3. I'm here

Fortsetzung! Yaay

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Jiyong Pov

"Bist du vollkommen verrückt geworden? Niemals!" "Gestehe, dass es deutlich besser so wäre!" "Vier Zentimeter sind ein zu großer Unterschied zu vorher, denk doch mal an deine überarbeiteten Hände!" "Hände hin oder her, es ist besser!" "Was fällt dir als nächstes ein? Vier Zentimeter und dann am besten nicht mal hart?" "Ja! Hart ist unbequem zum drauf sitzen!" "Du schläfst dann nie ein!" "Das ist ja das Problem! Du denkst zu unbequem!"

Es nicht mehr länger aushaltend, streckte ich meinen Kopf aus der Küche ohne die Karotte die ich gerade schälte wegzulegen. "Wenn ich nicht wüsste, dass es um Stühle geht, wärt ihr sehr einfach zum falsch verstehen.", informierte ich meinen besten Freund und Zimmergenossen der zusammen mit meinem dämonischen Irgendwas auf der Couch saß und sehr sehr angeregt mit ihm über Stühle sprach. Verdutzt starrten sie mich an, dann grinsten sie beide gleichzeitig in Gedanken genau daran worauf ich hingewiesen hatte. "Dann gebe ich dir selbstverständlich Recht, vier Zentimeter mehr kann viel werden.", grinste Seunghyun und schob seine Brille streberhaft nach oben, während Youngbae loslachte und sich entspannt rückwärts auf die Couch fallen ließ.

Diese Stuhlgespräche waren eindeutig zu intensiv. Ohne zu bemerken wie mein Blick an ihm festklebte, beobachtete ich Youngbaes schönes Gesicht wie es in Freude und Übermut strahlend lachte. "Ähm, Ji? Was genau brennst du da grad an?", fragte Seunghyun jedoch nach einer unbestimmten Zeitspanne und erschrocken errötete ich als der Dämon aufhörte zu lachen und mich besorgt anschaute, bevor ich sofort zum Herd zurückkehrte und hektisch das anbrennende Kimchi in der Pfanne umherschob. "Mist... ich kann einfach nicht kochen.", fluchte ich leise und versuchte verzweifelt das ruinierte Essen zu retten.

Die starken Arme die sich von hinten um mich legten und meine Hände führten, waren es vermutlich eher die das Essen noch vor dem letzten Absturz bewahrten. "Schieb nur das Verbrannte zur Seite, den Rest kann man essen, vermisch es nicht.", raunte der etwas kleinere Youngbae hilfreich an meinem Nacken und schob den geschwärzten Teil an den Pfannenrand und dann auf einen Teller nebendran. "Schmeiß mehr Reis rein.", ordnete er dann an und mich vorsichtig unter seinen Armen hindurchbückend, hastete ich zu meinem Reiskocher und holte mehr Reis. Sachte schob ich Youngbae mit meiner Hüfte zur Seite und gab die Nahrung in die Pfanne hinzu, während er das komplette Essen nochmal nachwürzte.

"Ah, ihr seid so süß.", seufzte Seunghyun hinter und ich hörte das wohlbekannte Klicken meiner Kamera, bevor ich meinen Kopf drehte und ihn an dem Türrahmen lehnen sah, während er selig lächelte und das eben geschossene Bild aufrief. Dann erlosch sein Lächeln jedoch plötzlich und machte einer ernsten Miene Platz. "Stimmt etwas nicht?", erkundigte ich mich verwundert und setzte an meinen Platz an Youngbaes Seite zu verlassen um nachzuschauen was ihn störte, als der Dämon plötzlich einen Arm um meine Hüfte legte und mir den Kochlöffel in die Hand drückte. "Mach hier weiter, ich hole noch kurz was anderes.", bat er und steuerte dann die Tür an.

Im Vorbeigehen drückte er den Löschen-Knopf meiner Kamera und Seunghyun und er teilten sich kurz einen bedeutungsvollen Blick, dann schob der Kleinere von beiden sich an dem anderen vorbei und verließ den Raum. Eine angespannte Stimmung blieb hinter ihm zurück und mich unwohl fühlend auch wenn ich nicht wusste warum, begann ich auf meiner Lippe herumzukauen und nachzudenken was Seunghyun so seltsames auf diesem Bild gefunden haben mochte. Standen meine Haare ab? Testweiße ließ ich eine Hand nervös über meine derzeitig blauen Haare gleiten, konnte allerdings nichts ungewöhnliches ertasten. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen.

"Was machst du denn? Wolltest du dir das nicht abgewöhnen?", murmelte Seunghyun jedoch plötzlich unmittelbar hinter mir und riss mich damit aus meinen Gedanken. Die Zähne immernoch in meiner Lippe, drehte ich mich fragend um und sofort fing er mein Kinn in einer seiner Hände ein, mit dem Daumen der anderen schob er meine Lippe zwischen meinen Zähnen heraus. "Oh.", machte ich bloß und entzog mich ihm, bevor ich wieder auf das Kimchi sah und unbewusst wieder anfing auf meiner armen Lippe herumzubeißen.

"Was ist los?", seufzte Seunghyun besorgt und legte von hinten seine Arme um meine Hüften und zog mich an seine warme Brust. Die Anspannung fiel fast augenblicklich von mir ab und entspannt lehnte ich mich an seinen Körper, während ich wohlig die Augen schloss, als er mir einen sanften Kuss auf die Haare drückte. "Youngbae... ich weiß nicht was er denkt. Ich weiß nicht ob es ihm hier gut geht... Er wirkt so teilnahmslos.", teilte ich meine Gedanken mit meinem Freund und der brummte zustimmend. "Aber wir kennen ihn halt auch kaum... Ich vermute mal, dass hier alles zu neu für ihn ist und er etwas Zeit zum sich an alles gewöhnen braucht." Nachdenklich starrte ich in die Pfanne vor mir.

"Kein Grund deine hübschen Lippen zu killen, Ji. Ihr beide werdet sie noch brauchen.", grinste Seunghyun dann jedoch mit einem spielerischen Ton in der Stimme und ich stieß ihn übertrieben von mir. "Seunghyun! Er kommt aus dem 17. Jahrhundert, damals ging sowas nicht so einfach wie heute.", quietschte ich errötend und wandte mich etwas von ihm ab, damit er es nicht sah wie sehr der Gedanke von Youngbae und mir gefiel. Immerhin hatte er mich schon zweimal geküsst. Und mehrmals mein Blut getrunken. Nur... Ich wurde wieder leise und kehrte in meine tiefen Gedanken zurück. In der einen Woche in der wir jetzt schon zusammenlebten, hatte er weder mein Blut getrunken, noch sich mir auf eine intime Weise genähert. Mochte er mich überhaupt noch genug? Oder war diese Liebe wieder erloschen und er konnte schon wieder woanders zu Nahrung kommen, wollte mich nur nicht beleidigen indem er ging?

"Jiyooong, du tust es schon wieder!", beschwerte sich Seunghyuns Stimme hoch und komisch verstellt, weswegen ich zu ihm aufsah. Strafend sah er auf mich herab und befreite ein weiteres Mal meine Lippe von ihrer Folter. "Ich muss tatsächlich Youngbae fragen, ob er nicht bitte irgendwas zwischen diese Lippen kriegen könnte, damit du sie nicht komplett abbeißt, oder?", drohte er und hob provozierend eine Augenbraue. Wild errötend, kickte ich nach seinen Beinen und hob dann die Pfanne vom Herd. "S-Sei bloß leise und mach Platz!", jammerte ich beschämt über meinen Zustand und stolperte an einem zufrieden grinsenden Seunghyun vorbei in das Esszimmer.

Dort verteilte Youngbae gerade Geschirr für uns und warf mir einen fragenden Blick zu, dem ich nur auswich. Ich wusste nicht was genau Seunghyun hinter mir machte, aber ich sah genau wie Youngbaes Augen sich plötzlich weiteten und stellte hastig die Pfanne ab bevor ich mich verbrannte. Naja, eher um die Topflappen nach meinem Freund zu werfen. Herzlich lachend über meine Scham, fing er sie mehr oder weniger elegant und wedelte dann spöttisch mit ihnen herum. Ja, du hast zum ersten Mal in deinem Leben was gefangen, kann ich auch. Oder eher: Mach es nicht zu offensichtlich für Youngbae wie gerne ich ihn nackt und verschwitzt in meinem Bett hätte, du verstörst ihn noch!

Nein, es war die Tatsache mit dem werfen, zu zweiterem würde ich garantiert nicht stehen. Seunghyun - der mich leider zu verdammt gut kannte, ich würde ihn mit neuen Freunden ersetzen müssen, - grinste bloß anzüglich und kopfschüttelnd beschloss ich ihn zur Strafe für heute zu ignorieren. Was für ihn vermutlich eher noch als gut zählte und nicht länger anhalten konnte, weil ich das Thema morgen wieder vergessen hätte, aber er hatte eine kalte Schulter verdient. Dafür hingen meine Gedanken umso mehr an Youngbae.

Sollte ich ihn irgendwie darauf ansprechen, warum er sich mir nicht mehr näherte, oder kam das zu offensichtlich rüber? Wurde er nicht schwächer ohne mein Blut? Warum war sein Körper dann immernoch so gesund und stark? Warum verzehrte ich mich so nach ihm?

Ziellos jagten Gedanken wie diese kreuz und quer durch meinen Kopf der vollgestopft von Sätzen wie diesen war und keinen normalen Inhalt der sich nicht um Youngbae drehte mehr enthielt. Mein Kopf musste schon anfangen unter der vielen Überanstrengung zu dampfen, denn sich erhitzen und dumpf anfangen zu pochen tat er auf jeden Fall. Verzweifelt warf ich diese Bibliothek aus verwirrten Sehnsüchten umher und versuchte verzweifelt se ins Archiv zu schieben, bis ich plötzlich etwas krachen hörte und erschrocken zusammenzuckte. Mein Blick lichtete sich und ich starrte direkt in Seunghyuns dunkle Augen die mich in Sorge musterten.

Youngbae erhob sich mit Scherben in den Händen von neben mir. "Du hast dein Glas heruntergeschmissen.", erklärte er mir leise, scheinbar wissend dass ich keine Ahnung hatte wie weit weg ich eben gewesen war. Mit einem traurigen Lächeln ging er in die Küche um die Scherben zu entsorgen. "Was?", fragte ich konfus und hörte wie ein Stuhl über den Boden scharrte. Dann drehte Seunghyun mich zu sich herum und kniete sich an meine Füße. Eine seiner großen Händen landete an meiner Stirn. "Ich habe irgendwie das Gefühl, dass dieser Deal zwischen euch nicht nur ihn an dich bindet sondern dich auch irgendwie an ihn.", sagte er dann und nahm seine Hand herunter. Mit seinen Händen an meinen Knien sah er ernst zu mir auf und seufzte dann erschöpft.

"Ich habe Dämonen nicht studiert, deswegen werdet ihr darüber reden müssen. Ich bleibe solange bei Daesung.", kündigte er entschieden an und erhob sich um zu seinem Essen zurückzukehren, als ich seine Hand fasste. "Nicht!", bat ich überrascht von meiner eigenen gebrochenen Stimme. "Ich meine... lass mich nicht allein mit ihm.", nuschelte ich fast unhörbar, während meine Gedanken sich überschlugen. Seit wann kannst du nicht mehr allein mit ihm sein, Jiyong? "Hast du Angst vor ihm?" Hastig schüttelte ich meinen Kopf. Hatte ich nicht. Trotzdem bekam ich ein mulmiges Gefühl allein schon bei der Idee dem Dämon in die Augen zu sehen.

"Dann gibt es auch kein Problem." Damit verließ Seunghyuns Wärme mich und er griff sein Handy. Mich von ihm verraten fühlend, starrte ich statt auf ihn in meinen Teller der ein einziges Chaos war. Wie hatte ich das arme Essen zugerichtet bevor ich mein Glas runtergeschmissen hatte? "Ja. Ja, danke. Ja, bis gleich." Seunghyun legte auf und schenkte mir keinen weiteren Blick bevor er in sein Zimmer ging um seine Sachen zu packen. Stumm blieb ich wo ich war und verlor mich im Anblick des Kimchi-Massakers meines Tellers als wären die Geheimnisse der Welt darin verborgen. "Iss bitte." Meine Augen schossen bei der sanften Stimme nach oben. "Kein Hunger.", log ich ohne ihn direkt anzusehen.

"Warum?" "Ich glaub ich werd krank." Ohne ihn weiter zu beachten, schnappte ich mir meinen Teller und klammerte mich daran wie an eine Rettungsleine. Meine panischen Finger packten das Porzellan umso fester, als ich seinen Blick auf meinem Rücken brennen spürte. Und dann stand er plötzlich ohne Vorwarnung wieder hinter mir und ich spürte die Hitze seines Atems in meinem Nacken. "Du zitterst, gib das mir bevor du noch mehr kaputt machst.", befahl er mit einer tieferen aber unlesbaren Stimme als zuvor und nahm mir den Teller ab, bevor er ihn in die Küche trug. Kurz starrte ich ihm unentschlossen hinterher, dann blinzelte ich mehrmals hintereinander um aufzuwachen, dann verschanzte ich mich in meinem Zimmer. Ich wollte an einfach gar nichts mehr denken.

\(^-^)/

"Jiyongie? Seunghyun ist eben gegangen.", informierte mich Youngbae zwei Stunden später freundlich, in denen ich nur leer auf meinem Bett gelegen und in die Luft gestarrt hatte später und klopfte dabei sachte an meiner Tür. "Ich muss mit dir reden, kann ich hereinkommen?" Ich antwortete nicht, zu ängstlich davor, was er mir zu sagen hatte. "Jiyong?" Er verstummte. Natürlich machte es keinen Sinn mit mir reden zu wollen, wenn ich nicht antwortete, hm? Ich lauschte wie seine Schritte sich entfernten, dann wuchtete ich mich seufzend hoch um duschen zu gehen. Was er mir wohl sagen wollte?

Tief entschlossen nicht wieder in Gedanken zu versinken, entschied ich mich meinen Stress etwas mit einem Bad statt einer Dusche abzubauen und drehte das Wasser an der Wanne auf. Langsam zog ich mich aus und warf einen Blick in den Spiegel. Ich sah abgezehrt aus. Dunkle Schatten lagen unter meinen Augen und meine Wangenknochen stachen mehr zuvor als sonst. Auch mein Haar sah leblos und ohne Flip aus. Seufzend musterte ich meine Augen, Nase, Lippen, wobei meine Gedanken erneut bei Youngbae landeten. Einmal hatte er mich zum Abschied geküsst, einmal zur Ablenkung von Schmerzen. Waren diese Gefühle die er mir eingeredet hatte überhaupt real oder hatten er und Seungri das geplant damit er meine Seele bekam, sobald ich ihm genug vertraute? Nein, oder?

"Youngbae.", sagte ich sehnsüchtig seinen Namen, in der Hoffnung, dass das den Zauber brechen und mich wieder zum lachen bringen konnte. Dann wartete ich. Zwei Atemzüge lang. Drei.

Nichts geschah.

Was hatte ich erwartet? Ein Gewitter? Einen Regenbogen über der Badewanne? Was war los mit mir? Ich musste tatsächlich beginnen den Verstand zu verlieren. Abfällig wandte ich mich von dem Spiegel ab - und dann ging plötzlich das Licht aus. "Was-", fing ich an, dann legte sich ein Mund über meinen.

Selbst wenn die Logik mir nicht gesagt hätte, wer es war, hätte es spätestens dieser Kuss getan. Er schmeckte nach nichts, sondern war nur feucht und stark. Eine hungrige, bewegliche Zunge glitt wie eine Schlange um meine. Sein Mund war kälter als jeder andere den ich je geschmeckt hatte und ich erschauderte kurz. Aber als Reaktion durchströmte mich auch eine andere Form von Hitze und als Hände begannen meinen entblößten Körper zu erkunden, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und streckte mich ihm entgegen. Ich atmete schneller, als sein Mund meinen schließlich freigab und sich an meinem Hals herunterbewegte.

Ich wusste genau, ich hätte ihn aufhalten sollen. Ich wusste, dass die Dämonen so töteten. Aber als ich den Boden unter den Füßen verlor und gegen kalte Wandfließen gedrückt wurde und seine Finger zwischen meine Beine glitten, wurde das Denken gänzlich unmöglich und ich ergab mich. Dieser Mund, sein Mund war überall zugleich, er musste ein Dutzend davon haben. Jedes Mal wenn ich aufstöhnte oder leise schrie, küsste er mich und trank das Geräusch in sich wie er es mit meinem Blut getan hatte. Immer wenn ich mich kurz zusammenreißen konnte, spürte ich sein Gesicht an meinem Haar, während sein Atem schnell und leicht an mein Ohr stieß. Ich versuchte sogar meine Arme auszustrecken und ihn zu umarmen, aber irgendwie konnte ich mich nicht bewegen und war absolut in seiner Kontrolle.

Dann drangen seine Finger plötzlich in mich ein und ich schrie, schrie so laut ich konnte - nur hatte er bereits meinen Mund wieder bedeckt und es erklang kein Geräusch, es gab kein Licht, keine Bewegung, alles verschlungen von der Dunkelheit die mit ihm gekommen war. Was es gab war Lust und sie schien Ewigkeiten anzudauern und nie enden zu wollen. Wenn er mich auf der Stelle getötet hätte, wäre ich zweifellos glücklich gestorben.

Dann war es weg.

Ich öffnete meine Augen.

Ich saß zusammengesunken auf dem Badezimmerboden und zitterte merklich. Meine Beine waren schwach und wackelig. Das Licht des Raumes schien warm und versichernd auf mich herunter. Dampfendes Wasser füllte die Badewanne neben mir bis zum Rand, alle Hähne waren zugedreht. Ich war allein.

Vorsicht stand ich auf und ließ meinen Körper in die Badewanne sinken. Ich fühlte mich schwummerig, aber etwas wacher als zuvor. Hatte er von meinem Blut genommen? Ich wusste es nicht. Meine Gedanken waren ein ungreifbarer Ball der mir auswich und nachdem ich gebadet hatte, fiel ich ohne weiteres in mein Bett, zu erschöpft um noch irgendwas zu tun.

\(^-^)/

Ganze zwei Tage mied ich Youngbae danach. Er war ruhig, versuchte kein weiteres Mal mit mir zu sprechen und ich sagte nicht noch einmal seinen Namen in der Dunkelheit. Aber wir merkten beide, dass irgendwas mich abzehrte. Ich sah von Tag zu Tag ungesunder aus und lag bald vollkommen schwach in meinem Bett, unfähig mich noch ein weiteres Mal zu erheben. Diesmal fragte Youngbae nicht, er schneite einfach herein. Kurz starrten wir uns nur schweigend an, ich musterte seine schwarzen Haare, die Dornenohrringe, das lockere, schwarze Shirt, die graue Jeans. Und er starrte mich an. Seine pechschwarzen Augen bohrten sich in meine. War er wütend auf mich?

"Ich wollte eigentlich gehen.", fing er dann ohne Umschweife an und ich lächelte schwach. "Mach nur, ich rette dich dann wieder vor Seungri.", ermutigte ich ihn und er ballte seine Hände zu Fäusten. "Du rettest niemanden, du verrottest nur hier.", fasste er das Offensichtliche in Worte und ich seufzte angestrengt. "Es liegt an dir. Irgendwas fehlt.", grummelte ich erschöpft und nein, ich wollte das nicht laut sagen, aber tat es trotzdem. Er schien zu überlegen was es sein könnte. Dann erinnerten wir uns gleichzeitig an etwas und unsere Blicke trafen sich in der Mitte des Raumes. Der Tag im Badezimmer... ich konnte danach nicht mehr an ihn denken, war frei von ihm. Vielleicht war es ja einfach bloß diese bisher zu banale, menschlich wirkende Sehnsucht nach ihm die gestillt werden musste?

In einer eleganten Bewegung fiel ich vom Bett und schaffte es auf die Füße bevor er bei mir war. "Lass es uns probieren. Wenn es nicht klappt, steht es dir frei zu gehen und zu sterben.", bot ich an und setzte damit mein eigenes Leben aufs Spiel. Ohne ihn schien nämlich auch ich zu Grunde zu gehen. "Jiyong du hast keine Ahnung wie Dämonen lieben, das geht nicht.", sagte Youngbae nach einiger Zeit entsetzt und schüttelte dann resolut den Kopf. "Das geht nicht, du wirst sterben." Ich gab ein abfälliges Schnauben von mir und zog mein Shirt über meinen Kopf. Seine Blicke brannten sich in meinen Körper.

"Ich sterbe sowieso wenn wir nichts tun, was ist dabei?", fragte ich stur und hakte meine Finger unter den Bund meiner Hosen und Unterhosen, bevor ich sie gleichzeitig herunterschob und wild in den Raum warf. Nackt stand ich da und bot mich an.

Youngbae sah aus als wäre er einfach unfähig zu reden, dann kam er näher. Dunkelheit kroch mit ihm einher und er wirkte irgendwie größer als ich, obwohl ich genau wusste, dass er kleiner als ich war. Wir verharrten, sahen dem anderen in die Augen, wägten ab ob das gut war was wir vorhatten. Ich sah genau wie er mit sich selbst kämpfte. Und dann, nach gefühlten Stunden nickte er fast unmerklich. Einladend breitete ich die Arme aus und auf der Stelle erlosch das Licht.

Hände ergriffen mich.

Ich sage nicht seine Hände, weil es zu viele waren, die meine Arme griffen, meine Hüften packten und mein Haar zerzausten. Eine legte sich sogar um meinen Knöchel. Das Zimmer war fast vollkommen dunkel, er absorbierte sogar das Mondlicht von draußen. Ich konnte nichts sehen außer dem Fenster und dem Himmel dahinter, von dem das Sonnenlicht inzwischen völlig verschwunden war. Sterne drehten sich, als ich hochgehoben und wieder hingelegt wurde, bis ich mein Bett unter meinem Rücken spürte.

Dann stillten wir gegenseitig unseren Hunger nacheinander. Wo immer ich berührt werden wollte, berührte er mich, ich hatte keine Ahnung woher er das wusste. Jedes Mal wenn ich ihn berührte, gab es eine Verzögerung. Ich umfasste zunächst Leere, bevor sie zu einem geschmeidigem, muskulösen Arm wurde. Meine Beine legten sich um Nichts, um dann eine Hüfte vorzufinden, die mit erwartungsvoller Energie angespannt war. Auf dieser Weise gestaltete ich ihn, aber dennoch blieb er am Ende Youngbae. Mein Youngbae geschaffen aus Dunkelheit.

Als schwere, dicke Wärme in mich eindrang, wusste ich nicht, ob dies tatsächlich ein Glied war wie ich es kannte oder eine vollkommen andere Art von Phallus die bloß Dämonen besaßen. Denn nie hatte ich keinerlei Schmerzen und fühlte mich trotzdem perfekt ausgefüllt von einem normalen Glied. Die Größe spielte dabei keinerlei Rolle. Ich schrie auf, als er meine sensibelsten Stellen berührte.

"Jiyong..." Durch den Nebel, den meine eigene Körperwärme erzeugt hatte, waren mir einige Dinge bewusst. Die Wolken die an den Sternen vorbeirasten. Die schwarzen Linien der Finsternis, die sich unter der Decke des Zimmers verwoben, ausweiteten und sich zu einem großen, gähnenden Abgrund vermischten. Die Bewegungen Youngbaes die immer drängender wurden. Jetzt war da Schmerz, so sehr wollte ich ihn. "Jiyong. Öffne dich mir."

Ich hatte keine Ahnung was er meinte - ich konnte nicht denken. Aber er packte meine Haare, schob eine Hand unter meine Hüfte und zog mich noch näher zu sich, so dass mir wieder schwindelig wurde. "Jiyong!" In ihm war ein ungezähmtes Verlangen, mehr als ich es je befriedigen könnte, zu sehr schränkte er sich selbst ein. Und dennoch, in meinem Wahnsinn versuchte ich es. Ich konnte es nicht, ich war schließlich nur ein Mensch. Aber für diesen Moment wollte ich mehr sein, mehr geben, weil ich ihn liebte.

Ich liebte ihn.

Youngbae bog sich weg von mir. Im letzten Sternenlicht erhaschte ich einen Blick auf einen glatten, vollkommenen Körper mit angespannten Muskeln, der vor Schweiß glänzte bis hinunter zu der Stelle, wo unsere Körper vereinigt waren. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, seine Augen waren fest zusammengekniffen, der Mund stand offen und sein Gesicht trug den köstlichen Kurz-vor-Schmerz-Ausdruck der mir selbst zu bekannt war, direkt bevor der Moment zuschlug. Die schwarzen Linien fügten sich zusammen, Nichts umfing uns.

Dann fielen wir.

...nein, nein, wir flogen - nicht abwärts, sondern vorwärts in die Dunkelheit. Es gab Streifen in dieser Dunkelheit, dünne, willkürliche Streifen in Weiß, Gold, Rot und Blau. Ich streckte fasziniert meine Hand aus und zog sie dann schnell wieder zurück, als etwas in meine Fingerspitzen stach. Ich sah sie mir an. Sie wan nass von einem glänzenden Material, in dem sich winzige, kreiselnde Körnchen befanden. Dann schrie Youngbae auf, sein Körper erzitterte und dann ging es aufwärts...

...an unendlichen Sternen und zahllosen Welten vorbei, durch Schichten aus Licht und leuchtenden Wolken. Höher und höher ging es hinauf, unsere Geschwindigkeit war unmöglich und unsere Größe jenseits aller Vorstellungskraft. Wir ließen das Licht hinter uns und es ging weiter, durch seltsamere Dinge als reine Welten hindurch. Geometrische Figuren, die sich drehten und schnatterten. Eine weiße Landschaft voller eingefrorener Explosionen. Zitternde Linien aus Absicht, die sich herumdrehten, um uns zu jagen. Riesige, walartige Wesen mit schrecklichen Augen und den Gesichtern längs verlorener Freunde.

Ich schloss meine Augen, musste das tun. Die Bilder blieben jedoch, weil es an diesem Ort keine Augenlider gab, die man schließen konnte. Ich war gigantisch und wichs immer noch. Ich hatte eine Million Beine, zwei Million Arme. Ich wusste nicht, was aus mir an dem Ort an den Youngbae mich mitgenommen hate, geworden war, aber es gibt Dinge, die Sterbliche nicht tun oder verstehen müssen und ich umfasste sie alle.

Etwas Bekanntes: die Dunkelheit, die Youngbaes Quintessenz ist. Sie umgab mich und drückte gegen mich, bis ich keine andere Wahl hatte, als ihr nachzugeben. Ich spürte, wie sich Dinge - Verstand? Selbst? - in mir ausbreiteten und so stark anspannten, dass eine winzige Berührung sie zerstören würde. Das war also das Ende. Ich hatte keine Angst, nicht einmal, als ich ein Geräusch wahrnahm: ein gigantisches, schreckliches Gebrüll. Ich konnte es nicht beschreiben. Ich konnte nur sagen, dass etwas davon sich in Youngbaes Stimme wiederfand, als er erneut schrie. Da wusste ich, dass seine Ekstase uns über das Universum hinaus mitgenommen hatte, und jetzt näherten wir uns dem Mahlstrom, der Geburtsstätte der Götter selbst. Er würde mich zerreißen.

Dann, als das Gebrüll so furchtbar geworden war, dass ich wusste, ich kann es nicht mehr ertragen, hielten wir an. Wir schwebten, angespannt.

Dann fielen wir erneut, durch schnatternde Fremdartigkeit, Schichten aus Dunkelheit, Strudel aus Licht und an tanzenden Kugeln vorbei. Es gab wieder Gebrüll, als wir durch die Luft hinunterschossen und rotweißes Feuer hinter uns herzogen. Etwas kleines, dunkles erhob sich - erst winzig, dann riesig - mein Haus, es war mein verdammtes Haus - und es verschluckte uns mit Haut und Haaren.

Ich glaube, ich schrie wieder, als ich nackt und mit dampfender Haut auf meinem Bett aufschlug. Die Schockwelle des Aufpralls ging durch das Zimmer und es hörte sich an, als ob die der Mahlstrom persönlich auf der Erde angekommen wäre. Dann wusste ich nichts mehr.

\(o-o)/

Ich erwachte langsam. Zunächst spürte ich Wärme und Behaglichkeit. Sonnenlicht schien mir seitlich ins Gesicht und erschien rot durch meine Augenlider. Eine Hand rieb in kleinen Kreisen über meinen Rücken.

Träge öffnete ich meine Augen und verstand nicht, was ich als Erstes sah. Eine weiße, wogende Oberfläche. Ich hatte flüchtige Erinnerungen an etwas Ähnliches - gefrorene Explosionen - und dann schwammen die Erinnerungen davon, tiefer in mein Bewusstsein und aus meiner Reichweite hinaus. Einen Moment lang hielt das Verstehen an: Ich war sterblich und nicht bereit für gewisse Kenntnisse. Dann verschwand selbst das und ich war wieder ich selbst. Ich trug einen Plüschbademantel. Ich saß bei jemandem auf dem Schoß. Ich stutzte und hob den Kopf.

Youngbae schaute mich mit ehrlichen, viel zu menschlichen Augen an.

Halb fiel ich, halb sprang ich von seinem Schoß ohne nachzudenken und rollte mich auf die Füße. Ich fühlte mich lebendig. So lebendig wie nie zuvor. Er war mit mir zusammen aufgestanden und ein spannungsgeladener Moment verging, in dem ich ihn anstarrte und er einfach nur dastand.

Der Moment wurde unterbrochen, als er sich zu dem kleinen Nachttisch umdrehte, der am Tag zuvor noch nicht hier gewesen war und auf dem eine Kanne Tee mitsamt Tasse stand. Er goss ein und das leise Geräusch der Flüssigkeit ließ mich zusammenzucken, obwohl ich nicht wusste, warum. Dann hielt er mir die Tasse hin. Bot sie mir an.

Nackt stand ich vor ihm und bot mich an...

Verschwunden, wie Fische im Teich.

"Wie fühlst du dich?", fragte er. Ich zuckte wieder zusammen und war nicht sicher, ob ich die Worte verstanden hatte. Wie fühlte ich mich? Warm. Sicher. Sauber. Ich hob eine Hand und schnupperte an meinem Handgelenk - ich roch nach Seife.

"Ich habe dich gebadet. Ich hoffe, du vergibst mir, dass ich so frei war." Seine Stimme war sanft und tief, als ob er mit einer schreckhaften Stute sprach. Er sah anders aus, als am Tag zuvor. Gesünder. "Du hast so tief geschlafen, dass du nicht aufgewacht bist. Ich habe den Bademantel im Schrank gefunden." Ich hatte nicht einmal gewusst, dass ich so einen Bademantel besaß. Mit einiger Verspätung dämmerte mir nun, dass er mir noch immer die Tasse Tee hinstreckte. Ich nahm sie an, mehr aus Höflichkeit als aus wirklichem Interesse. Als ich daran nippte, war ich überrascht, dass er lauwarm und mit reichlich kühlender Minze und anderen wohltuenden Kräutern angereichert war. Youngbae hielt mir die Kanne hin, bot mir schweigend mehr an und ich ließ ihn eingießen.

"Du warst eiskalt und schmutzig, als ich aufgewacht bin. Du warst mit etwas - ich glaube Ruß - über und über bedeckt. Das Bad schien dich zu wärmen und half dir auch." Er zeigte mit dem Kopf zu dem Stuhl, wo wir gesessen hatten. Einer von Seunghyuns heiligen Stühlen, die er brauchte um es in meinem Zimmer auszuhalten. "Da war keine andere Möglichkeit, also..." "Das Bett?", fragte ich und zuckte erneut zusammen. Meine Stimme war heiser und meine Kehle fühlte sich roh und wund an. Die Minze half.

Youngbae hielt kurz inne und seine Lippen kräuselten sich mit einem Hauch einer seltenen Grausamkeit. "Das Bett wäre nicht sinnvoll gewesen." Verwirrt schaute ich an ihm vorbei und hielt meinen Atem an. Mein Bett war ein Trümmerhaufen, dessen zersplitterter Rahmen auf zerbrochenen Beinen durchhing. Die Matratze sah aus wie als hätte man sie mit einem Schwert zerfetzt und dann in Brand gesetzt. Lose Gänsedaunen und verkohlte Stofffetzen übersäten das Zimmer.

Es war nicht nur das Bett. Eines meiner Fenster war wie von einem Spinnennetz durchzogen - ein Glück, dass es nicht zerbrochen war. Der Frisierspiegel hingegen war zerborsten. Mein Kleiderschrank lag auf dem Boden. Sein Inhalt war überall verstreut, aber unversehrt. Mein Nachttisch war zu Zündholz zertrümmert, ebenso wie all der unnötige Krempel, den ich darin angesammelt hatte.

Vorsichtig nahm Youngbae mir die Teetasse aus der Hand, bevor ich sie fallen ließ. "Ich bin froh, dass du noch lebst.", gestand er gedämpft und stumm suchte ich seinen Blick. Er fühlte sich schlecht für das Chaos, das wir kreiert hatten. Seufzend sah ich mich um. "Das kriegen wir wieder hin. Fakt ist, dass es uns beiden gut geht." Es war nur halb eine Aussage, zur anderen Hälfte fragte ich nach seinem eigenen Wohlergehen. Er nickte bloß bestätigend. Ich lächelte etwas verzerrt, wegen meines wunden Halses, dann hob ich eine blutverschmierte Feder vom Boden auf. Er hatte mich also gebissen. Das war gut.

"Ich sollte Sunghyun anrufen.", stellte ich fest und zustimmend nickend, reichte Youngbae mir mein Handy, das das ganze Desaster irgendwie überlebt haben musste. Zögerlich wählte ich die Nummer meines besten Freundes. "Yooo.", hob er gut gelaunt ab und ich musste unwillkürlich lächeln. "Hi. Wir haben alles... ausdiskutiert, du kannst Daesung jetzt als deinen Babysitter entlassen.", informierte ich ihn und warf einen weiteren Blick auf das Chaos das einmal mein Zimmer gewesen war und Youngbae, der gerade Kleidungsstücke vom Boden aufsammelte. "Ihr habt Liebe gemacht?", erkundigte mein Freund sich und ich konnte mir sein Grinsen mit den Grübchen vor mir vorstellen. Youngbaes neugieriger Blick verriet mir, dass er die Frage gehört hatte.

"Ja.", murmelte und drehte mich errötend von Youngbae weg, damit ich sein Grinsen nicht sehen musste. "You liiiiike?", quietschte Seunghyun übertrieben und ich lachte auf und schüttelte nur den Kopf über ihn. "Komm einfach heim.", grinste ich und legte dann auf um Youngbae zum helfen. "Ich denke das war tatsächlich das was mein Körper als Gegenzug zu meinem Blut gebrauch hat.", stellte ich bald schon fest und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. Lächelnd grub Youngbae eine Hand in meine Haare um meine wegzustoßen und mich kurz zu küssen.

"Wenn du nicht kurz vorm ins Koma fallen stehst, müssen wir das auch nicht jedes Mal ganz durchziehen. Es kann... wahnsinnig machen.", beruhigte er mich und einerseits war ich das auch, andererseits interessierte ich es diese ungekannten Seiten von ihm kennenzulernen. Trotzdem reichte es mir fürs erste mit dem Aus-dem-Universum-Herausfallen und ich beschränkte mich darauf mein Zimmer so gut wie möglich wieder herzurichten. Ein Glück, dass wir eine Reservematratze hatten. Seunghyun würde trotzdem einen Herzanfall erleiden müssen.

Aber erstmal eröffnete er uns, dass er jetzt mit Daesung zusammen war. Und damit wir ihm nicht böse waren, den armen Engel beschlafen und wahrscheinlich seiner Unschuld beraubt zu haben, verzieh er uns das mit meinem Zimmer, weswegen wir am Ende alle glücklich waren.

Youngbae schlug es nie wieder vor uns zu verlassen.

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