38. Kapitel

Jimin

Nachdem Lee Jongdae gegangen war, war die Stimmung am Boden.

Juhee kam zurück zu uns, kreidebleich und mit einem Blick in den Augen, der Panik in mir aufsteigen ließ. Doch als wir sie fragen, was passiert war, winkte sie nur ab, nahm sich den Teller, den sie zuvor am Tisch angestellt hatte, und begann zu essen.

Danach löste sich die Party bald auf. Ich war so damit beschäftigt, mich um Juhee zu sorgen, dass ich nicht einmal zuckte, dass Madison bei Taehyung mitging. Dieser hat wenigstens den Anstand, zu zögern und mir einen unsicheren Blick zuzuwerfen, doch ich schüttelte nur den Kopf und hob gleichzeitig die Schultern.

So habe ich wenigstens die Gelegenheit, in Ruhe mit Juhee zu reden, deren Verhalten mich von Minute zu Minute nervöser macht.

Nachdem wir eine gute halbe Stunde schweigend zurück in Richtung WG gefahren sind, rutschte ich über die Rückbank zu Juhee und griff nach ihrer Hand.

»Sprich mit mir«, wisperte ich.

Juhee, die aus dem Fenster gesehen hatte, drehte den Kopf zu mir. Im nächsten Moment nahm sie mein Gesicht in beide Hände und küsste mich.

Sie löste ihre Lippen von meinen, hielt mein Gesicht aber weiter umfasst. Als ich die Augen öffnete, konnte ich sehen, dass sie ihre noch immer geschlossen hielt.

»Jimin ...«

Ihre Hände zittern.

»Es tut mir so leid«, sagte sie rau. »Ich ... es tut mir so leid.«

»Was?«, fragte ich eindringlich und umfasste ihre Handgelenke. In diesem Moment wollte ich sie so nah bei mir halten wie nur möglich. »Juhee, du machst mir Angst.«

Juhees Atem ging unregelmäßig. Es brachte mich um, was die Begegnung mit ihrem Vater in ihr angerichtet hat.

»Was ist passiert?«, flüsterte ich und streichelte ihre Handgelenke mit den Daumen.

Juhee ließ die Berührung ein paar Sekunden lang zu, dann lehnte sie sich zurück in ihren Sitz. Sie fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht.

»Ragnar hat ...« Sie schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Ragnar hat gewonnen.«

Die verschwommenen Lichter der Straßenlaternen rauschten gleichmäßig an uns vorbei, doch es fühlte sich an, als würde die Zeit stillstehen. »Was?«

»Ich werde am Montag zu BigHit gehen.« Sie räusperte sich. »Und heute Abend zurück zu ihm nach Hause.«

»Nein«, platzte es aus mir heraus. »Nein, Juhee.« Ich wollte nach ihrer Hand greifen, doch sie entzog sie mir. Mein Herz machte einen Satz nach unten. »Egal, was er gesagt hat«, sagte ich eindringlich. »Wir finden einen Weg.«

»Es steht zu viel auf dem Spiel. Das Risiko ist zu groß.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Jimin ...«

»Nein! Egal, womit er dir gedroht hat - es ist nicht wert, dass du deine Zukunft dafür hergibst.«

Sie sah mich an, lange, ohne etwas zu sagen. Dann seufzte sie.

»Doch. Doch, das ist es.«

»Womit erpresst er dich?«, fragte ich kaum hörbar.

Juhee schüttelte den Kopf, aber das ließ ich nicht durchgehen. »Ich dachte, wir hätten keine Geheimnisse voreinander.«

»Jimin ...«

»Ich flehe dich an!«

»Er wird deine Familie zerstören«, brachte sie schließlich hervor. »Nicht nur deine Karriere, sondern alles, was euch wichtig ist.«

Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht mehr atmen konnte.

»Ihr habt so viel für mich getan«, fuhr sie fort. »Ich kann das nicht zulassen.«

»Wir ...« Meine Stimme versagte, und ich musste mich räuspern. »Wir finden einen Weg. Er darf damit nicht durchkommen.«

»Jimin, hör mir zu ...«

»Ich denke überhaupt nicht dran! Ich lasse nicht zu, dass du deine Pläne über Bord wirfst, Juhee. Unsere Pläne.«

»Es ist nicht deine Entscheidung«, erwiderte Juhee beinahe unerträglich sanft. Sie hob die Hand und strich mir mit dem Fingerknöchel über die Wange.

Ich wich vor ihr zurück, die Stirn gekräuselt.

»Wie kannst du immer und immer wieder zulassen, dass er dir das antut?«, fragte ich fassungslos.

Juhee presste die Lippen aufeinander.

»Wehe, du schweigst mich jetzt wieder an«, fauchte ich. »Wir sind ein Team. Du kannst nicht einfach ... du kannst nicht einfach gehen

Sie stieß hörbar den Atem aus. »Die Zeit mit dir - die Zeit mit deiner Familie - war die schönste, die ich mir je hätte wünschen können. Das Einzige, was mich auf den Beinen gehalten hat. Das musst du mir glauben«, beteuerte sie. »Aber ich ... ich habe keine andere Wahl.«

»Du hast immer eine Wahl!«, sagte ich energisch. »Ich kann nicht zulassen, dass du deine Zukunft für meine opferst.

»Das traurige Lächeln, das in diesem Moment auf ihr Gesicht trat, raubte mir die Luft zum Atmen. In diesem Moment wusste ich, dass ich keine Chance hatte, sie zu überzeugen.

Sie hatte sich entschieden.

Meine Augen begannen zu brennen, und ich musste blinzeln, weil meine Sicht verschwamm. »Was hat er dir angedroht?«, flüsterte ich.

»Ich hoffe«, fing sie mit kratziger Stimme an. »Ich hoffe, du akzeptierst meine Entscheidung und hasst mich nicht dafür.«

Ich schüttelte den Kopf. Ihre Worte hatten mich mitten ins Herz getroffen. Ich wollte schreien oder etwas kaputt machen wollen – einfach nur, um dieses Gefühl der Machtlosigkeit loszuwerden, das sich in meinem Körper ausbreitete. Doch stattdessen blieb ich sitzen und sah Juhee an.

Eine Träne befreite sich aus meinem Augenwinkel und lief über meine Wange. Juhee fing sie mit ihrem Daumen auf.

»Ich könnte dich niemals hassen, Jimin.«

Sie zog mich an ihre Seite und vergrub ihr Gesicht in meinen Haaren.

Als wir eineinhalb Stunden später ankamen, fühlte ich mich körperlich und psychisch vollkommen erschöpft. Juhee und ich hatten die restliche Fahrt Arm in Arm verbracht, ohne zu reden. Ich hatte versucht, mich selbst zu beruhigen, indem ich mir immer und immer wieder gesagt hatte, dass ich Juhee dadurch nicht verliere, aber es fiel mir schwer, daran zu glauben, wenn ich den leeren Blick in ihren Augen sah. Lee Jongdae hatte mir heute einen Teil von ihr genommen, und ich hasse ihn dafür mehr, als ich jemals irgendjemanden in meinem Leben gehasst habe.

Ich kämpfte mit den Tränen, als ich Juhee dabei zusah, wie sie ihre Tasche aus unserer WG holte und sich von allen verabschiedete.

»Du bist hier immer willkommen«, sagte Namjoon und streichelte sanft über meinen Rücken.

Juhee schloss einen Moment fest die Augen. »Danke«, sagte sie rau. Dann schloss sie alle noch einmal in eine innige Umarmung und ging in Richtung Haustür.

Ich begleitete sie nach draußen, durch den kleinen Vorgarten, bis zur Straße.

Dann drehte sie sich zu mir. »Okay.« Sie räusperte sich.

»Okay.«, flüsterte ich.

Juhee biss sich auf die Unterlippe und sah mich an. »Ich schreibe dir morgen.«

Ich hatte Angst, dass ich anfing zu weinen, wenn ich noch etwas gesagt hätte, also nickte ich nur. Sie kam mir entgegen und gab mir einen sanften Kuss. Als sie sich wieder zurücklehnen wollte, umfasste ich ihre Oberarme und zog sie näher an mich heran. Sie machte einen überraschenden Laut an meinen Lippen, unterbrach den Kuss aber nicht. Stattdessen vergrub sie eine Hand in meinen Haaren und küsste mich ebenso verzweifelt wie ich sie.

Als wir uns schließlich voneinander lösten, atmeten wir beide schwer und schnell. Juhee hob die Hand und strich mir vorsichtig Haare aus dem Gesicht. »Ich liebe dich«, sagte sie mit rauer Stimme, dann drehte sie sich um und ging.

Regungslos sah ich zu, wie sie verschwand und schließlich um die Ecke bog. Mein Herz tat weh. Für sie, für mich. Für uns.

»Jimin?«, drang Taes zögerliche Stimme an mein Ohr.

Ich drehte mich zu ihm um. Er stand unschlüssig an der Haustür.

»Ist alles okay?«

Ich öffnete den Mund, um ihm zu antworten, doch es kam kein Wort heraus – stattdessen aber ein Schluchzen, das mich mindestens genauso überraschte wie Taehyung, der alarmiert die Augen aufriss und augenblicklich zu mir kam, um mich in den Arm zu nehmen.

»Oh, Taehyung«, sagte ich und er strich mir brüderlich über meinen Rücken, während ich die Tränen zuließ.

Juhee

Obwohl ich in nicht gerade langsamen Schritten über den Asphalt lief, kam es mir vor, als würde ich mich geradezu im Schneckentempo bewegen. Gleichzeitig fühlte es sich an, als würde ich schon seit einer Ewigkeit laufen, dabei waren gerade mal fünf Minuten vergangen, seit ich von der WG losgegangen war.

Es liegt in deiner Hand, Juhee, klingt die Stimme meines Erzeugers in meinen Gedanken nach. Es liegt in deiner Hand.

Wenn die Entscheidung in meiner Hand lag – wieso fühlte es sich dann überhaupt nicht so an? Wieso drehte sich die Welt so rasend schnell, wieso war da dieser Druck auf meinem Brustkorb, der immer stärker wurde?

Meine Sicht verschwamm. Ich wusch mir mit dem Ärmel über die Augen, aber es half nicht. Ich lehnte mich gegen eine Hauswand und ließ lehnte den Kopf gegen die kühlen Steine.

In meinem Kopf war die Stimme meines Erzeugers immer lauter und lauter geworden, bis ich es irgendwann nicht mehr aushielt und den Instinkt verspürte, mir die Hände auf die Ohrmuscheln zu pressen. Das alles machte mich so unglaublich wütend. Ich hasste es, die Kontrolle so zu verlieren, ich hasste, dass mein Erzeuger mich dazu gebracht hatte, Jimin und die anderen zu verlassen. Meine Familie. Blindwütig schlug ich gegen die Hauswand. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte einfach nicht mehr. Wieder und wieder ließ ich meine Faust dagegen niederprallen, so lange, bis ich keine Kraft mehr hatte und meine Fingerknöchel anfingen zu bluten. Ich lehnte mich gegen die Hauswand und ließ mich an ihr heruntersinken. Ich schloss die Augen und atmete ein paarmal tief durch, und irgendwann drehte sich die Welt nicht mehr so rasend schnell. Auch meine Sicht war nicht mehr verschwommen, obwohl das Brennen in meinen Augen immer noch da war. Ich ließ meinen Blick die Straße entlanggleiten und dachte darüber nach, was geschehen würde, wenn ich jetzt zurück zu Ragnar fahren würde. Wie sich das anfühlen würde.

Ich richtete mich wieder auf und ging weiter. Mein Körper funktionierte wie auf Autopilot, als ich meine Beine anfing zu bewegen, und bevor ich richtig realisierte, was ich hier tat, bog ich links ab. Die Route war mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen – wahrscheinlich hätte ich auch blind laufen können.

Ich bog in eine schmale Gasse und ging die Treppe zu Madisons Wohnung rauf. Ohne nachzudenken, drückte ich auf die Tastenklingel. Es wäre besser, wenn ich mir was Eigenes nehme. Danke.

Eine Minute verging, in der nichts geschah, dann öffnete Madison die Tür. Ihre Augen weiteten sich ein Stück, als sie mich sah. Dann runzelte sie die Stirn.

»Bist du hier, um mir wegen Taehyung doch die Hölle heißzumachen?«, fragte sie.

Die Worte blieben mir im Hals stecken, als ich realisierte, was sie gefragt hatte. »Wieso sollte ich dir wegen Tae die Hölle heißmachen? Das hatten wir doch geklärt.«

»Ja, stimmt.«

Ich hatte keine Ahnung was ich darauf antworten sollte. Die Fragen überschlugen sich in meinem Kopf. Maddie und Tae? Wie die anderen wohl reagiert hatten, als sie davon erfahren hatten?

Bei Gedanken an die anderen durchfuhr mich ein schmerzhaftes Stechen, das mich daran erinnerte, weshalb ich ursprünglich hergekommen war.

»Ich bin nicht wegen den anderen da.«

Madison nickte langsam. »Wegen deines Dads?«

Dad. Mein Magen schlug auf mich ein.

Jetzt war ich diejenige, die nickte. »Ragnar erwartet mich zuhause, aber ich kann das gerade echt nicht.«

»Willst du darüber reden?«, fragte sie leise.

Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann nur gerade einfach nicht nach Hause.«

Noch während ich die letzten Worte sagte, machte Maddie einen Schritt zur Seite. »Komm rein.«

Hier zu sein, fühlte sich mit jedem Mal weniger merkwürdiger an.

»Setz dich«, sagte meine Freundin und deutete auf ihr Bett, während sie zu ihrem Schreibtisch ging und sich dort auf den Stuhl hockte. Mein Blick fiel auf den Bildschirm ihres Laptops. Die leuchtende Überschrift der Website war mir mehr als vertraut, genau wie das Bild in der Mitte. Blitzschnell klappte Madison den Laptop zu, doch es war zu spät – ich hätte Taehyungs Gesicht unter Hunderten erkannt.

»Tae?«, fragte ich, während ich mich setzte.

Sie drehte den Kopf zu mir.

»Ja?«

Ich sah sie unverwandt an. »Taehuyng ist in den letzten Wochen so etwas wie ein Bruder für mich geworden. Wenn du ihm wehtust, werde ich dir wehtun. Das ist dir klar, oder?«

Madisons Mundwinkel hob sich leicht, aber der Blick in ihren Augen blieb ernst. »Geht klar. Auch wenn ich das nicht vorhabe, nur mal so nebenbei.«

Ich sah sie an und brach in Gelächter aus. Auch Madison konnte sich einen Laut nicht verkneifen. Sie würde ihm niemals wehtun und andersherum ebenso. Anschließend senkte ich den Blick auf meine Hände und betrachtete konzentriert die Linien auf meiner Haut. »Weißt du«, fing ich an. »Manchmal hat man keine andere Wahl. Manchmal wird man von anderen dazu gebracht, jemandem wehzutun, auch wenn das das Letzte ist, was man will.«

Danach breitete sich Schweigen zwischen uns aus. Ich ballte die Hände zu Fäusten und lockerte sie wieder. Meine Gedanken gingen zu Jimin und zu Ragnar und schließlich auch zu meiner Mutter. Ich fragte mich, was sie tun würde, wenn sie jetzt bei mir wäre. Würde sie verstehen, dass ich mit dem Unternehmen, dem Job, nichts anfangen kann? Würde sie zulassen, dass Jongdae Jimins Familie drohte? Ich glaubte nicht. Doch leider ist sie nicht da, um ihn aufzuhalten – und ich fühlte mich nutzloser als je zuvor.

Madison riss mich aus meinen Gedanken, als sie sich neben mich setzte. Sie hielt mir eine Tasse heißen Tee entgegen – eines der Tassen, die wir damals zusammen gekauft hatten. Dankbar nahm ich sie an und nahm einen kräftigen Schluck daraus.

»Ganz gleich, was Jongdae vorhat – du packst das. Wir packen das.«

Ich klammere mich an diese mit meiner Tasse gegen ihre stieß.

Taehyung

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich Jimin schließlich losließ und wir zurück in die WG gingen. Er wich den Fragen der anderen aus und murmelte nur, dass er zu müde zum Reden war und sich gerne hingelegt hätte. Danach ging er in sein Zimmer und ließ sich wortlos auf sein Bett fallen. Dass er die Tür nicht richtig verschlossen hatte, sah ich als Aufforderung, ihm zu folgen.

Als ich mich neben ihn setzte, richtete er sich auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil des Bettes und sah mich an. Ich erwiderte seinen Blick und wartete, ob er als Erstes etwas sagte. Er hatte mich mit seinem Verhalten mit Madison etwas überrumpelt, und auch wenn ich ihn jetzt nicht allein ließen wollte, konnte ich das irgendwie nicht vergessen.

»Es tut mir leid, dass ich vorhin so ausgeflippt bin«, fing er schließlich an. Seine Augen waren noch etwas rot und seine Stimme etwas kratzig, dabei hatte er schon vor einer ganzen Zeit aufgehört zu weinen. Untypisch für ihn. »Euch zusammen zu sehen, war nur das Letzte, womit ich gerechnet habe. Seit wann erzählen wir uns so was nicht mehr, Taehyung?«

Ich atmete tief durch. »Ich wollte erst mal selbst herausfinden, was das zwischen mir und Maddie ist, bevor ich jemand anderem davon erzähle. Außerdem wusste ich genau, wie du reagierst.«

»Habe ich dir wirklich das Gefühl gegeben, dass du mir nicht vertrauen kannst? Wie alle anderen auch, will ich nur das Beste für dich. Mehr nicht.«

»Hyung, ich weiß«, antwortete ich leise.

»Es tut mir leid, dass ich so bevormundend war. Ich ...« Er zuckte mit den Schultern. »Ich will nur nicht, dass du enttäuscht wirst«

Ich atmete tief durch und nickte schließlich knapp.

»Ich mag sie wirklich, Jimin. Ich habe das Gefühl, dass sie mich versteht. Wir haben irgendwie ... geklickt.«

»Mh«, machte er. »Pass trotzdem auf.«

»Ich bin vorsichtig. Aber das ist eine Erfahrung, die ich selbst machen muss. Ihr könnt mich davor nicht beschützen.«

Einen Moment lang schwieg Jimin und fuhr mit dem Zeigefinger eine imaginäre Linie auf seiner Matratze nach, anscheinend in Gedanken versunken. Schließlich seufzte er und sagte mehr zu sich selbst als zu mir: »Nein. Das stimmt.«

»Möchtest du mir erzählen, was zwischen dir und Juhee vorgefallen ist?«, fragte ich vorsichtig.

Jimin schluckte schwer. Sein Blick schweifte durch das Zimmer und blieb am Schrank hängen. »Sie geht zurück zu ihrem Vater. Und somit zu BigHit.« Er lachte einmal kurz auf.

Ich hielt den Atem an. »Was?«

Jimin sagte gar nichts mehr. Minuten vergingen, in denen er nur geradeaus starrte. Er wirkte, als wäre er gar nicht mehr richtig anwesend gewesen, und seine Augen waren so leer, dass es eine Gänsehaut auf meinen Armen verursachte.

»Yoongi hat mir auf der Rückfahrt erzählt, dass es ihn nicht wundern würde, wenn Juhees Vater zu unfairen Mitteln greifen würde, um sie zu holen.«, sagte ich vorsichtig. »Glaubst du, das ist heute passiert?«

Das riss Jimin aus seiner Trance. Sein Blick sprühte Funken, als er mich ansah. »Der Mistkerl erpresst Juhee.«

Ich atmete stockend aus. Also war es so, wie Yoongi gesagt hatte.

»Womit erpresst er sie?«, fragte ich.

Jimin schluckte schwer. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Schließlich räusperte er sich und setzte erneut an. »Er ... hat gesagt, dass er meine Familie zerstören wird.«

Meine Augen weiteten sich. »Wie bitte?«

»Mehr hat Juhee nicht erzählt, aber das braucht sie auch nicht. Wir alle wissen, dass Lee Jongdae keine leeren Drohungen ausspricht.« Er rieb sich mit einer Hand über die Augen, die feucht geworden waren. »Allein die Vorstellung, was er genau zu Juhee gesagt haben könnte, macht mich unglaublich wütend.«

Ich dachte fieberhaft über das nach, was Jimin mir gerade erzählt hatte, und überlegte, ob es irgendeinen Grund hätte geben können, der rechtfertigte, warum Juhees Vater auf diese Weise handelte. Doch mir fiel beim besten Willen nichts ein. Mein Vater würde mir niemals ein solches Leid zufügen – egal in welcher Situation er selbst wäre. »Ich verstehe nicht, wie man seinem Kind so etwas antun kann. Wobei er ja noch einen anderen Sohn hat.«

Jimin griff nach einem Kissen und zog es auf seinen Schoß. Er umarmte es fest und schien sich förmlich daran festzuklammern. Musste wohl nach Juhee gerochen haben.

»Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass er BigHit nur von Juhee weiterführen lassen will. Es ging ihm nur um sein Ansehen – um die Wirkung, die es auf andere hat, wenn Juhee bei Meetings oder Besprechungen neben oder ohne ihn sitzt. Dabei hat sie nicht mal die geringste Ahnung des Business. Mir wird schlecht, wenn ich daran denke, dass Juhee ab sofort alles tun muss, was von ihr verlangt wird. Als ich ihren Vater damals kennengelernt habe, war ich echt überrascht, was für ein guter Vater er doch war. Ich würde Juhee so gerne helfen, weiß aber nicht, was ich tun kann.« Seine Stimme brach ab, und er musste sich wieder räuspern.

Ich griff vorsichtig nach vorn und umfasste seinen Arm, der fest um das Kissen geschlungen war. »Du hilfst ihr doch, Jimin.«

»Wie denn? Indem ich hier sitze und zulasse, dass sie einfach geht?«, entgegnete er.

Ich schüttelte den Kopf und schlug kurz kumpelhaft seinen Arm. »Du bist für sie da. Und ich glaube, das ist genau das, was Juhee im Moment braucht.«

Jimin schluckte schwer und zuckte. Mir wurde klar, dass ich ihn in diesem Zustand auf keinen Fall allein hätte lassen wollen.

Kurzerhand kam mir eine Idee.

»Was hältst du davon, wenn wir heute alle einen Film gucken und uns was Leckeres bestellen?«, fragte ich vorsichtig.

Jimin dachte kurz über meine Frage nach. In der nächsten Sekunde schüttelte er nur zustimmend mit dem Kopf. Dann hielt ich ihm kurzerhand meine Hand hin und hievte ihn nach oben. Zusammen gingen wir nach unten zu den anderen. Doch Jimin hielt mich kurz davor zurück und sah mich an.

»Danke, dass du für mich da bist, Taehyung«, flüsterte er.

Ich lächelte ihn an. »Hyung, immer.«

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