11. Kapitel

Juhee

Seit dem Abend bei BTS waren einige Tage vergangen. Ich konnte noch immer nicht glauben, was da in der Garage geschehen war. Taehyung und die anderen schrieben mir vereinzelt Nachrichten und ich antwortete endlich Madison. 

Jimin machte mich wahnsinnig! Wie konnte er denken, dass ich anstandslos tun würde, was er sagte? Er konnte mir nichts verbieten! Was wäre das Nächste? Dürfte ich dann auch nicht mehr mit den anderen Jungs sprechen?

»Rah!« Alleine daran zu denken, machte mich wieder schrecklich wütend und ich schmiss verärgert meine Klamotten in den Kleiderschrank, die ich nach der Wäsche eigentlich sorgfältig zusammengelegt hatte. Daraufhin fielen zwei meiner T-Shirts wieder heraus, welche ich frustriert vom Boden aufhob und erneut in den Schrank hineinwarf.

Ich wollte mit Madison telefonieren und ihr alles sagen, was mir durch den Kopf ging. Ich wollte ihr sagen, dass Jimin ein Vollidiot war und, dass er so etwas nicht von mir verlangen konnte. Ich wollte ihr erzählen, dass er mir im Zimmer und der Garage plötzlich so nahekam und dass mein Herz jedes Mal raste, wenn ich in diese blauen Augen sah. Er hatte es geschafft, dass ich pausenlos an ihn denken musste! Vierundzwanzig Stunden am Tag. Sobald ich morgens aufwachte, bis ich abends schlafen ging.

Mein Handy klingelte und spielte die Melodie von Pied Piper.

Oh nein.

Noch bevor ich zu meinem Bett herüberging, um auf mein Handy zu schauen, wusste ich bereits wer es war.

Jimin.

Er rief seit zwei Tagen ständig auf unserem Haustelefon an und mein Dad war langsam schon genervt. Dass ich nämlich gar nicht mit ihm reden wollte, war ihm völlig egal.

»Er besetzt die Leitung«, war seine Antwort, als ich ihn fragte, wieso er mir das antat. Verräter.
Mein Herz stolperte, als ich das Display anstarrte auf dem sein Name stand.

»Leg auf«, bat ich ihn leise. »Bitte leg auf.«

Ich kniete vor die Bettkante und vergrub meinen Kopf in der roten Bettdecke. Natürlich wollte ich rangehen und mir anhören, was er zu sagen hatte. Aber ich konnte es nicht. Was war, wenn ich ihn wieder anschreien würde? Was, wenn er nur anrief um mir zu sagen, dass er mich nie wiedersehen wolle?
Was, wenn die anderen Jungs jetzt auch keine Lust mehr auf mich hatten? Ich konnte mich diesem Gespräch nicht stellen. Es würde alles kaputt machen.

»Maaan«, stöhnte ich gedämpft in die Bettdecke und erhob mich vom Fußboden. 

Ich ging zu meinem Schreibtisch herüber wo der Laptop stand und fuhr ihn hoch. Schnell öffnete ich Skype und baute einen Telefonanruf zu Madison auf. Es dauerte eine quälend lange Zeit aber dann schaltete sich die Kamera an und vor mir saß meine beste Freundin.

»Ich vermisse dich so!«, riefen wir beide geleichzeitig und lachten.

»Ich muss dir so dringend etwas erzählen«, sagte ich und sah wie sie mit großen, neugierigen Augen auf ihrem Stuhl aufrichtete.

»Schieß los.«

Ich begann ihr von der Schlagzeile zu erzählen und auch von dem Interview, bis hin zu dem Filmabend und dem Moment in der Scheune. Madison unterbrach mich kein einziges Mal. Sie nickte nur, machte »Oh« und »Ah«-geräusche und rief aufgebracht: »So ein Schuft!«, als ich zu dem Teil mit Jimin kam.

Ich nickte. Endlich jemand der mich verstand!

»Und jetzt?«

»Jetzt ruft er mich ständig an.«

»Und du gehst nicht ran?« Sie wirkte entsetzt.

»Nein. Wieso, sollte ich?«

»Ja, natürlich! Du weißt doch gar nicht was er zu sagen hat.«

»Aber was ist, wenn es etwas Schlechtes ist?«

»Das glaube ich nicht«, beteuerte sie lächelnd. »Immer hat er dich gefragt, wen du am Meisten magst. Für mich klang das nach Eifersucht.«

Meine Augen wurden groß. Ähm, was?

»Bist du sicher?«

»Ja, total. Ist dir das wirklich nicht in den Sinn gekommen?«

»Nein.«

»Oh, Madison. Ohne mich bist du völlig aufgeschmissen.« Sie warf eingebildet die Haare zurück und lachte. »Pass auf.«

Ich nickte und sie fuhr fort: »Immer wenn Jungkook in der Nähe ist, verhält er sich seltsam.«

Wieder nickte ich also sprach sie weiter. »Und er reagiert anders auf ihn, weil er lieber die Zeit mit dir haben möchte.«

»Das glaube ich nicht! Er hat sich immer so scheiße benommen. Du kennst doch Jimin«

»Ja, natürlich! Wie kann man denn so blind sein?!« Sie schlug sich eine Hand auf die Stirn und schüttelte den Kopf. »Jimin wollte wissen wer dir ans Herz gewachsen ist, weil er hofft, dass es nicht Jungkook ist. Sonst wüsste er nämlich, dass er diesen Kampf längst verloren hätte.«

»Aber er ist es doch.«

»Das weiß er aber nicht, du Nuss! Und an deiner Stelle würde ich es ihm auch nicht sagen. Aber du solltest trotzdem mit ihm reden.«

Ich nickte verstehend. Jimin war eifersüchtig ... wie hatte ich das nicht sehen können?
Es klopfte an meiner Zimmertür und Dad steckte den Kopf hinein. 

»Es ist Besuch für dich unten«

»Ich komme gleich«, sagte ich und wandte mich wieder an Madison, während mein Dad wieder mein Zimmer verließ.

»Ich muss aufhören, aber ich wünschte du wärst hier.«

»Das wünschte ich auch.« Sie seufzte traurig. »Sechs Wochen sind einfach zu lange.«

»Ich bräuchte dich hier wirklich. Du scheinst als einzige den Durchblick zu haben.«

»Naja ... ich könnte einfach nach Seoul kommen? Die Sommerferien sind schrecklich langweilig hier ohne dich und ich habe genug zusammengespart, also -«

»Ja!«

Madison grinste. »Okay, dann rede ich mal mit meinen Eltern. Bis bald« Sie warf mir eine Kusshand zu und schaltete den Chat aus.

Ich klappte den Laptop zu und ging die Treppe nach unten, um zu sehen, wer mir einen Besuch abstattete. Aber als ich ihn auf halber Strecke sah, war ich gewollt wieder umzudrehen und zurück auf mein Zimmer zu verschwinden.

»Bitte lauf nicht wieder weg«, bat mich Jimin und kam einige Stufen zu mir nach oben.

»Was tust du hier?«, fragte ich leise, nicht sicher wie ich das finden sollte. Langsam lief ich Stufe für Stufe rückwärts wieder herauf, aber Jimin lief an mir vorbei und versperrte mir von oben den Weg, in dem er eine Hand an das Geländer legte und seinen Arm ausstreckte.

»Du gehst nicht an dein Telefon und ich muss einfach mit dir reden.« Er sah mich flehend an. 

»Bitte.«

»Ihr könntet in den Garten gehen«, flötete mein Dad aus der Küche und ich lief schlagartig knallrot an. Gleichzeitig warf ich ihm einen bösen Blick zu, was er natürlich nicht sah, da uns eine Wand trennte. Im Garten liefen wir eine Weile schweigend auf und ab. Obwohl ich schon einige Tage hier wohne, hatte ich diesen kleinen Hinterhof noch gar nicht betreten. Ich hatte nicht einmal Zeit gehabt mir Schuhe anzuziehen, da hatte Jimin mich schon hier rausgeschoben. 

Jetzt kitzelte das nasse Gras von dem strömenden Regen in der Nacht meine Füße. Ein großer Apfelbaum stand vor einem meterhohen Holzzaun und ein kleiner Teich befand sich in der einen Ecke, während zwei Liegestühle auf der anderen Seite des Gartens standen.

»Weswegen bist du hier?«, fragte ich Jimin und schob meine Hände in die Hosentaschen, sonst würden sie vermutlich seine Haare anfassen wollen, die ihm wuschelig ins Gesicht hingen.

»Ich will mich entschuldigen«, begann er leise und lehnte sich gegen den stämmigen Apfelbaum. 

»Was ich gesagt habe war nicht fair.«


Ich spielte mit den herabhängenden Ästen und versuchte ihn nicht anzusehen. Stattdessen begutachtete ich einen heranreifenden Apfel, obwohl ich dieses Obst nicht einmal mochte.

»Stimmt, war es nicht.«

»Es tut mir wirklich leid«, betonte er mit Nachdruck. »Du hattest Recht, als du sagtest, dass wir uns kaum kennen. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Irgendwie ist da eine Sicherung durchgebrannt, als ich ... Naja-«

Sofort fielen mir Madisons Worte wieder ein. Er war wirklich eifersüchtig? Wegen mir?

»Aber ich will auch, dass du weißt, dass es nicht noch einmal passieren wird.« Er versuchte zu Lächeln, aber ich konnte sehen, dass es nicht ganz ehrlich aussah.  »Wirklich. Du kannst rumhängen mit wem du willst. Auch mit Jungkook ... immer hin mögt ihr beide das Zeichnen.«

Moment, nein! Hatte er mir gerade einen Freipass für Jungkook gegeben?! 

»Jungkook und ich sind nur Freunde.« Und das stimmte doch wohl auch. Ich war mir ehrlich gesagt von dieser Aussage ziemlich sicher. Ich ließ die Hände sinken und ging langsam auf ihn zu. Noch immer lehnte er mit dem Rücken gegen den Baumstamm, aber als er mich auf sich zukommen sah, stieß er sich davon ab.

Du Idiot!, wollte ich ihn anschreien. Wer von uns beiden ist jetzt blind? »Also sind wir auch wieder Freunde?«, fragte ich und schlug mich innerlich selbst. Etwas Dümmeres hätte ich wirklich nicht fragen können.

»Ja, das sind wir.« Und ehe ich mich versah zog er mich in eine feste Umarmung. Sein Geruch stieg mir wieder in die Nase, als ich mein Gesicht in seinem T-Shirt vergrub. Wieso fühlte es sich so gar nicht nach Freundschaft an?

Jimin blieb noch eine Weile und wir schauten einen Film mit Popcorn. Dabei hielten wir für meine Wünsche zu viel Abstand ein. Aber ich glaubte auch, dass er Angst hatte alles wieder zu versauen. Warum war sowas nur so kompliziert?


Als Jimin und ich uns verabschiedeten und ich die Haustür hinter ihm schloss, kam mein Dad aus seinem Büro. Den Teil des Hauses kannte ich noch nicht. Aber ich wollte auch nicht schnüffeln, also ließ ich es.

»Ach übrigens, ich habe diesem Hoseok Bescheid gesagt, dass er dich am Montag zum Zeichenkurs bringt.« Der Zeichenkurs. Fast hätte ich es vergessen. Ich war eine der letzten, von denen das Bild genommen wurde. Und ich war stolz darauf. Jedoch nicht auf den Fakt, dass Jungkook auch da sein würde. Es kam mir komisch vor.

»Wolltest du das nicht machen?«, fragte ich verwundert.

»Ja, aber mir ist etwas dazwischengekommen.«
Alles klar, dann fuhr mich eben Jung Hoseok zur Uni.  Seitdem ich hier war, hatte ich schon merkwürdigere Sachen erlebt.

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