39. 𝔎𝔞𝔭𝔦𝔱𝔢𝔩
Für dark-soul_girl
♡ Weil du ein 10tes Mal geguckt hast. ♡
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Verfasser Unbekannt
*Jace*
„Lass dir ruhig Zeit Jace. Du hast noch 7 Minuten." Die Schadenfreude war ihr deutlich anzuhören.
Es war einfach nicht möglich: Kathe hatte den Raum nicht verlassen und doch war sie nicht hier. All seine Sinne sagten ihm, dass hier etwas nicht stimmte und auch Josis zufriedenes Gesicht bestätigte ihm, dass er in eine Falle getappt war.
Erneut tigerte er vor dem Regal herum, das ihren Geruch zu verbergen schien und untersuchte es genauer. Es war ein Regal wie jedes andere in diesem Raum, eingelassen in die steinerne Wand. Einige Bücher wackelten bereits, da er nicht gerade sanft daran herumzog. Es rührte sich nicht. War es die Wette wert, die Regale auseinander zu nehmen?
„6 Minuten." Josi saß auf dem Kanapee und begutachtete ihre Fingernägel. „Also ja, Kathlyn ist klein und zierlich. Aber in ein Buch passt sie nicht. Hinter ein Buch auch nicht und ins Regal habe ich sie nicht gestellt. Ich will dir keine Vorschriften machen, aber vielleicht suchst du mal woanders?"
Sie hatte Recht, die Zeit lief. Mit einem Knurren verließ er den Raum und stürmte in den Nächsten. Wenn er sich auf seinen Geruchssinn schon nicht verlassen konnte, dann zumindest auf seine Augen. Und er würde die verdammte Wolfshöhle auf den Kopf stellen, bis er sie fand! Und danach würde er herausfinden, wie sie das angestellt hatte!
Sämtliche Rudelmitglieder sprangen aus dem Weg. Auf den Gängen hatte sich eine Traube gebildet und alle beobachteten sein Tun, während er Etage für Etage absuchte. Auch andere hielten Ausschau nach Kathe, doch er achtete nicht auf sie. Er hatte geschworen, keine fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen und er würde sich daran halten. Inzwischen war es ihm auch egal, ob er die Wette gewann oder nicht. Er wollte nur wissen, ob Kathe überhaupt noch hier war und wie sie und Josi das gemacht hatten.
„Also ich rieche sie zu schwach, als dass sie noch hier sein könnte." Caleb beobachtete, wie er sogar hinter den Tischen im Speisesaal nachsah. „Ist sie schon wieder davon gelaufen?"
„Nein, die beiden spielen verstecken." Josi lehnte in der Tür und verkniff sich ein breites grinsen. Zumindest, wenn er sie ansah. „Und wie es aussieht, wird Kathe gewinnen."
„Gegen Jace? Unmöglich."
„Natürlich. Ihr Alphas seid schließlich unschlagbar. Obwohl, warte: Noch 20 Sekunden."
Jace hielt inne und dachte nach. Er hatte alle Etagen auf den Kopf gestellt, einschließlich dieser. Es fehlte eigentlich nur noch ... Abrupt drehte er sich um und marschierte auf eine Tür zu, die in letzter Zeit selten benutzt wurde. Sie war noch immer verschlossen und nur wenige Rudelmitglieder hatten einen Schlüssel. Einschließlich Josi.
Ein wenig ärgerte er sich, dass er nicht eher darauf gekommen war. Dann kramte er seinen Schlüssel heraus und schloss die Tür auf.
„Was will sie bitte da unten?", murmelte Caleb.
„8 Sekunden.", flötete Josi. Er hatte sie lange nicht so gut gelaunt erlebt, als er die Tür aufschwang. Kühle, abgestandene Luft schlug ihm entgegen, als er sich allein auf den Weg in das Kellergewölbe machte. Auch hier unten war alles aus Stein – Wände, Boden, selbst die Decke. Es gab einen Vorratsraum, hauptsächlich für Wintervorräte, den sie jetzt bald wieder füllen würden. Und es gab eine Art Verließ. Letzteres wurde mehr als selten benutzt.
„3 Sekunden." Jace konzentrierte sich und nahm einen tiefen Atemzug. Er roch Moder, Stein, etwas Verfaulendes und einen zarten Duft, der eine Welle der Erleichterung in ihm auslöste.
„Die Zeit ist um." Vermutlich führte sie nun ein Freudentänzchen auf.
Schnellen Schrittes folgte er dem Geruch in Richtung Zellen. Es gab insgesamt sechs Stück und natürlich waren es keine gewöhnlichen Zellen. Jede einzelne war durch zusätzliche Steine verstärkt worden. Selbst wenn sich ein Gefangener verwandelte, kam er dort nicht weg. Die Türen bestanden aus dickem, massivem Holz und hatten ein kleines Gitter aus Silberstäben eingelassen, sodass man sehen konnte was der Gefangene tat. Auch war eine Kette an der Wand angebracht worden, die mit einer Schelle um das Handgelenk des Gefangenen befestigt wurde. Die Kette ließ gerade so viel Spielraum, wie der Gefangene benötigte. Noch niemanden war es bisher gelungen diese besondere Stahlmischung zu zerreißen, die Mike erfunden hatte.
In jeder Zelle befanden sich eine Pritsche als Bett und eine Campingtoilette. An der Decke hing eine nackte Glühbirne. Außerdem war für den Notfall eine Sprinkleranlage verbaut. Diese sprühte ein Gemisch aus Eisenhut (Wolfswurz) und noch ein paar anderen Sachen, die einen Werwolf außer Gefecht setzen konnten.
Es gab keine Fenster. Jace bewegte sich lautlos in der völligen Dunkelheit, die hier unten herrschte. Und obwohl er den Geruch von Ruß wahrnahm, saß auch Kathe in völliger Dunkelheit auf der Pritsche in der letzten Zelle.
„5 Sekunden.", raunte er und sie zuckte zusammen und fuhr zu ihm herum. Er hätte nur 5 Sekunden mehr Zeit gebraucht, um die Wette zu gewinnen.
„Oh." Unsicher stand sie auf. Ihre Augen tasteten die Dunkelheit nach ihm ab und er trat dicht vor sie.
„Nur 5 Sekunden.", wiederholte er und betrachtete ihre Lippen. Nun tat es ihm leid, dass er nicht schneller gewesen war.
„Es ist schwierig die Zeit einzuschätzen, wenn man ohne Uhr in völliger Dunkelheit sitzt.", murmelte sie verlegen, als würde sie seinen Blick spüren. „Aber das ist vermutlich der Sinn von diesem Ort."
Gedankenverloren rieb sie sich die Arme. Sie trug nur ein T-Shirt und er sah die Gänsehaut, die sich auf ihren Armen gebildet hatte. Prüfend strich er über ihre kühle Haut. Hier unten war es immer recht frisch, was einen Werwolf nicht weiter störte. Doch für einen Menschen ...
„Jetzt?" Kathe klang nervös und verunsichert. Sie zwang sich, ruhiger zu atmen, doch ihr Herz schlug immer schneller. Jace begegnete ihrem fragenden Blick, konnte ihren Gedanken jedoch nicht folgen. Und als sich ihre Hände auf seine Brust legten, versuchte er es auch nicht weiter.
Plötzlich war die Luft regelrecht aufgeheizt. Er hätte irgendetwas tun oder sagen können, um die Stille zu durchbrechen, um die Situation zu lockern. Stattdessen war sein Kopf vollkommen leer. Er nahm nichts anderes wahr, als das Mädchen vor ihm. Da war nur sie, nur ihre Berührungen, nur ihre wunderschönen Augen, die beinahe ängstlich zu ihm aufsahen.
Langsam glitt ihre Hand seine Brust hinauf zu seinem Nacken, wanderte seinen Hals weiter aufwärts und umfasste seine Wange. Bei ihrer sanften Berührung seufzte er unwillkürlich auf und sein Gesicht schmiegte sich gegen ihre warme Handfläche. Die andere Hand vergrub sich in seinem Shirt und zog daran, als bräuchte sie den Halt. Seine Hände hatten sich ganz von selbst um ihre Taille gelegt.
Sie zögerte, bevor sie sich schließlich auf die Zehenspitzen stellte. Ihr Körper lehnte sich gegen seinen, ihr Gesicht reckte sich ihm entgegen und ihre Augen schlossen sich. Ohne nachzudenken beugte er sich zu ihr. Er war gerade dabei, ihre süßen Lippen in Empfang zu nehmen, als das Licht eingeschaltet wurde.
„Warum steht ihr im Dunkeln?" Josi lugte zur Zelle herein und riss die Augen auf, als sie die beiden entdeckte. Kathe war zurückgewichen und blinzelte verwirrt, doch sie hielten einander noch immer fest.
„Oha.", gluckste Caleb und das Licht ging wieder aus. „Macht ruhig weiter. Wir nehmen die Zelle neben euch."
„Hast du ihr erzählt, sie hätte verloren?", zischte Josi erbost und er spürte, wie sich Kathe versteifte. Nun wurde ihm bewusst, was gerade geschehen war. Doch Jace bereute nur, dass die beiden nicht 5 Sekunden später gekommen waren.
„Soll das heißen ...?" Er sah, wie Kathe rot anlief und schockiert zu ihm aufsah. Es war nur ein flüchtiger Kuss gewesen, kaum mehr als ein sanftes streichen über seine Lippen. Doch sie hatte ihn geküsst. Entrüstet ließ sie ihn los, als hätte sie sich verbrannt, und schüttelte seine Hände ab. „Wie konntest du nur?"
„Wie konnte ich was? Ich habe nichts getan." Er warf einen verärgerten Blick zu Josi und Caleb. „Leider."
„Du hast mich glauben lassen, dass mir nur noch 5 Sekunden gefehlt hätten!"
„Das habe ich nicht gesagt Kathlyn. Aber vielleicht wolltest du es so interpretieren."
Ihre Augen weiteten sich. Dann wandte sie sich laut schnaubend von ihm ab und marschierte auf die Wand zu. Er hielt sie fest, bevor sie dagegen rannte, und hob sie hoch.
„Sieh sie dir an Liebes.", hörte er Caleb hinter sich feixen, als er mit der tobenden Kathe im Arm die Treppen hoch stieg. „Erinnern sie dich nicht auch an uns?"
„Solltest du dich nicht lieber auf deine Ratssitzung vorbereiten?" Sie begegnete stur Jace' Blick, der sie unverwandt ansah. „Es war kein Teil der Abmachung, dass ich dir sage, wie ich es gemacht habe. Es war keine Magie im Spiel, falls es darum geht. Nur ein Trick, den ich dir nicht verraten werde!"
„Wie du möchtest!" Er verfluchte ihre Sturheit. „Dann will ich mich mal an meinen Teil der Abmachung halten."
Postwendend marschierte er ins Schlafzimmer. Er war absolut unzufrieden mit diesem Tag. Erst Erics Angriff, dann Calebs Beanspruchung, jetzt gewann Kathe die Wette und in wenigen Stunden begann die Zeremonie für Amos und Leo. Wenn er wenigstens wüsste, wie sie es geschafft hatte. Was er übersehen hatte. Doch eines stand fest: Er konnte sie unmöglich nach Ilargia lassen. Nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Nicht ohne zu wissen, was Frumos plante oder was Claus vorhatte.
Als er zurückkam stand Kathe an der Glasfront und sah auf den See hinaus. Sie drehte sich zu ihm, als sie ihn hörte und er reichte ihr einen Gegenstand.
„Bitteschön."
Perplex nahm sie den Bilderrahmen an sich. Es war das Foto aus ihrem Zimmer, das auf ihrer Kommode gestanden hatte. Jace hatte es mitgenommen, als er den Brief in ihrem Zimmer deponiert hatte. Auf dem Foto waren ihre Eltern abgelichtet.
„Das ... Du kannst nicht ... Das war nicht ausgemacht!" Kathe war bleich geworden.
„Schaffst du es, darfst du deine Eltern sehen. Doch sollte ich dich finden werde ich dir einen Kuss stehlen, den du nie wieder vergessen wirst.", erinnerte er sie.
„Ja, aber ich dachte ..." Sie sah aufgelöst zu ihm auf. „Ich dachte, ich dürfte meine Eltern besuchen. Und nicht, dass ich sie mir auf einem Foto ansehen darf."
„Vorerst wird das Foto deine Sehnsucht stillen müssen. Momentan sind mir die Risiken für einen Besuch in Ilargia zu hoch."
Sie betrachtete das Foto erneut und drückte es anschließend an ihre Brust. In ihrem Gesicht konnte er die Enttäuschung deutlich sehen.
„Sobald Beth und Martin Entwarnung geben, lasse ich mir etwas einfallen.", versprach er sanfter.
„Entwarnung weswegen? Wegen diesem Ratsmitglied? Hetzt er immer noch Ilargia gegen euch auf?"
„Er hat seine Ratsposition verloren, nachdem er das Abkommen gebrochen hat. Nun sucht er nach Möglichkeiten das Abkommen aufzulösen."
„Na ja, mir gingen die ganzen Regeln auch immer auf die Nerven."
„Die Regeln dienen zu eurem und unseren Schutz, Kathlyn."
„Ach ja? Wie die Regel, dass wir Menschen keinerlei Kontakt zu euch haben dürfen?" Kathe schnaubte missbilligend auf. „Weißt du, Emmely hat mal gesagt, das Abkommen würde beweisen, dass ein harmonisches Zusammenleben zwischen Menschen und Wölfen möglich ist. Man würde sich helfen, sich unterstützen und sich respektieren. Aber das stimmt nicht. Wir wurden immer von euch abgeschirmt und die ganzen Gesetze sind eigentlich nur dazu da, uns voneinander fern zu halten."
„Ja, inzwischen ist es so.", gab Jace zu und sie sah ihn überrascht an. „Früher gab es diese ganzen Gesetze nicht. Das Abkommen hatte eine ganz andere Bedeutung. Es hatte noch seine ursprüngliche Bedeutung. Wölfe und Menschen vertrauten einander nicht nur, sie waren sogar befreundet. Die Beziehung zwischen den Rudelmitgliedern von Iluna und den Menschen aus Ilargia war einzigartig – bis wir entdeckten, dass unser Vertrauen missbraucht wurde. Um das Abkommen zu retten, als Kompromiss, wurden diese Gesetze erlassen."
„Das ist traurig, aber es ist 80 Jahre her! Die Menschen haben sich geändert. Die Bewohner sind ganz andere als damals. Ihr braucht euch nicht zu wundern, dass die Menschen aus Ilargia euch gegenüber misstrauisch und feindselig sind, oder das Abkommen auflösen wollen. Sie kennen euch ja gar nicht. Sie verbinden euch nur mit sinnlosen Regeln und Gesetzen. Und mit Strafen. Vielleicht wird es Zeit, die Gesetze wieder zu ändern."
„Die Menschen haben sich nicht geändert Kathlyn. Ja, vor 80 Jahren gab es Krieg. Doch dann folgten über 60 Jahre Frieden. Über 60 Jahre Freundschaft."
„Das würde bedeuten, dass dieser Vorfall erst 20 Jahre her ist."
„Richtig. Er ist 16 Jahre her."
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