7. 𝔎𝔞𝔭𝔦𝔱𝔢𝔩
*Jace*
„Du machst mich verrückt! Setz dich endlich hin!", kommandierte Josi genervt. „Egal wie oft du hin- und her rennst, dadurch vergeht die Zeit nicht schneller."
„Vielleicht hat er Flöhe.", grinste Alec. Jace warf den beiden einen kurzen Seitenblick zu, ehe er sich auf einen Stuhl sinken ließ.
„Bereust du deine Entscheidung schon?", wollte Alec wissen und zupfte an seinem Verband herum. Josi gab ihm daraufhin eins auf die Finger.
„Ich muss nichts entscheiden. Es ist ihre Wahl." Keine sehr faire Wahl, zugegeben. Sie konnte nur verlieren, doch das war ihm egal.
„Ich verstehe immer noch nicht, wie du ausgerechnet auf diese Bedingung gekommen bist. Du behandelst sie wie einen Gegenstand!" Josi war überhaupt nicht glücklich, doch er ersparte sich eine Rechtfertigung.
Alec kannte die Einzelheiten. Mehr noch, er war an diesem Desaster überhaupt schuld! Er und seine Idee, seine Worte, die Jace seit 3 Tagen nicht mehr losließen.
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„Mach es nicht so kompliziert. Du willst keinen Krieg, niemand aus Ilargia wird den wollen. Sie werden also alles tun, was du von ihnen verlangst."
„Und?"
„Und? Du solltest endlich mal an dich denken! Daran, was du brauchst. Fällt dir da wirklich nichts ein?"
Als Jace weiterhin schwieg, fuhr Alec leise fort: „Seit du das Rudel übernommen hast, bist du ständig eingespannt. Du kommst nicht zur Ruhe und du hast nichts, um deinen Stress abzubauen - weder seelisch, noch körperlich. Versteh mich nicht falsch, ich weiß was alles los ist und dass du viel um die Ohren hast. Aber was glaubst du, wie lange du das noch durchhältst?" Das Sprechen strengte ihn sichtbar an.
„Soll ich mir einen All-Inclusive-Urlaub wünschen?"
„Nein. Ich würde vorschlagen, dass du dir etwas wünschst, dass dir dauerhaft guttut."
„Und was wäre das?"
„Jemand, bei dem du regelmäßig alles um dich herum vergisst. Die einzige Person die ich kenne, die es schafft dich aus der Fassung zu bringen - erst heute wieder. Sogar mehrfach."
„Hast du nichts gegen dein Fieber bekommen? Oder halluzinierst du immer noch?", entgegnete Jace langsam verärgert. Alec lächelte nur erschöpft.
„Du kannst es nicht abstreiten. Glaubst du, uns ist nicht aufgefallen wie du sie ansiehst? Dass du von den Ratssitzungen kaum etwas mitbekommst, wenn sie arbeitet? Oder deine Blicke, sobald es jemand wagt mit ihr zu flirten? Calebs Erzählungen sind da nur das i-Tüpfelchen." Ein feiner Schweißfilm bedeckte seine Oberlippe, doch er war noch nicht fertig: „Du hast dich heute an keine Absprache gehalten, als du den Vampir bei ihr gesehen hast. Du warst außer dir vor Wut."
„Natürlich war ich das! Was denkst du, wie der Rat auf ein weiteres Opfer reagiert hätte?"
„Du hast ein Gebäude beschädigt und die halbe Stadt erschreckt, mit deinem Gebrüll. Das lag nicht an deiner Sorge um den Rat! Deine Miene, als du bemerkt hast, dass sie lebt, hat Bände gesprochen. Und wie du sie betrachtet hast, als sie in deinen Armen lag ... Ich bin nicht blind. Die anderen auch nicht."
Alec hatte recht: Es war sinnlos es abzustreiten. Spätestens heute hatten alle mitbekommen, was für einen Sturm Kathe in ihm auslöste. Natürlich würde es sich im Rudel herumsprechen. Und dennoch war es immer noch seine Angelegenheit.
„Verrätst du mir endlich, worauf du eigentlich hinauswillst?", knurrte er seinen Freund an.
„Ganz einfach: Verschone die Stadt - im Austausch gegen Kathe."
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Jace war völlig überrumpelt und wusste zunächst nicht, was er zu diesem Vorschlag sagen sollte.
„Was soll ich mit ihr? Was soll sie hier?" Er blieb vor dem Bett seines Freundes stehen und sah verärgert auf ihn hinab.
„Wenn du das nicht weißt, kann ich dir auch nicht helfen." Alec war immer noch kreidebleich und inzwischen hatte sich auch ein Schweißfilm auf seiner Stirn gebildet.
„Du solltest dich ausruhen und schlafen. Offensichtlich bist du nicht bei klarem Verstand!" Entschieden wandte er sich ab, kehrte seinem Beta den Rücken zu und ging auf die Tür zu. Das Gespräch war eindeutig beendet.
„Als du sie auf dem Arm hattest, hat sich dein Herzschlag ihrem angepasst."
Jace verharrte mitten in der Bewegung, die Hand auf der Türklinke.
„Ich habe es gehört, bevor der Schuss fiel. Wir alle haben es gehört." Alec schwieg einen kurzen Moment und ließ ihm Zeit, die Botschaft zu verdauen. „Weißt du was passiert, wenn das die falschen Leute erfahren?"
Jace spürte den brennenden Blick seines Freundes im Rücken, drehte sich jedoch nicht zu ihm um. Er wollte gar nicht daran denken, worauf sein Beta anspielte.
„Du kannst weiterhin so tun, als würden wir uns alle täuschen. Aber ich garantiere dir: Andere werden es ernst nehmen! Sie suchen nach einer Gelegenheit wie dieser und sie werden vor nichts zurückschrecken." Er rang erschöpft um Atem und seine nächsten Worte waren kaum mehr als ein Flüstern: „Ilargia wird tun, was immer du verlangst Jace. Denk darüber nach."
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Und das hatte er getan. Nun saß er hier und war dazu gezwungen, auf Kathes Entscheidung zu warten. Er hasste es. Je mehr Zeit verstrich, desto mehr nagten Zweifel an ihm: War das wirklich eine gute Idee gewesen? Wie würde sie sich entscheiden? Würde er seinen Plan durchziehen, sollte sie ablehnen? Wieso hatte Alec ihm nur solche Flausen in den Kopf setzen müssen? Und Josi war auch keine Hilfe.
Das Rudel hatte entsprechend ähnlich reagiert. Natürlich hatte sich schnell herumgesprochen, welche Bedingung er der Stadt gestellt hatte. Und die Reaktion der anderen ließ sich treffend mit einem Wort beschreiben: Fassungslosigkeit.
Nicht das es jemand gewagt hätte, seine Entscheidung offiziell in Frage zu stellen. Er war immer noch Alpha und das nicht ohne Grund. Stattdessen gingen ihm alle aus dem Weg. Vielleicht auch, weil er die letzten Tage unausstehlich gewesen war. Er spielte mit dem Feuer und wusste nicht, ob er sich diesmal verbrennen würde. Diese Situation brachte ihn langsam an seine Grenzen.
„Colin behält sie im Auge.", versuchte Alec ihn zu beruhigen, als hätte er seine Gedanken erraten. „Und Carola hat auch Männer positioniert. Sie kann nicht weg und bisher hat sie es auch nicht versucht."
„Tut sie euch denn überhaupt nicht leid?", wollte Josi fassungslos wissen.
„Nein." Jace war sich bewusst, dass die Situation für Kathe nicht leicht sein würde. Doch streng genommen diente es vor allem ihrem Schutz. Obwohl er selbst natürlich auch seine Vorteile daraus zog. Diese Bedingung war keineswegs uneigennützig.
Vielleicht wäre es anders gekommen, wäre er ihr bei ihrer letzten Begegnung nicht so nahe gekommen. Doch diese Begegnung hatte sein Verlangen geschürt und seine Fantasie angeheizt. Es gab nicht viel was er jemals wirklich wollte, was seine Selbstbeherrschung bröckeln ließ, seine Vorsicht ins Wanken brachte, seinen Geist so vereinnahmte oder seinen Körper derart unter Strom setzte. Aber Kathe ... Sie stellte alles andere weit in den Schatten. Und die Vorstellung sie zu sich zu holen - sie sehen, hören und fühlen zu können, wann immer ihm danach war -, gefiel ihm ungemein.
Er hatte lange darüber nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass er ihr gegenüber nicht fair sein wollte. Entschied sie sich für ihn, würde Ilargia einem Krieg entgehen. Entschied sie sich gegen ihn, würde das Rudel seine Rache bekommen. Und er würde sich Kathe einfach holen. Sie würde ihm gehören, freiwillig oder nicht.
„Versteh mich nicht falsch Jace, ich finde es schön, dass du dich für sie interessierst. Aber denkst du wirklich, das ist der richtige Weg?", versuchte Josi weiterhin auf ihn einzureden. Sie gehörte zu seinen engsten Vertrauten, aber sie würde es niemals wagen so vor dem Rudel mit ihm zu sprechen. Das schätzte Jace an ihr.
„Was willst du eigentlich? Es ist doch sowieso schon zu spät.", erwiderte Alec. „Ihre Frist ist gleich um. Wir sollten langsam gehen."
Darauf hatte Jace nur gewartet und sprang ungeduldig wieder auf die Beine. Josi schüttelte entnervt den Kopf.
„Versuch wenigstens dich in ihre Lage zu versetzen!", rief sie ihnen nach, als er mit Alec den Besprechungsraum verließ, doch ihre Worte drangen schon nicht mehr zu ihm durch. Zu lange hatte er auf diesen Moment warten müssen.
Er wusste nicht, wann er zuletzt so angespannt gewesen war. Er bekam nicht einmal mit, wie schnell sie den Weg in die Stadt zurücklegten, oder wie Alec Colin mitteilte, dass dieser gehen konnte. Stattdessen blieb er auf Distanz, fixierte ihr Haus und suchte die Fenster nach einer Bewegung ab.
Alec schlich sich wesentlich näher heran, damit er im Notfall eingreifen konnte. Die Gefahr, dass sie doch noch floh oder jemand etwas Dummes tat, bestand nach wie vor. Jace wollte einfach auf alles vorbereitet sein.
Die Zeit verstrich quälend langsam und es fiel ihm immer schwerer, sich zurückzuhalten. Er wollte sie sich holen, jetzt sofort. Er wollte ihren Duft einatmen, sich in ihren himmelblauen Augen verlieren, ihre melodische Stimme hören. Er wollte diese verführerischen Lippen kosten, ihre weiche Haut liebkosen, jeden Zentimeter ihres Körpers erkunden. Sein Mund wurde trocken und er spürte, wie sich eine andere Körperregion regte.
„Es tut sich was.", riss ihn da Alec aus seinen Gedanken und die Haustür ging auf.
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