Countdown

Triggerwarnung: explizite Darstellung von Gewalt 

Rayna PoV.:

Ich bin Schatten, ich bin Dunkelheit, ihr könnt mich nicht sehen, wenn ich euch nicht sehe! Ich kicherte in meine Hand und huschte durch die düsteren Gänge. Die Zwerge hatten sich leider nicht die unnötige Mühe gemacht den Pfad zum Eingang zu befackeln. Pah, da wäre die Security aber nicht zufrieden! Wissen die nicht, dass man Fluchtwege klar kennzeichnen soll? Vollpfosten, sag ich! Nazistische Idioten, wie Zora sagen würde! Oh, Zora... Zora, ich komme!

Meine Wangen brannten, als ich an das-was-geschah, zurückdachte. Wie kam es nur dazu? Ich war doch so ausgeglichen, so hervorragend von diesen anderem mir abgelenkt,- was zur Hölle war passiert? Die Erinnerung war wie ein Filmriss mit höllischen Kopfschmerzen. Eine Lücke, von dem Schiff in Bards Haus- aber der einzig bleibende Eindruck waren die blassen Gesichter dieser Schattenkinder. Oh, waren die creepy! So jung und schon drogenabhängig- da wurde wohl nicht genug Aufklärungsarbeit geleistet.

Ich blickte mich vor dem „geheimen" unbewachten Eingang noch einmal um- die Security hätte Nasenbluten von diesen Sicherheitsstandarts bekommen. Ich klackte missbilligend mit der Zunge und verabschiedete mich dann von dem ausgehöhlten Berg bis auf Weiteres.

Der Wind draußen war kühl und etwas Nebel zog von der Seestadt auf. Meine Schritte stampften über den Boden und ich ließ meine Gedanken zu Zora wandern... Zora, die mir selbst als ich am Boden lag half- noch immer an mich glaubte! Und was tat ich? Ließ zu, dass Celina auf ihr herum trampelte. Sie trat als sie am Boden lag. Die Kleinwüchsigen gegen sie verschwor. Pah, als ob Zora irgendjemandem den Krieg erklären wollte! Es war ein Weckruf! Und ich würde antworten.

Ein Rabe krächzte, als er oben am grauen Himmel über mich hinwegflogen, und ich spielte kurz mit dem Gedanken einen Stein nach ihm zu werfen. Allerdings hatte das Vieh sicher schon seinen Familie verloren, denn normalerweise treten diese Vögel doch in Schwärmen auf, wenn ich mich nicht irrte. Was der wohl da oben zu suchen hatte?

Ich blickte dem flatternden Vogel noch nach und so bemerkte ich auch nicht das nächste Obstakel auf meinem Weg zu Zora. Die stampfenden Geräusche meiner Schritte löste schon bald ein Schmatzen ab und keine Sekunde später stolperte ich über irgendeinen Stein und sank zu Boden wie die Titanic,- und das Uboot, das nach der Titanic suchte. 

"Wah!" 

Klebriges Orkblut schmierte sich an meine Hände- mein Gesicht verzerrte sich vor Schock als ich meine Umgebung auf Knien wahrnahm. Mein Blickfeld verzerrte sich, verdunkelte sich und ich konnte keine Muskel mehr rühren.

"Nein...neinneinneinneinnein-" 

Abgeschlagene Finger, die meine Hand umschlangen, blutige Stümpfe, abgehackte Köpfe, verzerrte Gesichter- weiße Augen, die mich von ewiger Todesangst verzerrt, gerade weg anstarrten. Es war als wäre ich in meinen Alptraum gewandert- Stimmen schrien in meine Kopf, heulten und kratzten an den Grenzen meiner Vernunft.

"Weg! VERSCHWINDET!" 

Panisch krabbelte ich zurück, das Blut tränkte meine Kleidung, das Blut war überall. Ich bekam keine Luft, als hätten meine Lungen vergessen zu funktionieren- ich schnappte und saugte Luft ein- Luft und den metallischen Gestank eines Massakers.

Ich wimmerte vor Entsetzen, zuckte zusammen und zog mich zitternd weg- bloß weg. Neinneinneinneinnein.... Das konnte nicht sein-

Neben der einen Leiche bemerkte ich eine Strähne weißen Haares, die wohl im Kampf abgeschnitten wurde. Das war- ; das musste Zora gewesen sein.

Ich krallte mich in das schleimige Gras fest. Mit aufgerissenen Augen blickte ich mich um. Meine unbedachten Schritte hatten mich mitten auf ihr Schlachtfeld gebracht. Ich zwang mich langsamer zu atmen, mich zu beruhigen- was würde Zora sagen? Ja, was würde sie sagen, wenn sie mich so sehen würde? Musste sie mich nicht schon in dieser Lage sehen? Wie ich das Henkersbeil selbst schwang? Und weit mehr als das? Wie- wie schwach ich war- pathetic! Ich lachte gezwungen auf. Wie paradox. Jetzt hatten sich die Rollen vertauscht. Ich zwang meine Beine aufzustehen, schüttelte das Blut von meinen bebenden Händen. Wo war dieses Andere, wenn man es mal brauchte? 

Mein Kichern klang selbst in meinen Ohren hysterisch und ich stolperte weiter voran- durch diesen Ort- fast nur, um mir etwas zu beweisen. Am Rande bemerkte ich das grobe Schwert, das im Kopf eines Orks ragte, doch mein Füße trugen mich schon bald ans Wasser. 

Ich erwartete zwar ein prunkvolles Boot zu finden, aber es war nada zu sehen. Also entweder- entweder hatte ich mich mal wieder phänomenal verlaufen oder Zora hatte sich das Boot geschnappt. Obwohl der erste Fall weitaus wahrscheinlicher wahr, konnte ich nur annehmen, dass ein Mensch nicht so viel Pech an einem Tag haben konnte. Außerdem erschien es zuerst wahrscheinlich, dass Zora zurück zur Seestadt fahren könnte- entweder um Nirfin zu massakrieren oder der ganzen Sache auf den Grund zu gehen.

Meine Augenbrauen verzogen sich vor Sorge. Das wäre eine offensichtlich dumme Idee, das würde selbst Zora erkennen, oder? Da musste ich wohl auf ihre Intelligenz vertrauen. Ich versuchte, mich zurück zu erinnern, ob Celina etwas von Alfred erwähnt haben könnte- aber es war alles so schwammig und verrissen, als hätte ich durch ein Brille die Welt erblickt. Verzweifelt verzog ich mein Gesicht- ich konnte mich nicht mehr an die Wörter erinnern- nur ein ständiges Rauschen.

Doch da- wir waren auf dem Boot, Celina beugte sich über Zora, die zuckte und kauerte wie in einem Alptraum gefangen- Tränen traten in meine Augen- dann Alfred.

"Alfred~" 

Das Wort schmeckte süßlich in meinem Mund, wie ein schleimiges Gumminbärchen, dem du am liebsten den Kopf abbeißen würdest. Oh, an ihn waren meine Erinnerungen scharf- wie er am Tag nach dem-was-geschah im Haus des Bürgermeisters hockte, wie ein Puppenspieler über die Schulter der Bürgermeisters blickte und wisperte wie eine kleine dreckige Ratte. Weiße, glühende Fäden zogen sich über sein Gesicht und er selbst war zur Marionette verkommen. Ein leerer Gegenstand; ihn noch einmal zu benutzen würde nicht halb so viel Spaß machen. 

Mein Spiegelbild auf dem See verzog die Mundwinkel zu einem grausamen Lächeln. Nein- ich musste mich konzentrieren. Er hatte einen Botschafter der Elben angekündigt, der am nächsten Tag eintreffen würde, um, ich zitiere, Unterstützung für die Zwerge zu bringen. Das war natürlich absoluter Blödsinn. Die Gier des Bürgermeisters überwog Alfreds schmeichelnde Worte und er sandte uns mit dem Versprechen von Reichtum zu Erebor... Aber Zoras Kreaturen mussten schon längst in der Stadt sein, weil sie diesen Mistkerl wiederbelebt hatten... 

Doch die Frage war natürlich, worauf warteten sie? Wieso hatten sie sich Zora nicht geschnappt, als sie allein in Bards Haus mit den seltsamen Kindern geschlafen hatte? Natürlich war es dumm gewesen, sie unbewacht zurückzulassen, verflucht sei Celina, die einzige, die damals bei vollem Bewusstsein war. 

Ich war mir recht sicher, dass zumindest Legostein schon zu der Zeit anwesend gewesen sein müsste, da er derjenige war, der uns am dichtesten an den Fersen war. 

Nein, Zora konnte unmöglich zur Seestadt zurückgegangen sein. Sie war mir zwar einige Stunden voraus, würde aber niemals freiwillig und unvorbereitet in eine Falle laufen. So sentimental war sie nicht. 

Aber wo könnte sie sonst mit dem Boot hinwollen? Oder hatte sie das Boot nur zur Ablenkung auf den See geschoben, um den Nirfin eine falsche Spur zu legen? Das würde sie definitiv tun. Sie war vermutlich recht panisch, als sie diesen Nirfinboten getötet hat, und im Spuren verwischen ist sie richtig gut. Das hätten sie mal in der Schule unterrichten sollen. Sie wäre ne straighte Einserschülerin geworden. 

Zufrieden mit meiner Analyse nickte ich und nahm ein anschließendes Bad, um zumindest den gröbsten Teil des Blutes loszuwerden. Nicht, dass Zora noch einen Schock bekam. Da sich Zora also definitiv noch in der Umgebung befinden musste und es ja wahrlich dumm wäre, wenn ich planlos durch die Gegend laufen würde, beschloss ich zu warten. After all kehrt ein Mörder ja immer zum Tatort zurück. 

Weil ein einziger Mensch aber wirklich verdächtigt aussehe würde, begab ich mich in ein kleines Wäldchen, von dem aus ich einen guten Blickwinkel auf das Haupttor des Erebors und das Massaker haben würde und verwandelte mich in einen Baum. Ich musste kaum einen Tag warten, bis meine Mediation unterbrochen wurde.


Zora PoV.:

Gott, ich hasste Nirfin. Vergiss, dass ich die erschaffen - ich verachte diese dummen Dinger abgrundtief! Mit hasserfüllten Blick betrachtete ich die funkelnden Ketten, die meine Hände fesselten. Der Arkenstein glitzerte mich nahezu hämisch ein und am liebsten hätte ich diese Dinger im See ertränkt. Bedauerlicherweise hatten die Elfen, eh Nirfin, andere Pläne. 

Man hatte mich- MICH in einen rollenden Käfig geworfen wie einen wilden Zirkusbären. Vor Wut fletschte ich die Zähne. Wie konnten diese- diese minderwertigen Erschaffungen es wagen?!

Gut, ich hatte nach Legolas geschnappt. Mit einem verwandelten Gebiss. Und ihm versichert dass er seine letzten Worte sprechen, bevor ich auch nur ein weiteres sagen würde. Aber hallo? Ich hatte immer noch meine Menschenrechte! 

Und dieses, dieses abscheuliche Werkzeug lächelte mich noch immer freundlich (aber bestimmt) an. Hätte ich meine Nirfinaura im Moment würde ich ihn in meinem Blutdurst ersticken. Ein kleines kaltes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Oh ja, das würde ich genießen.

Neben meinen rachsüchtigen Gedanken bemerkte ich, dass der Geleitzug in einem kleine Wäldchen in der Nähe zum Erebor zum Stehen kam. Ja, die hatten mich echt von der Seestadt über das Meer wieder hergebracht. Applaus, Applaus. Und während vier Wachen um meinen Käfig herum verblieben, so fingen die restlichen hundert Soldaten mit den Lagervorbereitungen an. Ich stöhnte genervt auf, als mir bewusst wurde, worauf das hinauf laufen würde. 

Ich hatte nicht vorgehabt, auf dieser Seite der Belagerung des Erebors zu sein. Und nebenbei auch nicht, den Sohn des Azog zu töten. Würde das nicht bedeuten, dass die Orkfraktion gar nicht am Krieg teilnehmen würde? Dann- dann könnte sich aber auch nicht die Zwerge und Elfen gegen sie vereinen. Was dann? Was tun?

Celina- sie würde doch glauben, dass ich das absichtlich gemacht hätte! Kalter Schweiß lief mir über den Rücken, als mir bewusst wurde, was das für unsere Freundschaft bedeuten könnte. Hatte ich alles nur noch schlimmer gemacht?

Natürlich- natürlich! Nutze der Nirfinprinz meine geistliche Abwesenheit und an das Gitter heranzutreten.

"Man wird dich in einem gemütlicheres Lager unterbringen. Bitte sieh dies als Entgegenkommen- keinesfalls ist dies eine provokative Handlung." Er lächelte freundlich- auch noch als mein wütender Blick ihn traf. 

Ich erhob mich und trat den letzten Schritt an die stählernen, polierten Gitterstäbe heran. Er verdiente meine Worte nicht und dennoch hallte ein Antwort in meinem Kopf: Aber natürlich, Elbenprinz~ ich bin mir sicher, dass ich nicht noch wütender werden könnte. 

Bloße Verachtung lag auf meinen Zügen.

Die Wache öffnete die Käfigtür und ich trat heraus, der hastige Schritt ließ die Rüstungen der Nirfin kurz rascheln, als sie sich auf einen möglichen Fluchtversuch vorbereiteten.

"Hier entlang, bitte." Eine der Wachen trat an mich heran, und der höfliche Gesichtsausdruck ließ mich nur vermuten, dass sie erstens wusste, wer ich bin, und zweitens keine schwächere Nirfinpuppe war. 

Ich rang mir ein freundliches Lächeln ab, hauptsächlich um Legolas zu sagen, dass ich Nirfin durchaus nicht kategorisch hasste, sonders sein Verhalten sich diesen besonderen Platz in meinem Herzen verdient hatte.

Keine Sorge, natürlich hasste ich Nirfin inzwischen kategorisch. Aber Legolas hasste ich mehr. Man könnte jetzt fragen, was Legosteinchen mir eigentlich getan hatte. Also lasst mich mal kurz erklären; mich gefangen genommen, mich erneut gefangen genommen, mich vor dem Selbstmord gerettet. So und wenn das nicht reicht, dann vergesst nicht, dass er auch versuchte, Rayna zu erschießen. 

Brav folgte ich dem Nirfin zu einem kleineren Zelt und ließ mich auch ohne Probleme hineinführen. Nur ein absoluter Idiot würde versuchen zu fliehen. Rayna vielleicht. Die verlockende Sicht der Freiheit wurde von einer Art breiteren Liege ersetzt. Das Zelt war kahl eingerichtet. Bis auf die Liege zierten nur die simplen beigen Zeltwände den Ort. Vorsichtig ließ ich mich dort nieder. Bei dem Gedanken, dass meine blutbefleckten, feuchten Klamotten das Möbelstück befleckten, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Die nächsten- es müssen Stunden gewesen sein- lag ich auf diesem Ding und tat nichts. Mir wurde langweilig, schnell, aber ich konnte ja nirgendwo hin. Die Geräusche der Nirfin, die das Leger errichteten, waren zu gedämpft, als dass ich sie klar verstehen konnte.

Was Rayna wohl gerade tat? Befand sich vermutlich immer noch in ihrer eigenen Gedankenwelt. Ich verstand sie ja, ich wusste, dass das alles schrecklich gewesen war und dass sie ihre eigenen Taten nicht verhindern konnte, aber manchmal wünschte ich- Ich wünschte sie würde anders damit umgehen.

Ich musste wohl leicht eingedöst sein, denn ich schreckte abrupt hoch, als sich die Zeltvorhänge raschelnd zur Seite schoben.

"Hier entlang, bitte." Eine weibliche Soldatin mit roten Haaren- warte, die kenn ich doch! Die, mit der Legolas geshipt wurde! Oh, Legolas. Schlecht gelaunt starrte ich sie an und überlegte einen Augenblick lang, mich einfach umzudrehen und weiterzuschlafen. Leider war ihr Blick etwas zu auffordernd, als dass ich dies gewagt hätte. Ich erhob mich also von diesem Liegeding, klopfte kurz meine Kleidung ab, um sicher zu gehen, dass die größtmögliche Menge Dreck dort zurückblieb, und folgte ihr dann aus dem Zelt hinaus. 

In den paar Sekunden Wegzeit erkannte ich mit Entsetzen die Größe des Lagers. Weit aus dem Wald heraus erstreckte sich dieses, tausende Nirfin wanderten in polierten Rüstungen umher und vor allem die Zelte um mich herum waren größer und von heller schimmernden Stoff als die weiter weg. Sah so aus, als ob ich mich in der Basis, im Hauptquartier des Feindes befand. Bald wurde mir bewusst, dass ich das zentrale Zelt ansteuerte. Ein großes, smaragdgrünes Zelt mit goldenen Verziereungen, dass direkt vor einem seltsam bekannten Baum mit orangen Früchten errichtet worden war.

Ich war recht irritiert, als der Baum mir zublinzelte. Hätte ich nicht gewusst wo ihr Gesicht ist, wäre es mir sicher entgangen. Ich versuchte meine absolute Fassungslosigkeit zu kaschieren- denn was zur Hölle machte Rayna hier?!

Oh nein.

Was zur Hölle machte Thranduil in diesem Zelt. Raus- raus, ich will hier raus!







Nächstes Kapitel am Wochenende. Habe überraschenderweise einen Plan. 

Spyke

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