Kapitel 1 - Aus dem Schatten springen
Pov. Micha
Ich sitze wie immer auf der kleinen Bank am Ende des Schulhofes. Allein in der dunklen Ecke, wo mich keiner sieht. Es war Schulschluss, doch ich warte wieder auf den blonden Jungen um ihn zu beobachten, so wie jeden Tag nachdem die Schule vorbei war. Auch an den Freitagen, an denen er zwei Stunden länger Unterricht hatte als ich. So wie heute. Das klingt jetzt so, als würde ich ihn stalken, was ich in gewisser Weise ja auch tue, aber ich will ihm eben helfen.
Man denkt, dass er aufgrund seiner überdurchschnittlichen Größe stärker ist als manch anderer, aber eigentlich ist er ein sehr sehr schwacher Mensch. Ich meine ein seelisch schwacher Mensch. Also ja, er könnte sie alle verkloppen aber das tut er nicht! Weil er einfach nicht ist wie die anderen. Es würde ihn kaputt machen jemanden zu sehen, der von ihm verletzt wurde.
Und woher ich das alles weiß? Ich weiß es nur dadurch, dass ich jeden Nachmittag hier sitze und zusehe wie er gemobbt wird. Gemobbt, weil er nicht so ist wie sie es wollen. Weil er nicht so ist wie alle anderen. Und ich schaue jedes mal nur zu. Schwöre mir Tag für Tag, ihm dieses Mal zu helfen, doch traue ich mich letztlich doch nicht. Die Kraft dazu hätte ich, ja. Ich will dem niedlichen blonden eines Tages helfen können. Das ich auch noch einen heimlichen Crush auf ihn habe, gehört natürlich zur ganzen Geschichte dazu und da wären wir auch schon bei dem Thema warum ich hier alleine sitze.
Als ich damals meinem besten Freund gebeichtet hatte, dass ich mich nicht nur zu Mädchen hingezogen fühle hatte er in etwa so reagiert: „Ich hab ja nicht gegen Schwule, aber in mich sollst du dich nicht verlieben!" Ich meine, denkt der Typ wirklich, dass ich mich in jeden nächsten Boy verschieße? Fällt dem noch ein gutes Vorurteile ein? Bestimmt! Eines, dem ich widersprechen kann? Ganz sicher! Naja, jedenfalls dachte der Dude, es wäre eine gute Idee, es dem Typen zu erzählen, der alles weiter verrät. Und wer hätte es gedacht, sofort weiß es die ganze Schule und das Mobbing begann. Zum Glück hat meine Mutter mein Outing mega supportet, was mich sehr glücklich gemacht hat. Als sie irgendwann die Wunden und Flecke der Mobber entdeckte und ich ihr berichtete was los war, schickte sie mich auf eine anderen Schule, in einer anderes Stadt, in einem anderen Bundesland, ganz weit weg, wo ich dann auf Maurice, den blonden Schönling gestoßen bin. Nie hab ich jemanden noch einmal etwas über meine Sexualität erzählt, oder allgemein über mich. Ich hatte mich immer zurückgezogen und mich niemandem mehr geöffnet.
Wieder schwiff mein Blick über den Schulhof zum Eingangsbereich um ihn zu finden. Und da kam er auch schon. Kopf eingezogen und Blick nach unten gerichtet. Mit großen Schritten lief er in Richtung Ausgang. Versuchte, nicht aufzufallen und dieses Gelände so schnell wie möglich zu verlassen. Doch plötzlich sah er in meine Richtung und blieb stehen. Ich konnte in seine wunderschönen grün-grau-gelben Augen sehen. Sie verzauberten mich jedes Mal wenn ich sie sah. Nur das er dieses Mal auch mich sah, den Typen, der ihn jeden Nachmittag beobachtete. Mein Herz fing an zu pochen. Er hatte mich gesehen! Jemanden, der nur in der dunklen Ecke saß und eigentlich unsichtbar war.
Plötzlich fiel er nach vorne mit der Nase auf den Asphalt des Schulhofes. Dahinter sah man wie sich eine Gruppe Jungen aufbaute. Maurice drehte sich in Windes Eile auf den Rücken um seinen Gegnern ins Gesicht sehen zu können. Der Junge, der ihn gerade dorthin geschubste hatte, trat plötzlich an ihn heran und streckte ihm die Hand entgegen. Maurice schaute verzweifelt zu ihr hoch war aber unsicher ob er danach greifen sollte. In seiner Verzweiflung tat er es bereute es aber Sekunden Später da es nur ein Trick gewesen war um ihn noch härter auf den Boden schubsen zu können. Es tat mir selbst schon weh es nur zu sehen. Sollte ich ihm jetzt helfen? Er braucht mich! Und er weiß, dass ich hier bin... vermutlich... einen Versuch ist es Wert! Damit sprang ich auf und bewegte mich unauffällig auf die Schlägerei zu.
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