Kapitel 63

An der Wand entlang hangelnd, versuchte ich ein paar Schritte auf den dünnen Kufen zu machen. „Ich versuche mal selber zu fahren", meinte Chan und lies mich los. Sein 'Fahren' sah aus einer Reihenfolge aus Stolpern und mit den Armen herumrudern aus. Das war so lustig, dass ich lachen musste. „Hey! Wetten du siehst auch nicht besser aus. Komm, fahr zu mir, wenn du dich traust!" Ich wollte mich gerade zu Chan fortbewegen, als ich Seungmin mit den kleinen Mädchen an uns vorbeifahren sah. Jaemi und Yoona hatten richtig viel Spaß. Ich hörte sie die ganze Zeit lachen. Seungmin passte auf, dass sie nicht hinfielen und hatte beide fest an den Händen.

„Hey Dad! Schau doch nur, wir können fast selber fahren!", rief Jaemi zu mir, doch ich konnte ihr nicht antworten, denn wenn das bedeutet, das Seungmin auf unsere Töchter aufpasste, dann müsste Jisung hier irgendwo sein. Panisch schaute ich ihn um. Es war viel zu gefährlich hier alleine aufzuhalten, wo er doch schwanger war. Was wenn er fiel? Ich wollte wirklich nach ihm rufen, mir egal, ob ich dumm angeschaut werde, das war mir damals in der Schule auch egal gewesen, als Jisung im Flur zusammengebrochen war, als ich Jisung an mir vorbeiflitzen sah. Für einen Moment vergaß ich meine Sorge um ihn und schaute ihm zu. Er war wunderschön, wie er sich auf dem Eis wie ein Eisprinz fortbewegte. „Wow", sagte ich leise und blieb auf den Eis stehen. „Appa kann das so gut!", meinte Yoona begeistert. „Jetzt ist das Geheimnis wohl raus. Jisung ist früher gern eislaufen gegangen, als er noch zur Schule ging." Und wieder bezauberte mich Jisung aufs neuste. Wie kann so ein Mensch so wundervoll sein?

„Dad können wir eine Pause machen? Ich bin müde", sagte Jaemi. Sofort riss ich mich aus meiner Jisungtrance raus. Stimmt, ich musste besonders gut auf Jaemi wegen ihrem Asthma aufpassen. „Sicher. Kannst du gut atmen?" Jaemi nickte und seufzte erleichtert auf. Wenigstens war Jaemi gerade nicht in Gefahr. Im Gegensatz zu Jisung. Sofort rollte meine Sorge um ihn wie Wellen über mich. Ich muss unbedingt zu ihm und ihn aufhalten. Egal ob er in seiner Schulzeit gut eislaufen konnte. „Seungmin? Kannst du mit den Mädchen eine Pause machen? Ich muss Jisung vom Eis holen."

„Aber Jisung hat gerade so viel Spaß auf den Eis. Falls du dir sorgen um das Baby machst, keine Sorge. Jisung kann wirklich gut Eislaufen. Außerdem wird er sich in keine Gefahr begeben." Seine Worte brachten mir nichts, sie ließen die Sorgen nicht verstummen. „Ich darf ihn nicht verlieren!" Und schon stakste ich auf dem Eis in Richtung Mitte. „Jisung?", rief ich laut. Unter all den Menschen hier versuchte ich Jisungs gefütterte schwarze Jacke zu erkennen, doch es gab einfach so viele, die eine schwarze Jacke trugen. Dann eben durch seine hellblaue Jeans. Ich sah mich weiter um. „Suchst du mich?", drang eine Stimme hinter mir. Jisung. Erleichtert drehte ich mich um. „Ja! Komm bitte runter vom Eis. Das Baby." Jisung lachte aber nur und tätschelte seinen Bauch. „Mir passiert schon nichts und das Baby gefällt es sicher, wenn sein Appa auf dem Eis abgeht. Wollen wir ein bisschen zusammen fahren? Ich halte auch deine Hand fest."

„Dem Baby gefällt es nicht, wenn es sterben muss, falls du fällst und dich zum Verbluten bringst. Jisung, bitte."

Jisungs fröhlicher Gesichtsausdruck erstarb. „Du machst dir viel große Sorgen! Ich kann gut auf mich aufpassen, Minho." Ich packte Jisung am Oberarm und zog ihn zu mir, was ihn dazu brachte gegen mich zu fallen. „Offensichtlich nicht. Hier sind so viele Menschen und wenn dich einer anrempelt oder du die Kontrolle über die Schlittschuhe verlierst. Was dann? Dann muss ich dich beerdigen." Jisung riss sich los und funkelte mich böse an. Ich hab ihn offensichtlich seine Freude am Eislaufen zerstört. „Jetzt hör mir mal zu! Wer von uns hat den anderen so fest geschlagen, dass er deswegen zum Arzt musste? Wer von uns beiden wollte unsere Töchter in Damyang abstechen und den anderen am besten gleich dazu? Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, aber du behandelst mich so, als ob ich aus reinem Glas bin." Jisung wusste nicht, dass er es mit seinen Worten viel schlimmer als ich mich schon fühlte. Er riss mir alte Wunden auf und brachte sie zum Bluten.

Es wurde mir zu viel. Die Erinnerung an damals brachte mich um. Wie konnte ich Jisung so etwas antun? Wieso war ich so scharf darauf gewesen, diesen wundervollen Mann so zu verletzen? Ich konnte nicht mehr. Ich musste mich beruhigen, weil ich Jisung jetzt unbedingt in meine Arme schließen wollte und ihn nicht mehr gehen lassen wollte. Ich hätte ihn verloren, wenn ich ihn damals wirklich umgebracht hätte. Ich hasste mein altes Ich so sehr, dass ich es abstechen wollte. „Es tut mir Leid", meinte ich und lies ihn los. Jisung fuhr von mir weg und lies mich auf den Eis stehen. Im Moment ging es mir so schlecht, dass ich einfach nur mich verkriechen wollte, wo mich niemand stören konnte. Ich torkelte über das Eis, fiel ein paar Male hin, doch es war mir egal. Es war mir alles im Moment egal. Auch als Yoona nach mir rief, damit ich mich zu ihnen saß. Einfach nur weg. Ich wollte einfach nur weg.

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