sie an. Wenn er das gesagt hat, warum kamen sie dann jetzt trotzdem? Hugh hatte mir wohl angemerkt, dass ich nicht wirklich viel Lust verspürt hatte, mit den anderen zu fahren. Ich kannte sie ja nicht einmal richtig. Vielleicht war es aber auch nur seine Ausrede gewesen, um nichts mit mir zu tun haben zu müssen. Noch so ein deprimierender Gedanke. Davon hatte ich heute ziemlich viele. Ich sollte mich zusammenreißen.

„Ich glaube..." April riss mich aus meinen Gedanken. „Ich glaube Hugh ist einfach noch nicht mit dir warm geworden. Weiß du, er ist nicht so der offene Mensch, der sich zu dir setzten würde, wenn er dich sieht, selbst wenn du ihn siehst. Er ist sehr naja... zurückgezogen." Ich legte den Kopf schief. Wenn Hugh so war, warum hatte er sich dann gestern zu mir gesetzt? Das ergab jetzt wieder alles keinen Sinn.

„Es war schon ein Wunder, dass er dich ins Wasser geworfen hatte gestern." lachte Adam. Mein Blick glitt zu ihm, aber ich konnte seine Augen nicht sehen, wegen der Sonnenbrille. Trotzdem wusste ich, dass sie leuchtend blau waren und dem Meer Konkurrenz machen konnten. Sein Charakter schien auch super zu sein. Ich konnte April verstehen, warum sie ihm verfallen war.

„Ich hätte wohl dableiben sollen und nicht mit ähm..." Mike kratze sich am Kinn und runzelte seine Stirn. Er hatte wohl schon wieder die Namen der Frauen vergessen, mit denen er gestern ein paar Stunden verbracht hatte. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder einfach nur den Kopf schütteln sollte. Bevor ich automatisch das zweite Tat, zog ich meinen hohen Zopf zurecht, auch wenn er eigentlich noch fest genug saß.

„Also was ist? Machst du mit?" fragte Mike nun. Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust gehabt. Vor allem, weil ich nicht unbedingt bei Mike mit auf dem Jetski sitzen wollte. Andererseits konnte ich mich auch in ihm täuschen. Er musste auch eine gute Seite haben, wenn Menschen wie Adam, Hugh und April mit ihm befreundet waren. Auch Nick schien gut mit ihm klarzukommen. Wurde ich gerade wirklich einfach nur von Vorurteilen geleitet und war es einfach seine Art so offen Frauen gegenüber zu sein? Letzten Endes würde er es bei mir bis in alle Ewigkeit vergeblich versuchen, also würde mir nichts passieren. Bevor ich noch weiter darüber nachdachte und alle Nachteile in meinem Kopf aufzählte, nickte ich den anderen zu.

„Okay, ich bin dabei." 

„Yaay." rief Mike aus. „Dann fahren wir kurz zurück, damit du auf meinen Jet aufsteigen kannst." Er grinste mich an und wir alle starteten unsere Jetskis. Dann fuhren wir wieder zum Strand zurück. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf, dass Hugh nicht sehr begeistert sein könnte, wenn er erfuhr, dass ich an dem Rennen teilnehmen würde. Er wollte ja nichts mit mir zu tun haben. Wohl wegen der Sache von gestern. Dem falschen Lächeln. Das schien ihm ein echter Dorn im Auge zu sein.

Als wir Richtung Strand fuhren, konnte ich den Verleiher und Hugh bei seinem Jetski erkennen. Keiner achtete auf uns. Erst, als wir vom Gas abließen, damit wir langsamer wurden, schaute Hugh auf. Als hätte er gewusst, dass ich dabei sein würde, schaute er in meine Richtung. Seine Sonnenbrille hing im Kragen seines Shirts. Die kräftigen Arme hatte er vor dem Brustkorb verschränkt. Glücklich wirkte er wirklich nicht.

Ich ermahnte mich, meinen Spaß nicht von einem Mann abhängig zu machen, denn ich in 15 Stunden eh nie wiedersehen würde. Also achtete ich darauf meinen Jetski richtig zu lenken, bis wir ein paar Meter vor Hugh und dem Verleiher zum Stehen kamen.

„Spring rauf." rief Mike von links. Mein und auch Hughs Blick gingen zu Mike. Während ich Mike weiter ansah, der mich erwartungsvoll anlächelte, bemerkte ich, wie Hughs Blick wieder zu mir zurückging. Ohne weiter auf Hugh zu achten, da ich seinen Blick nicht deuten wollte, stiegt ich von meinem Jetski ab und stellte mich in das wadenhohe Wasser. Ich ging zu Mike herüber und stieg hinter ihm auf seinen Jetski auf. Dann flog mein Blick doch zu Hugh, der sah aber Adam an. Man konnte die Frage in seinem Blick lesen. Warum ist sie hier? 

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