2.
Heute war Freitag und ich freute mich schon auf das Wochenende. Ich meine, wer nicht? Cassy und ich hatten uns zur Feier des Tages in der Mittagspause ein Eis geholt und saßen damit unter unserem Baum, auf dem Schulhof. >>Wer hat Kinder bitte so sehr gehasst, dass er sich gedacht hat "Hey, denen brummen wir jeden Freitag, direkt vor dem Wochenende, nachmittags noch eine Doppelstunde Sport auf. Das ist doch die Idee des Jahrhunderts!" << fragte Cassy, während sie ihr Schokoladeneis schleckte. Ich zuckte mit den Schultern. >>Das würde mich auch echt interessieren. Der Typ könnte was erleben. << Auch wenn ich in Sport super war, verstand ich nicht, was es mir bringen sollte, wenn ich einen Spagat machen konnte. Hallo? Das ist ja mal richtig bescheuert. Länger leben tat ich damit mal nicht. Also nicht, dass das bei mir relevant wäre, aber hier gings ums Prinzip. >>Außerdem, wer braucht das Wissen, wie man mit diesen Dingern richtig rumwedelt? << Mit "Dingern" meinte meine beste Freundin die silbernen Pompons, mit denen wir immer unsinnige Übungen machen mussten. >>Ich glaube sie wissen einfach nicht, was sie sonst mit uns anstellen sollen. << erklärte ich Cassy, während ich mein Vanilleeis aß. Meine beste Freundin war natürlich schon dabei ihre Waffel aufzufuttern. Wir redeten noch eine Weile, bis uns die Schulglocke wiedereinmal zurück ins Gebäude rief. Mittlerweile hatte auch ich mein Eis gegessen und so machten wir uns, mit unseren Sporttaschen im Gepäck, auf zur Sporthalle. Wie immer waren wir als Erste da. Das hatten wir uns zur Gewohnheit gemacht, da wir nicht die geringste Lust auf Ambers blöde Sprüche hatten. Egal ob es unsere Unterwäsche, die Aussage, dass Cassy angeblich fett war, oder meine Narben waren, die ihr nicht in den Kram passten, irgendwas fand sie immer. Und ja, auch ich hatte Narben. Falls ihr es nicht mitbekommen habt, auch Götter können verstümmelt werden, und das war bei mir definitiv der Fall. Zwar heilte bei mir alles mindestens dreimal so schnell wie bei Sterblichen aber ein paar Sachen hatte ich in den Jahren doch abgekriegt. Bei manchen Sachen halfen weder Nektar und Ambrosia noch die geerbten Heilkräfte von Apollo oder die enorm schnelle Heilung bei Unsterblichen etwas. Als Cassy und ich schon in die Halle liefen, kamen auch unsere Klassenkameradinnen in die Umkleide. Die Tür fiel hinter uns zu und wir setzten uns an die Wand. Natürlich mussten wir auch in dieser Stunde, wie immer, dämliche Cheerleader-Übungen machen und mit Bändern in der Luft rumwedeln. Mit etwas Blöderem kann man seine Zeit echt nicht verbringen. Mir tut Cassy jede Sportstunde leid, dass sie ihre begrenzte Lebenszeit mit so einem Müll verbringen muss. Amanda tut mir echt nicht leid dafür. In dieser Stunde brach sie sich einen der pink lackierten Nägel ab. Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und sie erdolchte mich mit ihren Blicken. Nach der Stunde kam sie zu mir und zischte mir ins Gesicht: >> Das wirst du büßen Streberin! << Ja, ganz sicher. >>Ich will ja nichts sagen, aber ich kann aus fünf Metern Entfernung niemandem einen hässlichen Nagel abbrechen. Das kann niemand Amberchen. << Doch, klar hätte ich gekonnt, aber gemacht habe ich es nicht. Ihr Gesicht wurde vor Zorn rot und sie rauschte mit ihren Freundinnen davon. >>Miststück! << Ich schüttelte den Kopf. >> Ich glaube sie regt sich ein bisschen auf. << Cassy grinste. >>Man könnte es fast meinen. << stimmte sie mir ernst zu, bevor sie einen Lachanfall bekam. Als ich nochmal an Ambers dummes Gesicht dachte, konnte ich gar nicht anders, als mitzumachen. Wir schlenderten aus dem Gebäude und über den Hof, als wir von einer Stimme zurückgehalten wurden. >>Bianca! << Ich drehte mich zusammen mit der halben Schule um. Auf dem Parkplatz stand ein, mir wohlbekannter, roter Sportwagen, an dem ein, mir ebenfalls wohlbekannter, blonder Mann lehnte. Er schien regelrecht zu leuchten und alle starrten ihn an. Was zum Hades machte mein Großvater hier? Cassy sah mich fragend an. Ich versprach ihr stumm, dass ich ihr erzählen würde, wer das war, sobald wir alleine waren. Sie nickte leicht. Dann lief ich auf Apollo zu und nahm ihn in den Arm. >>Wie geht's dir, meine Kleine? << fragte er als er mich losließ. >>Alles wie immer. Und warum warst du letze Woche nicht zu Hause?<< Er grinste. >>Auch ich habe hin und wieder was zu tun, Sunshine. Aber darum dachte ich mir, dass ich dich heute mal abholen könnte. << Ich grinste zurück. >>Was verschafft mir die Ehre? << Er hielt mir die Beifahrertür auf. >>Darf man seine Enkelin nicht abholen? << Ich war mir sehr wohl bewusst, dass uns der halbe Hof hören konnte. Vermutlich fragten sich gerade so ungefähr... naja... ALLE, wie dieser "zwanzigjährige" Mann mein Großvater sein konnte. Das war auch echt verwirrend. Wenn er sich zwei Jahre jünger aussehen ließe, könnte er glatt als mein Freund durchgehen. Ich warf meinen Rucksack auf die Rückbank und wollte gerade einsteigen, als ich bemerkte, dass Cassy mich verdattert anstarrte. >>Können wir jemanden mitnehmen? << fragte ich Apollo leise. Er nickte und ich lief zu Cassy. >>Willst du mitfahren? << "Ich erkläre es dir gleich" ergänzte ich mit meinen Augen. >>Ja gerne. << Ich setzte mich mit Cassy auf die Rückbank und schloss die Tür. Apollo startete und gab Gas. Und das ziemlich laut. >>Warum nimmst du immer das laute Modell für sowas, Grandpa? << fragte ich ihn. Ich spürte regelrecht wie uns die ganze Schule nachsah. Apollo zuckte mit den Schultern. >>Will sagt doch immer, dass ich auf dramatische Auftritte stehe. Tja, vermutlich hat mein Sohn Recht. << erklärte er mir. >>Ja, Dad hat recht. << pflichtete ich ihm bei. Cassys Gesichtsausdruck wurde immer verwirrter. >>Was ist hier eigentlich los. Und wer zum Teufel sind Sie? << Apollo verzog das Gesicht. >>Wärst du bitte so nett und unterlässt das mit dem Teufel? Danke! Und ich bin Biancas Großvater. Freut mich, Kleine. << Er sah zu uns nach hinten, während er sich durch den New Yorker Verkehr schlängelte. Er hielt Cassy eine Hand hin und sie schlug misstrauisch ein. Dabei sah sie ängstlich durch die Windschutzscheibe. >>Cassy, freut mich auch. Könnten Sie vielleicht auf den Verkehr achten, Sir? << Das Letzte war etwas lauter. Apollo wandte sich wieder nach vorne. >>Ups, ich vergesse immer, was in dieser Welt auf den Straßen los ist. Lust auf einen Kaffee?<< Das war typisch Apollo. >>Ja klar, und darf ich dich daran erinnern, dass in diesem Wagen eine Person sitzt, die nicht so ist wie du? << Das Letzte zischte ich. Er hob entschuldigend die Schultern und steuerte einen Parkplatz an. Wir stiegen aus, Cassy auf ziemlich wackligen Knien. >>Wer zum Teufel ist das? <<Apollo hatte das mit dem Teufel, den Göttern sei Dank, nicht gehört. Er war schon ein Stück vorgegangen. Wir folgten ihm schnell. >>Er ist mein Grandpa, wie schon gesagt. << Cassy runzelte die Stirn. >>Der Typ ist jünger als dein Dad, Bianca. << Nein, er sah nur jünger aus. Das sagte ich ihr auch. Sie sah nicht gerade überzeugt aus. Wir betraten ein kleines Café und setzten uns in eine der Nischen. Eine freundliche Kellnerin kam zu uns. >>Was kann ich Ihnen bringen? << Sie lächelte uns freundlich an und ich sah, dass sie Apollo gefiel. Ich stöhnte innerlich. Konnte er das nicht ein einziges Mal lassen? Er bestellte drei Kaffee und zwinkerte der Kellnerin zu, woraufhin diese mit roten Wangen hinter dem Tresen verschwand. Ich boxte ihm in die Seite. >>Untersteh dich! Hütte sieben ist schon voll genug. << Er rollte mit den Augen und Cassy sah noch verwirrter aus. Die Getränke kamen und ich nahm einen Schluck. >>Also was zum...was ist hier los? << Ich trank auch einen Schluck. >>Darf ich annehmen, dass sie nicht weiß, wer du bist? << fragte Apollo an mich gewandt. Ich schüttelte den Kopf. >>Klar weiß ich, wer Bianca ist! Es ist ja nicht so, dass sie ein Doppelleben führt oder so. << erklärte Cassy bestimmt. >>Bianca, irgendwann kriegt sie es raus. << redete mir mein Großvater ins Gewissen, ohne auf ihre Worte einzugehen. Er hatte anscheinend bemerkt, dass ich nicht wollte, dass sie es erfuhr. So sehr ich sie auch lieb hatte, ich hatte Angst das sie mich für ein Monster hielt. In gewisser Weise war ich ja auch eines. Auf jeden Fall aus Sicht der Sterblichen. >>Na gut. << Apollo hatte gewonnen. Cassy zog eine Augenbraue hoch. >>Eigentlich könnte man es schon ein Doppelleben nennen, finde ich . << Mein Grandpa trank gelassen einen Schluck Kaffee, während meine beste Freundin ungläubig von ihm zu mir und wieder zurück sah. >>Wie bitte? << Ich schluckte und versuchte mir selbst Mut zu machen. >>Es ist so Cassy....<<
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