Kapitel 6: Schlüssel zurück tauschen
"Meinst du, ihr seht euch nochmal?", fragte Ayame, als Benzai-san weg war.
"Hoffentlich", meinte ich. "Mich würde es wirklich interessieren, warum er mir so ähnlich sieht."
"Mich aber auch", stimmte sie zu.
Suzume räusperte sich. "Wir sollten uns besser auf den Weg machen. Schließlich müssen wir noch einkaufen gehen."
Wir anderen nickten ihr zu und wir gingen wieder zum Bahnhof. Auf dem Weg erklärte Suzume, warum sie nicht nach der Arbeit eingekauft hatte, wenn sie doch bei einem Supermarkt arbeitete.
"Namiko geht noch zur Schule und Ayame studiert. Deshalb ist es besser, bei einem Discounter einzukaufen, weil es billiger ist", erklärte sie.
Als wir schließlich am Ziel angekommen waren, teilten wir uns in zwei Gruppen auf: Einmal Suzume und Namiko und dann Ayame und ich.
"Wir holen die Getränke!", verkündete Ayame.
Die anderen nickten zustimmend, dann gingen wir in verschiedene Richtungen. Bei dem Regal mit den Getränken angekommen, blieben wir stehen.
"Was willst du?", fragte Ayame.
"Weiß nicht", meinte ich unsicher. "Sprite, Cola, Wasser? Ist mir eigentlich egal."
"Dann Wasser, das trinke ich auch hauptsächlich", entschied Ayame.
Ich nickte und nahm meiner Freundin die drei Wasserflaschen ab. Sie holte dann noch eine Flasche Cola aus dem Regal, die sie allerdings selber trug. Wie verabredet trafen wir uns vor der Kasse wieder. Die Diskussion darüber, wer bezahlte, war schnell geklärt. Offenbar wechselten sie sich ab, diesmal übernahm Ayame das, danach Suzume. Ich wollte zwar auch was beitragen, aber die drei meinten, ich sollte mir nicht die Mühe machen, das wäre schon in Ordnung. Am Ende jedenfalls hatten wir eine Tüte, vier 1,5L Flaschen und die Diskussion, wer was trug oder besser gesagt nicht trug. Während Suzume seufzte und sich nach einem Blickwechsel mit mir die Tüte schnappte, nahm ich eine der Flaschen. Die anderen beiden trugen die restlichen drei. Auf dem Weg zum Bahnhof kam uns eine Gruppe Jugendlicher entgegen, die mit irgendwelchen Dosengetränken unterwegs waren und herumalberten. Und spätestens jetzt konnte ich behaupten, dass das nicht mein Tag, war, denn einer stolperte und fiel genau auf mich. Sein Getränk hatte ich daraufhin in den Haaren und auf meinem himmelblauen Shirt.
"Schonmal was von Rücksicht gehört?", fuhr ich die Jungs an. In der falschen Sprache. Aber das war ganz gut so, denn so konnte ich meine Wortwahl nochmal korrigieren: "Pass doch auf." Ich stand auf, half dem Typ aber nicht hoch. Das hatte er nicht verdient.
"Sorry", fiel dem Jungen nur ein.
Ich seufzte. "Ach, was soll's." Ich sammelte meine Flasche wieder ein und wir gingen weiter. In der Bahn zog ich ein paar Blicke auf mich, aber ich ignorierte sie.
Als wir endlich wieder Zuhause waren, war es bereits neun Uhr. Was hatten wir so lange gemacht? Wir stellten die Einkäufe in der Küche ab und Suzume scheuchte uns raus.
"Heute koche ich. Und diesmal möchte ich meine Ruhe dabei haben", meinte sie.
Ich fragte Ayame, was Suzume damit meinte. Diese erzählte mir, dass es beim letzten Mal doppelt so lange wie eigentlich nötig gewesen wäre gedauert hätte, da jeder jedem im Weg stand. Das war natürlich ein guter Punkt, weshalb wir Suzume in der Küche alleine ließen und ich mich ins Badezimmer begab. Schließlich musste ich das klebrige Zeug aus meinen Haaren bekommen. Das Oberteil musste ich auch wechseln, weshalb ich mich dazu entschied, auch gleich noch zu duschen. Ayame erlaubte mir, ihr Duschgel und Shampoo zu benutzen. Mit einem 'Klack' schloss ich die Tür hinter mir ab. Das Bad war nicht besonders groß, aber dennoch geräumig eingerichtet. Gegenüber der Tür war die Dusche in einer Ecke. Neben ihr war die Badewanne, die bis zur anderen Ecke reichte. Daneben befand sich die Toilette, das Waschbecken war fast genau hinter der Tür. Zwischen dem Waschbecken und der Toilette war noch genug Platz für einen kleinen Badezimmerschrank und ein Tischchen direkt neben dem Waschbecken, auf dem Zahnputzzeug und die Haarbürsten von den drei Mädchen lagen. Ich überquerte die Fließen zu dem Schrank und holte Ayames Sachen heraus, die ich ersteinmal auf dem kleinen Tisch abstellte. Dann zog ich mich aus. Die dreckigen Sachen warf ich einfach in den Wäschekorb rechts neben dem Waschbecken, während ich die frischen auf den Rand der Badewanne gelegt hatte. Als ich fertig ausgezogen war, nahm ich das Duschgel, das Shampoo und einen Schwamm und schob die Glastür zur Seite, um die Dusche zu betreten. Ich überlegte kurz, wie warm ich es machen sollte und entschied mich dann, es gerade so heiß zu machen, dass es mir nicht zu heiß war. Ich war nicht der Typ, der unter der Dusche über alle möglichen Dinge nachdachte, also war ich schnell fertig mit allem. Ich wusch dem Schaum und das Shampoo ab und stieg aus der Dusche. Schnell trocknete ich mich ab und zog mich an. Gut gelaunt und bereit für einen entspannten Abend mit meinen Freunden ging ich in Richtung Wohnzimmer. Nur um sogleich starr vor Schreck in der Tür stehen zu bleiben. Ich warf einen fragenden Blick zu Ayame, aber die bedeutete unserem Gast nur, dass ich in der Tür stand.
Als dieser sich zu mir umdrehte, verbeugte ich mich hastig und wahrscheinlich viel zu tief. "Guten Abend", grüßte ich ebenso hastig. Nun war ich völlig verwirrt. Was machte Munakata-san hier?
"Guten Abend", grüßte er nur ruhig zurück, stand auf und kam zu mir rüber. "Ich glaube, wir haben heute morgen unsere Schlüssel vertauscht. Von denen an dem Schlüsselbund, den ich hier habe, passt nämlich keiner in meine Tür", erklärte er und hielt mir meinen Schlüsselbund vor die Nase.
"Oh", machte ich. "Augenblick." Ich beeilte mich zurück ins Bad und durchwühlte meine Klamotten. Da war er nicht. Also hatte ich ihn wahrscheinlich im Schlafzimmer abgelegt. Kaum hatte ich den Raum betreten, sah ich ihn schon: Er lag auf dem Nachttisch. Schnell griff ich nach ihm und eilte zurück ins Wohnzimmer. "Dann ist das wohl Ihrer, oder?" Ich hielt den Bund hoch und bemerkte, dass das nicht meiner sein konnte, weil ich keine blaue Krone als Schlüsselanhänger hatte. Bei mir hing ein himmelblauer, durchsichtiger Stern dran.
"Ja, danke." Er nahm ihn entgegen und drückte mir auch gleich meinen eigenen in die Hand, mit welchem ich ihn vorhin hatte stehen lassen. Dann wendete er sich zum Gehen, doch ich hielt ihn auf, indem ich mich in seinen Weg stellte.
"Mein Name ist Klara. Klara Wagner", stellte ich mich vor, in der Hoffnung, dass er das Gleiche tat.
Mit einem schwer zu definierenden aber auf jeden Fall freundlich wirkenden Lächeln tat er das auch. "Ich bin Munakata Reisi. Es freut mich, Sie kennenzulernen, Wagner-san."
"Ganz meinerseits." Ich lächelte zurück, wusste aber nicht, was ich sagen sollte.
Er nickte mir zu. "Ich verabschiede mich dann von Ihnen", meinte er und ging an mir vorbei zur Tür, durch die in diesem Moment Suzume hereinkam. Hatte sie uns gehört? Ich wusste es nicht, aber das Essen konnte noch nicht fertig sein.
Überrascht schaute sie Munakata-san an. "Kann ich Ihnen helfen?", fragte sie irritiert.
"Danke, aber das ist nicht mehr nötig" lehnte er höflich ab und wollte an ihr vorbei gehen.
"Sie können mit uns essen. Es ist schließlich schon halb zehn und Sie müssen bestimmt wieder früh zur Arbeit", bot Suzume ihm an.
Nicht nur ich starrte sie daraufhin fassungslos an, Namiko ebenfalls. Ayame schaute die älteste von uns bloß überrascht an. Während Munakata-san nach den richtigen Worten zu suchen schien.
"Vielen Dank, aber ich denke, das wird nicht nötig sein", lehnte er schließlich ab.
Ich atmete auf, aber da hatte ich Suzume vergessen.
"Ich bestehe aber darauf!", beharrte sie.
Anscheinend wollte er noch etwas erwidern oder suchte zumindest nach einer Antwort darauf, aber als er Suzumes entschlossenen Gesichtsausdruck bemerkte, ergab er sich und stimmte zu. So fragte ich mich nur noch, warum mir plötzlich der Satz >Der Klügere gibt nach.< in den Sinn kam.
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Hier ist Kapitel 6! Es kommt spät ich weiß. Seeeehr spät xD
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