Just Some Problems
"Höchstwahrscheinlich hatten die sich das aber auch nur eingebildet. Die waren extrem christlich und glaubten sogar die Erde sei durch Gott entstanden und nicht durch den Urknall und dass wir in der Steinzeit mit den Dinosauriern zusammen gelebt haben und dass homosexualität verdammt nochmal nicht menschlich ist." plapperte Irene ohne Luft zu holen weiter.
"Das nennt sich Faschismus." Kris tauchte wie aus dem nichts auf und setzte sich neben mir. Die plötzlich aufgetauchte Übelkeit über dass, was die Schnattertante eben erzählt hatte verflog ein wenig, als seine tiefe, aber dennoch seidige Stimme mir in die Ohren trat.
"Fetischismus, weiß ich doch, aber danke Kris. Jedenfalls diese Familie hatte total einen am Rad und war bei Zeiten wieder weg. Die haben die Giihans total verteufelt, meinten es seien Höllenhunde und so. Verdammt krank. Sie distanzieren sich nur und tragen Handschuhe. Das einzig unverschämt dämonische ist vielleicht ihr aussehen." ließ sie sich weiter aus.
"Faschismus." berichtigte Kris und klang ziemlich hoffnungslos, was es betraf Irene zu berichtigen.
Krystal hatte mittlerweile angefangen mit den beiden anderen Jungs zu reden, als hätte sie Irene ihre Beachtung entzogen.
"Wie ist Seoul eigentlich so?" Ich wendete meinen Blick zu Kris, der mich eben gefragt hatte, doch es war ein fehler, denn sofort erfassten mich seine Augen.
Ich nickte. "Groß und toll und hauptstädtig." innerlich ohrfeigte ich mich für meine dummen Worte.
Mit Irene zu reden brachte ich auf die Reihe, doch bei Kris brachte ich nicht mal etwas sinnvolles heraus. Er musste mich für ziemlich beschränkt halten, doch lachte nur leise, was klang wie die Laute eines Engels.
Ich riss mich zusammen.
"Ich meine, die Schulen waren strenger. In der Cafeteria durften wir nicht einen Ton von uns geben und wenn ist man aus dem Saal geflogen und lachen im Unterricht war ein No-Go. Dafür konnte man aber super gut Shoppen gehen und alles war um die ecke und wir hatten sogar eine deutsche Bäckerei in unserer Straße, die einzige in Seoul.
Es gibt da sogar ein deutsches Restaurant..." ich hielt die klappe und wurde hochrot.
Wenn ich dann doch mal mit ihm redete, dann wie Irene. Ohne Punkt und Komma und Luftholen und dass war echt peinlich.
Die anderen vier am Tisch sahen mich an, als wüssten sie, dass bei mir sämtliche Sicherungen durchgebrannt waren, während Kris echt nichts zu peilen schien, was ich nicht grad wirklich schlimm fand.
"Hört sich echt interessanter an, als hier auf dem Land. Daegu ist gute zwei Stunden entfernt und eben mal zum Einkaufen reinfahren macht sich scheiße, da die Busverbindung bis in die Stadt ein Alptraum ist." erzählte er mehr an mich gerichtet, als an die anderen.
Hyungwon nickte dennoch. "Stimmt. Hab ich mal gemacht, weil ich dringend einen Regenschirm haben wollte und die hier alle ausverkauft waren, war echt total dumm deshalb bis nach Daegu zu fahren, das hat mich mehr als fünf Stunden gekostet und zum I-Tüpfelchen des Tages hat es auch geregnet." er seufzte, als würde er das gesagt eben nochmal durchleben und schüttelte den Kopf.
"Aber dafür haben wir eine unglaubliche Landschaft, für die andere aus der ganzen Welt hier anreisen. Wir sehen sie jeden Tag und dass ohne Flüge und keimige Hotels." sprach Krystal gut.
Mir entging nicht, dass sie zu dem Tisch meiner Nachbarn sah und ich mir irgendwie denken konnte, was für eine Landschaft sie meinte.
Die fünf sahen wirklich nicht schlecht aus, aber auch wieder zu unheimlich perfekt und vollkommen, als würden sie Model für eine Marke stehen und nach jedem Bild Haare und Make up gerichtet bekommen und nicht einfach nur in einer Dorfoberschule sitzen und die Zeit bis zum Abschluss hier abgammeln.
Man sah, dass sie sich miteinander unterhielten, jedoch schienen ihre Stimmen nich Teil des Gewirres zu sein, sondern eher ein leiser flüsterton.
Der blonde unter ihnen stocherte mit wenig Begeisterung in seinem Essen herum, er war entweder Kai oder Sehun, so viel wusste ich bereits.
Elfinchen sah mit verträumten Blick durch die Cafeteria und blieb schließlich an mir hängen.
Unheimlich bohrte sich sein Blick durch mich und wollte nicht von mir ablassen. Er wirkte nahezu schon so, als würde er überlegen ob wir uns je gesehen hatten, doch da musste ich verneinen. Ich hatte ihn heute Morgen das erste mal gesehen und dass obwohl er im Haus mir gegenüber wohnte.
Viel zu schnell war die Pause vorbei und viel zu langsam verging die Doppelstunde Mathe am Ende des Tages. Als es klingelte sprang ich sofort auf und packte meine Tasche, damit ich pünktlich den Bus schaffen konnte, doch da schien ich nicht allein zu sein, denn an der Haltestelle tummelten sich schon verdammt viele Schüler, etwas abseits die Fünfergruppe.
Einer von ihnen, Baekhyun, sah sich immer und immer wieder etwas gehetzt aussehen um, als würde er sich verstecken wollen, während die anderen vier sich unterhielten und sich wieder nicht dem Gemurmel zu fügen schienen. Ich hatte schon die dumme Vermutung, dass sie einfach nur die Lippen der andern lesen würden, was definitiv richtig seltsam gewesen wäre, als als ich an ihnen vorbei lief, nahm ich, neben den Blicken von ihnen, auch noch gemurmel war, als sie die Köpfe zusammen steckten.
Toll.
Sah mein Arsch in dem Rock der Schuluniform den zu fett aus oder was war wieder der ihr Problem?
Innerlich kam ich wirklich auf den wahnwitzigen Gedanken, sie hätten mich in den Ferien terrorisiert, aber wieso hätten sie es den nötig? Die vor uns allerdings hatten auch solche kranken Dinge erlebt, aber Faschisten zogen sich eh eine Menge an der Nase herbei, wenn es um ihren Glauben ging.
Für mich war und ist es unvorstellbar so genau nach einer Religion zu leben ohne auch nur eine Regel zu brechen, zumal wenigstens bei dem homophoben denken und der Weltentstehung bei mir die Glocken klingeln würden und ich zur Vernunft kommen würde, da das echt total verdummt war.
Wir lebten im 21. Jahrhundert, da sollte man doch wohl annehmen, dass man Toleranz zeigte und sich der bewiesenen Erdentstehungstheorie vom Big Bang und so bewusst war und nicht an irgendeinen anderen an der Nase herbei gezogenen Mist hielt, der einer vor tausenden vor Jahren niedergeschrieben hatte, weil ihn mehr als nur langweilig war.
Denn wer machte sich denn bitte ernsthaft die mühe so Märchen zu schreiben wie Jesus der über Wasser lief und aus Wasser Wein machte?!
Ein Bus mit der Aufschrift Urok-Ri zog mich aus meinen Gedanken und eilig stürmte ich, so wie die Hälfte der anderen Teenager, auf den Bus zu, in dem brutales kämpfen um Sitzplätze herrschte. Die alle bereits besetzt waren, als sich der Tumult beruhigt hatte und der Bus los fuhr.
Suchend ließ ich meinen Blick über die Schuluniformen schweifen und fand doch noch einen unbesetzten Platz unter ihnen, als ich jedoch auf den besetzen Platz daneben und dahinter sah, wusste ich wieso.
Neben einem meiner Nachbarn wollte natürlich niemand sitzen.
Elfinchen saß neben dem freien Sitz und starrte aus dem Fenster. In seinen Ohren hatte er nun Kopfhörer und er wirkte seltsam angespannt, er schien nicht mal zu atmen.
Ich sah das ganze als Prüfung meines Karmas an, die darin bestand mich nun dahin zu setzen und all die Vorurteile aus meinem Kopf zu schlagen, die ich mir selber und durch andere gebildet hatte. Meine Eltern sahen in den Nachbarn auch nichts sonderlich seltsames und vielleicht lag das mit dem zurückgezogenen auch nur daran, dass sie sich seit ihrer Kindheit kannten und die dicksten Freunde waren und keinen in ihren Bund lassen wollten.
"Hi." nuschelte ich dem blauhaarigen ziemlich dumm zu und setzte mich einfach auf dem Sitz neben ihn.
Auf den hinteren ertönte ein amüsiertes Schnauben, doch ich ignorierte es.
Keine Vorurteile! Redete ich mir im Geiste ein, als der neben mir einen seiner Kopfhörer Raus zog und mich ein wenig überfordert anblickte, so als hätte er nicht damit gerechnet, dass die, über welche er und seine Kumpels den ganzen Tag lästerten wirklich den Mut hatte sich hier nun nieder zu lassen.
Mein Hi erwiederte er, wie erwartet, jedoch nicht, sondern seufzte nur und drehte den Kopf wieder von mir weg. Noch dazu rückte er auf den äußeren Zentimeter seines Sitzes, als würde ich so unerträglich wie ein Stinktier riechen oder in Hundescheiße getreten sein.
Unauffällig besah ich meine Schuhsohlen, doch beide waren sauber und nicht mit Hundedreck verunreinigt, zu meiner Erleichterung.
Elfinchen oder Chanyeol oder Kyungsoo neben mir hörte deutlich zu laut seine Musik, denn aus dem losen Kopfhörer drang deutlich Bullshit von G Dragon.
Ich grinste. Ich mochte den Song, auch wenn ich mich sonst nicht für ihn begeisterte.
Ich drehte meinen Kopf zu dem neben mir, der wieder aus dem Fenster sah. "Der Song ist wirklich cool."
Könnte ich bitte einfach im Boden versinken? Das hatte ich jetzt wirklich nicht getan. Vor Scham wurde ich sofort rot und sah in die andere Richtung.
Wider erwarten gab der neben mir ein zustimmendes knurren von sich, was für sein erscheinen wirklich tief wirkte, doch vielleicht war er ja krank und heiser.
Auch Hypochonder könnten sich nicht ewig vor den grausamen kleinen Krankeitsvirenmonstern schützen auch sie würden mal von ihnen überfallen werden, ob es ihnen passte oder nicht.
Ziemlich unbehagen blieb ich auf dem Sitz und sah mich im Bus um, während er die Insassen nach Urok-Ri brachte und ich daran zweifelte, ob es eine gute Idee war, dass ich mich neben Elfinchen gesetzt hatte, zumal der halb im Fenster saß, so wie er sich mehr als nur angespannt dagegen drückte.
Was war sein verdammtes Problem? Ich saß doch einfach nur neben ihm und wollte eigentlich ein missglücktes Gespräch über Musik anfangen.
Es hieß doch immer über Musik zu reden lockerte normalerweise Stimmung auf, doch ich hatte neben mir wohl einen ziemlich unnormalen Fall erwischt, was mich wirklich ein wenig frustrierte.
Im Gegensatz zu dem blauhaarigen hatte ich leider keine Kopfhörer und musste mir das Gemurmel im Bus zu Ohr nehmen.
In der einen Ecke ging es darum wie schlecht die Witze von Jin aus BTS waren in der anderen darum, dass Jisoo aus Blackpink angeblich Extensions trug und Lisa mit BamBam aus Got7 zusammen war.
Also diese typischen belanglosen Gesprächsthemen im Bus oder in der Straßenbahn. Was das betraf unterschied sich dieser Fleck hier wenig von Seoul. Morgen würde ich garantiert meine Kopfhörer nicht vergessen und mich auch nicht wieder neben Elfinchen setzen, zumal mir Baekhyun, der koreanisch Pattinson, Channel und Gucci die ganze Zeit auf den Hinterkopf starrten, als wäre er irgendein unbekanntes Objekt und nicht etwas, dass jeder normale Mensch hatte.
Wäre ja creepy, würden wir am Hinterkopf alle eine offene Stelle haben und bei einigen sehen, dass sie keinerlei Hirn besaßen.
Ich verdrängte das Bedürfnis mich um zudrehen und zu fragen, was an meinen Haaren denn so besonders war. Hatten sie die Narbe und die kahle stelle durch meine Haare erkannt, die ich mir zugetan hatte, als ich mir den Kopf einhaute, nachdem ich auf unerklärliche Weise in der Stube gelandet bin.
Bis heute wusste ich nicht wie.
Ein Schauder durchjagte mich, als ich an die Stimme dachte und diese Augen, sowie die plötzliche Hitze in meiner Hand, als mein Handy geschmort hatte.
Das andere, was mir irgendein wahnsinniger hinterlassen hatte benutzte ich immer noch und zu meiner Überraschung haben meine Eltern mir dazu auch noch keine Fragen gestellt.
Wie von selbst wandte ich meinen Blick auf meine Handfläche.
Die Haut war wirklich gut verheilt und nur wenige Rückstände in Form von Hornhaut blieben, doch auch die würden wieder verschwinden. Meine Eltern stellten sich auch da die Frage, wie mir das denn passieren konnte.
Ich hatte ja, bis auf mein Handy, angeblich nichts heißes angefasst.
Es tat mir leid sie im unwissenden zu lassen, aber mein Vater würde mich sofort selber zu einer Therapie schickten, würde ich erzählen, was mir in der Nacht passiert war, als sie mich in der Stube auf dem Parkettboden fanden.
Wie hieß es immer? Manchmal war es besser unwissend zu bleiben und in diesem Fall war es für meine Eltern das beste.
Aus dem Kopfhörer meines neben mir dudelte nun leise Linkin Park und er schien sich sichtlich zu entspannen. Langsam schloss er die Augen, den Kopf noch immer gegen die Scheibe gelehnt.
Was auch immer ihn bewegte, es schien sich nun zu lösen und ihn nicht mehr all zu sehr zu belasten.
Beinahe hätte ich gefragt was denn mit ihm war, als er die Augen öffnete und einen wenig verängstigten Ausdruck in ihnen hatte. Seine braunen Augen hatten nun gar keine bohrende Funktion mehr, sondern funkelten einfach nur noch, so wie die eines Kindes, dass man eben angeschrien hatte.
Würde ich ihn kennen und wäre er einer meiner engsten Freunde, hätte ich ihn ohne mit der Wimper zu zucken in die Arme genommen, doch er war mir fremd und wirkte zu dem noch wirklich abweisend mir gegenüber, außerdem wusste ich nichtmal ob er nun Chanyeol oder Kyungsoo hieß.
Der Bus hielt zwei Straßen vor meinem Haus und dem meiner Nachbarn, was bedeutete, dass wir alle gemeinsam aussteigen, was wirklich komisch wirkte, da mich so ziemlich alle anstarrten, als wäre ich nicht von diesem Planeten.
Ich biss mir von innen auf die Wange und schlang meine Arme um mich.
Den Fünf war ich um einige Meter vorraus, jedoch wurde mein Vorsprung von einer grummeliger Stimme aufgehalten.
"Deine Tasche!" rief er mir hinter her, wobei er bei Tasche ein wenig lispelte, was nicht mal im Ansatz in seine etwas dunklere Stimme passte.
Ich tastete meine Schultern ab und stellte erschrocken fest, dass ich sie nicht bei mir hatte.
Widerwillig drehte ich mich um und sah dass der Blonde, Channel, meine Tasche in der Hand hielt und mich wenig begeistert ansah.
Fast hätte ich gelacht.
Von einem wie ihm hatte ich echt nicht erwartet, dass er lispeln würde, auch wenn es seinem perfekten Äußeren einen kleinen Riss gab, der allerdings eher mit Niedlichkeit gefüllt wurde, als mit einem wirklichen Fehler.
"Stell sie das nächste mal lieber auf deinen Schoß." Ich kämpfte mit einem lachen, als er seine Worte gesprochen hatte und mir mit seinen behandschuhten Händen meine Tasche grob in die meinen drückte.
Die anderen vier liefen an uns vorbei und in die Richtung ihres Hauses.
"Danke." murmelte ich nur, doch er war mir bereits ein paar Schritte voraus und schien sich um meinen Dank nicht zu kümmern.
Augenrollend setzte ich mich wieder in Bewegung und beschloss definitiv, dass es mich etwas anzugehen hatte, was sie für ein Problem mit mir hatten.
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