F Ü N F Z E H N

Ein Essen bei McDonalds und zwei Smoothies später sind wir wieder am Strandhaus.
Wir Mädchen liegen in der Sonne während die Jungs begeistert wie kleine Kinder im Meer planschen. Selbst Louis sieht vollkommen gelöst und entspannt aus, was auch Amy aufzufallen scheint, denn die liegt auf dem Bauch und starrt die ganze Zeit zu ihm rüber. Ich meine sogar zu sehen, wie er sie zwischenzeitlich anlächelt.
Lydia liegt neben Amy und die beiden scheinen mitten in einer Unterhaltung zu stecken. Lydias neue Strategie ist es, möglichst gut mit Amy auszukommen und so irgendwie Louis zu erreichen. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln, muss aber grinsen.
May erzählt mir leise, dass sie George ein „Tut mir Leid" geschickt hat und noch ein paar mehr entschuldigende Nachrichten, er bisher aber nicht geantwortet hat. Ihre Laune ist dementsprechend auf dem Nullpunkt, aber sie reißt sich relativ gut zusammen. Ich habe sowieso das Gefühl, dass sie es wie ein Profi beherrscht, einfach eine kalte Maske aufzusetzen. Ab und an sollte ich mir das vielleicht abgucken.

Es vergeht nicht viel Zeit, bis ich es in der Sonne nicht mehr aushalte. Ich liebe Sommer, wirklich, aber leider bin ich ein eher heller Hauttyp und verbrenne mich sehr schnell. Auch jetzt bin ich sicher, dass meine ganze hintere Seite krebsrot ist. Sitzen und liegen wird in nächster Zeit wahrscheinlich unheimlich schmerzvoll.
Ich sage den Mädels, dass ich mich abkühlen muss und stapfe mit großen Schritten durch den weichen Sand. Vorsichtig gehe ich mit den Füßen ins Wasser, um mich an die Temperatur zu gewöhnen. Unnötigerweise, denn das Wasser ist zwar erfrischend, aber angenehm warm. Bei der Hitze kein Wunder.
Langsam wate ich ins Wasser, bis ich plötzlich die volle Ladung abbekomme, mir ein Quietschen entfährt und eine Gänsehaut meinen Körper überzieht. Henry lacht laut und versucht dann wegzurennen. Nicht besonders schnell, da das Wasser ihm schon bis über den Bauchnabel reicht. Augen zu und durch. Ich tauche einmal ganz schnell bis zum Hals unter, komme wieder hoch und begebe mich dann auf Verfolgungsjagd. Dabei bewerfe ich Henry mit sämtlichen Algen, die um mich herum treiben. Lydia würde das eklig finden, aber mich stören eigentlich nur Quallen und diese gatschigen Unterwasserpflanzen, die sich anfühlen wie Glibber, wenn man auf ihnen steht. Henry dreht sich im Laufen um, um mir einen dummen Spruch zu drücken, aber bevor er auch nur den Mund aufmachen kann, lande ich einen Volltreffer in sein Gesicht. Nun bin ich es, die ihn auslacht und Louis stimmt mit ein, während Henry angewidert die Alge entfernt. Wow, Louis kann lachen? So richtig laut und herzlich? Gruselig. Meine Gedanken lenken mich ab, weshalb ich auch nicht bemerke, dass Henry sich mittlerweile angenähert hat und Flucht dann zu spät ist. Er greift unter meine Arme und Beine, sodass er mich einen Moment trägt wie eine Braut, die man über die Türschwelle heben will. Hoffentlich verrutscht mein Bikini nicht, denke ich noch, als ich mich schließlich im freien Fall befinde und dann im Salzwasser lande. Ich hätte mir auch nichts Besseres vorstellen können, als das Zeug in Augen, Mund, Nase und Ohren. Bäh.

Unter Wasser schnappe ich mir eine Ladung Schlamm und fange theatralisch an zu Husten als ich wieder auftauche, damit Henry ein schlechtes Gewissen bekommt. Erst lacht er, aber dann scheint er sich ernsthafte Sorgen zu machen.

"Livvy, ist alles in Ordnung?", fragt er und legt eine Hand auf meinen Rücken. In diesem Moment klatsche ich ihm den Schlamm voll auf die Brust.
Während er angewidert untertaucht, um das Zeug wieder abzuspülen, verlasse ich das Wasser, um seiner Rache zu entgehen.

"Ihr seid ja wie zwei kleine Kinder.", lacht Amy, aber sie meint es wohl nett, weil sie mich herzlich anlächelt.

"Henry ist ein Kind, ich passe mich nur an.", zucke ich mit den Schultern.

Wir brutzeln noch eine Weile in der Sonne, bis es langsam frischer wird, aber immer noch nicht kalt und die Sonne langsam untergeht.

Louis und May zünden ein Lagerfeuer an, während Henry Bier an uns verteilt. Bier ist eigentlich nicht so mein Ding, ich stehe eher auf das harte Zeug, aber so zum Entspannen und Erfrischen ist es eigentlich ganz angenehm.

Ich hole Marshmellows und Kekse, die wir auf Stöcker spießen, als das Feuer entfacht ist.

"Amy, erzähl' mal, wie war's eigentlich auf deiner alten Schule.", fragt Lydia. Ich verdrehe die Augen, weiß sie das nicht schon längst? Immerhin kennt sie das Buch doch auswendig.

"Oh.. na ja... eigentlich spreche ich da nicht so gern drüber."

"Wieso denn?", fragt Louis etwas zu schnell und versucht dann sehr offensichtlich sein Interesse zu verstecken. Idiot, er kann doch einfach offen zugeben, dass er auf sie steht, sieht sowieso jeder Blinde.

"Es war... Ich kam dort einfach nicht so gut klar. Die Mädchen waren von Beginn an nicht besonders freundlich zu mir und es gab auch niemanden, an den ich mich hätte wenden können. Irgendwann gab es da einen Jungen, sein Name war Carter. Er war so lieb zu mir und schien sich wirklich zu interessieren. Wir hatten so viele gemeinsame Interessen, auf jeden Fall dachte ich das. Er hat sich wirklich um mich bemüht und ich habe mich natürlich in ihn verliebt, wie hätte es auch anders sein sollen-", an dieser Stelle schnaubt Louis kaum merklich.

"Jedenfalls sind wir dann auch zusammen gekommen, ich war wirklich sehr glücklich, bis..."

"Bis?", drängelt Lydia.

"Bis wir schließlich, na ja, intim geworden sind. Das war etwa 3 Monate, nachdem wir zusammenkamen. Danach hat er... Er hat es allen erzählt und mich vor der ganzen Schule lächerlich gemacht. Am Tag danach haben alle gekichert, als sie mich gesehen haben und als ich zu ihm wollte, hat er mir ins Gesicht gesagt, dass ich eine wirklich lohnende Wette gewesen wäre, er hätte 50 Dollar gemacht, weil seine Kumpels der Meinung waren, er würde mich nie ins Bett kriegen. Tja, sie haben sich getäuscht, und ich wohl auch.", Amy ist nun ganz still, und obwohl das alles wieder mal total nach Klischee schreit, habe ich ehrliches Mitleid mit ihr.

"Wow, Süße, das tut mir wirklich leid.", meint Lydia und greift nach Amys Hand.

"So ein verdammter Wichser.", platzt es aus Louis heraus und wir sehen ihn alle erschrocken an. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen feuert er sein Bier in den Sand, steht auf und stapft nach unten ans Wasser. Alles klar, was für ein Abgang.

"Ich sehe mal nach ihm.", wendet sich Henry an mich und folgt seinem Kumpel. Er scheint Louis' Ausbrüche gewohnt zu sein.

"Was ist dem denn über die Leber gelaufen?", fragt May in die Runde.

"Keine Ahnung, was schon wieder sein Problem ist.", seufzt Amy traurig und an dem Punkt ist mir das zu viel Blindheit aufeinmal.

"Mein Gott, was glaubt ihr denn. Weil er auf dich steht.", sage ich und alle drei Augenpaare liegen auf mir. Amy läuft feuerrot an.

"Was? Louis will doch nichts von mir, wie kommst du auf sowas?"

"Weil er ständig so austickt, wenn es um dich geht und weil er dich immer so ansieht. Das kann doch jeder sehen."

"Da ist was dran, mir ist auch schon öfter aufgefallen, wie ihr euch anschaut.", meint May. Lydia sagt nichts, sie ist wahrscheinlich gerade sauer, weil ich ihr die Tour vermassele.

"Das hat doch nichts zu bedeuten, Louis erstickt jedes Anzeichen von Zuneigung immer wieder in Keim."

"Worauf spielst du an? War da was?", May platzt nun vor Neugier und auch ich bin etwas gespannt.

"Nicht direkt, also... Wir kamen uns schon einige Male näher, zumindestens hab ich das so empfunden. Er war dann plötzlich ganz gelassen und sanft und hat oft gelächelt. Aber es war jedes Mal, als würde sich ein Schalter umlegen. Von einer Minute auf die Andere war er plötzlich total kalt und hat mich dumm angemacht. Auf der letzten Party ist er dann sogar mit irgendeinem Mädchen abgehauen. Also nein, er will wohl nichts von mir und es wäre mir sehr lieb, wenn wir aufhören könnten, darüber zu reden, weil die Jungs erstens jeden Moment zurückkommen könnten und zweitens fällt es mir schon schwer genug, nicht in so einer Art und Weise an ihn zu denken."

"Also willst du was von ihm?"

"May, bitte, stop. Das Thema ist durch."

"Aber-"

"Pscht, sie kommen."

In diesem Moment tauchen die Jungs wieder auf. Henry ist gut gelaunt wie immer, aber Louis sieht einfach nur gereizt aus.

"Mir geht's nicht so toll, hab mir wohl den Magen verdorben, ich gehe ins Bett.", sagt er und verschwindet dann ohne Weiteres im Haus. Wow, Glanzleistung.

Amys Miene verdüstert sich sofort und ich sehe ihr an, dass sie ihm gern nachgehen würde, aber mit sich kämpft.

Henry versucht die Stimmung mit ein paar dummen Sprüchen wieder aufzulockern und das gelingt ihm auch nach einer Weile, außer vielleicht bei Amy. Wir trinken weiter Bier, essen Marshmellows und erzählen uns irgendwelche Stories, über die wir laut lachen.
Als es schon stockdüster ist, gehen May, Lydia und Amy nach drinnen, um zu schlafen (wobei Amy bestimmt eher zu Louis ins Bett kriecht), während Henry und ich noch am Feuer sitzen bleiben. Wir sind leicht angetrunken und essen die Kekse mittlerweile pur.
Das klingt vielleicht komisch, aber es fühlt sich total angenehm an, wieder mit Henry alleine zu sein. Zu sechst ist mir das zu viel Trubel, weshalb ich mich auch schon darauf freue, wieder Zuhause zu sein und meine Ruhe zu haben. Wenn man das denn Zuhause nennen kann.

Jedenfalls hat Henry einfach eine furchtbar beruhigende Art, wenn er nicht gerade schlechte Witze reißt.

"Und Livvy, hast du irgendwelche merkwürdigen Exfreunde vorzuweisen?"

"Oh Gott, wo soll ich da nur anfangen?"

"So schlimm?"

"Nein, geht eigentlich in Ordnung."

"Na dann leg los."

"Gut. Meinen ersten Freund hatte ich mit 13. Das war aber nur Händchenhalten und Küssen. War in dem Alter für mich natürlich die große Liebe. Den nächsten hatte ich mit 15 und das ist seit einem Jahr vorbei."

"Hey, dann hattet ihr immerhin eine langwierige Highschool-Beziehung."

"Lang? Vielleicht im Vergleich zu den Anderen."

"Und hattet ihr Sex?"

"Henry!"

"Ich frag doch nur."

"Ja, wir hatten Sex."

"Schade, ich finde Jungfrauen anziehend."

"Du wärst so oder so nie in den Genuss gekommen."

"Das sagst du jetzt noch, aber irgendwann, in einem schwachen Moment..." Ich boxe ihm gegen den Arm.

"Träum weiter, Henry.", als ich ihn ansehe, liegen seine Augen ebenfalls auf mir. Es liegt so viel Zuneigung in seinem Blick, dass mir ganz warm wird.

"Wie hat es geendet?", wendet er den Blick ab. Vielleicht hat er die seltsame Atmosphäre auch bemerkt.

"Ach, nicht so dramatisch wie bei Amy. Er hat mit mir Schluss gemacht, weil er wohl keine Gefühle mehr hatte. Im ersten Moment ist für mich natürlich die Welt zusammengebrochen, aber mittlerweile bin ich cool damit.

"Was für ein Idiot.", sagt Henry ernst und nimmt ein Schluck von seinem Bier.

"Und bei dir? Wie viele Verflossene hast du?"

"Zählen die aus dem Kindergarten?"

"Nein, die zählen nicht."

"Mhm, dann tatsächlich nur eine. Das war letzten Sommer. Wir haben beide in der Frittenbude am See gejobbt. Uns hat wahrscheinlich die Luft der Fritteuse benebelt, jedenfalls war es nach dem Sommer vorbei."

"Oha, dann bist du also unerfahren."

"Livvy, nur eine Beziehung gehabt zu haben, heißt nicht gleich unerfahren zu sein."

"Ach nein? wie viele Erfahrungen hast du denn schon gemacht?"

"Genug, Livvy, genug."

"Also bist du jetzt ein richtiger Master of Love?", will ich ihn necken.

"Das musst du schon selbst herausfinden."

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