Kapitel 8: Suohs Clan randaliert

Nachdem ich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, atmete ich tief durch. Munakata-san hatte recht, ich hatte heute definitiv einen schlechten Tag. Und auch wenn er es nach außen hin nicht zeigte, war ich mir sicher, dass er das auch noch lustig fand. Das war einfach nur frustrierend! Diese eine Person, vor der ich mich nicht blamieren wollte. ...und dann passiert mir genau das gleich zwei mal hintereinander. Ein weiteres Mal musste er mich vor der Tischplatte retten. Langsam glaubte ich, dass ich selbst Namiko übertrumpfte. Niedergeschlagen kam ich ins Wohnzimmer zurück, aber das ließ ich mir nicht anmerken. Stattdessen warf ich Suzume einen vorwurfsvollen Blick zu.

"Raus mit der Sprache, warum hast du das gemacht?", wollte ich wissen. Ayame und Namiko mochten ihn laut ihrer Aussage heute Morgen nicht unbedingt. Ob Suzume auch so dachte, wusste ich hingegen nicht, aber überrascht hätte es mich nicht.

Suzume zuckte mit den Schultern. "Warum nicht? Ich finde ihn gar nicht so übel und du magst ihn ja auch."

"Stimmt schon, aber", ich suchte nach einer Antwort, fand aber keine. Ich ging zu den anderen rüber, die auf der Couch saßen.

"Ich weiß, Ayame und Namiko trauen sich nicht, mit ihm zu sprechen und ehrlich gesagt, tue ich das auch nicht, aber trotzdem finde ich ihn in Ordnung", erklärte sie und machte Platz, als ich mich neben sie setzen wollte.

Ich schaute die beiden anderen an.

"Ich habe nie behauptet, dass ich ihn nicht mag. Ihr habe nur gesagt, dass ich mich nicht traue, ihn anzusprechen", verteidigte sich Namiko.

"Mir geht es genauso", meinte Ayame.

"Ich wollte euch keinen Vorwurf machen", sagte ich und seufzte. "Es ist nur so, dass... Heute sind mir jede Menge blöde Sachen passiert und meistens war Munakata-san dabei. Er muss mich für einen totalen Idioten halten."

"Ach, was." Suzume machte eine wegwerfende Geste. "Er kennt Namiko."

"Was soll das denn heißen?", kam es von dieser.

"Nichts", erwiderte Suzume unschuldig und stand auf. Namiko verschränkte die Arme und schaute trotzig weg, während ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte. "Ich gehe dann mal ins Bett. Bis morgen!"

"Gute Nacht", erwiderten wir drei gleichzeitig und brachen daraufhin in Gelächter aus.

"Macht nicht so viel Lärm", meinte Suzume noch, als sie den Raum verließ.

Ich warf Ayame und Namiko einen fragenden Blick zu. Selber hatte ich keine Idee, was wir jetzt machen konnten, womit wir Suzume nicht wecken würden, weswegen ich hoffte, dass die beiden etwas wussten. Ayame und Namiko tauschten kurz Blicke aus.

"Ich bin für ein Kartenspiel." Ayame grinste, Namiko fand den Vorschlag aber gar nicht zum Lachen.

"Ohne mich!", protestierte sie.

Ich seufzte. Mir fiel etwas ein, das ich tun konnte, aber es hatte mit lernen zu tun, also wollte ich eigentlich lieber etwas anderes machen. Wenn den beiden aber nichts besseres einfiel, dann tat ich eben das. "Ich gehe Vokabeln lernen", meinte ich und stand auf. Kaum war ich auf den Beinen, gähnte ich. "Vielleicht gehe ich auch gleich ins Bett."

Leise ging ich ins Schlafzimmer und öffnete meinen Koffer. Zwar musste ich eine Weile suchen, aber schließlich fand ich das kleine Notizbuch, welches ich zum Vokabelheft umfunktioniert hatte. Ich nahm es mit ins Wohnzimmer, wo Ayame mittlerweile mit einem Buch saß, sowie Namiko auch. Ich setzte mich etwas abseits von ihnen hin und versuchte die Kanji in meinen Kopf zu bekommen. Das funktionierte allerdings nicht wirklich gut, weshalb ich nach kurzer Zeit auch ins Bett ging.

Am nächsten Morgen wurde ich wieder von Suzumes Wecker geweckt, drehte mich aber verschlafen um und ignorierte ihn. Aufgestanden war ich erst als die anderen beiden auch aufstanden. Nachdem wir gefrühstückt hatten und im Bad fertig waren, gingen wir nach draußen und streiften ziellos durch die Straßen, während wir über Makeup, Stars, Jungs, darunter speziell Ayames nicht vorhandenes Liebesleben, und Klamotten redeten. Namiko hatte offenbar Spaß daran, zur Abwechslung Ayame zu ärgern. Ich lächelte bloß. Was sich liebt, das neckt sich, dachte ich. Während die beiden damit beschäftigt waren, sich gegenseitig zu necken, beobachtete ich die Leute um uns. Dabei versuchte ich allerdings, sie nicht zu direkt anzusehen. Anscheinend hatten wir bei unserem Spaziergang die Zeit vergessen, denn Ayame war überrascht, als Suzume sie anrief. Suzume allerdings war nicht gerade begeistert, dass sie 'durch halb Tokio' laufen musste, um uns zu finden.

"Tut uns leid, wir haben wohl die Zeit vergessen", entschuldigte Ayame sich, aber Suzume zuckte nur mit den Schultern und seufzte.

"Wenigstens hat sich niemand von euch in Schwierigkeiten gebracht", meinte sie.

"Schwierigkeiten? Warum?", fragte ich. "Ist was passiert?"

"Und wie. Am Bahnhof haben so ein paar Idioten randaliert. Die gehören glaube ich zu diesem Suoh", meinte Suzume genervt. "Hoffentlich kriegen die wenigstens einmal ordentlich Ärger!" Wir gingen weiter, um anderen Passanten nicht im Weg zu stehen.

"Das halte ich für unwahrscheinlich", entgegnete Ayame und folgte uns. "Der lässt denen ziemlich viel durchgehen..."

"Und die Polizei?", hakte ich nach.

"Das Problem ist, dass die Polizei nicht viel ausrichten kann. Das letzte Mal als sie es versucht haben, wurden die Beamten windelweich geprügelt. Wir haben zwar eine Truppe, die sich um die Typen kümmern soll - bei deren Hauptquartier waren wir gestern - aber die können leider auch nicht überall sein." Suzume seufzte. "Und wisst ihr was?"

"Was denn?", fragte Namiko.

"Izumo-kun hat uns gebeten, am Freitag mal bei ihm vorbeizukommen. Er will Klara kennenlernen." Sie ballte die Faust. "Wenn Suoh auch da ist, garantiere ich für nichts!"

"Du solltest dich lieber nicht mit Leuten anlegen, die stärker sind als du", warf Ayame ein.

"Ich weiß", knurrte Suzume frustriert.

"Könnte mich jemand aufklären?", unterbrach ich. "Bitte?"

"Wir haben hier ein paar Schlägertypen, gegen die selbst die Polizei machtlos ist. Und die Leute, die sie eigentlich von Dummheiten abhalten sollten, können nicht überall sein", fasste Namiko zusammen. "Weißt du, was genau vorgefallen ist?", wollte sie danach von ihrer Schwester wissen.

"Ich glaube, jemand hat sich mit einem von denen angelegt. Ein paar Sekunden später ging dann der Feueralarm an", berichtete Suzume.

"Klingt nach einer üblen Bande", meinte ich.

"Der normale Wahnsinn", seufzte Ayame. "Das letzte Mal hat es ein Hochhaus getroffen. Davor einen Laden in der Nähe der Brücke zur Schulinsel. Und davor glaube ich war im Park etwas vorgefallen."

"Ich hoffe, denen nicht begegnen zu müssen", murmelte ich.

"Wirst du aber wahrscheinlich", warf Namiko ein. "Ich glaube nämlich wirklich, dass Suoh-san da sein wird. Und das heißt, die anderen sind auch da."

"Wie kann Kusanagi-san eigentlich mit denen befreundet sein?", fragte Suzume mehr sich selbst als uns. "Wie hält man die aus?"

"Du solltest dich beruhigen", empfahl Ayame nun.

"Ich weiß, aber diese Idioten - !"

"Vielleicht solltest du auch aufpassen, wo du hinläufst", schlug ich vor, während ich sie am Arm festhielt und von der Straße zog, bevor ein Auto an uns vorbeischoss.

"Ist der nicht ein bisschen zu schnell?", meinte Namiko.

"Dezent. Hier ist 60 und der oder die, keine Ahnung, fährt 80", stimmte jemand hinter uns zu.

Fast zeitgleich fuhren wir herum. Hinter uns stand Benzai-san zusammen mit einem anderen Mann. Beide beiden trugen ihre Uniformen, waren also dementsprechend gerade im Dienst. Moment mal, diese Uniform! Munakata-san hatte so eine doch auch angehabt, als er gestern bei uns war! Wahrscheinlich gehörte er dann irgendwie zu Benzai-sans Organisation oder was auch immer die waren. Wobei... Die Truppe, die diese Schläger in Schach halten sollten hatten ihr Hauptquartier dort, wo wir gestern waren und Benzai-san arbeitete offenbar dort. Wenn Munakata-san also die gleiche Uniform trug, arbeitete er auch dort. Wahrscheinlich jedenfalls.

"Wagner-san?" Er winkte vor meinem Gesicht. "Sind Sie in Ordnung?"

"Ja, klar. Ich war nur in Gedanken", sagte ich. Wie peinlich für mich...

"Benzai-kun, wir müssen", erinnerte sein Kollege ihn an die Arbeit.

Dieser nickte. "Sicher. Auf Wiedersehen." Er verneigte sich vor uns und zog dann mit seinem Kollegen von dannen.

"Shizume City ist manchmal echt klein", stellte Namiko fest.

Ayame, Suzume und ich nickten zustimmend. "Danke, Klara. Ohne dich wäre ich jetzt wahrscheinlich im Krankenhaus. Oder zumindest auf dem Weg dahin", bedankte Suzume sich.

"War doch kein Ding", meinte ich. "Gehen wir weiter oder nach Hause?"

"Weiter!", kam es von Namiko.

"Nach Hause", sagte Suzume.

Ayame stand mit geöffnetem Mund da und überlegte, was sie sagen sollte. "Nach Hause", sagte sie schließlich leise.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top