19 | the pinky promise
H A I L E Y
Gemeinsam mit Cody saß ich auf der Terrasse und wir beide schauten auf das Meer, welches sich mit dem Strand vor uns erstreckte und immer wieder kleine Wellen gegen den Sand schlugen. Das Wellenrauschen war nur gedämpft zu vernehmen und die Möwen krähten über unseren Köpfen. Die Sonne strahlte auf uns herab und erhellte somit noch den Tag, der mit jeder Sekunde zu Ende ging.
Ich wusste nicht wie lange wir hier gesessen hatten, generell wie spät es war und mich störte es auch nicht, denn die Zeit verging nicht gerade langsam und die Sachen über, die wir sprachen ließen mich mein komplettes Zeitgefühl vergessen.
"Cody, mein Enkel", erklang es erfreut und unsere Köpfe schellten gleichzeitig nach links.
Neben mir stand ein älterer Mann in einem grauen Anzug und neben ihm anscheinend seine Frau. Ihr Lockenkopf hatte sich bereits grau gefärbt und die wenigen Falten beim Lächeln traten hervor. Ihr zierlicher Körper wurde von einem langen, beigen Kleid umhüllt, welches um einiges teurer als meins aussah. Die passende Clutch in ihrer Hand verriet auch so einiges und sofort überkam mich das Gefühl nicht gut genug zu sein.
Die Eleganz, die beide ausstrahlten, machte mir etwas Angst. Sie war so kräftig, dass man sich nur auf diese konzentrierte und man nur das alte Ehepaar vor Augen hatte.
"Das kann ja was werden", nuschelte Cody und stand auf. Zittrig tat ich es ihm gleich und versuchte mich zu beruhigen. Seine Großeltern konnten mich nicht unterkriegen.
Kurz richtete ich mein Kleid und lächelte die beiden Verwandten, des attraktiven Jungen neben mir, an.
Cody begrüßte seinen Grandpa und ich seine Grandma. Abschätzig ließ sie ihre Augen über meinen Körper schweifen und zog kritisierend eine Augenbraue hoch, dennoch legte sich schnell ein falsches Lächeln. Meine Angst legte sich sofort und ich spielte ihr falsches Spiel mit. Nun verstand ich was Cody gegen seine Großeltern - zumindest seine Oma - hatte und schloss mich ihm an.
"Und wer ist deine schöne Begleitung?", die Blickes des Mannes lagen auf mir und fragend hielt er mir seine Hand hin, die ich freundlich schüttelnd annahm.
"Hailey - Codys Freundin", erwiderte ich auf die Frage und sah wie die Augen seines Opas sich überrascht weiteten. Evils musste einfach mitspielen und seine Schauspielkünste in Kraft treten lassen. Dieser Abend würde noch lustiger werden, als er schon ist.
Verwirrt blickte mich der besagte Junge an und lächelnd trat ich an seine bebende Brust ran. Überrumpelt erwiderte er mein Lächeln und legte einen Arm um meine Taille. Näher zog er mich an seine Brust und ich platzierte meine Hand auf der Stelle seines Herzens. Das starke Beben war deutlich zu spüren und dass ich ihn so fühlen ließ, gefiel mir und stärkte mich in meinem Plan.
Die Frau runzelte abwertend die Stirn und versuchte sich anscheinend einen Kommentar zu verkneifen. Grinsend musterte ich sie und konnte fühlen wie sie mich jetzt schon nicht leiden konnte. Ich könnte mir vorstellen, dass sie versuchen würde meine Persönlichkeit ihrem bezaubernden Enkel auszureden. Es wimmelte stark danach, doch mit mir wollte man nicht spielen.
"Freut mich Sie kennenzulernen, Sir", gab ich so höflich von mir, wie es nur ging. Es war schwer nicht durch diese komischen Blicke seiner Großmutter zu sterben.
Der ältere Mann bat uns, uns zu setzten und wir beide zögerten keine Sekunde. Also saß ich nun wieder in dem Stuhl und überschlug mein rechtes Bein. Meine Haare schüttelte ich aus meinem Gesicht und ließ meine Hand zu der von Cody wandern. Ich streichelte mit dem Daumen über seinen freien Handrücken, bis ich seine Hand fest umfasste.
Das Ehepaar hatte vor uns platzgenommen und schauten beide auf unsere Hände. Sein Opa schmunzelte, aber im Gegensatz zu seiner Frau schien er glücklich für seinen Enkel zu sein - selbst wenn es gefaked war.
"Wie kam das denn jetzt?", kam es überrascht aus seinem Mund und ich übernahm die Oberhand, bevor Cody irgendetwas von sich gab, was nicht passte.
"Cody und ich hatten jetzt keine wirklich romantische Begegnung. Wir haben ein paar Kurse zusammen und haben uns auch durch Dave kennengelernt. Ihr Sohn hatte mir immer von seinem attraktiven Neffen erzählt und ich fing mit der Zeit an zu schwärmen. Irgendwann hatte mich Cody beim Starren erwischt und somit hatte alles seinen Lauf genommen, nicht wahr?", gab ich überzeugend von mir und drückte die Hand meines Freundes fester, damit er merkte, dass ich bei ihm war und es mit ihm durchstand. Cody musste nicht alleine durch die Hölle, sondern ich würde ihn begleiten - natürlich nur, weil ich ein netter Mensch war.
Seine Oma erhob sich und nickte mir lächelnd zu. Ich stand auf und folgte ihr. Cody ließ ich mit seinem Opa alleine und hoffte er würde es überstehen, wobei ich mir da zu hundert Prozent sicher war. Sein Blick zeigte mir, dass er sich nicht sicher war, ob es eine gute Idee war wenn ich alleine mit seiner Oma redete.
Wenn sie mich die Terrasse runterschmeißen will, soll sie es machen.
Mit etwas Abstand stellte ich mich neben sie und stützte meine Hände auf dem lackierten Holzgeländer ab. Meine Augen schauten in die Ferne und die leichte Brise Wind kam mir entgegen, was mich erleichtert ausatmen ließ. Es war so schön wieder hier zu sein und diese Luft zu genießen.
"Hailey, - ich hoffe ich trete dir nicht zu nahe, aber ich wüsste nicht seit wann Cody jemals an so einem Mädchen, wie dir, interessiert war. Er interessiert sich eher für den eleganteren Typ für Mädchen und vor allem auch förmlicheren", teilte sie mir abschätzig mit und ich war kurz davor loszulachen.
Ihren Sarkasmus konnte ich kaum überhören und freute mich auf die weiteren Witze.
"Ich denke es ist Cody selbst überlassen welchen Typ Mädchen er sich zur Freundin nimmt. Finden Sie nicht, dass jeder Mensch auf seiner eigenen Art und Weise elegant sein kann, wie förmlich? Ich meine nur weil ich jetzt vielleicht nicht das perfekte, glitzernde und roséfarbende Kleid anhabe und dazu auch nicht die perfekten, teuren Schuhe, heißt es nicht gleich, dass ich in diesem schwarzen Kleid keine Eleganz ausstrahlen kann, dennoch liegt es im Auge des Betrachters und wenn Sie der Meinung sind, dann soll es so sein", ich hoffte sie bekam diesen gereizten Unterton mit und würde demnächst eher darüber nachdenken, was sie von sich gab.
Spöttisch lachte sie auf und blickte zu mir rüber. Ihre Augen fixierten mich und das Lachen verschwand direkt. Die Kälte in ihren Augen strömte bis zu mir hin und war dabei mich einzufrieren. Zuvor hatte ich noch nie solch eine eisige Kälte aus den Augen eines Menschen gesehen und dennoch verblüffte es mich eher, als ich Angst haben sollte.
"Du bist eine kleine, verzogene Göre, die sich doch alles in ihren Allerwertesten schieben lässt. Sie zu dass du die Zukunft meines Enkels nicht ruinierst und aus seinem Leben verschwindest, bevor ich dafür sorgen werde", somit drehte sie sich um und wackelte auf ihren hohen Schuhen davon.
Ich drehte mich zu Cody, der noch mit seinem Großvater da saß und herzlich lachte. Ich murmelte die einzigen spanischen Worte vor mich hin, die ich je gelernt habe und in diesem Moment fühlte ich mich dementsprechend auch stolz. Würde Mamá noch leben, dann würde ich definitiv mehr Spanisch sprechen als die vier bis fünf Wörter, die ich kannte.
"Qué Perra", drang es aus meinem Mund und ich steuerte sanft lächelnd auf die beiden zu. Bis jetzt erwies sich nur seine Oma als Biest und sein Opa ganz okay, wenn nicht noch etwas kommen würde.
Die beiden schauten zu mir auf und von beiden bekam ich ein Lächeln geschenkt. Sein Grandpa erhob sich und nickte mir zu bevor er verschwand. Seufzend ließ ich mich auf den Stuhl fallen, hielt mir meine Hand an den Kopf und schloss meine Augen. Angestrengt atmete ich durch und blickte irgendwann zu Cody, welcher mich besorgt ansah.
"Ich wüsste nicht seit wann Cody jemals an so einem Mädchen, wie dir, interessiert war", äffte ich sie nach und verdrehte zu oft die Augen.
Eine Hand legte sich auf meinen Oberschenkel und ich fing an mich zu beruhigen. Diese Frau machte mich rasend - alleine schon bei diesen wenigen Minuten. Sie hatte doch keinen einzigen Plan was ihr Enkel überhaupt möchte und vor allem welchen Typ Mädchen er hatte. Könnte auch sein, dass ich mich irre, aber mir ist nie aufgefallen, dass Evils jemals auf elegante und förmliche Mädchen stand.
"Was hat sie noch gesagt?"
"Ist nicht der Rede und vor allem nicht mein Leben wert. Solche Worte braucht man nicht wiederholen", gab ich bissig von mir und sah wie seine Mundwinkel hochzuckten.
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an und konnte mein Schmunzeln nicht verkneifen. Auch Cody steckte mein Schmunzeln an und wir schauten uns tief in die Augen.
Von drinnen drang Daves Stimme nach außen und es schien wichtig zu sein, also erhoben wir uns ein weiteres mal und gingen mit den leeren Gläsern rein. Bevor wir uns aber zu den anderen stellten, steuerten wir auf die Bar zu und gaben die Gläser ab. Schnell bestellte ich mir noch einen Drink und lief dann mit Cody zu seinem Onkel, der seine Frau anlächelte.
Als wir ankamen, ging jeder in dieselbe Richtung und ich sah ihnen mit meinem Ist-Das-Dein-Ernst-Blick hinterher. Wir kamen und alle verschwanden. Seufzend führte ich das Scotchglas zu meinen Lippen und trank einen Schluck.
"Na, Hailey. Cody", trällerte Dave und steuerte freudig auf uns zu.
Er nahm seinen Neffen in den Arm und klopfte ihm stolz auf die Schulter. Stirnrunzelnd nahm ich wieder einen Schluck und schaute den beiden zu. Dave flüsterte Evils irgendetwas zu und ich fühlte mich fehl am Platz. Warum konnte kein Mensch in meiner Nähe laut reden, damit ich auch etwas mitbekam?
Brummend bewegte ich mich von meinem Platz und machte meinen Bruder ausfindig, der mit einem vollen Teller am Tisch saß und sich genüßlich sein Essen reinschob. Grinsend ließ ich mich neben ihm nieder und schaute ihn liebevoll, aber hinterhältig an. Mein Baby fing an meine Blicke zu bemerken und rutschte mit seinem Teller weg. Er hielt einen Arm vor sein Essen, schenkte mir einen mahnenden Blick und gab mir zu wissen, dass ich mir selbst etwas holen solle.
Nickend lief ich wieder los und ließ mein Glas am Tisch. Jeder der Gäste nahm sich etwas vom Buffet und schlenderte dann davon, während ich mich noch anstellen musste und erst später zum essen kam. Seitlich von mir nahm ich mir einen der sauberen Teller und ließ meinen Blick über das köstliche Essen gleiten.
Die beiden hatten sich für ein kulinarisches Buffet entschieden und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Angefangen bei den asiatisch gebratenen Nudeln mit Shrimps über das indische Curry zum italienischen Tiramisu. Natürlich durften auch nicht die kleinen Häppchen, welche kleine Burger und vieles mehr waren, fehlen. Es war alles dabei und ich konnte mich kaum entscheiden, dennoch wurden es die asiatischen Nudeln, die kleinen Burger und noch reichlich mehr.
Beim Laufen schaute ich zu Damian, der gerade ein Glas an seine Lippen hob und einen Schluck nahm. Sein Gesicht verzog sich zu einem bitteren und widerlichen Gesichtsausdruck und ich beschleunigte meinen Schritt. Dieser Junge hatte Ideen. Trotz dass ihm der Scotch nicht geschmeckt hat, hob er das Glas wieder an und wollte wieder einen Schluck nehmen.
"Damian, stell das Glas runter!", rief ich aufbrausend und kam bei ihm an. Meinen Teller stellte ich auf meinem Platz ab und setzte mich auf den Stuhl neben diesem kleinen Wesen. Grob nahm ich ihm das Glas ab und stellte es von ihm weg.
Schmollen sah er mich an und verschränkte beleidigt seine Arme vor der Brust. Damian brauchte nicht so zu tun. Er wusste, dass es ihm nicht schmeckte und wollte dennoch weiter davon trinken. Dieses Zeug sollte ihn abschrecken und nicht dazu verleiten noch mehr zu trinken.
"Baby, dass ist nichts für dich. Das Zeug schmeckt dir nicht, dass hat man gesehen. Soll ich dir was zum Trinken holen?", ich strich ihm eine seiner braunen Haarsträhnen aus der Stirn und lächelte ihn sanft an. Eifrig nickte er und ich sah ihn fragend an.
"Orangensaft", kicherte er und nickend stand ich wieder von meinem Platz auf. Eilig lief ich an den besetzten Tischen vorbei und schenkte der ein oder anderen Person ein Lächeln, wenn sie mich gerade ansahen.
Wieder an der Bar blickte der Barkeeper mich verdutzt an und schüttelte seinen Kopf, ehe er ein frisches Glas nahm und die brennende Flüssigkeit reinfallen wollte. "Mein Bruder ist nicht so der Scotch-Fan und in seinem Alter sollte er erst recht keinen trinken. Orangensaft, wenn ihr habt", hielt ich ihn auf und sah wie er mir einen entschuldigenden Blick zu warf.
Von hinten schlangen sich Arme um meinen Bauch und ein heißer Atem prallte gegen meine Haut. Meine Nackenhaare stellten sich auf und eine Gänsehaut überkam mich, wie schon des öfteren heute. Direkt versteifte ich mich und mein Griff um die Theke wurde fester. Die Sache war mir nie geheuer und ich hatte nicht wirklich Interesse von hinten umarmt zu werden.
"Hey", raunte diese tiefe und mir bekannte Stimme ins Ohr und meine Anspannung legte sich ein wenig. Irgendwie wand ich mich in den Armen des Jungen und bekam nun sein Gesicht zu sehen, welches mich grinsend musterte.
Neben uns wurde das Glas mit dem Saft hingestellt und mit einem Blick über meiner Schulter, schenkte ich dem Barkeeper einen dankenden Blick. Er nickte nur und kümmerte sich um die anderen Gäste, die wartenden. Cody hob verwirrt eine Augenbraue und ließ mich dann los, wofür ich ihm dankbar war.
"Wo warst du vorhin?"
"Mein Baby davon abhalten weiterhin Scotch in sich zu schütten", lachte ich auf und schnappte mir das gefüllte Glas, lief wieder zu Damian und setzte mich zu ihm. Cody folgte mir und ließ sich neben mir nieder.
Hungrig nahm ich mir mein Besteck und fing an mit essen. Die leise Musik im Hintergrund brachte mich dazu im Takt mit dem Fuß mitzutippen und den Texten der Lieder im Kopf zu folgen. Die meisten der Lieder hatten Dave und ich zusammen ausgesucht. Ab und zu hatte Ann noch einen miteingebracht und so enstand unsere ewig lange Playlist, die gerade durch den Saal hallte.
Gerade als ich mir den Mini-Burger nehmen wollte, verschwand dieser auf unerklärliche Weise und ich sah zu Damian, der mit seinem Glas beschäftigt war und dann schwank mein Kopf zu Evils, welcher sich provozierend den Burger an den Mund führte und abbiss. Genüßlich kaute er das Stück runter und lächelte provozierend.
Schnaubend funkelte ich ihn böse an. Meine Augen verengten sich und ich könnte ihn verfluchen. Evils konnte sich selbst etwas zu Essen holen und musste mir nicht meins wegessen. Fresssack.
Als er wieder abbeißen wollte, lehnte ich mich rasch auf ihn und biss selbst von dem Burger ab, was ihm ein Schmunzeln entlockte. Sein Gesicht war nicht weit weg von meinem und würde ich mich nur noch ein ganz kleines Stück vorlehnen, würden sich unsere Lippen treffen und ineinander verschmelzen.
Cody kam mir näher und es schien als hätte er meine Gedanken gelesen, denn nur wenige Millimeter vor mir stoppte er und grinste frech. Ich erwiderte es und schüttelte meinen Kopf. Seine Augen wanderten zwischen meinen Augen und Lippen. Angetrengt seinen Plan nicht in die Tat umzusetzen, nahm er seine Unterlippe zischen seine Zähne und atmete gestresst aus.
"Traust dich wohl nicht, was", hauchte ich gefährlich nah und musste schmunzeln, ehe ich mich zurückzog und an meinem übriggebliebendem Scotch nippte.
"Wer hat gesagt, dass ich mich nicht traue? Vielleicht will ich mir unseren ersten, richtigen Kuss aufheben, damit er besonders wird", gab er von sich, erhob seinen Körper von dem Platz meines Vaters und verschwand.
Soweit ich ihn noch sehen konnte, folgte ich ihm und merkte wie meine Kehle staubtrocken geworden war. Meine Gedanken verflogen und nur seine letzten Wort hallten in meinem Kopf. Meinem Herz schienen diese Worte auch nicht kalt zu lassen und stark pochte es gegen meinen Brustkorb.
Noch immer starrte ich zu der Stelle, an der ich ihn zu letzt gesehen hatte und spürte wie mich jemand aus meiner Trance rauriss. Mein verwirrter Blick schwank zu Damian, der leise kichern musste und dann auf mein Handy deutete, welches aufleuchtete.
1 Nachricht von James
Hat er dich schon verführt? ;)
Augenverdrehend schrieb ich ihm zurück und konnte das Grinsen nicht mehr ablegen. Mittlerweile war auch der rechte Platz neben mir besetzt und Papá hatte zu uns gefunden. Sein Teller war mit unmengen an Essen gefüllt und man merkte ihm an, dass er einen Bärenhunger hatte. Sichtlich verdattert schaute er zu mir und schien erwartungsvoll auf mich zu warten.
Ich hob meinen Kopf und schaute geradewegs in die braunen Augen meines Vaters. Die Haare waren nach oben gegeelt und sein Anzug saß, wie angegossen. Das Blau betonte sein ovales, markantes Gesicht mit den wenigen Sommersprossen auf seinen Wangen, welche auch über seiner Nase verteilt waren. Die langen, schwarzen Wimpern betonte seine dunklen Augen und diese stachen dadurch noch mehr hervor. Die Lippen zu einem sanften Lächeln gezogen, schaute er mir in die Augen und suchte sich den Weg zu meinem kleinen Herzen.
"Er scheint dich glücklich zu machen, Baby", sprach er sanft und prägte sich mein Gesicht ein. Er wartete auf eine Reaktion meinerseits und versuchte irgendetwas an mir zu finden, was meine Antwort verraten würde.
Unwissen zuckte ich mit den Schultern und senkte meinen Kopf. Heimlich nahm ich mir mein fast leeres Glas und schwenkte es hin und her. Mein Blick haftete sich auf die bräunliche Flüssigkeit und mit dem Zeigefinger fuhr ich den Rand nach.
Der Blick meines Vaters brannte auf mir und ich wusste, dass er eine Antwort wollte, obwohl er diese schon wusste. Papá wusste meistens die Antwort, denn meine Körpersprache verriet mich das ein oder andere mal. Mein Vater hatte mich, wie ein vollgeschriebenes Buch mit wichtigen Daten und Ereignissen, studiert und konnte schon ein paar mal meine nächste Tat hervorsagen.
Da Papá nur mich und Dave nachdem Tod von Mamá hatte, hatte er sich unendlich viel Zeit für mich genommen, um mich von klein auf aufwachsen zu sehen. Er meinte 'Ich möchte mein Baby von der ersten Sekunde an kennenlernen und sie studieren, damit sie Angst hat, dass ich ihre nächste Tat verhindern könnte' und tatsächlich kannte er meine ganze Körpersprache. Er beherrschte sie, wie meine Körperhaltung und durch ihn geriet ich nicht in ein paar schwierige Angelegenheiten, die hätten knifflig ausgehen können.
Auch bei Damian hatte er sich genügend Zeit genommen, um die Taten des Kleinen hervorsagen zu können. Er hatte sich jedes kleine Detail von ihm eingeprägt und Damian vorgewarnt, dass er seine zukünftigen Prügelverletztungen gut verstecken solle, denn er würde alles herausfinden.
Als Damian noch neu auf der Welt war und die ersten paar Wochen bei uns wohnte, zeigte mir Dad öfter wie man Windeln wechselte und erkundete mit mir den kleinen winzigen Körper meines Bruders. Mittlerweile kannte auch ich jedes Detail von ihm und wusste, wenn eine Verletztung neu war oder nicht.
"Hailey ist verliebt, Papá!", gröllte der kleine Junge neben mir und erschrocken fuhr mein Kopf zu ihm, denn es stimmte nicht und es war so laut, dass viele der Gäste zu uns sahen.
"Nicht so laut, Damian. Lass die anderen Gäste in Frieden essen und verspotte deine Schwester nicht", tadelte er mit ihm und ich konnte kein Schmunzeln unterdrücken.
Dad sagte diese Worte so sanft und weich, dass man sie nicht als Tadel aufnehmen konnte. Dennoch lag in seiner Stimme dieser leichte, strenge Unterton und das wies Damian daraufhin sich zu benehmen.
"Baby, lass uns rausgehen", meinte ich und stand auf. Damian tat es mir gleich und zupfte dann an seinen Hosenträgern rum.
Dad schenkte ich ein aufrichtiges Lächeln und nahm dann diese kleine Hand, welche ich nie loslassen wollte. Meine Hand hatte sich seit der ersten gemeinsamen Sekunde an seine gewöhnt und ich liebte sie. So sanft, klein und niedlich.
Wir kamen an der Bar vorbei und ich bestellte noch einmal etwas für Damian und für mich. Weiter ging unser Rundgang und gemeinsam liefen wir auf die Terrasse, die auch zum Strand runterführte.
Der Kleine stieg aus seinen Schuhen und rannte die Holztreppe runter. Schnell schlüpfte ich aus meinen hohen Schuhen und stellte das Glas an der Seite ab, ehe ich meinem Bruder hinterher rannte und dann wenige Sekunden später den weiches Sand zwischen meinen Zehen spürte.
"Guck mal, Hailey, da sind Vögel!", quiekte Damian und ich musste lachen. Ich lief auf ihn zu und kniete mich zu ihm runter. Von Weiten beobachteten wir die Möwen und kicherten über ihre Verhaltensweisen.
Der Junge schien begeistert von diesen Vögeln und meinte er wünschte sich eine zu Weihnachten, was mich zum Schmunzeln brachte, denn niemals würden wir uns eine Möwe zu legen.
Meine Hände legte ich auf seine Hüften und zog ihn näher an mich ran. Seine winzigen Arme schlangen sich um meinen Hals und er legte seinen Kopf an meinen, welcher in die Richtung des Meeres gedreht war und die leicht untergehende Sonne beobachtete.
"Hailey?", murmelte er.
"Hm", gab ich als einzige Antwort von mir und wartete auf seine Frage.
"Wo ist eigentlich Fynn und warum ist Cody jetzt bei dir?", seine Stupsnase traf auf meine Stirn, als ich meinen Kopf zu ihm drehte und er mich erwartungsvoll ansah.
Kurz dachte ich nach und versuchte mir die Worte im Kopf zurecht zu legen. Ich wollte nichts falsches sagen, obwohl es gar nichts falsches zu sagen gab. Es waren Fakten seit der ersten Sekunde an und keiner konnte sie ändern.
Meine rechte Hand wanderte zu seinem Gesicht und ich strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er sah aus, wie Dad. Die Sommersprossen in seinem Babygesicht verteilt. Die braunen Augen, die immer strahlten. Das unglaublich, süße und unschuldige Lächeln, welches er immer von sich gab und mich damit weich kriegte. Die langen, dunklen Wimpern, welche immer klimperten wenn er nach etwas bettelte und dann die noch nicht ausgeprägten, scharfen Gesichtszüge, wie bei Dad.
Mein Daumen glitt über seine Augenbraue runter zu seiner Wange und stoppte unter seinem Auge. Wieder und wieder strich mein Finger über seine noch makellose und reine Haut, die noch so einiges erleben würde. Denn Kopf lehnte er gegen meine Handfläche und starrte, geduldig wartend, in meine Augen, welche dieselbe Farbe hatte.
Das Lächeln in meinem Gesicht konnte ich nicht verbergen und tief atmete ich durch. Nur im Augenwinkle erkannte ich, dass der Himmel sich mit der Sonne bunt gefärbt hatte und uns beide umgab.
"Weißt du, Damian, manchmal ist es besser Leute gehen zu lassen auch, wenn man sie liebt. Man muss sie hinter sich lassen und neu anfangen, was nicht immer leicht sein wird, dennoch muss man es probieren. Menschen durch denen du dir selbst Schaden zu fügst, musst du gehen lassen, ob du möchtest oder nicht. Im Endeffekt ist es nur zu deinem Besten und du wirst froh darüber sein, dass du den Mut hattest sie hinter dir zu lassen. Und Fynn war so ein Mensch, den man gehen lassen musste, weil er einem geschadet und verletzt hat", eine kräftige Pause trat ein und ich starrte weiterhin in seine Augen.
"Wird Cody dich auch verletzten und dir schaden, wie Fynn?", stellte er in den Raum zwischen uns beiden und klang grübelnd, wie besorgt.
Ich wusste es nicht. Keine einzige Antwort fiel mir darauf ein. Ich war ratlos und wusste nicht auf diese Frage zu antworten, dennoch wusste ich, dass Damian wartete und eine Antwort von mir verlangte.
"Ich weiß es nicht, Baby, aber ich hoffe nicht - nein, ich flehe das es nicht so ist. Cody ist toll und bezaubernd, aber nur du, Baby, hast mein Herz für dich alleine und würdest es vor dem Schmerz schützen. Du würdest aufpassen, dass er dir mein Herz nicht wegnimmt und es zu seinem macht, nicht wahr?", fragte nun ich und ich klang verzweifelt. Es würde so sein - Damian würde es nicht zu lassen.
"Er wird dir nie Schmerz zu fügen, Hailey - ich verspreche es", somit hob er seine kleine Hand und streckte seinen kleinen Finger raus.
Ich tat es ihm gleich und meinte schmunzelnd: "Fingerschwur?"
"Fingerschwur", kicherte er und hakte dann unsere kleinen Finger ineinader, was uns beide dazu brachte auf unsere verhakten Finger zu schauen.
Ich liebe dich, Damian.
• • •
Das längste Kapitel, welches ich bis jetzt geschrieben habe. And i'm exhausted, lmao.
Meinung zu Damian, dem kleinen Babe?
- Johanna
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top