Inferno

Kaum waren alle auf die Kiefern geklettert, brüllte Azog auf Orkisch und die Wölfe begannen sich krachend gegen die Bäume zu werfen. Denen gefiel unsere Brandstiftung anscheinend nicht. Waren sie nicht die einzigen. Am Ende demonstrierten die mit Rayna noch bei FridaysForFuture. Verdammt, muss dieses Bild aus dem Kopf kriegen.

Am Ende würde sogar noch Klimaterrorismus entstehen. Die Welt war ja sowieso kurz davor, so ein Problem entstehen zu lassen. Aber zum Glück gibt es kein Problem, das viel Geld oder ein Auftragskiller nicht lösen kann. (Das habt ihr nicht von mir.)

„Hui.", murmelte Celina sarkastisch und sprang noch einen Baum weiter. Nachdem ich auch gelandet war, fing der Baum an, sich gefährlich zu neigen, was irgendwie beleidigend war. Dabei betete ich die Bäume doch an. Schließlich landete eine weinende Rayna auch noch und der Baum begann endgültig zu kippen. Also spielten wir Flughörnchen und hüpften weiter zu einem Baum, der zwar näher an der Klippe aber auch näher an Gandalf war.

Nachdem ich heftig mit dem Armen gewedelt hatte, warf mir Gandalf stirnrunzelnd, einen glühenden Tannenzapfen zu. Allerdings brannte der schon, als er bei mir ankam.

„Ah, HEISS! Verdammt, Gandalf!", schrie ich wütend aus und warf ihn weg. Bevor er allerdings noch den Baum, auf dem wir saßen, abfackelte, griff Celina gekonnt nach ihm. Sie warf mir einen genervten Gesichtsausdruck zu und pfefferte ihn in die Menge.

„Messer, Gabel, Schere, Licht sind für kleine Kinder nicht!"

„Hey, ich bin nicht klein!", schmollte ich empört. Ein Hauch seltsamer Erleichterung hatte sich in mir gesammelt. Solange sie genervt war, konnte sie nicht mehr wütend auf mich sein. Trotzdem, nach fünf Jahren Handball konnte ich es einfach nicht dabei belassen. Ich gestikulierte Gandalf wild, mir noch einen glühenden Kiefernzapfen zu zu werfen.

Der Zauberer hatte zwar alle Hände voll mit dem Brandstiften zu tun, aber warf mir tatsächlich noch einen zu, den ich mühevoll fing. Es war ziemlich schwierig, sich gleichzeitig an einem wackelnden Kiefernbaum fest zu klammern und mit der Hand mit einem brennenden Ball rum zu hantieren. Doch tatsächlich schaffte ich es, mit einem meisterhaft gezielten Wurf den Ball abzufeuern, ohne runter zu fallen.

Ich traf. Und Azog guckte ziemlich blöd aus der Wäsche. Denn dreimal könnt ihr raten, auf wessen Gesicht ich gezielt hatte.

„Wuhuuuu, Zora for president!", jubelte ich laut aus, dem sich aber leider niemand anschloss. Irgendwie hatten sie Besseres zu tun. Thorin kämpfte im Moment mit Azog, Azog brutal wie eh und je und Thorin kurz vorm Sterben, weshalb Bilbo seinen Weg vom Baum runter begann. Währenddessen warf mir Azog einen Blick zu, der eindeutig aussagte; du bist die Nächste. Wenn es nach ihm ging, wäre ich das bestimmt. Aber bedauerlicherweise ist das Leben ja kein Wunschkonzert. Wenn ich nicht bekam, was ich wollte, würde er es auch nicht. Und selbst wenn ich bekam, was ich wollte, würde er es trotzdem nicht. Weil Baum.

Ich warf dem Hobbit einen kritischen Blick zu, ebenfalls den beiden Zwergen, die versuchte ihn zurück zu rufen und aufzuhalten, aber zuckte schlussendlich nur mit den Schulter. Am Ende würden sowieso beide überleben.

Als mein Baum endgültig kippte, verlagerte ich das Gewicht in Richtung der letzten Kiefer, die noch stand. So bewirkte ich, dass der Baum in diese Richtung fiel. Mit rasendem Herzen machte ich mich auf den Aufprall bereit und kaum spürte ich einen Ruck durch meinen Körper gehen, sprang ich ab. Über die Klippe.

Nein, Spaß, ich rettete mich natürlich auf den nächsten Baum, auf dem mich bereits eine Rayna erwartete. Bin zwar verrückt, aber nicht selbstmordgefährdet. Apropos selbstmordgefährdet, meine baumanbetende Katzenfreundin sah im Moment ziemlich übel aus. Mit wässrigen Augen starrte sie die brennenden Nadelbäume an, schluchzte herzzerreißend in ein schmutziges Taschentuch, das ich auf dem zweiten Blick als Bilbos erkennen konnte. Woher hatte sie das bitte? Nein, wichtiger war es, sie zu beruhigen, um die nervigen Geräusche abzustellen. Außerdem war sie echt peinlich.

„Meine armen Bäume, wie könnt ihr den Bäumen das antun... Ich hasse euch alle... Meine armen, armen Bäume."

Doch kurz bevor ich überhaupt versuchen konnte, ihr die Brandstiftung schmackhaft zu machen, fiel mir etwas mega, super, krass Wichtiges ein.

Woher kam eigentlich das Wort brandstiften? Das Wort Stift war ja definitiv darin enthalten, bedeutete das Wort also, dass ich mit Bränden malte? Das machte irgendwie Sinn.

Äh, gut, reiß dich zusammen, Zora! Du willst hier nicht sterben!

„Rayna, hör mal, Bäume sind ersetzbar. Kennst du denn nicht Vanitas? Und die Flammen sind grell und bunt und du magst doch auch bunte Sachen. Zumindest, wenn schwarz als Farbe zählt. Schau mal, brandstiften ist nicht so schlimm. Ich meine, es ist einfach und macht Spaß. Selbst du, jeder Idiot, würde das hinbekommen. Warum will eigentlich nicht jeder Brandstifter werden?"

„Ich hasse dich! Stirb.", sie schluchzte herzzerrreisend auf und blickte Richtung Wald. Oder seinen Überresten. Inzwischen brannte der ganze Wald lichterloh. Es war doch immer wieder erstaunlich, wie leicht man einen Wald entzünden konnte. Der Rauch stieg uns trotz der Frischluft bis zum Hals und Rayna krächzte weiter:

„Du verbrennst Bäume! Ich bin ein Baum. Wie können es alle nur wagen." Ein Winseln. „Der Tod soll euch treffen! Du bist doch echt gestört, Zora Hunter!''

„Und? Du doch auch."

„Was und? Was ich doch auch?! Auf Bäumen leben Eichhörnchen und Katzen! Du verbrennst den Lebensraum der Katzen! Jaguare, Leoparden und Pumas! Du hast Schuld am Artensterben! Monster! Ich dachte, das bedeutet dir etwas!"

Verwirrt blinzelte ich auf das Häufchen Elend, das sich hartnäckig neben mir an den trockenen Zweigen festklammerte. Kiefernadeln steckten in ihren schwarzen Haare, Schmutz und Tränen klebten auf den Wangen. Ihre Augen starrten halbgeöffnet auf die brennenden Bäume, ihr ganzer Körper bebte. Ich wandte den Blick ab, krallte meine eingerissenen Fingernägel ins Holz.

„Wo geht eigentlich Thorin hin?", murmelte Rayna leise.

Nicht leise genug. Helikopter Celina, zwei Bäume entfernt, gerade ansetzend zum Sprung auf die uns nächste Tanne erstarrte. Sie fletschte die Zähne und brüllte:

„Thorin, komm gefälligst zurück!"

Doch wie so oft, hörte der König des Berges auf niemanden.

„Verdammter Sturkopf!", fluchte Celina und begann ihrerseits den Baum herab zu krabbeln, was mir ein Stöhnen entlockte. Flehend schloss ich die Augen. Bitte, Celina. Hab Gnade. Ich kann heute nicht noch mehr Leid ertragen. Du darfst nicht sterben.

Du darfst uns nicht zurücklassen.

In dem Moment knackte es, gefolgt von einem Knall. Ich riss meine Augen auf und verkrampfte. Celina baumelte an den Armen hängend vom Baum, kreischte hysterisch. Nein, nicht sie, sondern ich schrie. Heulend beobachtete ich die Situation, konnte einfach nicht mehr. Die Tränen verschwammen mein Sichtfeld, in Panik klammerte ich mich an den Baum.

Sie versuchte sich hochzuziehen, andere nahe Äste als Stütze zu benutzen, doch sie hatte einfach keine Zeit. Die Wargs sprangen unter ihr, wie Alligatoren aus dem Wasser, verfehlten sie hin und wieder.

Hin und wieder, weil sie Celina trafen. Wie könnte es auch anders sein. Ihre geifernden Mäuler kamen nicht an sie heran, doch ihre Klauen taten es. Und Celina schrie nicht. Kein einziges Mal. Ihre Beine waren von weinroten Blut übergossen, ihr einer Fuß seltsam verdreht. Tiefe Furchen zogen sich durch ihre Unterschenkel.

Mit einem Ächzen zog sie sich in rettende Höhe. Ich atmete auf, schloss meine Augen. In Sicherheit, vorerst. Nein. Erst musste sie zu uns, Gandalf, wir würden sie beschützen. Er würde es tun.

Erst dann fiel mir eine Hand auf meiner Schulter auf. Warm ruhte sie dort und verschwand schließlich, als hätte mein Blick sie erschreckt. Ich schwieg und lächelte still. Ich hatte meine Freunde gut gewählt.

Schließlich gesellte sich Celina zu uns, unter Schwierigkeiten war sie zu uns geklettert. Ich wagte es nicht, sie zu beachten, Scham und Erleichterung erhitzten meine Wange. Während die anderen Zwerge hektisch durcheinander schrien und Kiefernbälle warfen, so schwiegen wir drei nebeneinander. Es war jetzt alles gut. Für uns. Man würde ihre Wunden versorgen, spätestens in Düsterwald würde man sich um ihre Verletzungen kümmern.

Keine Gefahr mehr. Stille. Frieden.

Tief sog ich Luft in meine Lungen, wischte mir hastig übers Gesicht. Die anderen sollten mich nicht so am Boden zerstört sehen. Vor allem nicht Thorin.

Der wiederum sollte sich eher Sorgen darüber machen, ob er noch jemals mehr, als das innere eines Wargs zu sehen bekam.

Bemüht konzentrierte ich mich auf den Kampf, beobachtete, wie Thorin brüllend auf Azog zu rannte. Fehlte nur noch, dass er mit den Armen noch wilder rumfuchtelte, dann würde er endgültig als aufgescheuchtes Grillhühnchen durchgehen. Grillen. Wegen dem Waldbrand. Ihr wisst schon.

Auf jeden Fall war Thorin deutlich sichtbar am Verlieren. War ja schon fast traurig, so armselig war das. Als würde Krätze Lord Voldemort duellieren.

Auf jeden Fall war Azog sehr wütend auf Thorin, was wohl an der Schande und dem Schmach lag, den der Zwerg ihm gebracht hatte. Es ging wohl weniger um seinen mickrigen Arm, eher darum, von einem unerfahrenen Zwerg, mit einem Holzscheit verprügelt zu werden. Zumindest sagten mir das seine Augen. Außerdem erzählte sie von einer jungen, unerwiderten Liebe, Berthold, hieß er. Kaum hatte sich Ork Berthold aus dem weichen, sonnig gebräunten Schlamm erhoben, war er so jung und unerfahren, dass sich der große, mächtige Azog direkt in ihn... Ahem. Konzentration. Ich erzähle euch diese unheimlich wichtige Geschichte ein anderes Mal. Der Background eines Schurken ist ja sowieso immer wichtig. Da werdet ihr nicht dran vorbeikommen.

Azog war aber doppelt wütend, weil er nicht nur Arm dran war, sondern sogar Arm ab. Das ist aber verständlich, denn mit seiner Prothese erinnerte er mich irgendwie an Captain Hook. An Albino Captain Hook und der war ja auch ein wütender Pirat.

Celina schnaufte unüberhörbar, als Thorin einen weiteren Treffer mit voller Breitseite kassierte und ich hörte sie leise zählen. In diesen paar Sekunden, in denen sie die Augen geschlossen hatte, passierte überraschend viel.

Bei eins, Thorin versuchte sein instabiles Eichenschild zu greifen. Neben mir ertönte ein Knacken.

Dann zwei, der Albino holte mit seiner Keule aus. Von neben mir ertönte ein Schrei.

Es war drei, Balin brüllte: „Nein!" und ich starrte nach rechts, weil es dort gekreischt hatte. Währenddessen steckte Thorin noch einen Treffer von Azogs Keule ein, kollektives Aufstöhnen.

Bei vier, Thorin keuchte und verzog das Gesicht. Rayna stürzte von ihrem Ast und ich machte mir über mögliche Gewichtsprobleme von ihr Gedanken.

Dann fünf, Azogs Albino Warg missbrauchte den König als Kauknochen und das war wahrscheinlich übler als jede Achterbahnfahrt. Gandalf guckte besorgt. Celina kreischte als eine Rayna auf sie drauf fiel und riss die Augen auf. Ich lachte. Fand beides sehr witzig.

Und was lernen wir aus dieser Geschichte? Celina sollte ihre Augen besser nicht schließen, für Rayna ist eine Diät fällig und man sollte sich nicht mit mächtigen Endbossen anlegen, sondern davor aufleveln.

„Alter, da macht man fünf bekriffte Sekunden die Augen zu.", stöhnte Celina und wuchtete eine Rayna auf den dicksten Ast neben ihr. Rayna starrte mit zusammen gekniffenen Lippen auf die Stelle, an der ihr Ast abgebrochen war. Ob ich sie wohl auf eine Diät ansprechen sollte? Nein, lieber nicht, zu instabil der Frieden, das Bild der schluchzenden Rayna vor meinen Augen, Celinas blutende Beine. Vorsichtig versuchte ich Cels Verletzung einen Blick zu zu werfen, doch diese hatte sie bereits mit einer Art seidenen, grauen Tuch eingewickelt. Sie warf mir eine fröhliches Grinsen zu, doch ihre Augen folgten diesem nicht, sondern starrte mich warnend an, bohrten sich wie Dolche in mein Herz und drehten sich um. Ich drehte mich weg, zum Kampf, meine Mundwinkel fielen, als mein Herz schwer wurde.

Wo wir gerade schon bei Azog sind; ich habe eine neue Theorie, warum er keine Zwerge mag. Meine Gedanken waren zu gespielt fröhlich, eine aufgesetzte Fassade, doch ich folgte meinem Unterbewusstsein, ließ die Sorgen in die Tiefe meines Seins gleiten, verbannte die Schwere dort hin. Ich atmete die Luft ein, suchte dieses Kratzen des schweren Rauches, dass in meinem Hals brannte, inhalierte es mit schmerzender Kehle, bis das dröhnende Gefühl in meinem Herzen verschwand und die Leichtigkeit zurück war.

Erst dann, nahm ich das Duell der so unterschiedlichen Gegner wieder wahr. Doch es war sicher, dass Thorin diesen Kampf verlieren würde, und das hatte folgende Gründe: Zum einen war Azog ein Albino und trug wegen des Spottes wegen seiner Hautfarbe ganz viel Hass in sich und zum anderen hatte Azog einen Wildschwein-Hund-Mix, der anscheinend auch keine Zwerge mochte. Vielleicht wurde der ja auch gemobbt. Außerdem hatte Azog eine coole Hakenhand und Thorin hatte seine Waffen schlecht gewählt- wer, außer Link, ist so dämlich mit einem schwächelnden Holzschild zu kämpfen? Und zu allem Überfluss wurde Thorin von nicht brennenden Kiefernzapfen beworfen. Beziehungsweise, Rayna war wieder langweilig.

Bilbo kletterte nach zehntausenden Jahren endlich vom Baum und richtete sein hellblau glühendes Schwert auf Azog. Kurz davor war Azogs Warg das Spielzeug zu langweilig geworden und er hatte es voll gegen den Felsen geworfen. So ganz lebendig sah der König jetzt ja nicht mehr aus. Ein Häufchen königliches Elend, sein Haar verworren und fettig, zuckende Glieder, als er versuchte, sich aufzurichten, zerrissenes Wams. Seine Arme bebten, tasteten nach seinem Schwert und Azog kam näher.

Aber irgendwie war es auch schon wieder langweilig, wenn man es zum hundertsten Mal sah, und so ignorierte ich das orkische Gebrüll einfach und hielt stattdessen nach den Adlern Ausschau. Ich konnte mir Thorins Fast-Tod nicht noch einmal antun.

Dunkle Schemen tauchten in den Wolken auf, fliegende Schatten. Sie flogen in der nebligen Luft in Formation, ein unheimlich schönes Spiel von hell und dunkel. Dann wurden sie größer, stießen mit ihren Krallen durch den Rauch, zerfetzten ihn, vertrieben die dunklen Nebel.

Die Adler waren gekommen.

Majestätisch flogen sie auf die Klippe zu, jeder Flügelschlag von Eleganz und Anmut geprägt, umhüllt. Sie bewegten sich präzise fort, immer im selben Abstand zu einander, jagten durch den Himmel wie Drachen.

Was für uns Rettung war, bedeutete Verderbnis für die Orks und ihre Anhänger.

Die Krallen der metergroßen Raubvögel stießen zu den Wargs herunter, schnitten durch ihren filzigen Pelz tief in die verletzliche Haut. Das Winseln und Jaulen war erbärmlich, fürchterlich, doch noch durchschnitt Knurren und Gebrüll die Luft.

Geschrei wurde laut, als die Adler die Orks erreichten. Kaum von ihrem niederen Character zu sehen, erfüllte ihre Panik den Wald, ihr Wimmern, ihre Angst.

Und mitten in diesem Feuer kämpften Azog und Thorin, das metallische Klirren der Schwerter die melancholische Melodie des Todes.

Der Rauch des Feuers vernebelte meine Sicht, ließ die Ränder erschwarzen. Und so blickte ich verschwommen auf die Bühne des tödlichen Feuers den grausamen Tanz an, beobachtete schweigend die Zerstörung, betrachtete die schemenhaften Schatten, das viele spritzende Blut.

Bestialisch.

So viel... So viel

„Der Baum fällt!"

Ich schreckte hoch, blickte mich um. Die vertrocknete Tanne, auf der alle restlichen Mitglieder der Gemeinschaft saßen, begann sich gefährlich in Richtung Abgrund zu neigen. Keiner wagte sich mehr zu rühren. Das Holz ächzte, splitterte und schließlich brach der Baum trotzdem mit einem Krachen zur Seite. Nun hing er da, über der Klippe, nur die dicken Wurzeln, tief verankert auf der Klippe, bewahrten uns vor dem Fall in den Tod. Oder zu den Adlern. Ich wagte nicht, zu schreien, mich sonst irgendwie zu rühren, am Ende würde ich noch nach unten blicken. Und Höhe war nicht so meins. Die Zwerge brüllten verzweifelt, Celina seufzte auf, Rayna krallte sich in den Baum wie eine Katze und wir alle trotzten der Schwerkraft und fielen nicht herunter.

Zumindest, wenn man Bombur nicht dazu zählt.

Er fiel und wusch, wurde von einem der tödlichen Adler aufgefangen, Zwei sammelten sich fliegend unter uns, einige weitere, stießen herunter zu unserer Position.

Sie zehrten die Zwerge aus den Bäumen und trugen sie, genauso in den Krallen Richtung Horizont, wie sie es bereits mit Thorin und dem Hobbit taten.

Doch je weniger Adler hier waren, desto weniger wurden unsere Feinde beschäftigt. Gebrüll klang zu uns, Pfoten und Füße trommelten zu uns herüber.

Jetzt waren nur noch wir Normalerdler übrig, als ein weitere brauner Riesenadler zu uns schoss.

„Lasst los!", schrie Celina gegen den Wind und nickte dem Adler zu.

„Nein!", brüllte ich zurück und klammerte mich an den Baumstamm. Was war, wenn der Adler mich verpasste? Wenn ich jetzt sterben würde?

Rayna hingegen zuckte mit den Schultern und ließ sich fallen: „Geronimo!"

Glücklicherweise fing einer der unten kreisenden Adler sie auf.

„Jetzt lass los!!!", kreischte Celina warf mir einen Blick aus weit geöffneten Augen zu. Sie verkrampfte kurz, als der Adler kaum noch entfernt war, und kniff ihre Augen zusammen: „Ich... als wir den Streit hatten...also es ist...ich hätte... sorry. Okay? Es tut mir unheimlich..."

Der riesige Schattenvogel unterbrach sie, pflückte sie wie einen reifen Apfel vom Baum, sorgte dafür, dass sie es mir nicht sagen konnte. Das musste sie nicht. Mein Mundwinkel zogen sich immer weiter nach oben und ich sog das Echo ihrer Worte wie Sauerstoff tief in mich hinein.

Es bellte ohrenbetörend laut und der Stamm, an dem ich mich so verzweifelt festhielt erschütterte. Ich schaute irritiert auf und begegnete einem sabbernden Warg Maul mit blitzenden Zähnen, das sich kurz vor der Höhe meines Kopfes befand. Oh nein, Hund. Meine Hände öffneten sich automatisch und die Schwerkraft setzte ein.

COME ON! FINGER! IHR VERRÄTER!

Der Flug lief einigermaßen ereignislos, Raynas grölenden I believe I can fly Song mal ausgeschlossen. Bedauerlicherweise kannte sie auch nur diese einen Vers des Liedes und wurde auch in ihrem neuen Körper nicht mit einer guten Singstimme gesegnet. Hashtag OhrenkrebsDurchRayna.

Nur das nervige Auf und Ab zwischen den Flügelschlägen hatte mich ganz schwindelig gemacht, wenn auch mein achterbahnerprobter Magen dem Ganzen ohne Probleme standhielt.

Während des Fluges hatte ich mir überlegt, Smaug in die Luft zu springen. Darauf hatte mich die bombastische Aussicht gebracht. Haha, ich weiß, aber das wäre echt eine coole Idee, wenn ich einen Fernzünder basteln könnte. Und den schwarzen Speer auf dem Sprengstoff platzieren und in ihn hinein sprengen würde. Alternativ, für den Fall von zu wenig Sprengstoff oder einer Celina, könnte ich ihm den dunklen Pfeil auch in einem riesigen Sandwich servieren. Zack, vergiftet er sich selbst, Erebor gehört mir.

Gandalf murmelte leise mit dem Vogel, welcher der Anführer der Gruppe zu sein schien, unterdessen hatten sich die Zwerge um den verletzten Thorin geschart. Er lag leichenblass auf dem steinernen Boden, tot vielleicht, doch kaum zu sehen durch die Beine der um ihn stehenden Zwerge. Bilbo hockte neben Rayna am Rand der Plattform, gemeinsam betrachteten sie von der winzigen Erhöhung, der steinernen Platte auf einem Feld, das mich stark an einen Hubschrauberlandeplatz erinnerte, die weiten Felder und grünen Wälder. Eine sich vertraute Erscheinung. Vielleicht war es nur Einbildung, aber ich meinte am Horizont den Beginn Düsterwald sehen zu können. Den Beginn der nächsten tödlichen Gefahr.

Schließlich verschwanden die Adler wieder, flogen frei davon und ließen keine einzige Feder zurück. Ihr kräftig braunes Gefieder wirkte strahlend und gesund wie nie, von den Strapazen des Kampfes, der Rettung, des Feuerrauchs, keine Spur zu sehen.

Ihre gelben Augen hatten uns so intelligent angeblickt, herabschauend auf das Leid. So klug und weise, wie nur Menschen es sein konnten und in mir keimte der Verdacht, dass es sich womöglich um Weradler handeln könnte, Hautwechsler wie Beorn.

Ich schüttelte verwirrt den Kopf, gesellte mich zu Rayna, als Gandalf zu den Zwergen kam, um Thorin mit seinem Wunder zu heilen.

Meine Freundin war nicht wirklich ansprechbar, sie murmelte nur geistesabwesend etwas von einem Massenbegräbnis der Bäume und Klopapierblumen.

Ich schloss die Augen und ließ mich neben sie nieder. War schon viel Scheiße passiert, in den letzten Stunden. Ich entgegnete die Geste, tastete still nach ihrer Hand und ihre Mundwinkel hoben sich leicht.

Nach einiger Zeit kam Celina zu uns, welche ich vorhin wohl übersehen hatte, ließ sich neben mir nieder.

Mein Blick schweifte zu ihren Beinen, doch, von ihren Wunden kaum etwas zu sehen. Keine tiefen, blutigen Furchen, kein klaffendes Fleisch. Ihre Füße sind gesund, ihre Bien sind gesund- hatte ich es mir nur eingebildet? Aber das viele Blut, da. An ihren Schuhen klebt kaum getrocknetes Blut, ein graues Seidentuchspitzt aus ihrer Tasche. Das Grau kaum zu sehen, dunkelrot verfärbt, tropft altes Blut hinaus.

Ich schwieg, wies sie nicht darauf hin.

Doch je mehr Minuten vergingen, desto mehr juckte meine Hand und schließlich hielt ich es nicht mehr aus.

Gedacht, getan. Und schon kugelte sich eine kreischende Rayna den kleinen Abhang hinunter.




Helden fallen. Menschen sterben. Das ist die Realität.

Geht wählen.

K1Spyke 

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