A surfer's heart is born in the waves ~♥~
Die aufgeschäumten Wellen versickerten im Strandsand und hinterließen eine weiße Linie, die die Grenze zwischen Land und Wasser bildete. Bevor meine Füße den Ozean erreichten, setzte ich mein Brett noch einmal auf dem Boden ab. Zur Sicherung musste jeder Surfer, der an einem Wettkampf teilnahm, einen Klettverschluss am Knöchel tragen. Diese Befestigung wird als Leash bezeichnet und gibt dem Wellenreiter zusätzlichen Halt . Mit zittrigen Fingern schloss ich den Verschluss und atmete tief durch.
»Bee! Wir schaffen das!« Alec war neben mir zum Stehen gekommen und klopfte mir auf die Schulter.
Unser Team hatte sich in einer Startreihe aufgestellt und wartete auf Erins Kommando. Mein Brett klemmte wieder unter dem Arm, damit der Wind nur eine kleine Angriffsfläche zur Verfügung hatte.
»Life is too short to waste«, begann Erin und wir komplettierten mit einem »Go Surfing!« unseren Anfeuerungsruf.
Automatisch trugen mich meine Beine ins Wasser. Die kalten Temperaturen ließen mich kurz frösteln und hinterließen eine Gänsehaut, doch wie immer schüttelte ich den Kälteschock nach kurzer Zeit ab. Mit großen Armschlägen bewegten wir uns auf die perfekte Wassertiefe zu. Der Wind hatte aufgefrischt und jetzt hieß es nur noch die perfekte Welle abzuwarten. Diese Sekunden konnte man mit dem Ausharren vor einer roten Ampel vergleichen, die jeden Moment auf Grün umspringen konnte. Einige Meter rechts von mir wurde das Wasser zu einer riesigen Wand aufgetürmt. Ich legte meinen Bauch flach auf das Brett und begann mit beiden Armen wild zu Paddeln, um auf Geschwindigkeit zu kommen. Das frostige Wasser schlug mir ins Gesicht und ich musste kräftig husten, als sich einige Tropfen ihren Weg in meine Nase suchten. Das Rauschen der Wassermassen wurde immer lauter und dröhnte in meinen Ohren. Jetzt waren es nur noch ca. sieben Meter.
Langsam drehte ich das Brett, sodass es in einem rechten Winkel zur Welle lag. Mit aller Kraft vollführte ich den Take-off, sozusagen das Aufstehen vom Brett. Meine Arme standen unter höchster Spannung, als erst der Oberkörper und schließlich meine Beine in die Höhe wanderten. Aus den Augenwinkeln konnte ich meine Mitstreiter erkennen, die ebenfalls auf ihren Boards standen. Der wichtigste Schritt war jetzt die Einteilung von Balance und Kraft. Auf der Hinterseite meines Bretts spürte ich einen kleinen Schlag, als sich die Welle langsam darunter hinweg schob.
Der Ablauf unser eingeübten Choreographie funktionierte wie auf Knopfdruck. Harmonisch bewegten wir uns wie in einer Einheit über den Pazifik. Laute Jubelrufe drangen vom Ufer zu uns herüber und ich meinte die Stimme von Madison besonders herausstechen zu hören. Das blaue Gold des Ozeans flachte genau wie mein Adrenalinspiegel allmählich ab. Die erste Hürde hatten wir gemeistert und klatschten uns, wieder im Sand angekommen, erleichtert ab.
»Das habt ihr super gemacht!« Josh kam auf uns zugeeilt.
»Hoffentlich reicht es gegen die Surf-Chics.« Pessimistisch schmiss Erin ihr Board auf den Boden. Sie war schon immer eine Skeptikerin gewesen und konnte sich erst freuen, wenn das Ergebnis schwarz auf weiß feststand.
»Du musst nicht alles so düster sehen«, aufmunternd begleitete unser Lehrer uns zum Camp zurück.
Christina verteilte geschnittene Bananen und Reiswaffeln, die unsere Mägen stärken sollten. Ich blickte mich um, doch Ted schien unseren Auftritt nicht verfolgt zu haben. Wahrscheinlich sonnte er sich völlig zugedröhnt zwischen seinen Kumpels.
Ungeduldig beobachtete ich die Konkurrenz auf dem Wasser, die aber bei weitem nicht an unsere Punktzahl herankam. Den Abschluss machten die Sportler vom Surf-Chic-Team. Kelly kaute weiterhin auf ihren Nägeln und mein Blick verharrte auf der Ergebnisanzeige.
»Scheiße!«, fluchte Alec und vergrub seine Faust zwischen den Sandkörnern, die in allen Richtungen davon sprangen.
»Komm, es sind nur zehn Punkte«, beruhigte Sean ihn. Genauso sah ich das auch, es war noch nichts verloren.
Vorm Start der zweiten Runde, richtete ich die Spurhalter, Fins genannt, meines Brettes noch einmal neu aus. Nervös trommelte ich mit meinen Fingerkuppen über die gewachste Oberfläche, was einen angenehmen Kokosduft verströmte. Kokoswachs war meine absolute Lieblingssorte und hatte eine beruhigende Wirkung auf meine Nerven.
Die Windböen hatten zugenommen und es hatte angefangen leicht zu regnen. Meine Lippen begannen zu zittern und ich betete, dass wir jeden Moment ausgerufen wurden. Die Nachmittagssonne versank schrittweise hinter dem Horizont und das Pazifikblau färbte sich schwarz.
»Maybee Clark.« Die Erwähnung meines Namens ließ mich hochschrecken. Schritte hinter mir veranlassten mich zum Umdrehen.
»Diesmal müsst ihr mehr als 100% geben«, versicherte Josh mir und ich nickte stürmisch mit dem Kopf.
Der zusätzliche Druck schien meine Muskeln schwerer werden zu lassen. Eine zähe Anspannung breitete sich in mir aus. Meine Hände krallten sich am Board fest und mit aller Kraft schrie ich zu unserem Anfeuerungsruf mit. Diesmal kam es ganz besonders auf unsere Technik an.
Synchron steuerten wir auf das unruhige Gewässer vor uns zu. Bei dem auffrischenden Wind waren die Bedingungen keineswegs leichter geworden. Mit all meiner Energie paddelte ich auf die Wellen zu. Sie schienen im Laufe des Wettkampftages noch größer geworden zu sein. Adrenalin durchfuhr meinen Körper und ich gab einen lauten Schrei von mir, als ich mich vom Brett hochstemmte. Ich wurde in die Höhe gerissen und ritt voller Entschlossenheit auf dem Wellenkamm entlang.
So schnell, wie ich nach oben gehoben wurde, so schnell brach die Welle wieder und stürzte in sich zusammen. Mein Brett streifte den Boden und ich bereitete mich darauf vor, wieder an die Wasseroberfläche zu kommen. Doch mein rechter Fuß bewegte sich keinen Zentimeter. Panisch griff ich mit der Hand an den Knöchel. Der Leash hatte sich irgendwo verfangen. Der Druck in der Tiefe wurde stärker und mein Brett immer mehr nach hinten getrieben, was einen stechenden Schmerz in meinem Bein auslöste. Die Luft in meinen Lungen verringerte sich mit jeder weiteren Sekunde. Verzweifelt ruderte ich mit den Armen wieder nach vorne, doch gegen die Wassermassen war ich machtlos. Die aufkommende Stille wurde von einem tosenden Rauschen unterbrochen und ich kniff die Augen zusammen. Mein Blick wurde immer unklarer und ich strampelte mit meinem Fuß, der wie angegossen im Klettverschluss hängen blieb. Oberhalb meines Kopfes wurde es schlagartig dunkel und die Macht des Ozeans wurde intensiver. Um mich herum herrschte plötzlich absolute Stille, nur das Flüstern der Wellen war zu hören.
»Die Ruhe vor dem Sturm«, dachte ich bitter.
Und es sollte sich bewahrheiten: Ein kräftiger Ruck am Rücken riss mich auf den Grund, auf den ich mit einer solchen Heftigkeit aufschlug, sodass die letzte Luft aus mir wich. Ich war unfähig mich zu bewegen und schleichend kroch die schwarze Finsternis heran und umschloss mich in einer Umarmung, aus der es kein Entrinnen gab.
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