Ein Netz aus Lügen

Celinas Pov.:


„Ich könnte schwören, dass ich gerade Zora gehört habe.", murmelte Rayna und blickte sich hilfesuchend zu mir um.

Ich schenkte ihr ein höfliches Lächeln und wandte mich Thorin wieder zu.

Zorana. Verräterin.

Während ich Thorins Rede lauschte kam ich nicht umhin die vielen Abweichungen zu den Filmen wahrzunehmen und ich verfluchte sie erneut. Hätte Doktor Elina ihr diese Macht doch nie verliehen! Sie war einfach nicht bereit und zu uneinsichtig- das hatte ich meiner Mentorin doch gesagt, doch bewiesen!

Mit einem leisen Schaben ließ sich die schwere Metalltür zur Schatzkammer von den Zwergen aufstemmen und ich konnte nicht anders als die Nase zu rümpfen, als sich schwarzes Öl an ihren Hände haftete.

„Uäh, stinkt das!", näselte Rayna und schob sich mit gierigem Blick als erste durch die Tür. Im selben Moment reagierte ich, wie sie es mir beigebracht hatte, und warf dem Zwergenkönig eine beschämte Entschuldigung zu, die er mit störrischem Gesicht anhörte.

Die anderen Zwerge standen töpelhaft Parade und klopften sich auf die Schultern, genau wie die rohen Brutalos, die sie waren.

„Celina.", Raynas Stimme drang durch den Jubel zu mir hindurch nicht lauter als ein leises Wimmern. Wäre ich ein Mensch hätte ich es wohl nicht vernommen.

Verärgerung machte sich in mir breit, als Rayna erneut diese Szene unterbrach- verstand sie denn ihre Rolle nicht?! Wir waren Beobachter, wir sollten uns nicht einmischen!

Dennoch bemühte und rang ich um die Toleranz, die Doktor Elina mir eingetrichtert hatte. Rayna war schließlich mental behindert und es lag nicht in ihrer Natur, solche Dinge zu begreifen. Und immerhin würde sie bald sterben müssen, sobald sich die Krankheit vollkommen in ihr ausgebreitet hatte, wie es bei Zorana der Fall war. Wie gut, dass Doktor Elina mich für diese Fälle vorbereitet hatte. Noch Wochen zuvor und sie wäre so blind gewesen, so naiv und unvorbereitet und hätte diese tickenden Zeitbomben wie Freunde gehandelt, nur um mit einem Messer im Rücken aufzuwachen.

„Celina.", Raynas Stimme quengelte in meinen Ohren wie ein bockiges Kleinkind. Seufzend kam ich meinen Pflichten als Anwärterin nach und pflasterte mir ein interessiertes Lächeln aufs Gesicht.

Es rutschte mir vom Gesicht, als ich erblickte, was Rayna mit mitteilen wollte. Entsetzen durchflößte den Teil meines Gehirns, der noch immer an Zoras Freundschaft glaubte und er starb einen schnellen Tod, als ich realisierte, was war.

Auf den Trilliarden glitzernder Goldstücke, auf Millionen von farbig funkelnden Edelsteinen ragte aufgespießt auf einem Banner der Durinlinie eine Menschenleiche über uns empor.

Ich könnte schwören, dass ich gerade Zora gehört habe.

Ich erinnerte mich an das seltsame Knurren.

Wie ich auf ihre schlafende Gestalt hinabblickte, ein Dolch verborgen in meinen Gewändern, der mich mit dem Schwanken der Wellen in meinen warmen... so verletzlichen Bauch zwickte.

Das Blut schoss mir aus dem Gesicht und ich trat einen zittrigen Schritt zurück. Sie wusste es, sie wusste es, sprang es mir panisch durch den Kopf. Mit großen Augen starrte ich die Todesdrohung an und verspürte das erste Mal seit langer Zeit wieder Angst.





Ich kniete auf den Kiefernnadeln im Düsterwald, fernab des Pfades, die Zwerge vor und meine Freunde zurückgelassen hinter mir.

„Während Rayna diese fatale Krankheit schon immer in sich trug, eignete sich Zora den Pfad der Dunkelheit folgend sie freiwillig an. Sie fiel, wie meine Gefährten fielen. Du wurdest von mir geschaffen, um dieses Unheil zu verhindern. Verantwortung von Welten lastet auf deinen Schultern. Verstehst du mich, Kind?"

„Ja, Doktor."

Wäre mein Kopf nicht starr auf den Boden gerichtet gewesen, so war ich mir sicher, hätte ich erneut dieses lobende Lächeln von ihr ansehen dürfen.

„Ich fürchte, ihre Zeit naht dem Ende."

Kein Wort verließ meine Lippen, als ich auf ihr Fortfahren wartete. Schwarz polierte Stiefel und der Saum eines weißen Kittels traten in mein Blickfeld hinein und wie eine liebkosende Mutter lastete ihre Hand auf meinem Kopf.

„Du wirst es schon bald sehen können, ihre Dunkelheit..."

Auf jeden ihrer Worte ruhte eine Schwere, die mir die Kehle verengte.

„Im Anbetracht eines großen Verlusts."

Mein Hals war so zugeschnürt, ich konnte nicht sprechen, ich konnte nicht atmen. Konnte mir nur zu gut vorstellen, was Zora genommen werden würde, wer ihr genommen werden würde-

Meine Lippen bebten als ich zu einem schwachen Argument ansetzte- ich brauchte mehr Zeit!

„Rayna, sie- ihr geht es besser, Doktor."

„Celina.", schnurrte sie.

„Bitte."

Sie seufzte leicht und ihre Hand entzog sie meinen Haaren, sie zog sich zurück.

„Sie wird fallen, Kind. Ihr Untergang naht mit jedem Atemzug der fällt. Doch ich warne dich, Anwärter, solltest du keine Schritte ergreifen, so werde ich mein Handeln beginnen."

„Ja, Doktor.", brachte ich zitternd hervor. Nur zu gut erinnerte ich mich.

„Gut. Geh und kehr zu den Zwergen zurück."

Töte sie.

Es lag unausgesprochen in der Luft.


Ich umklammerte bebend die Gitterstäbe der Zelle, in die mich die Elben gesperrt hatten.

Versagtversagtversagt...

Es schalte wie der Lärm einer Feuersirene durch meinen Kopf. Mein Plan war gescheitert, sie lebte noch- sie lebte noch!

Dabei hätte es funktionieren müssen!

Ich erinnerte mich zurück, was war schief gegangen?

Die Riesenspinne jagte Zora durch den Wald dank den süßlichen Rauschbeeren, die ich ihr bei Beorn zum Frühstück untergemischt hatte und ich war ihr dicht auf den Fersen. Dutzende weitere Spinnen hielten die Zwerge ab uns zu folgen und hingen ihr Netze um eine zappelnde Rayna.

Zur Sicherheit entschloss ich mich Zora zu verfolgen, sie neigte dazu Glück in den unpassendsten Momenten zu finden. Im Zickzack jagte ich ihren Geräuschen nach, bis ich sie schließlich auf einer Lichtung wiederfand. Mit klackernden Beinen zum Kampf erhoben schaute die Spinne zu Zorana hinab. Heißes Salzwasser brannte über meine Wangen, als sie die Schwerter hob. Ich nahm einen Kiesel aus meinem Beutel und schnippte gegen ihn mit ganzer Kraft. Es zog, als er sich meiner Macht bediente und er schoss durch die Luft, durch den Kopf der Spinne, auf sie zu.

Ich konnte am Ende nicht hinblicken, wandte mich feige ab und es knallte leise wie Stein auf Fleisch.

Ein letztes Mal drehte ich mich um, blickte über die Leiche der Riesenspinne auf meine gefallene Gefährtin zurück- rotdurchdrungenes Haar, geschlossene Augen und eine Pfütze aus Blut- dann wandte ich mich ab.

Nun musste Rayna nicht sterben, oder? Oder? Ich musste nicht erst Zeuge Zoras Dunkelheit werden, um zu handeln, oder?

Ich erinnerte mich an den verbrannten Baum auf der Lichtung, der da nicht hingehörte und der Rayna doch so ähnlich sah. Wie dumm von mir zu glauben, ich wüsste es besser als Doktor Elina.

Sah mit an, wie Zora in Anbetracht des großen Verlustes, des scheinbaren großen Verlustes, die Kontrolle verlor. Wie sich ihre Körperhaltung verkrampfte, wie sie lauerte wie ein Monster auf seine Beute. Es war als könnte ich ihre Aura sehen, als würde sich ihre bösartige Natur in schwarzem Rauch offenbaren- wie ihre Augen rot blitzen.

Ich erschauderte. Was würde sie mir antun?

Doch sie brach zusammen, als sich Rayna zeigte, schweißgebadet und zitternd zu den Füßen des Elbs. Ihre Dunkelheit musste ihren Preis verlangt haben.

Der Elbenprinz beugte sich zu ihr herunter, sein Kopf schief gelegt mit raubtierhafter Neugier...


Ich kniete auf den Planken hinter Bards Hütte, meine Tunika durchnässt und stinkend nach der Kloake. Als Rayna und Zorana verschwanden, hatte auch ich die Zeit genutzt...

„Du versagst, Kind." Die Stimme klang sehr unerfreut und ich zitterte während ich eine Antwort hinaus würgte.

„Bitte, Doktor, ich- "

„Schweig."

Und so schwieg ich.

„Ich nehme zur Kenntnis, dass dir die Einmischungen von Zoras Kreationen nicht in die Hände gespielt hat, dennoch... Auf mein Anraten brachtest du diese Vampire gegen Rayna auf, doch nicht stark genug, dass sie nach ihrem Blut dürsteten. Ein lausiger Pfeil, Kind.

Der Versuch, die Gefallene zu ertränken, endete in meinem persönlichen Eingreifen, damit dich ihre kleine kranke Freundin nicht massakriert. Und während du hier vor mir kniest, sind sie auf dem Weg zu ihrem nächsten Opfer, denn Erinnerungen kann ich nehmen, doch nicht ihre Gefühle.

Was sagst du zu deinem Versagen?"

Ich würgte eine Entschuldigung hervor. Zitternd und bebend kniete ich vor ihr, denn sie hatte Recht, sie hatte Recht!

Hätte ich Rayna dazu bringen können, nicht nur die Gitterstäbe der Zelle zu verbiegen und die Wände von Zoras Gefängnis einzureißen, damit sie wieder in meiner Reichweite war, sondern auch Wachen anzugreifen, das Gemäuer zu zerstören, Zora unabsichtlich zu verletzen- so hätten sie bis zu ihrem Tod nach ihr gejagt.

Und wie es mich frustriert hatte, wie furchtbar blank meine Nerven waren, denn sie müssen doch etwas bemerkt haben! Sie spielen mir ihre Freundschaft nur vor! So verängstigt, dass ich im nächstbesten Moment versuchte, Zora in der Kloake zu ertränken. Oh, wie sie schrie und gurgelte. Wie ihre Natur in Schatten zum Vorschein kam. Dann auf einmal Raynas Baumpranken, die sich um meinen Hals schlossen-

Lass Zor in Ruhe, Verräterin!

Als hätte sie es schon lange gewusst. Ich schauderte. Mein leichtsinniges Handeln hätte ich beinahe mit dem Tod bezahlt. Dann ihre weiße, engelsgleiche Gestalt, ihre Hände auf dem Kopf Raynas, als sie in der Ecke zusammensackte, griff sie nach Zora- Doktor Elina wandte sich mir zu...

Schweiß perlte von ihrer Stirn, sie wirkte schwach und krank...

Du enttäuschst mich, Anwärter.

„Verzeiht, Doktor!" Ein Wimmern brach aus mir hervor und meine Augen bohrten sich in die dreckigen Planken zu ihren Füßen.

„Du bist schwach, unfähig einfache Probleme zu lösen. Hätte ich meine Zeit stattdessen verwenden sollen, dass Rayna Mädchen zu manipulieren die Gefallene und sich selbst umzubringen?"

„Bitte gebt mir noch eine Chance- ich... ich kann- werde es schaffen!"

„Nicht in diesem Universum fürchte ich. Du verfügst über die Kräfte, ihren Avatar erheblich zu schwächen- nutze sie nächste Wandeln!"

„Ja, Doktor.", antworte ich und nickte heftig mit dem Kopf, meine Hände soweit verkrampft, dass Blut tropfte.

„Doch nur zu, versuche es auch hier. Sei gewarnt, noch einmal werde ich nicht zu deiner Rettung eilen, Anwärter." Mein Blick flackerte kurz nach oben- ihre dünnen Lippen verzogen sich amüsiert.

„Geht es dir gut?"

„Wa-as? Ja, natürlich, Rayna.", antwortete ich reflexartig und schüttelte Raynas Hand panisch weg von meiner Schultern, meinem Hals.

Rayna blickte verwirrt zu mir hinab, ihre blauen Augen schimmerten in einem mir unbekanntem Gefühl, dann brach der Zauber und sie wandte sich den Goldmünzen zu.

„Siehst du das, Cel? Ich bin reich!"

Ich rappelte mich auf- weg von ihr,- weg von ihr- und meine Beine trugen mich alleine zu dem König unter der Berg, der schimpfend unter der aufgespießten Leiche stand.

„Eine Drohung dem König, dem ganzen Zwergenreich, eindeutig, sage ich! Die arroganten Elben schicken einen aufgespießten Botschafter als Zeichen ihrer Kriegserklärung!"

,,Schleichen sich ein, in die Gemächer unserer Vorfahren, elende Diebe!"

„Seht, der Spieß geht direkt durch Wappen ihres Reiches, das Blut verbindet ihr Wappen mit dem unserer über den Banner. Primitive Barbaren!"

„Jetzt, wo wir den Drachen mit Schweiß und Blut besiegten, so wollen sie nun einen Teil unseres Goldes nehmen?!"

„Ich stimme euch zu, Brüder, als König unter dem Berg erkläre ich als erste Amtshandlung den Elben des Düsterwaldes den Krieg!"

Grölendes Johlen folgte auf seine Worte und mein Herz zuckte erschrocken in meiner Brust. Das war es also, was Zora bezweckte. Sie wollte den Krieg zwischen Elben und Zwergen erzwingen und uns alle töten. Das war also ihre Vergeltung.

Ein leises Kichern entfuhr mir, dass ich entsetzt mit meiner Hand verdeckte. Doktor Elina hatte Recht, sie war wahrlich gefallen!

„Ich sage, nehmt euch die Rüstungen aus edlem Metalle, bringt Stolz und Ruhm euren Vorfahren. Lasst das Blut unserer Feinde fließen. Rüstet euch!"

Stumm sah ich ihnen bei den Kriegsvorbereitungen zu und keiner erwartete mehr als ein zustimmendes Nicken hier und dar. Warum auch? In ihren Augen war ich der einfache, arme Mensch, der sich für seine Freunde ständig entschuldigen musste. Aber mit höchster Missbilligung nahm ich die Abweichung von der Zeitlinie wahr. Der Arkenstein wurde mit keinem Wort erwähnt und so nahm ich mir die Freiheit, den König darauf hinzuweisen.

„Der Kr'apptusk? Er ist Symbol der Freundschaft von Elben und Zwergen und wurde uns im Vertrauen überreicht. Seither steht er für die Anerkennung des Königs unter dem Berge durch die Elben. Viele sind süchtig nach der Macht, die uns dieser Stein über die arroganten Spitzohren bringt, doch ich weiß besser, als mich von einem wertlosen Kieselstein legitimieren zu lassen! In der Tat, wir täten gut daran, dass Ding zu zerbrechen!" Mit jedem seiner Worte nickte der Zwergenkönig zustimmend und beorderte schließlich Gloin nach dem Stein zu suchen.

Verflucht sei Zorana. Verflucht sei die Gefallene. Verflucht sei die Verräterin.

Sie hat diesen Universum verdreht und zerrissen in ihren gierigen Klauen.

Und so kam es, dass wir schon bald auf der eisernen Mauer über dem Tor des Erebors standen, die Zwerge in stärkster und erhabenster Rüstung gekleidet, gereiht um zwei Katapulte und einen Haufen rohen Erzes. In der Hand des Königs glänzte der Arkenstein und angespannt wartete ich auf das Eintreffen des Heeres, von Zora, meine Hand um Kiesel fest umschlossen.

Sie kamen mit Einbruch der Dämmerung.

Tausende Rüstungen, in denen sich das blutrote Funkeln der untergehenden Sonne widerspiegelte, marschieren im Gleichschritt auf den Erebor zu.

Rayna hatte hingegen ganz andere Pläne...

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