Kapitel 3

(Triggerwarnung: Erwähnung von Blut)

Zuvor

Wie zu Eis erstarrt kniete sie vor dem Schlüsselloch. Nein. Das ist nicht möglich!

„Mädchen?"

Wie um seine Worte zu unterstreichen klopfte er an die Tür. Das gleiche pochende Geräusch, das sie schon mal gehört hatte.
Drängend.
Fordernd.
Genau wie ihr aufgewühlter Herzschlag.

Bev wich zurück, griff nach ihrem Rucksack und schwang ihn sich über die Schultern. Dann sah sie sich zum ersten Mal richtig in dem Zimmer um.

Neben dem Bett und dem Nachtschränkchen gab es nur ein kleines Fenster, weit über der Straße. Würde sie hinunterspringen bestünden ihre Knochen nur noch aus Brei.
Trotzdem öffnete sie mit schwitzigen Händen den Riemen und blickte nach unten in die Tiefe. Fast sofort setzte das Schwindelgefühl wieder ein und verzweifelt versuchte sie die wellenschlagende Straße in etwas Festes, Unbewegliches zu verwandeln.

Dann legte sie den Kopf in den Nacken und verkrampfte sich schmerzhaft, als sie nach oben zum Dach sah. Wenn sie auf den Fenstersims stieg bestand die Chance, dass sie es schaffte sich auf den Dachfrist zu hieven. Aber das kannst du nicht.
Nicht mal bei den Feuerwehrübungen in der Schule hatte Bev sich getraut eine Leiter hinunter zu klettern. Das hatte ihr nicht nur viele Lacher eingebracht sondern auch Scham. Höhe war etwas, dass sie nicht mochte. Egal ob es zehn Meter oder fünfzig waren.

Das Klopfen in ihrem Rücken hörte nicht auf. Es wurde immer heftiger.
Die ganze Tür erzitterte unter den Schlägen. Die Kreatur machte sich nicht einmal mehr die Mühe ihre Identität zu verbergen. Bev konnte ihr Hecheln hören. Das Verlangen dahinter. Es trieb ihr den Schweiß auf die Stirn und jede weitere Sekunde, die sie am Fenster stand und ihren Rücken schutzlos der Tür zuwandte fühlte sich wie eine spezielle Art der Folter an. Du musst hier weg!

Bev schwang ihre Beine über den Fensterrahmen und kletterte auf den Sims. Adrenalin peitschte durch ihre Adern und zitternd krallte sie sich an der rauen Hauswand fest. Als sie sich aufrichtete drohten ihre Knie vor Furcht nachzugeben. Sie wagte es nicht nach unten zu schauen, doch das war auch gar nicht nötig.

Zu dem Schwindelgefühl mischte sich Übelkeit, als sie ihre rechte Hand von der Hauswand löste, um nach dem Dachsparren zu greifen. Zögernd folgte die Linke. Ihr kam in den Sinn, dass sie gar nicht wusste, ob die Kreatur klettern konnte. Ob sie ihr womöglich folgen wurde, nur um sie am Ende vom Dach zu stoßen.

Bev spürte, wie Panik in ihr aufwallte.

Sie verfestigte ihren Griff und wollte sich gerade nach oben ziehen, als die Tür zum Gästezimmer barst.
Sie hörte das Holz splittern und vor Schreck erstarrte sie. Zu spät durchlief ihren Körper ein Ruck und sie stemmte sich nach oben.

Ihre Arme zitterten vor Anstrengung und sie war sich sicher ihre Muskeln müssten jede Sekunde reißen.
Dann bohrte sich etwas Spitzes in ihr Bein.

Schmerzerfüllt schrie sie auf.

Das Monster zog und zog an ihrem Bein, Bev spürte Haut reißen.
Warmes Blut floss ihre Wade hinab und tröpfelte direkt in den Rachen der Kreatur. Sie schlug mit ihrem anderen Bein um sich, krallte ihre Fingernägel in das Dach und gab sich alle Mühe nicht loszulassen.

Unerbittlich riss das Wesen an ihrem Bein und ein weiterer Schrei löste sich aus ihrer Kehle. Er hallte durch die stillen Straßen und kehrte wie ein Echo zu ihr zurück.
Da wusste Bev, dass sie nicht mehr konnte. Ihre Hände krampften sich ein letztes Mal schmerzhaft zusammen. Ihre Fingernägel kratzen über den Stein, als sie endgültig den Halt verlor. Dann ließ sie los.

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Ich werde ab jetzt jedes Wochenende ein neues Kapitel hochladen. 🙂

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