35. Kapitel
Madison
Juhee und ich noch nicht mal eine Stunde im Huwon Secret Garden und schon dann konnte ich mit großer Gewissheit sagen, dass diese Party hier der absolute Hammer war. Es war rein zufällig, dass wir die Nachricht erhielten, dass hier ein Fest stattfinden würde. Es war umwerfend.
Und dass nicht nur, weil die Dekoration des Festes so bunt war, dass man gar keinen Grund für schlechte Laune haben konnte, sondern vor allem, weil all die Leute hier total cool drauf waren. Ich kann Juhee nicht ewig so leidend sehen.
Innerhalb der ersten zehn Minuten bekamen wir einen Cocktail in die Hand gedrückt. So viele Menschen, die Juhee aus dem Internet kannten, ermutigten sie nach vorne zu sehen und all das Schlechte zu vergessen. Wenigstens etwas, worüber sie sich freuen konnte!
»Macht es dir was aus, wenn ich kurz auf Toilette gehe?« Juhee winkte ab und ich machte mich auf den Weg zu einem Toilettenhäuschen. Ich überquerte die riesige Rasenfläche und verschwand in einer der Kabinen. Nachdem ich die Tür abgeschlossen hatte, atmete ich ein paar Sekunden lang ein und aus, in der verzweifelten Versuchung, meinen Herzschlag wieder einigermaßen zu beruhigen. Ich musste schon die ganze Zeit an Taehyung denken, und an das, wie unsere Beziehung zueinander war. Ich musste mir dringend aus dem Kopf schlagen, dass da nie etwas war, obwohl ich immer einen Funken Hoffnung gespürt hatte. Anscheinend drehten meine Hormone mal wieder durch! Ich dachte, da wären mehr Gefühle im Spiel. Aber wahrscheinlich kam das nur meinerseits so herüber. Ich stellte mich ans Waschbecken, ließ kaltes Wasser über meine Hände und Handgelenke laufen und tupfte mir etwas davon an den Hals. Nachdenklich starrte ich auf den Boden. Vielleicht lag es an den Gräsern und Pollen da draußen, aber meine Augen begonnen an zu brennen. Wahrscheinlich lag es an Tae. Ich drängte sie mit aller Kraft zurück und versuchte, mich zu sammeln.
Der Tag heute sollte schön werden. Entschlossen überprüfte ich, ob meine Mascara noch an Ort und Stelle saß, wusch nochmal meine Hände und öffnete dann die Tür.
Ich bog links ab und prallte fast mir jemandem zusammen.
»Da bist du ja«, sagte Taehyung.
Ich konnte ihn nur anstarren. Waren er und die Jungs nicht in Kanada? Er begrüßte mich, als wäre ich seine Begleitung, die er gesucht und endlich gefunden hätte. Als wären wir miteinander hier.
So ein Schwachsinn.
Ich nahm ein großes Stück Abstand von ihm. Ich wusste nicht, wie ich handeln sollte. Seine Gefühle zu mir waren mir nicht bewusst. »Tae? Was machst du hier?«
»Deine Story bei Instagram hat es mir verraten. Die Jungs sind auch hier.«
»Ich verstehe nicht. Solltet ihr nicht auf Tournee in Kanada?«
Er schmunzelte leicht. »Durch eine Infektion durften wir nicht mehr spielen. Keine Ahnung. Ich finds gar nicht so schlecht. Mal keinen Stress.«, sagte er und sein Mundwinkel zuckte. »Aber freust du dich denn gar nicht?« Taehyung legte den Kopf schief.
»Doch, doch. Möchtest du irgendwas?«
»Ich würde gern mit dir reden, wenn du Zeit hast«, antwortete er.
Ich konnte seinen Blick nicht deuten, dabei dachte ich eigentlich, ich hätte den Dreh inzwischen raus. Doch anscheinend hatte ich mir auch das eingebildet.
»Ich weiß nicht«, sagte ich unschlüssig uns sah mich um, ob Juhee in der Nähe war, die uns hätte beobachten können.
»Wir müssen wirklich dringend reden. So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen, ich-«
»Es gibt überhaupt nichts, was weitergehen kann«, schnitt ich ihm tonlos das Wort ab.
»Madison«, sagte er schließlich rau. »Ich muss dir etwas sagen.« Okay, da war ich aber gespannt. Tae machte einen Schritt auf mich zu. Nur noch ein halber Meter lag jetzt zwischen uns. »Ich habe gelogen, als ich gesagt habe, dass wir Freunde sind, Maddie«
Ich wusste es. Ein fieses Stechen fuhr durch meinen Bauch.
Da war immer so ein merkwürdiges Gefühl. Ich dachte echt am Anfang, dass wir wenigstens Freunde hätten sein können. Hatte er mir damals nur den Platz zum Schlafen angeboten als meine Überraschungsparty war? War das nur, um nett zu wirken? Hatte er eigentlich ein Problem damit gehabt und nur nie zugegeben? Aber anscheinend war auch das ein Reinfall!
Ich hätte mich ohrfeigen können, dass ich so neugierig war und unbedingt Stars kennenlernen wollte. In mir wuchs ein Sturm heran, der mich mitreißen wollte, aber ich kämpfte mit aller Kraft dagegen an.
»Weißt du was? Ich muss mir das echt nicht geben«, sagte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen und wollte mich an ihm vorbeidrängen. All unsere Treffen, wo ich dachte, dass er ebenso fühlen könnte wie, ich, waren reine Spekulationen. »Das hätte ich nicht von dir gedacht. Wenn du mich bitte durchlassen würdest?«
»Madison«, sagte Taehyung eindringlich.
Ich vermied es, in sein Gesicht zu blicken, und starrte stattdessen auf seinen Brustkorb. »Du hast mich falsch verstanden«, sagte er leise, aber immer noch mit dieser Eindringlichkeit in der Stimme. »Ich will nicht nur dein Freund sein, Madison. Ich möchte ... mehr.«
Schlagartig verstummten meine Gedanken in meinem Kopf. Ich sah in Taes Gesicht, brachte es aber nicht fertig, auch nur ein einziges Wort zu sagen. Mein Herz schlug mir bis zum Mund.
Taehyung holte stockend Luft und räusperte sich. »Als wir uns zum ersten Mal gesehen haben, wollte ich nur Spaß haben. Aber dann habe ich dich richtig kennengelernt und gemerkt, was für ein großartiger Mensch du bist. Ich habe angefangen, dich zu vermissen, obwohl wir eigentlich ständig Kontakt hatten. Ich habe mich auf jeden unserer Treffen gefreut. Du warst die ganze Zeit für mich da, obwohl ich dir kaum etwas zurückgeben konnte, und dabei ist mir nach und nach etwas klargeworden.« Seine Stimme war rauer, je länger er sprach, und schließlich musste er sich räuspern, um weitersprechen zu können.
»Ich mag dich, Maddie. Sogar mehr als das. Ich glaube, ich bin dabei, mich Hals über Kopf in dich zu verlieben.«
In meinen Ohren war nichts als lautes Rauschen, während Taes Worte sich immer und immer wieder in meinem Kopf wiederholten. Ich versuchte, ihre Bedeutung zu verstehen, versuchte, zu verstehen, was hier gerade passierte - aber ich schaffte er nicht.
Ich stand nur da und starrte ihn an.
»Mir ist klar, dass du in dieser Hinsicht nichts von mir möchtest. Und mir ist auch bewusst ...«
Das riss mich aus meiner Trance. »Wer sagt das?«, unterbrach ich ihn.
Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Wer sagt was?«
»Dass ich in dieser Hinsicht nichts von dir möchte. Wer sagt das?«, fragte ich.
»Du. Als ich dich damals vom Flughafen abgeholt hatte« Er machte eine lange Pause. »An unserem ersten Treffen dort. Da hast du nie etwas gesagt. Ich wusste nicht mal ob du mich magst.«
»Du meinst die lange Autofahrt.«
Tehyung schluckte schwer. »Ja.«
»Ich kannte dich überhaupt nicht. Also, schon als Gruppenmitglied und als Person. Ich wusste auch viel über dich und-«
»Ich weiß, wie du das meinst«, redete er mir dazwischen.
»Ich bin kein Mädchen, das leicht vertraut, geschweige denn eines, das sofort mit einem unbekannten rumknutscht.«
Erst sagte Tae gar nichts mehr. Nach ein paar Sekunden brachte er ein monotones »Oh. Kann ich verstehen« hervor.
Ich spürte mein Herz, das heftig gegen meinen Brustkorb hämmerte. dieser Moment zwischen uns war so intensiv, dass mir fast schwindelig wurde.
»Ich hätte dir erzählen sollen, was mit mir los ist«, entgegnete er. »Ich hatte nur Panik, mich in deiner Gegenwart irgendwie unnormal zu benehmen und dich zu verschrecken ... Keine Ahnung. Ich will das mit uns auf keinen Fall in den Sand setzen. Dafür bist du mir zu wichtig.«
»Du bist mir auch wichtig. Sehr wichtig sogar, Taehyung. Nur deshalb war ich gekränkt.«, sagte ich mit belegter Stimme.
»Ja?«, fragte er.
Ich nickte.
Langsam kämpfte sich das Tae-Lächeln zurück auf sein Gesicht, dieses schüchterne, süße Lächeln, das mir schon bei unserer ersten Begegnung aufgefallen war.
Mittlerweile kam es mir viel vertrauter vor als damals und nachdem ich es so lange nicht gesehen hatte, weckte es in dieser Sekunde Kribbeln in meinem Körper, das mich von Kopf bis Fuß durchfuhr. »Was machen wir jetzt, Madison?«, fragte er gedämpft. Seine Haltung war locker, aber der Blick in seinen braunen Augen war voller Ungewissheit.
»Ich weiß es nicht. Zurück zu Juhee und ich schätze mal den anderen gehen?« Ich murmelte jedes Wort ernst und machte dabei eine vage Handbewegung in die entgegengesetzte Richtung. Ich wusste nicht, wie ich mit all dem umgehen sollte, was er mir gerade gesagt hatte. Mein Herz klopfte aufgeregt, und die Schmetterlinge in meinem Bauch machten mich nervös.
»Du musst mir sagen, was du möchtest, Madison«, raunte er. »Ob wir weiter Freunde sein sollen, ob ich dir aus dem Weg gehen soll oder ob wir mehr sein können.«
Ob wir mehr sein können.
Ich wusste zwar nicht genau, was das bedeutete - was es für mich hätte bedeuten konnte -, aber ich glaubte, dass war genau das, was ich wollte.
»Du brauchst mir nicht aus dem Weg gehen, Taehyung«, sagte ich mit fester Stimme.
Er atmete auf. »Nicht?«
Ich schüttelte langsam den Kopf. »Nein.«
Wieder breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus.
Diesmal erwiderte ich es schnell.
»Darf ich dich umarmen, Maddie?«, fragte er leise und sah trotz allem zu meinem Mund und wieder zu meinen Augen.
Statt zu antworten, machte ich einen schnellen Schritt nach vorne und schlang meine Arme um seine Taille. Ich spürte seine Hände auf meinem Rücken, erst ganz leicht, dann fester. Als wir die Umarmung lösten, sah ich ihm tief in die Augen. »Ich liebe dich, Kim Taehyung«, flüsterte ich kaum hörbar und küsste ihn. Erst war er überrascht, doch als er den Kuss erwiderte, verwandelten sich jegliche Gedanken in Nebel, der immer weiter verschwand, je näher Taehyung und ich einander kamen. Er umfasste er mein Gesicht mit beiden Händen und zog mich dichter, immer dichter zu sich.
Ich habe ihn nicht verloren, dachte ich, als er den Kuss intensivierte. Ich konnte seinen schnellen Herzschlag spüren.
»Taehyung, du Bastard«, erklang plötzlich eine fassungslose Stimme. »Kannst du mir sagen, was zum Teufel du da treibst?«
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