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Remus erstarrte. Er musste mehrere Male blinzeln, um sich zu vergewissern, dass er sich nicht täuschte. Peter, ihr Peter, Peter, einer der besten Freunde von Sirius, Peter, der immer so freundlich war, Peter, der Harry in den Armen gehalten und gescherzt hatte, stand eigentlich auf der anderen Seite und arbeitete gegen sie.

In dem Moment, als Sirius sich vor Schmerzen krümmte, versuchte sich umzudrehen und seinen Angreifer abzuwehren, hatte Remus das Gefühl, als würde sein Leben an ihm vorbei ziehen. Da war ein entwaffneter, verletzter Sirius, mit Blut im Gesicht, mit Wunden an seinen Armen, umzingelt von Peter und dem Mann, gegen den er vorher gekämpft hatte, und sie griffen ihn an, schlugen auf ihn ein und Remus vergaß alle Konsequenzen, vergaß die Gefahren, stürmte vor, packte Peters Arme, zerrte ihn zurück, schubste ihn auf den Boden. Remus fühlte nichts als Wut, brennende, glühende Wut, wie ein Unwetter, wollte sich gleichzeitig rächen und Sirius beschützen und alle warnen und kämpfen und schreien und weinen und Peter beleidigen und-

„Remus, pass auf!", schrie Sirius, welcher gleichzeitig seine blutende Schulter hielt, als auch versuchte, seinen Angreifer abzuwehren.

Remus drehte sich zur Seite, sah, wie jemand auf ihn zu rannte, ihn angreifen wollte, machte sich bereit zur Verteidigung, aber Peter packte seinen Arm, drehte ihn ihm hinter den Rücken. Erschrocken versuchte sich Remus loszureißen, wollte entkommen, war nicht bereit, dass ihm ein verdammter Degen in die Brust gebohrt wurde, schloss die Augen, macht sich darauf gefasst.

Aber der Schmerz kam nie, denn James sprang dazwischen, wehrte ab, rettete Remus somit das Leben und drängte den Angreifer zurück. Remus befreite sich aus Peters Umklammerung, drehte sich um und presste diesem den Dolch gegen die Kehle. Peter schnaubte belustigt: „Na los, mach schon, Moony."

„Wie konntest du nur?", keuchte Remus außer Atem und hätte Peter das dämliche Grinsen aus dem Gesicht prügeln können.

„Ach, komm, was hast du erwartet?", Peter zeigte mit den Armen um sie herum: „Vergiss nicht, mit wem du es hier zutun hast."

Bevor Remus etwas erwidern konnte, schubste Peter ihn weg, drückte sich an ihm vorbei und sprang auf das große Schiff neben ihnen, welches anscheinend Riddle gehörte. Plötzlich ließen alle Todesser von ihren Opfern ab, packten ihre Waffen weg und stürmten davon, zurück auf ihr Schiff, ehe dieses den Rückzug antrat.

„Remus!"

Gerade rechtzeitig drehte sich Remus zur Seite um, da hatte Sirius schon erreicht und in eine Umarmung gezogen. Er nahm Remus' Gesicht zwischen seine Hände, ließ seinen Blick über Remus' ganzen Körper wandern. „Bist du verletzt?"

Erleichtert und besorgt zugleich drückte Remus Sirius gegen seine Brust, vergrub die Nase in dessen Haaren, musste spüren, dass er da war, dass er lebte, dass ihm nichts zugestoßen war. Remus' Herz schlug viel zu schnell und er schloss die Augen, in der Hoffnung, sich zu beruhigen, in den Griff zu kriegen. So viel Nervenaufreibendes und Stressiges war in dieser Nacht passiert, dass es Remus vorkam, wie ein Adrenalin geladener Traum, nicht, wie die Realität.

„Moons, Pads", Marlene stellte sich zu ihnen und Remus und Sirius sahen zu ihr, blieben aber weiterhin zusammen stehen. „Ich weiß, es ist alles sehr aufregend und ihr freut euch, dass es euch gut geht und bla bla bla, all dieses romantische Zeug, aber Padfoot sollte wirklich seine Schulter untersuchen lassen. Das sieht schmerzhaft aus."

„Oh shit, stimmt", Sirius ließ von Remus ab und ließ sich von Marlene zu einer ruhigen Ecke führen, wo sie sich hinsetzten und ihm bedeutete seine Klamotten auszuziehen. Remus folgte ihnen, biss sich sorgenvoll auf die Lippe, hoffte, dass Sirius nicht lebensgefährlich verletzt war.

Sirius legte seine Mantel, den er mal eben übergeschmissen hatte, ab und zog sein Unterhemd, in dem er geschlafen hatte, aus. Marlene schnappte nach Luft.

„Marls", warnte Sirius. „War das ein gutes Nach-Luft-Schnappen oder ein Schlechtes?"

„Keine Ahnung", gab Marlene zurück und kniete sich hinter ihn hin, um die Wunde genauer zu betrachten. „War einfach ein normales Nach-Luft-Schnappen."

„Du kannst nicht einfach nach Luft schnappen und mir dann nichts sagen, McKinnon!", meinte Sirius aufgebracht und wollte sich umdrehen, aber Marlene hielt ihn fest, damit er bei der Bewegung die Wunde nicht verschlimmerte.

„Es blutet stark."

„Na, vielen Dank auch", Sirius verdrehte die Augen. „Das beantwortet nicht meine verdammte Frage! Werde ich sterben?"

„Nein", gab Marlene überzeugt zurück. „Dein Mantel hat den Stich zum Teil abgewehrt, deshalb ist der Schnitt nicht allzu tief."

„Ey, wisst ihr was", Sirius drehte sich begeistert um und sah erst Remus, dann Marlene kurz in die Augen: „Dann kann man jetzt offiziell sagen, dass mein guter Style mir mein Leben gerettet hat."

„Oh, fuck off", Marlene schlug Sirius leicht auf den Kopf. „Jetzt komm, wir müssen die Wunde auswaschen."

„Aber doch nicht mit Salzwasser?!", gab Sirius geschockt zurück, während er aufstand.

„Doch, das tötet Keime ab."

„Marls, das tut scheiße weh."

„Im Moment tut doch eh alles weh."

„Wir haben auch noch Schnaps-"

„Nein, Remus, wir verschwenden hier keinen Schnaps!", Sirius starrte Remus fassungslos an, als hätte Remus ihm gerade klarmachen wollen, dass Wale sprechen konnten: „Vor allem keinen hochprozentigen!"

Marlene packte Sirius an der Hand und zog ihn hinter sich her, während dieser sich lautstark darüber aufregte, dass Remus so einen Vorschlag gemacht hatte. Remus verdrehte die Augen und sah sich um, wie es dem Rest der Crew ging. Schlimme Verletzungen gab es kaum welche, die meisten hatten nur kleine Schnitte oder blutende Nasen, aber sonst ging es allen körperlich mehr oder weniger gut.

Remus sah James, welcher von Person zu Person ging und nachfragte, wie es ihr ging, aber der traurige Ausdruck zeigte, dass James selbst mit den Nerven am Ende war. Remus entschied sich, sich zu James zu gesellen, als dieser an der Reling stehenblieb und in die Ferne sah, wo die Sonne gerade erst aufging.
„Hey", grüßte Remus leise, um James nicht zu erschrecken, da dieser in Gedanken schien. „Geht es dir gut?"

„Könnte besser sein, ehrlich gesagt", gab James zurück. „Peter, diese miese Ratte."

„Hättest du es von ihm je erwartet?"

„Niemals. Ich bin ein sehr offener und vertrauender Mensch. Manchmal denke ich, dass genau das mein Problem ist."

„Du bist ein guter Mensch, James. Peter nicht. Gib dir nicht die Schuld für sein Handeln, du hättest es nicht verhindert können", meinte Remus, aber James seufzte nur.

„Ich weiß, aber es ist trotzdem irgendwie traurig. Ich bin wütend, natürlich, aber eher enttäuscht und angeekelt. Ich meine, ich hab diesen Typen an meine Familie rangelassen, er hat Harry gehalten und war immer dabei."

„Und die ganze Zeit hat er für die andere Seite gearbeitet", fügte Remus hinzu.

„Genau. Es ist einfach nur schrecklich", James fuhr sich mit den Händen verzweifelt in die Haare: „Und dann greift er auch noch Sirius an!", er schlug mit der Faust fest auf die Reling, kochte jetzt doch vor Wut. Er drehte sich zu Remus und diesem fiel auf, dass er den sonst so ausgelassenen, fröhlichen Kapitän noch nie so aufgebracht gesehen hatte.

„Weißt du, Remus, sie mögen unsere Pläne jetzt vielleicht haben, von der Falle Bescheid wissen, aber wenn sie kommen, werden wir bereit sein. Ich lasse nicht zu, dass dieser verdammte Krieg uns noch mehr Leben nimmt. Ich hab versucht es friedlich zu klären, aber jetzt hab ich genug davon. Riddle will brutalen Krieg? Dann kriegt er auch brutalen Krieg."

Für einen Moment lag eine kurze Pause zwischen ihnen, ehe James ruhiger wurde und sanft lächelte: „Aber zuerst muss ich nach Sirius sehen."

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