14. 𝔎𝔞𝔭𝔦𝔱𝔢𝔩

Verfasser Unbekannt

*Kathlyn*

Ich saß wieder in meine Decke eingekuschelt auf der Couch, als Alpha Blauauge aus dem Bad kam. Er trug nichts weiter als ein Handtuch um die Hüfte und ich wusste, dass ich die Augen aufriss.

Es war nicht so, dass ich nicht schon muskulöse Körper gesehen hätte. Taylor war regelmäßig ins Fitnessstudio gegangen, was man auch sah. Und Thea wollte oft genug Zeitschriftenbilder mit mir auswerten, in denen regelmäßig halbnackte, muskulöse Männer abgebildet waren. Doch dieser Anblick hier ...

Seine breite, muskulöse, feste Brust stach mir als erstes ins Auge. Dann glitt mein Blick tiefer und dieser Waschbrettbauch hätte jedem den Atem verschlagen! Er war mehr als gut definiert und schien nicht einen Gramm Fett zu haben. Seine Hüften waren schmal, sodass er die perfekte V-Form hatte. Eingerahmt wurde dieser Eindruck von zwei sehr muskulösen, dicken (nicht zu dicken), gut definierten Oberarmen. Auch seine Unterarme waren kräftig und ließen seine Sehnen und Adern hervortreten.

Es schien an diesem Mann nichts zu geben, dass nicht vor Kraft strotzte. Dazu noch das feuchte, verstrubbelte, dunkelbraune Haar, oder seine extrem funkelnden Augen ... (Wahrscheinlich funkelten diese Augen deshalb so sehr, weil ich ihn so anstarrte.) Meine Güte!

„Schön, dass dir die Aussicht gefällt." Sein Blick traf auf meinen und ich bemerkte das amüsierte Lächeln auf seinen Lippen. Nun wurde es mir peinlich. Mochte ja sein, dass er mich vorhin auch unverhohlen gemustert hatte, aber jetzt war ich keinen Deut besser. Anstatt seinen Körper zu bewundern sollte ich mir lieber vor Augen führen, wie tödlich dieser Körper war. Geschaffen um zu töten, genauer gesagt.

„Ehrlich gesagt bin ich enttäuscht.", gab ich herablassend zurück und er lachte und sah an sich hinab, als könne er das nicht glauben. „Hättest du unter der Dusche nicht ausrutschen, und dir den Kopf aufschlagen können?"

„Und ich dachte schon du bist enttäuscht, weil ich ein Handtuch um habe. Und nur als Tipp fürs nächste Mal: Du wärst wesentlich überzeugender, wenn du vorher nicht sabbern würdest." Er grinste diabolisch, während ich rot anlief.

„Ich habe nicht gesabbert! Und es gibt kein nächstes Mal!", brüllte ich ihm nach, als er selbstgefällig im Schlafzimmer verschwand. Er hatte mich nur überrumpelt. Eines jedoch hatte mir der Anblick seines Körpers deutlich gezeigt: Ich hätte nicht den Hauch einer Chance, sollte er es darauf anlegen.

Es dauerte nicht lange, da kam er zurück. Diesmal trug er ein hellblaues T-Shirt und eine frische Jeans. Er lief direkt zur Tür und hielt sie auf. „Komm. Es wird Zeit, dass du die Abläufe in der Wolfshöhle kennenlernst. Das Rudel isst zusammen im Speisesaal. Das ist der Raum, in dem du dich gestern versteckt hast. Wobei mir einfällt: Muss ich dir Josis Schuhe wegnehmen? Oder schaffst du es heute, in der Wolfshöhle zu bleiben?" Wolfshölle trifft es wohl eher.

„Ich verspreche nichts."

„Dann verspreche ich dir jetzt etwas: Solltest du noch einmal weglaufen, wird das diesmal Konsequenzen haben. Und die werden dir nicht gefallen." Oh, daran ließ sein Blick auch keinen Zweifel. „Kommst du nun? Oder soll ich dich tragen?"

„Nein!" Widerstrebend schlüpfte ich vor ihm durch die Tür, wo ich sofort wieder stehen blieb. Ich konnte es nicht fassen!

Dieser Mistkerl! Hier oben war niemand. Niemand!

Ich hätte die ganze Zeit über einfach durch die Tür spazieren können!

Der Geruch von verbrannten Brötchen stieg mir in die Nase, kaum dass wir besagten Speisesaal betraten. Gestern war der Raum leer und aufgeräumt gewesen, nun tummelten sich etliche Leute an zusammengeschobenen Tischen und frühstückten. Ein riesiges Buffet stand an der Seite. Insgesamt erinnerte mich das alles an den Frühstücksraum in einem hochklassigen Hotel. (Nicht dass Ilargia eines hätte.)

Als wir eintraten brachen die Gespräche ab und alle sahen uns an. Ich fühlte mich mal wieder extrem unwohl, obwohl ich heute deutlich besser aussah als gestern. Nur meine Haare waren immer noch ein Desaster - es gab keinen Kamm, ich hatte sie notdürftig mit meinen Fingern durchgekämmt.

„Guten Morgen.", sagte der Alpha laut in die Runde, sein Tonfall schärfer als nötig.

„Guten Morgen.", murmelte ich um einiges leiser und bemühte mich, keinen von ihnen anzusehen. Von hier aus war es zumindest nicht weit zum Ausgang, sollte es brenzlig werden. Vorausgesetzt die Tür war nicht verschlossen.

„Kathlyn!" Josi saß an einem Tisch und winkte fröhlich. Ihr Anblick nahm mir ein wenig von meiner Anspannung. „Hol dir etwas zu essen und setz dich zu mir!"

Obwohl ich sie gestern, kurz nachdem Blauauge mich in ‚unserer' Etage allein gelassen hatte, weggeschickt hatte (wie hätte ich die Etage sonst durchsuchen sollen?), schien sie mir das nicht übel zu nehmen. Dafür war ich ihr wirklich dankbar.

„Nimm dir, worauf du Hunger hast." Alpha Blauauge zeigte auf das Buffet. Es war alles Mögliche vertreten: Kaffee, Kakao, Säfte, Marmeladen, verschiedene Brötchensorten (einige brauner als andere), Müsli, Obst, Wurst, Käse, Eier und angebrannter Speck. Die Sachen standen komplett durcheinander, aber die Auswahl überraschte mich. Vielleicht, weil sie ganz und gar nicht meinen Erwartungen entsprach.

Der Alpha legte sich verschiedene Sachen auf einen Teller und ich tat es ihm zögernd nach. An den Tischen wurde es lauter, als sie ihr Gespräch wieder aufnahmen. Wir setzten uns zu Josi und begannen zu essen, ohne dass uns noch jemand beachtet hätte.

„Wie war deine erste Nacht in der Wolfhöhle?" Josis Blick huschte kurz zu ihm, ehe sie mich neugierig und auch ein wenig besorgt musterte.

„Sie hat auf der Couch geschlafen.", antwortete der Alpha für mich. Er klang darüber gar nicht glücklich, im Gegenteil.

Josi lachte. „Was hast du erwartet?"

„Das sie weiß, wie man ein Bett benutzt."

„Ich weiß, wie man ein Bett benutzt!", gab ich angesäuert zurück. „Aber ich werde bestimmt nicht mit jemanden in einem Bett schlafen, dessen Namen ich noch nicht einmal kenne!"

Schlagartig wurde es totenstill im Raum und als ich spürte wie mich alle anstarrten, sah ich verlegen auf meinen Teller. Hatte ich so laut gesprochen?

Josi sah ihn vorwurfsvoll an. „Wirklich? Du hast es noch nicht einmal geschafft dich vorzustellen?"

„Er war zu sehr damit beschäftigt, mich über seine Schulter zu schmeißen.", murmelte ich. Und mich zu küssen. Und mich anzustarren. Aber das behielt ich lieber für mich. Dem Alpha schien das Thema sowieso nicht zu passen. Vielleicht auch, weil alle gespannt die Ohren spitzten.

„Mein Name ist Jace. Und nun wo das geklärt ist, wirst du es sicher schaffen das Bett zu benutzen." Nein, sicher nicht. „Seid ihr schon fertig mit essen?", knurrte er die anderen an, die sofort begannen miteinander zu tuscheln.

Jace. Konnte er keinen blöden Namen haben? Wie Igor oder Gottwald oder so? Nein, selbst sein Name war perfekt. Besaß er denn gar keine Schwachstelle? Missmutig betrachtete ich das Messer in meiner Hand. Oben war ein großes Messer in der Küche gewesen. Gestern hatte ich das nicht beachtet, doch nun ... Ich sollte mich dringend bewaffnen, wenn er das mit dem Bett ernst meinte - woran ich keinen Zweifel hatte!

„Darf ich mich zu euch setzen?" Ein junger Bursche, vielleicht 16 Jahre alt, stand vor unserem Tisch. Er sah total geschafft aus.

„Natürlich Brian.", grinste Josi und zog einen Stuhl zurück, auf den er sich dankbar fallen ließ. „Seit wann stehst du schon in der Küche?"

„Seit um 5? Keine Ahnung. Heute ist nicht mein Tag. Ich habe den Speck angebraten, aber dann waren die Eier gut. Und als ich sie abgegossen habe war der Speck plötzlich angebrannt, und die Brötchen und ach ... Ich hoffe es schmeckt trotzdem." Er seufzte.

„Wieso warst du allein in der Küche?" Jace musterte ihn streng. Brian zuckte die Schultern und warf einen zögernden Blick zu einem anderen Tisch, an dem vier Personen saßen. Eine von ihnen fiel mir durch ihr wunderschönes, rotes langes Haar sofort auf. Ihre Haut war ein wenig heller, als die der anderen, doch das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch.

„Cindy!", rief Jace scharf und sie sah zu uns rüber. „Wieso hast du Brian nicht geholfen?"

Einen Moment lang musterte sie Brian wütend, bevor sie unbehaglich auflachte. Im Raum war es wieder still geworden. „Ich hatte verschlafen."

„Schon das dritte Mal diese Woche?", entgegnete Josi kühl. „Das klingt eher, als würdest du deine Aufgabe nicht so ernst nehmen."

Cindy verkniff sich eine Antwort und wandte sich stattdessen bemüht charmant an Jace: „Es tut mir leid. Ich habe gestern Abend zu lange trainiert und war einfach müde. Du weißt doch, wie wichtig das Training ist."

„Ja, das Training ist wichtig. Doch das Rudel und die Aufgaben, die jeder von uns hat, sind wichtiger Cindy. Oder hast du nach dem Training keinen Hunger? Wenn jeder macht was er will und seine Pflichten vernachlässigt, weil es ihm gerade in den Kram passt, verliert das Rudel seinen Zusammenhalt und seine Stärke. Dann sind wir kein Rudel mehr."

Cindy war rot angelaufen und starrte auf ihren Teller. Es war unangenehm vor allen zurechtgewiesen zu werden. Mir war es auch schon so gegangen: Als ich anfing im Café zu arbeiten bekam ich einmal vor allen Gästen eine Standpauke, weil ich den Kaffee nicht richtig dosiert hatte. Es war peinlich, aber danach war es mir nie wieder passiert.

„Jeder hat seine Aufgaben, Rechte und Pflichten. Und ich erwarte von euch allen, dass ihr sie gewissenhaft ausführt, selbst wenn sie noch so unwichtig erscheinen." Alle im Raum nickten. „Gut. Dann wirst du mir das den Rest der Woche beweisen Cindy. Keine Ausreden mehr."

„Da bin ich aber mal gespannt.", raunte Josi und zwinkerte Brian zu.

„Wenn wir einmal bei der Aufgabenverteilung sind: Josi, du und Kathlyn werdet heute Emmely unter die Arme greifen. Und du wirst Kathe nicht aus den Augen lassen. Sie bleibt in der Wolfshöhle!" Er warf mir einen scharfen Blick zu.

„Wie du möchtest. Übrigens habe ich im ganzen Rudel herumgefragt, aber niemand hat Kathes Schuhgröße. Ihre Füße sind so winzig.", gab Josi zuckersüß zurück und die beiden tauschten einen Blick aus.

„Emmely und Josi werden dir einiges über das Rudel und unsere Lebensweise erklären", fuhr Jace fort und ignorierte sie, „damit du dich hier schnellstmöglich einlebst. Wir beide sehen uns heute Abend."

Ich erwiderte nichts. Josis Gesellschaft war mir ohnehin lieber. Das würde ein interessanter Tag werden. Vor allem, welche Rechte ein Rudelmitglied so hatte. Ich konnte mir schwer vorstellen, dass Babysitter und Hausarrest dazu gehörten. Wenn es mir momentan schon nicht möglich war zu fliehen, dann konnte ich vielleicht wenigstens etwas aushandeln. Doch dafür musste ich sie wohl oder übel näher kennenlernen.

Und wenn das nicht klappte, blieb mir immer noch Plan B: Das große Messer.

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Kleine Anmerkung am Rande: Ich habe nichts gegen 'Igor' und 'Gottwald'! ;)

Schaut auch mal bei meiner Playlist vorbei - ich brauche da nämlich eure Hilfe. ^^

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