13. 𝔎𝔞𝔭𝔦𝔱𝔢𝔩
*Kathlyn*
Ein kalter Windhauch strich mir über das Gesicht, streichelte meine Wange und zog an meinen Haaren. Wer hatte mein Fenster aufgemacht? Mama wusste doch, dass ich selbst lüften konnte. Ich wollte schlafen und nicht erfrieren.
Murrend vergrub ich mich tiefer unter der Bettdecke, ehe die Erinnerungen an gestern zurückkamen und ich schlagartig hellwach war. Vorsichtig öffnete ich die Augen und brauchte einen Moment, um mich zu orientieren. Ich lag noch auf der Couch. Das Wohnzimmer war leer und in der Küche war auch niemand.
So leise wie möglich setzte ich mich auf und schielte über die Couchlehne. Die Terrassentür stand offen und da stand er und lehnte am Geländer. Noch immer trug er sein T-Shirt und eine Jeans. Mich fröstelte es bei dem Anblick. War ihm nicht kalt? Die Sonne ging gerade erst auf und konnte noch keine Wärme spenden.
Was dachte ich da? Sollte er sich doch erkälten, das konnte mir völlig egal sein! Ich sollte lieber zusehen, dass ich schleunigst hier wegkam! Ich zog den Kopf wieder ein, schlug die Decke zurück und glitt behutsam von der Couch auf den Teppich, die Tür zur Treppe im Blick. Ich musste nur schneller sein als er.
„Glaubst du wirklich, dass niemand davor steht?", ertönte da seine Stimme und ich zuckte zusammen und sah mich um, konnte ihn aber nicht entdecken. „Nur zu, probier dein Glück. Sie freuen sich sicher, dich im Nachthemd zu sehen."
Unsicher blieb ich auf dem Teppich hocken, bevor ich letztendlich aufstand. Der Alpha stand noch immer am Geländer, mir den Rücken zugewandt. Woher hatte er das gewusst?
Nun drehte er sich zu mir um und musterte mich. Sein Blick blieb etwas zu lange an meinem Busen hängen und da bemerkte ich erst, dass sich meine Brustwarzen durch die Kälte aufgerichtet hatten und sich sehr deutlich unter dem Stoff abzeichneten. Oh Gott!
„Hör auf zu spannen!", fauchte ich und wickelte mir die Bettdecke um. Das half gegen die Kälte und seine Blicke. Er schmunzelte nur, während mir Schamesröte ins Gesicht schoss.
„Wenn du so gut eingepackt bist, hast du vielleicht Lust dir mit mir den Sonnenaufgang anzusehen. Der Himmel steht in Flammen und das Wasser spiegelt ihn." Er drehte mir wieder den Rücken zu. „Komm und sieh es dir an."
Die Terrasse hatte ich gestern schon erforscht, in der Hoffnung es gäbe da irgendwo eine Feuerleiter. (Träumen durfte man ja wohl.) Genau darunter erstreckte sich ein riesiger See, der an diese Seite der Festung grenzte. Ganz kurz hatte ich mich gefragt, ob ich einen Sprung hinein wohl überleben würde. Aber ich hatte mich nicht getraut es auszuprobieren. Ich wusste weder wie tief, noch wie kalt das Wasser war. Und die Höhe spielte sicher auch eine kleine Rolle.
Eine Weile blieb ich stehen und beobachtete ihn misstrauisch. Dann tapste ich langsam zur Terrassentür. Mein Blick glitt zum Himmel und ich musste ihm recht geben: Es sah wunderschön aus. Der Himmel glühte rot-orange, als hätte er Feuer gefangen. Die Luft war kühl und klar. Vereinzelte Vögel begannen ihr Lied zu stimmen, ansonsten war alles still und friedlich. Wirklich ein atemberaubend schöner Sonnenaufgang.
Doch der Schein konnte trügen, wie ich sehr gut wusste. Nichts hier war friedlich oder ungefährlich. Und schon gar nicht der Mann auf der Terrasse. Also tat ich das einzig Richtige: Ich schloss die Tür und verriegelte sie.
Der Alpha schnippte herum und sah mich ungläubig an, während ich mir ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen konnte. Obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug. Er war ausgesperrt und ich wäre nicht so dumm, ihn wieder herein zu lassen. Ohne ihn fühlte ich mich wesentlich sicherer – vor allem nachdem er mich so offen beglotzt hatte.
„Kathlyn." Langsam trat er auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. Sein Atem prallte gegen das Glas und ließ es beschlagen. Seine eisblauen Augen waren starr auf meine gerichtet. Durch die Scheibe zwischen uns hatte ich keine Angst und starrte einfach zurück.
„Und was nun?" Er hob den rechten Arm, lehnte ihn über seinem Kopf an die Terrassentür und kam mit seinem Gesicht noch näher, sodass er das Glas fast mit der Stirn berührte. „Du kannst nicht fliehen. Sobald du die Tür öffnest, wirst du aufgehalten. Und ich werde auch nicht ewig hier draußen bleiben."
Das war mir auch klar, aber wenigstens hatte ich mir etwas Zeit verschafft und war nicht mit ihm allein in einem Raum. Ich wandte mich ab, spazierte zurück zur Couch und ließ mich mitsamt Decke darauf fallen, als würde da draußen nicht ein wütender Werwolf stehen.
Ja, was jetzt? Der Plan war noch nicht ausgereift, zugegeben. Hier oben gab es nichts, was mir weiterhelfen würde, auch das hatte ich gestern überprüft. Na gut, ich hatte selbst nicht gewusst, wonach ich eigentlich suchen sollte. Ein Telefon? Einen Computer? Vielleicht hätte ich in seinem Arbeitszimmer Glück. Das war aber leider verschlossen. Ob er den Schlüssel einstecken hatte?
Prüfend warf ich einen Blick über meine Schulter, doch die Terrasse war leer. Sie verlief über die komplette Etage, also hatte das eigentlich nichts zu bedeuten. Er war nur aus meinem Sichtfeld, redete ich mir ein, stand aber dennoch beunruhigt auf. Auf der einen Seite führte die Terrasse an seinem Arbeitszimmer vorbei, wo leider kein Fenster offen stand. Auf der anderen Seite war das Schlafzimmer.
Wo es eine weitere Terrassentür gab.
Oh Gott! Ich war so dumm! Wie hatte ich das vergessen können?
Bevor ich richtig darüber nachdenken konnte, war ich schon losgerannt. Im Durchgang zum Schlafzimmer prallte ich gegen seine harte Brust, ehe mich zwei Hände packten und ich im nächsten Moment schreiend auf dem Bett landete.
„Du machst es mir wirklich nicht leicht, Kathlyn. Ständig bringst du mich dazu, meine Vorsätze wieder über Bord zu werfen." Er kniete über mir und pinnte meine Hände auf der Matratze fest. Ich war wehrlos. Langsam ließ er den Blick wandern und betrachtete mich.
Ich trug nur das Nachthemd, das auch noch hochgerutscht war und meine Oberschenkel entblößte, und Unterwäsche. Das war nicht viel. Ich fühlte mich nackt und hilflos unter seinem Blick. Meine Brustwarzen waren wieder steif und ragten unter dem Stoff auf, was ihm natürlich nicht entging. Er betrachtete jede meiner Kurven und ließ sich Zeit dabei. Es war demütigend.
Seine Augen suchten meine und hielten sie gefangen, nachdem er mich ausgiebig begutachtet hatte. Seine Miene verriet nicht was er dachte. Mein Herz pochte nicht mehr einfach nur, es war zu einem Presslufthammer geworden. Und so schnell wie ich atmete, würde ich jeden Moment hyperventilieren.
„Was soll ich nur mit dir machen?" Falls er meine Angst bemerkt hatte, ignorierte er sie. Erneut beugte er sich zu mir. Diesmal kam auch sein Gesicht näher und ich drehte automatisch meinen Kopf weg.
„Präsentierst du mir deinen Hals absichtlich?", raunte es dunkel an meinem Ohr. Seine Nasenspitze strich über meine Ohrmuschel, bevor er hauchzarte Küsse auf meinen Hals verteilte. Ich keuchte auf. Ein Schauer rann über meinen Körper und Gänsehaut breitete sich aus. Diese Berührungen waren Feuer und Eis zugleich und mein Körper hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte.
Der Alpha kam bei meiner Halsbeuge an und meine Angst gewann die Oberhand. Mir entfuhr ein schluchzen. Dass ich plötzlich frei, und er über mir verschwunden war, hatte ich nicht erwartet. Benommen setzte ich mich auf und zog mein Nachthemd zurecht. Ich war sicher feuerrot.
Blauauge stand am Durchgang. „Ob du es willst oder nicht: Du gehörst jetzt zu meinem Rudel! Ich bin dein Alpha! Das hier ist ab sofort dein zu Hause! Gewöhn dich daran!", befahl er schroff, ehe er sich umdrehte und ins Bad stapfte.
Einen Moment lang blieb ich sitzen und rieb mir meine prickelnde Haut am Hals. Dann stand ich auf, huschte in die Stube und schnappte mir die Sachen, die Josi mir überlassen hatte. Als ich die Dusche rauschen hörte, wagte ich es mich umzuziehen. Dieses Nachthemd würde ich nie wieder anziehen! Lieber schlief ich in meiner dreckigen Jogginghose!
Wieso hatte er sich nicht einfach genommen, was er offensichtlich wollte? Wieso hatte er aufgehört? Wollte er mit mir spielen? Genoss er meine Angst? Oder hatte er endlich bemerkt, dass ich von Anfang an recht hatte? Dass er seine Bedingung verschwendet hatte?
In Ilargia nannten sie mich nicht umsonst den ‚Männerschreck'.
Nicht dass alle Männer sofort das Weite suchten, nein. Ich hatte sogar schon einen festen Freund gehabt, Taylor, vor 3 Jahren. Er war meine erste große Liebe. Übers Küssen hinaus war nie etwas passiert, aber er hatte mich auch nicht gedrängt. Wir waren ein halbes Jahr lang zusammen, bevor er mir das Herz brach.
Ich verstand es bis heute nicht. Ich dachte eigentlich, zwischen uns wäre alles in Ordnung. Doch dann begann er plötzlich sich komisch zu verhalten: Er ging mir aus dem Weg, rief nicht mehr zurück, wollte mich nicht mehr treffen, ... Er mied mich geradezu. Als er Schluss machte, traf es mich trotzdem aus heiterem Himmel.
Danach gab es noch ein paar Typen, die an mir interessiert waren, und mit einigen war ich sogar ausgegangen. Aber sobald sie mich näher kennenlernten, suchten sie plötzlich alle das Weite. So war es seitdem immer. Wenn ich Glück hatte, hätte ich diese Wirkung auf Alpha Blauauge auch.
Blieb nur die Frage, was er dann mit mir machen würde.
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