Kapitel 17: Hilfe
"Geht's noch?", knurrte mein Gegenüber mich an und hielt sich den Schädel.
Scheiße. Ich hatte gerade Suoh-san, dem roten König, eine übergezogen. Ich schluckte und verbeugte mich hastig. "Entschuldigung, das wollte ich nicht. Ich wusste nicht, dass - " Weiter kam ich nicht.
"Halt die Klappe", unterbrach er mich.
"Wie?" Verwirrt schaute ich auf.
"Klappe halten. Bist du taub?"
Also wirklich. Ich wollte mich bloß dafür entschuldigen, dass ich ihn mit meiner Krücke geschlagen hatte, denn so wie ich das sah, war das durchaus angebracht. Und ihm viel nichts anderes als 'Halt die Klappe' ein? Aber tat ich ihm den Gefallen und schwieg. Jedoch sagte er auch nichts, sondern schien erst mit den Kopfschmerzen fertig werden zu wollen. Während ich wartete, bemerkte ich Anna-chan, die seine Hand hielt. Stand sie schon die ganze Zeit da?
"Klara, was ist passiert?", fragte sie.
Ich warf einen Blick auf die Krücken und sie nickte. "Munakata-san würde es wahrscheinlich 'Übermut' nennen", meinte ich nachdenklich und erntete einen vernichtenden Blick von Suoh-san.
"Reisi?", hakte Anna nach und legte den Kopf schief. "Wieso?"
"Kompliziert", sagte ich schnell.
Suoh-san sah bis eben noch aus, als wollte er jemandem den Hals umdrehen. Nun aber sah er verwundert aus. "Warte mal. Du wurdest bei dem Kampf im Park doch gar nicht verletzt. Im Gegensatz zu Munakata."
"Wurde ich auch nicht", bestätigte ich. "Das ist später passiert." Augenblick, er war doch gar nicht dort. "Suoh-san?"
"Was?", brummte der rote König.
"Woher wissen Sie das? Sie - "
Wieder unterbrach er mich: "Könntest du damit aufhören?"
"Womit?"
"Dem Siezen."
"Okay", antwortete ich langsam. Andererseits hätte ich das auch erwarten können. Schließlich machte er das auch nicht. "Also... Woher weißt du das? Du warst gar nicht da."
"Im Park war ich schon. Nur nicht bei dieser Brücke. Aber im Nachhinein wäre ich allerdings schon gerne dort gewesen. Dann hätte ich selber sehen können, wie ein durchschnittliches Mädchen besser als Munakata kämpft", erklärte Suoh-san grinsend. "So habe ich es nur von meinen Clansmen gehört."
"Können wir uns auf Glück einigen? Außerdem sah der Typ nicht so aus, als würde er gerne gegen Mädchen kämpfen", erwiderte ich. Erstens war einer gegen zwei unfair, zweitens hatte ich nur einen Gegner und drittens hatte der scheinbar keine Lust, mir wehzutun. Also gleich drei Gründe, aus denen ich es leichter hatte.
"Na und?" Suoh-san zuckte mir den Schultern. "Blamiert hat er sich trotzdem."
"Kann es sein, dass du ihn nicht magst?"
"Ja. Habe ich übrigens schonmal gesagt."
"Stimmt, ja. 'Tschuldiging", murmelte ich.
"Egal. Also: Was machst du hier ganz alleine?" Er kam also auf seine ursprüngliche Frage zurück.
Und ich stellte fest, dass ich ihm noch nicht geantwortet hatte. "Ich soll einkaufen gehen, aber ich finde den Laden nicht", erklärte ich. Wenn er mir half, war das gut; wenn nicht, blieb ich dabei, dass ich ihn nicht mochte.
"Welchen?", fragte Anna-chan.
"Für Tiere. Ich brauche Vogelfutter."
Suoh-san seufzte. "Bevor du dich noch verläufst und ich die Schuld bekomme..." Er ging los. "Komm mit."
Überrascht schaute ich ihm hinterher. Zwar hatte ich gehofft, er würde mir helfen, aber erwartet hatte ich das nicht. Umso erleichterter war ich. Schnell schloss ich mich ihm und Anna an und wir gingen eine ganze Weile schweigend durch die Straßen. Irgendwie war mir dabei schon unwohl, aber warum hoffte ich so sehr, dass mich keiner von Munakata-sans Leuten mit Suoh-san sah? Ach ja, richtig: Wenn Munakata-san die Situation falsch verstand, könnte ich bei ihm unten durch sein.
"Hey."
Verwundert schaute ich ihn an. Was war los?
"Wie heißt du eigentlich?"
Die Frage fiel ihm ja früh ein. "Klara Wagner. Ein durchschnittlicher Mensch."
Er lachte etwas, sagte sonst aber nichts mehr, bis wir bei dem Laden waren. "Findest du den Weg zurück alleine?", wollte er, dort angekommen, wissen.
"Ja, danke", sagt ich freundlich und verkniff mir das Verbeugen. Stattdessen deutete ich es mit einem Nicken an und hoffe einfach, dass ihm das recht war.
"Auf Wiedersehen", verabschiedete sich Anna-chan von mir, bevor die beiden wieder gingen.
Ich erledigte meine Besorgungen und war erst nach sechs Uhr wieder zu Hause. Suzume stand bereits in der Küche und schnitt Gemüse, während die anderen beiden noch an ihren Laptops saßen. Überrascht war ich von der Stille, die mittlerweile herrschte. Ich stellte das Vogelfutter auf dem Wohnzimmertisch ab und setze mich zu den anderen.
"Ist es wirklich eine gute Idee, ihn auf dem Boden stehen zu lassen?", erkundigte ich mich bei Ayame.
"Er hat sich jedenfalls noch nicht darüber beschwert", meinte Ayame. "Und eine Katze oder so haben wir nicht."
Dem stimmte Namiko zu. "Wir haben übrigens noch nichts gefunden", schwenkte sie nun zum eigentlichen Problem.
"Das ist schlecht." Wem flog sein Papagei weg, der es dann nicht mal merkt oder nach ihm sucht? Das konnte doch nicht sein.
POV Munakata
Ich saß am Wohnzimmertisch und versuchte, eines meiner Puzzle zu lösen, um die Langeweile zu vertreiben. Das würde aber auf Dauer nicht so funktionieren. Schon die drei Tage, bis ich Wagner-san ausführte, schienen eine halbe Ewigkeit entfernt. Dagegen waren zwei Monate, bis mein Arm verheilt war, eine Ewigkeit. Ich seufzte, als ich ein Teil in die passende Lücke drückte. Zwei Monate... Und das nur, weil ich nicht aufgepasst hatte. Und dann war uns der mit den schwarzen Haaren auch noch entwischt. Dieses eine Mal hätte Homra sich nützlich machen und die andere Seite der Brücke blockieren können, aber nein. Wenn er also nicht so bescheuert war, seine Freunde retten zu wollen, würden wir ihn so schnell wohl nicht mehr wiedersehen. Auch wenn Awashima-kun und die anderen ihr Bestes dafür gaben.
Plötzlich klingelte mein PDA. >Akiyama Himori<. Was war passiert? Und warum dachte er, ich könnte helfen? Ich war immernoch Rechtshänder und eben dieser Arm war gebrochen.
"Hallo. Was ist passiert, Akiyama-kun?", meldete ich mich.
Bevor der andere antwortete, gab es einen Knall im Hintergrund. "Die zwei Strains von letzter Woche machen Ärger. Sie haben die Türen zerstört und sind auf dem Weg nach oben. Fushimi-san und die anderen versuchen, sie aufzuhalten, aber... Na ja..."
"Akiyama-kun", began ich. "Ich habe euch gleich gesagt, dass Holztüren keine gute Option sind. Außerdem kann ich im Moment nicht wirklich kämpfen."
"Und was sollen wir jetzt machen?" Der andere schien langsam Panik zu bekommen. "Wir können sie doch nicht - " Es gab einen lauten Knall und wenn ich mich nicht verhörte, war es ein Metallteil, das genau neben Akiyama-kun gegen die Wand knallte. "laufen lassen!", beendete er seinen Satz.
"Passt auf eure Köpfe auf. Ich lasse mir was einfallen", mit diesen Worten legte ich auf. 'Ich lasse mir was einfallen'... Was denn? Eine Möglichkeit gab es, aber meine Chancen, dass das funktionierte, gingen gegen Null. Davon abgesehen konnte sich der Idiot, der die Strains entgegen meiner Anweisung hinter Holztüren eingesperrt hatte, auf etwas gefasst machen.
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