22. Kapitel
Juhee
Ich wollte es anfassen. Dieses Bild, auf dem ich in mich sah. Ich wollte es berühren und sichergehen, dass ich nicht halluzinierte – zum zweiten Mal an diesem Tag!
Ich streckte die Hand danach aus, fast hatte ich es erreicht.
»Wenn du ihm noch näherkommst, dann geht der Alarm los.« Jimins Stimme war plötzlich so nah an meinem Ohr, dass ich zurückzuckte und schnell die Hand sinken ließ. Sein warmer Atem kitzelte an meinem Ohr, aber den Schauer über meinen Rücken bekam ich durch einen völlig anderen Grund.
»Sag mir, dass ich nicht verrückt bin«, hauchte ich, ohne die Augen entgeistert von dem Bild zu nehmen.
»Er hat es wirklich gemalt«, sagte Jimin leise und schlang seine Arme von hinten um meine Hüfte. Den Kopf auf meiner Schulter gelegt, fügte er hinzu: »Er wollte nicht, dass du es erfährst. Aber ich fand, dass du es sehen musstest.«
»Wieso? Ich meine ...« Ich hustete nervös. »Ich dachte, dass es dich ... stören würde.«
»Tut es auch, ein bisschen«, gestand er. »Aber ich habe verstanden, dass er ebenfalls zu deinem Leben gehört. Und für mich ist er wie ein Bruder. Außerdem habe ich längst gewonnen.« Mit diesen Worten drehte er mich grinsend zu sich herum und legte seine Stirn an meine.
»Oder?« Er schluckte. »Gehörst du mir, Juhee?«
Ich hörte die Unsicherheit in seiner Stimme. Es war schrecklich süß. Das war der Jimin, den ich kannte. Den ich anhimmelte, seit ich ihn zum ersten Mal bei einem Interview gesehen hatte.
»Mit Leib und Seele«, antwortete ich und wurde rot. Unsere Augen trafen sich und die Freude in seinem Gesicht ließ mich ebenfalls von innen heraus strahlen. Ich fuhr mit einer Hand vorsichtig durch seine Haare und er schloss die Augen.
»Wirst du meine Freundschaft zu Jungkook endlich akzeptieren?«
Er nickte, ohne die Augen zu öffnen und zog mich noch näher an sich heran. Unsere Münder waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Gleich war es soweit! Er würde mich küssen! Mein Herz raste. Gott, jetzt tu es endlich.
»Ich will dir beweisen, dass ich es ernst meine.«
Was?
Er öffnete seine Augen und schaute zur Seite. Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, dass ich seinem Blick folgen sollte, also tat ich es etwas zögerlich.
Und da stand er. Der Künstler des Gemäldes. Mitglied von BTS. Der Junge, den ich so sehr verletzt hatte.
Jeon Jeongguk.
Er hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben und sah aus, als wüsste er nicht so recht, was er tun oder sagen sollte, also lächelte er leicht.
Mit großen Augen schaute ich zu Jimin zurück.
»Du hast das geplant?«
»Du wolltest doch eine Aussprache«, antwortete er und nahm die Hände von meinen Hüften.
»Dies ist deine Chance.« Er trat einige Schritte zurück. »Ich werde draußen warten.«
Jimin hatte gerade die Tür erreicht, als ich seinen Namen rief. Überrascht sah er sich zu mir um.
Ob er eine Ahnung hatte, wie sehr ich ihn dafür liebte, was er getan hatte?
»Danke!« Danke, hierfür.
Jimin nickte und warf einen letzten Blick zu Jungkook, den wohl nur er verstand. Dann verließ er rückwärts den Raum und ließ uns alleine.
Eine Weile standen wir uns einfach nur gegenüber. Jungkook und ich, und zwischen uns das Gemälde von mir. Er sah gut aus, erholter und auch irgendwie zufriedener. Ob es ihm gut ging? Er war bei seinen Eltern. War er jetzt glücklicher? Ich hatte ihn vermisst. Hatte ich ihm auch gefehlt? Warum zeichnete er dieses Bild? Warum durfte ich es nicht sehen?
So viele Fragen und ich traute mich nicht eine von ihnen zu stellen.
»Hey«, sagte er schließlich schüchtern und unterbrach meinen Gedankengang. Ich erwiderte sein sachtes Lächeln und trat einen Schritt auf ihn zu. Er hatte mir so gefehlt.
»Hey.«
Ich wollte ihn umarmen, ihm sagen, dass es mir so leidtat. Aber dann schoss mir plötzlich etwas in den Kopf, was ich viel dringender loswerden musste.
»Du warst einfach weg.« Ich schluckte den schweren Kloß in meinem Hals hinunter, als ich sah wie sich sein Gesichtsausdruck änderte. Vielleicht war es nicht die Beste Idee gewesen, so ein Gespräch zu beginnen.
Er senkte den Kopf und nickte.
»Ich weiß.«
»Du hast meine Anrufe ignoriert.«
»Ich weiß.«
»Und mir nicht einmal erklärt wieso«, flüsterte ich leise.
Jungkook hob den Kopf. Seine vorderen Haare fielen ihm in seine grünen Augen. Und er sah traurig aus.
»Ja ...« Er setzte sich in Bewegung, doch anstatt zu mir zu kommen, stellte er sich vor sein Gemälde und betrachtete es eine Weile. Ich knetete nervös meine Finger, weil ich nicht wusste was ich noch sagen sollte. Ich hoffte, dass er es mir endlich erklären würde, aber er schaute nur weiterhin schweigend das Bild an. Das Bild von mir.
Ich atmete tief durch und gesellte mich an seine Seite.
»Wieso ich?«, fragte ich und wies auf das Gemälde. »Wieso hast du mich gemalt?«
»Weil du mir nicht mehr aus dem Kopf gingst«, gestand er und schob seine Hände erneut in die Hosentaschen. »Du bist so wunderschön. Dein Lächeln erhellt dein ganzes Gesicht und du hast so eine einzigartige Ausstrahlung. Ich musste es einfach auf einem Bild verewigen.«
Ruckartig huschte mein Kopf zu ihm, so dass meine Haare nach hinten flogen. Ja, ich war überrascht! Ich meine klar, hatte ich es irgendwie geahnt. Es war zwar unvorstellbar für mich, dass er wirklich so fühlte, aber ich hatte es irgendwie gespürt, tief in mir drin.
»Du bist ein beeindruckender Künstler«, gestand ich und bewunderte sein Meisterwerk. »Aber wieso wolltest du nicht, dass ich es sehe?«
»Weil ich befürchtete, dass du Angst bekommen würdest.«
»Vor dir?«
»Naja, es ist schon schräg, dass du es weißt, oder? Es wäre fast so, als hätte ich ohne deines Wissens Fotos von dir in meinem Zimmer.«
Ja, das wäre richtig schräg. Man ignoriere bitte die Tatsache, dass mein Zimmer in Kansas zugepflastert war mit BTS Postern.
»Wieso hast du dich nicht verabschiedet, als verschwunden bist?«
Er drehte sich zu mir und lächelte bedrückt. »Ich habe Gefühle für dich, Juhee. Und ich meine nicht freundschaftlich.« Seine grünen Augen durchbohrten mich, als er die Sätze aussprach.
»Und ich bin mir sicher, dass du es wusstest.«
Ich schluckte schwer.
»Nicht hundert prozentig.«
»Dann weißt du es jetzt.« Er wandte sich wieder dem Bild zu. »Aber ich weiß auch, dass du etwas für Jimin fühlst. Das konnte ich an dem Abend sehen, als er in dein Zimmer geplatzt war. Ich musste einfach raus aus Seoul für einige Tage und den Kopf frei bekommen.«
»Jungkook ...« Ich griff automatisch nach seiner Hand, was sowohl ihn, als auch mich überraschte. Er schaute nach unten zu unseren Händen und dann zu mir auf, während er unsere Finger verschränkte.
»Hab ich etwa unrecht?«
»Nein«, gestand ich. »Aber es bedeutet nicht, dass du mir weniger wichtig bist! Ich mag dich auch, nur eben mehr wie einen -«
»Freund. Schon klar.« Er nickte. »Seid ihr jetzt zusammen?«
»Nein.« Jedenfalls waren wir es noch nicht.
»Aber das ist ein Date?«
»Ja.«
»Ihr wisst, dass wir keine Freundin haben dürfen? BigHit würde uns umbringen.«
»Wir sind nicht zusammen«, wiederholte ich leise. Jungkook lächelte.
»Ich weiß.« Bevor ich reagieren konnte, hatte er mich in seine Arme gezogen und fest an sich gedrückt.
»Passt einfach euch auf, okay? Die Presse kann gemein sein und die Fans sind nicht immer wohlgesonnen.«
Ich schlang meine Arme um seine schlanke Taille und nickte an seiner Brust.
»Wirst du wieder gehen?«, fragte ich ohne den Unterton zu verbergen, dass ich definitiv wollte, dass er blieb. Bei mir. Als mein Freund.
»Nein. Nicht mehr. Aber ich werde auf dich aufpassen, Juhee. Ob du es willst oder nicht. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passieren wird.«
Ein komisches Gefühl beschlich mich. Ich war mich sicher, dass er nicht Jimin damit meinte. Aber wen meinte er dann?
»Danke.« Ich kicherte. »Mein Held.«
Jungkook zog mich nur noch enger an heran.
»Ich wünschte du hättest dich für mich entschieden.«
»Es tut mir so leid.«
Nach dem Gespräch mit Jungkook, ging ich nach draußen zu Jimin, der lässig an seinem Motorrad lehnte und auf mich wartete. Gott, ob er wusste, wie heiß er damit aussah?
»Na, fertig?«, fragte er und reichte mir meinen Helm. Ich nickte und nahm ihn entgegen.
»Hat ja ganz schön lange gedauert«, murmelte er und ich wusste, dass er versuchte nicht eifersüchtig zu sein, aber ich sah ihm an, dass er es war. Er wandte sich von mir ab, dem Motorrad zu, aber das ließ ich nicht zu. Das Gespräch mit Jungkook hatte mich mutiger gemacht. Mit ihm zu reden gab mir den Frieden, den ich gebraucht hatte. Ich wusste was ich wollte und ich wusste wen ich wollte.
Ich griff nach Jimins Hand, zog ihn zu mir zurück und schlang dann meine Arme um seinen Körper.
Wortlos schmiegte ich meine Wange an seine harte, muskulöse Brust. Oh, da trainierte aber jemand sehr viel.
Zuerst war er überrumpelt, doch dann schlang er ebenfalls die Arme um mich und vergrub seine Nase in meinem Haar.
»Danke, dass du mich hierher gebracht hast«, begann ich. »Und danke, dass du mir dieses Bild gezeigt hast.« Ich hob den Kopf an und schaute in diese wunderschönen blauen Augen, umrahmt von dichten, dunklen Wimpern. Jimin lächelte sein unglaubliches Lächeln und fuhr mit einer Hand durch meine Haare.
»Und ich danke dir, dass du mir Zeit gegeben hast mit Jungkook zu reden.« Ich lächelte. »Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du unglaublich bist Park Jimin?«
»Ach nur so um die Millionen Mädchen auf dieser Welt.« Er grinste schief und ich tat, als wollte ich mich nach dieser Aussage genervt aus seinen Armen entwinden, aber er zog mich nur wieder neckisch an sich heran.
»Aber bei niemandem bedeutet es mir so viel wie bei dir«, raunte er in mein Ohr. Eine Gänsehaut zog sich meinen Rücken herunter. Gott, Jimin was machst du nur mit mir.
»Ich wollte es dir eigentlich beim zweiten Date erst sagen, aber ich muss es jetzt tun. Ich finde dich wunderschön, Juhee Du bist klug und hast so niedliche Grübchen, wenn du lächelst. Ich war so ein Idiot und habe es nicht erkannt. Du machst mich verrückt. Dir beim Tanzen zuzusehen, gab mir ein Gefühl, dass ich mittlerweile an dir vermisst habe.«
»Tollpatschigkeit?«, grinste ich.
»Nein.« Er lachte sein süßes Lachen, wofür ich sterben könnte, es immer und immer wieder zu hören.
»Leidenschaft. Du tanzt mit so viel Energie und vergisst dich dabei völlig selbst. Das fand ich wunderschön. Du warst so wunderschön. Und dann fielst du auf den Boden, als du mich sahst und ich wusste, du bist es. Du bist die eine.« Er umgriff mein Gesicht mit beiden Händen und legte seine Stirn an meine. Ich schloss meine Augen und genoss den Klang seiner Stimme.
»Bist du dir da sicher? Du warst derjenige, der mich blöd angemacht hat!«, grinste ich.
»Du bist die Eine für mich. Und ich werde dich nie wieder hergeben, denn du gehörst jetzt mir.«
Und dann küsste er mich endlich. Meine Welt stand still, während sich unsere Lippen im Einklang bewegten.
Er zog mich enger an sich heran und ich schlang meine Beine um seine Hüften.
Park Jimin, du hast meine Welt komplett auf den Kopf gestellt!
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