Kapitel 10

Seraphina
Der Goldene Palast

Es war das erste Mal, dass der König nicht zum Abendessen erschien. Seraphina saß noch im selben Kleid im Speisesaal, der Kamin knisterte und wärmte den Raum angenehm. Der Herbst nahte. Während es tagsüber noch warm war, wurde es Abends doch so kühl, dass sie froh über die Kamine war, die überall im Palast verteilt waren.

Sie war sich nicht sicher gewesen, ob der König noch auftauchte, bis eine Wache gekommen war und es offiziell verkündet hatte, dass er nicht mehr erscheinen würde. Also saß sie alleine an dem großen Tisch, mit all den Speisen vor sich. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht darüber sein sollte, dass er nicht kam. Seit dem Beinahe-Kuss, war sie hin und hergerissen zwischen dem Gefühl des Schams und der Erregung.

Ihr Appetit blieb an diesem Abend aus, weswegen sie bloß nach dem Brot griff und dann den Speisesaal verließ. Linn, die vor der Tür wartete, schaute sie überrascht an.

"Der König schafft es heute wohl nicht", erklärte Seraphina ihr den Grund, weshalb sie bereits so früh wieder auftauchte

"Oh", erwiderte Linn mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.

"Ich glaube, ich würde gerne ein warmes Bad nehmen", sagte Seraphina mit einem Lächeln, als sie ihr Gemach betraten.

"Natürlich, ich lasse schon mal heißes Wasser ein. Ich rufe euch, sobald es fertig ist"

"Danke, Linn", Seraphina lächelte dankbar, Linn verbeugte sich mit einem Lächeln, ehe sie im Bad verschwand. Seit sie die Magie an Cedrics Fingerspitzen gesehen hatte, wollte sie ihrer eigenen Magie auf den Grund gehen.

Während ihre Zofe sich um das Bad kümmerte, löste Seraphina die Träger ihres Kleides von den Schultern. Das rosa Satin Kleid floss auf den Boden. Vorsichtig schlüpfte sie aus den hohen beigefarbenen Schuhen und stieg über das Kleid hinweg. Nur kurz betrachtete sie sich in ihrem Spiegel. Seit etwas mehr als einer Woche war sie nun hier und sie war immer noch ein wenig zu dünn. Sie schaute auf ihre Finger herab, deren Spitzen noch immer leicht bläulich waren. Als wollten sie auf den Blick antworten, kribbelten sie leicht.

"Das Bad ist fertig"

"Danke"

"Braucht ihr Hilfe?"

"Ich denke, ich bade alleine. Aber du kannst vor der Tür warten"

Linn nickte.

Langsam schloss Seraphina die Tür hinter sich. Sie schlüpfte aus ihrem Höschen und ließ sich langsam in die warme Wanne gleiten. Ein lautes Seufzen entglitt ihren Lippen, als das Wasser sie empfing.

Sie fuhr mit ihren Fingern über die Wasseroberfläche, als das Kribbeln stärker wurde. Sie legte die Fingerspitzen ihres Daumens und Zeigefingers aneinander und tat so, als ziehte sie am Wasser. Ein Tropfen löste sich und schwebte in der Luft. Freude machte sich in ihrem Herzen breit. Sie drehte die Handfläche unter die kleine Wasserkugel. Langsam ließ sie sie höher schweben. Ihr Puls war ruhig, doch sie spürte das Kribbeln der Magie durch ihre Adern fließen. Es war das erste Mal, seit sie hier ohne Erinnerung aufgewacht war, dass sie das Wasser bändigte. Es überhaupt versucht hatte. Als sie die andere Hand darauf zu bewegte und mit ihrem Finger die Kugel berührte, schnappte sie nach Luft. Bilder schossen durch ihr inneres Auge und ihr Kopf fiel in den Nacken, als sie weitere Erinnerungen empfang. Diesmal war es keine einzelne Erinnerung, sondern mehrere Szenen die nacheinander auf sie einprasselten.

» Ihre Mutter, wie sie mit ihr das Wasser bändigte am Fluss hinter dem Palast. Dann wechselte das Bild zur Klippe, wo sie ihren Vater sehen konnte, der besorgt über das Meer blickte. Erneut blitzte es vor ihren Augen auf und sie sah, wie ihre Mutter ihr eine Kette um den Hals legte, mit einem weißen, leuchtenden Stein in der Mitte.

"Pass darauf auf, als sei es dein eigenes Leben", hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Plötzlich ertönten Schreie. "Renn, renn so weit du kannst".

Seraphina schnappte erschrocken nach Luft, stattdessen drang jedoch Wasser in ihren Mund. Der seifige Geschmack legte sich auf ihre Zunge und sie versuchte erneut, panisch einzuatmen. "Seraphina", ihr Name drang nur dumpf zu ihr hindurch. Plötzlich wurde sie von zwei Händen gepackt und nach oben aus dem Wasser gezogen. Ein Husten überkam sie und ihre verschwommene Sicht klarte langsam auf.

"Linn", ihre Stimme war rau, als sie ihre Zofe vor sich erblickte. Erneut musste sie husten.

"Was im Namen von Aelith", Linns Stimme war laut und panisch,

"Wenn ihr versucht euch das Leben zu nehmen, muss ich das melden".

"Was?", verwirrt schaute Seraphina Linn an, "ich habe nicht versucht...", sie beendete den Satz nicht.

"Was war das dann gerade?", fragte Linn.

"Ich... habe mich an ein paar Dinge erinnert", flüsterte sie leise.

Linns Augen wurden groß und sie ließ sich langsam auf den Boden sinken.

"Ist das letztens auch schon in der Bibliothek passiert?", fragte Linn ebenfalls leise.

Seraphina nickte.

"Weiß der König davon?"

"Ja"

Linn schwieg.

"Ich würde jetzt glaub ich gern raus", murmelte Seraphina.

Sofort sprang ihre Zofe auf und holte ein Handtuch, in das sie Seraphina wenige Sekunden später einwickelte. Dabei fiel ihr auf, dass Linns Kleid bei der Rettungsaktion komplett durchnässt worden war.

"Nehmt eins meiner Kleider. Ihr seid total nass", sagte Seraphina.

"Aber, das geht nicht", stotterte Linn.

"Ich befehle es. So könnt ihr nicht rausgehen. Man sieht alles", sagte Seraphina sanft. Linns Wangen wurden rot, als sie an sich selbst herunter sah. Das cremefarbene Dienstboten Kleid war nass und durchsichtig geworden.

"Okay, danke MyLady", murmelte Linn verlegen.

"Ich danke euch. Wie es aussieht, schulde ich euch mein Leben", lächelte Seraphina.

Als sie wieder in ihrem Gemach war, reichte Seraphina ihr ein schlichtes dunkelrotes Kleid.

Verlegen zog Linn es an. Linn war kleiner als sie, weswegen sie beinahe über den Stoff stolperte.

"Nur solange mein Kleid trocknet", sagte Linn und hing ihr Kleid an den Kamin.

"Bleibt doch solange hier", lächelte Seraphina, während sie das Handtuch aufhing und in ihr Nachtkleid schlüpfte.

"Kann ich euer Haar flechten? Dann wird es morgen wunderschöne Wellen haben", schlug Linn vor, woraufhin die Königin von Mondalia nickte.

"Gerne"

Den restlichen Abend unterhielten sie sich über den Sonnentagsball, der in ein paar Tagen wieder stattfinden würde und welches Kleid sie wohl anziehen sollten.

Auch zum Frühstück blieb Cedric fern. Langsam begann Seraphina sich Sorgen um den jungen König zu machen. Nachdem er gestern wutentbrannt zur Ratsversammlung verschwunden war, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Ihr war jedoch auch nicht danach, mit ihm über den Beinahe-Kuss zu reden und mit jeder Sekunde, die sie ihn nicht sah, geriet dieser Moment immer mehr in Vergessenheit – zumindest hoffte sie das.

Nachdem sie einen Apfel gegessen und ihren Rooibos-Tee leergetrunken hatte, verließ sie den Speisesaal.

"Der König war wieder nicht da", murmelte sie, während sie gemeinsam mit Linn den Gang entlang lief.

"Manchmal taucht er für ein paar Tage unter", erwiderte Linn leise und zuckte mit der Schulter.

"Wirklich?"

"Ja, scheinbar geht er dann auf Jagd. Oder macht einen Ausflug nach Drachenfels"

"Drachenfels?"

"Die Vulkanstadt. Sie ist circa zwei Tagesritte entfernt"

"Oh", Seraphina nickte.

"Wird er denn zum Sonnentagsball wieder da sein?", sie wusste, wie es klang. Es klang, als wünschte sie seine Anwesenheit. Sie konnte nicht leugnen, dass sie seit der Situation im Garten immer wieder an ihn denken musste und sich nach seiner Nähe sehnte.

"Ich bin mir sicher, dass der König das unter keinen Umständen verpassen will", sagte Linn leicht lächelnd, wodurch Seraphinas Wangen rot wurden. Dieses Mal beschloss Seraphina, nicht die Bibliothek aufzusuchen, sondern mit Linn ein wenig durch den Garten zu spazieren.

Die Tage vergingen, in denen Seraphina viel Zeit im Garten verbrachte. Sie mochte den Duft von Nelken der in der Luft hin und die Vögel, die fröhliche Lieder durch die Lüfte sangen. Die letzten Sommertage vergingen und eine kühle Brise ließ ihre Haut kribbeln. Es war nicht so, dass sie die Suche nach der Wahrheit aufgegeben hatte, aber sie brauchte Abstand davon. Sie musste mal auf andere Gedanken kommen und aus irgendeinem Grund, wollte sie auch all die Sorgen für einen Moment vergessen und das gelang ihr durch Spaziergänge durch den großen Palastgarten hervorragend. Sie verdrängte die Sorgen und Ängste, die sie die letzten Wochen mit sich getragen hatte.

Linn begleitete sie erneut durch den Garten.

"Ich habe euer Kleid für den Sonnentagsball heute abgeholt. Es wird euch so gut stehen", schwärmte sie und Seraphina lächelte sie schief an. Manchmal begegneten sie Rosalind, die wohl immer noch viel Freude dabei empfand, sie mit Blicken zu erdolchen. Aber Seraphina ließ sich davon nicht einschüchtern. Sie lächelte bloß zurück, was Rosalind wohl nur noch mehr an den Rand des Wahnsinns trieb. Danach musste Linn häufig kichern. Ihr schien es wohl zu gefallen, dass Rosalind sich ärgerte.

Eine Weile liefen sie noch durch den Garten, ehe sie sich auf den Weg zum Goldenen Palast machten.

Während sie den Kiesweg entlang liefen, dachte Seraphina an die Berührungen von Cedric und es kribbelte erneut an den Stellen, an denen er sie berührt hatte.

Es wunderte Seraphina fast nicht mehr, als Cedric auch zu diesem Abendessen nicht auftauchte, daher kehrte sie gemeinsam mit Linn zügig wieder zu ihrem Gemach zurück, um sich für den Sonnentagsball fertig zu machen.

Linn holte ein dunkelrotes Kleid hervor, welches goldene Flammen am Saum bestickt hatte, die sich bis nach oben schlangen und unter den Körbchen des Korsetts endeten. Langsam zog Seraphina das Kleid an. Es lag bis zu ihrer Hüfte eng an ihrem Körper und floss dann gerade herunter. Die Korsage sorgte dafür, dass ihre kleinen Brüsten hervorgehoben wurden und die breiten Träger ließen sie elegant und zierlich zugleich wirken.

"Linn, das ist zu viel", murmelte sie schüchtern, als sie in den Spiegel schaute.

"Ach was, wisst ihr überhaupt, wofür dieser Ball vor allem gut ist?", fragte Linn mit einem frechen Grinsen.

"Er soll Partnerschaften knüpfen. Vor allem bei den anwesenden Fae. Der Fae Wein löst die Sorgen und die Hemmungen und es geht vor allem um die Verführung. Ist euch nicht aufgefallen, was die anderen Fae letztes Mal getragen haben?", fragte Linn.

Tatsächlich war es Seraphina nicht aufgefallen. Sie hatte sich voll und ganz auf Cedric konzentriert. Sie schüttelte vorsichtig den Kopf.

"Vertraut mir", sagte Linn lächelnd und Seraphina tat es.

Eine Stunde später, war sie fertig. Linn hatte sich selbst übertroffen.

Ihre Haare hatte sie halb offen und halb geschlossen frisiert, so dass sie sich hinten über ihren Rücken wellten und vorne ihr Gesicht frei ließen. Die Wangenknochen hatte sie mit Rouge ein wenig hervorgehoben und goldener Lidschatten schimmerte auf ihren Augenlider. Mit einem rostroten Kajal, hatte sie ihr oben und unten feine Lidstriche gezogen, die ihre dunkelblauen Augen hervorstechen ließen. Ihre Lippen waren ebenfalls in einem rostroten Ton, der das Gold in ihrem Kleid auffing und widerspiegelte.

"Okay, wow", hauchte Linn, als sie von Seraphina weg trat, die sich ebenfalls überrascht im Spiegel betrachtete.

"Linn, das ist unglaublich", flüsterte Seraphina.

"Hier", sagte Linn und reichte ihr noch goldene Ohrringe und eine goldene Kette, die sich sanft an ihre Schlüsselbeine schmiegte. Erneut erinnerte Seraphina sich an Cedrics Berührungen und ihre Wangen fingen an, sich zu erwärmen.

"Man wird die Augen nicht von euch lassen können", lächelte Linn und klatschte begeistert in die Hände.

Seraphina wurde bloß noch röter. "Sagt doch sowas nicht", murmelte sie verlegen.

Der Ball war bereits in vollem Gange. Wie auch das letzte Mal, schien man hier nicht auf den König zu warten. Er war schließlich für den Hof und nicht für den König, auch wenn er sich ebenfalls daran zu erfreuen schien, laut seinen Worten, die er letztes Mal darüber verloren hatte.

Ein paar Fae, die man an ihren spitzen Ohren erkennen konnte, feierten bereits auf der Tanzfläche. Ein Mensch lief mit einem Tablett mit Fae Wein durch die Menge und Seraphina und Linn griffen direkt nach einem Glas. "Habt Ihr eigentlich jemanden hier, den Ihr ins Auge genommen habt", fragte Seraphina mit beiläufigem Ton an Linn gewandt, welche sich mit roten Wangen abwandte, den Blick jedoch auf einen jungen Fae am anderen Ende der Tanzfläche gerichtet.

"So so, wer ist er?", fragte Seraphina neugierig und hob die Augenbrauen.

"Er arbeitet als Koch", flüsterte Linn, "aber er kennt mich kaum".

"Dann sollten wir das ändern", Seraphina zog ihre Zofe sanft über die Tanzfläche in Richtung des jungen Fae, dessen rote Haare wild in alle Richtungen abstanden.

"Arian", stammelte Linn als Begrüßung.

"Linn?", fragte der Fae, ehe er sich an Seraphina wandte und sich verbeugte.

"Das ist Lady Elara", stellte Linn die Königin von Mondalia vor, ohne diesen Teil jedoch zu verraten.

"Freut mich euch kennenzulernen, Arian. Das Essen hier ist vorzüglich, ich denke, ihr seid unter anderem der Grund dafür?", sagte Seraphina höflich.

Arians Wangen färbten sich rot, sodass sie beinahe dieselbe Farbe wie seine Haare annahmen.

"Das freut mich sehr, ich gebe mir große Mühe", sagte er verlegen.

"Linn ist auch hin und weg vom Essen, hat sie mir erzählt", Linn schaute Seraphina mit einem schockierten Blick an.

"Wirklich?", Arians Blick wanderte zu Linn, wo er verharrte.

Von wegen, er kannte sie kaum. Seraphina wurde klar, dass er hin und weg von Linn war, als er noch röter wurde und seinen Blick nicht von ihr abwenden konnte.

Linn hatte sich ebenfalls zurechtgemacht. Ihr oranges Kleid war kurz mit viel Tüll, aber nicht weniger verführerisch. Es passte zu ihrer frechen Art, die sich nun aber vor dem jungen Fae in Luft aufgelöst hatte. Zaghaft nickte sie mit roten Wangen, was Arian ein Lächeln aufs Gesicht zauberte.

"Wollt ihr tanzen?", fragte er schüchtern, woraufhin sie erneut nickte.

"Gerne", hauchte sie und ließ sich von dem Fae auf die Tanzfläche ziehen. Lächelnd schaute Seraphina ihrer Zofe nach, die sich kurz zu ihr umdrehte und sie mit großen ungläubigen Augen anschaute.

Die Musiker spielten ein heiteres Lied, das von einer jungen Fae-Prinzessin handelte, die sich in einen Bauernjungen verliebte. Immer mehr Fae begannen auf der Tanzfläche zu tanzen.

Seraphina stellte ihr leeres Glas mit Fae Wein ab und nahm sich ein neues volles Glas, während sie Linn dabei zusah, wie sie mit Arian tanzte.

"Ihr wart heute gar nicht in der Bibliothek", ertönte plötzlich die Stimme von Amaria neben ihr. Sie schien ebenfalls Linn zu beobachten.

"Ja, wir waren heute stattdessen spazieren", erwiderte sie.

Amaria schwieg eine Weile.

"Ich weiß, dass ihr die Prinzessin seid", sagte sie dann leise.

Seraphina schaute zur Bibliothekarin.

"Und wenn ich euch mehr erzählen könnte, würde ich es", sagte sie mit zusammengepressten Lippen.

"Was meint ihr damit? Gibt es etwas, dass ihr mir sagen wollt?", fragte Seraphina.

"Oh, es gibt vieles, das ihr wissen solltet. Über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Selurana gesegnete Königin", sagte Amaria geheimnisvoll.

"Dann sagt es mir", flüsterte Seraphina leise.

"Das kann ich leider nicht", antwortete Amaria, "ihr solltet versuchen, einen Ausflug in die Kristallstadt zu machen". Sie schaute Seraphina nicht mehr an, als sie in der Menge verschwand. Stirnrunzelnd schaute Seraphina ihr hinterher und nippte nachdenklich an dem Wein.

Warum hatte ihr Amaria dazu geraten, die Kristallstadt zu besuchen? Vielleicht konnte sie König Cedric darum bitten, sie dahin zu begleiten.

Der Wein schmeckte süßlich auf ihrer Zunge, nach Beeren und Honig. Die Musiker spielten fröhlich weiter und die Stimmung im Saal wurde immer ausgelassener.

Ihre Aufmerksamkeit wurde auf die große goldene Eingangstür gelenkt, als sie sich schwungvoll öffnete und der König den Ballsaal betrat. Eine dunkelrote Weste zierte seine nackte Brust. Wie auch die restlichen Kleidungsstücke des Königs, war auch dieses mit goldenen Knöpfen und Stickereien versehen. Seraphinas Herz begann schneller zu schlagen. Er sah mal wieder verführerisch gut aus.

Sein Blick glitt über den Saal und blieb bei ihr hängen, wodurch ihr die Luft weg blieb. Dicht hinter ihm war Morgana. Er lief auf den Thron zu, jedoch ohne Seraphina aus den Augen zu lassen. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Sie atmete tief ein, um den Blickkontakt abzubrechen. Im selben Moment kam Linn angelaufen.

"Tanzt mit mir!", forderte Linn sie angeheitert vom Wein auf.

Seraphina erwiderte das Lächeln, während sie ihr zur Tanzfläche folgte. Gemeinsam tanzten sie einen wohl für Ardora traditionellen Fae-Tanz, den Seraphina jedoch schnell raus hatte. Hüpfend befolgte sie die Schrittfolge, bis sich ein großer Kreis bildete, bei dem sich die Tänzer gegenseitig die Hände hielten. Vor Freude lachte sie und auch Linn konnte nicht aufhören zu grinsen.

Langsam aber sicher stieg ihr der Fae-Wein zu Kopf und die Welt wurde immer bunter und glänzender. Ihre Sinne waren verschwommen und geschärft zugleich. Als das nächste Lied gespielt wurde, sprach ein Fae sie an und bat sie um einen Tanz. Ihre Stimmung war zu ausgelassen, um es zu verneinen, daher legte sie ihre Hand auf seine und ließ sich in den Tanz ziehen.

Sie tanzten fröhlich, seine Hand in ihrer und er drehte sie immer wieder, was sie zum Lachen brachte. Als sie sich erneut drehte, spürte sie plötzlich eine Hand an ihrer Taille. Im nächsten Moment wurde sie weggezogen an eine starke Brust. Überrascht blickte sie nach oben. Gebräunte Haut, blonde Haare und Bernsteinfarbene Augen. König Cedric.

Er schaute verärgert über sie hinweg und als sie sich umdrehte, konnte sie sehen, wie der Fae, mit dem sie zuvor getanzt hatte, nach hinten stolpernd von der Tanzfläche verschwand und die Hände abwehrend erhoben hatte.

Als sie wieder zu Cedric schaute, lächelte er sie nun schief an.

Sie lächelte zurück und ließ sich von ihm durch die Musik führen. Seine Hand an ihrer Taille hinterließ erneut ein warmes Prickeln. Langsam fuhr ihre Hand zu seinem Nacken.

Linn hatte Recht gehabt, der Fae Wein wirkte enthemmend.

Cedric's Mund öffnete sich leicht und er schloss seine Augen, als sie mit ihren Fingern sanft über seinen Nacken strich. Seraphina fühlte sich dazu verführt, ihn zu küssen, aber sie war noch genug bei Verstand, um es nicht zu tun. Sie bewegten sich flüssig zur Musik. Seine Arme gaben ihr Sicherheit und Wärme, wonach sich ihr Herz sehnte.

Das Lied endete und ein neues begann, aber das bekam Seraphina nur am Rande mit. Ihre ganze Aufmerksamkeit lag auf dem König, in dessen Augen sie ein loderndes Feuer von Leidenschaft erkennen konnte. Als das nächste Lied ebenfalls endete, nahm er ihre Hand und zog sie aus dem Ballsaal hinaus zum Garten. Ihr aufgewärmter Körper freute sich über die kühle Abendluft, die sie empfing. Gerade als sie um die Ecke gelaufen waren, zog der König sie wieder zu sich. Überrascht legte sie ihre Hände an seine Brust und schaute zu ihm auf. Das Feuer in seinen Augen wütete nun vielmehr und er legte eine Hand an ihren Nacken, ehe er sich hinunter bog und sie in einen Kuss zog. Seine Lippen waren weich und fordernd zugleich, als sie ihre trafen. Überrascht keuchte sie, ehe sie sich dem Kuss hingab und zufrieden seufzend die Augen schloss. Sie lehnte sich an ihn, während seine Zunge über ihre Unterlippe strich und um Einlass bat, den sie ihm gerne gewährte. Langsam öffnete sie ihre Lippen und ein Kribbeln fuhr durch ihren Körper, als sich ihre Zungen trafen. Cedric stöhnte. Seine Hände fuhren von ihrem Nacken hinunter, ihre Schulter entlang und hielten an ihren Hüften. Der Griff war fest. Auch Seraphinas Hände wanderten von seiner Brust zu seinen Schultern, in die sie sich fest krallte, als sie ebenfalls leise stöhnen musste. Mit einem Ruck hob er sie hoch und presste sie an die Außenwand des Palastes. Der Marmorstein war kühl an ihrem freien Rücken, aber ihr war so heiß von den Berührungen, dass es sie nicht störte. Sie schlug ihre Beine um seine Hüfte und stöhnte erneut, als er sich an sie drängte. Sein Verlangen nach ihr spürte sie deutlich zwischen ihren Beinen, während sie sich noch immer leidenschaftlich küssten. Langsam fuhren ihre Hände in seine Haare, während er seine Lippen löste und ihren Hals stattdessen küsste.

"Sera", hauchte er, was sie keuchen ließ. Ihren Namen aus seinem Mund zu hören, ließ sie schmelzen.

Er löste seine Lippen von ihrem Hals und schaute sie eine Weile atemlos an. Seine Augen hielten ihre gefangen, während sie ebenfalls nach Luft rang.

Zu ihrer Enttäuschung ließ er sie wieder auf den Boden und löste sich von ihr. Ihre Knie waren weich und sie hatte Angst, sich nicht halten zu können

"Ihr seid eine Versuchung", flüsterte er. Seine Augen waren noch immer voller Verlangen, leuchteten wie Feuer. Seraphina realisierte, dass es ihm viel Mühe kostete, sich dem nicht hinzugeben.

Ihre geröteten Wangen wurden eine Spur wärmer und sie senkte den Blick.

"Cedric", flüsterte sie verlegen und er knurrte.

"Sagt meinen Namen noch einmal so und ich werde mich nicht zurückhalten können"

Sie schaute zu ihm.

"Ich habe Euch seit dem Spaziergang nicht mehr gesehen", flüsterte sie weiter.

"Ich war in Drachenfels", erklärte er und seufzte. Entweder aus Erleichterung über den Themenwechsel, oder aber weil er nicht darüber reden wollte. Seraphina war sich da nicht sicher.

"Was habt ihr da getan?", fragte sie vorsichtig.

"Ich muss jeden Monat dorthin und ein paar Pflichten erfüllen", sagte er vage und deutete mit einer Bewegung an, ein wenig zu spazieren.

Seraphina richtete ihre Haare, ehe sie ihm durch den Garten folgte.

Auch wenn sie neugierig war, akzeptierte sie, dass er nicht mehr darüber verriet.

"Ich wollte euch etwas fragen", fing sie stattdessen an. Interessiert schaute er zu ihr.

"Könntet ihr mit mir einen Ausflug in die Kristallstadt machen?".

König Cedric spannte sich an.

"Ich habe keine Zeit für solche Ausflüge. Außerdem solltet Ihr dort nicht hingehen", antwortete er gepresst.

"Wieso sollte ich dort nicht hingehen?", fragte sie verwirrt.

"Die Stadt ist derzeit sehr unruhig und Rebellen sind überall. Ihr solltet dort nicht gesehen werden. Ihr seid zu auffällig mit eurem Haar", sagte er.

Seraphina schwieg, während sie weiter durch den Garten schritten und dachte über seine Worte nach. Hieß das, sie war im Goldenen Palast gefangen? Der Gedanke gefiel ihr ganz und gar nicht.

Die Wege wurden durch kleine Laternen erleuchtet und Glühwürmchen flogen zwischen den Blumenbeeten entlang.

"Was habt ihr vor, um die Lage zu beruhigen?", fragte sie nach einer Weile.

"Ich werde ein paar Exempel statuieren müssen", sagte er mit einem harten Tonfall.

"Wie sehen diese Exempel aus?", fragte sie weiter und merkte, wie ihr Angst und Bange wurde. War König Cedric so grausam, dass er jemanden umbringen würde?

"Ich denke nicht, dass dies Themen sind, die man mit einer Dame während eines Spazierganges im Garten besprechen sollte", sagte er eine Spur zu harsch. Scheinbar fragte sie ihn zu viel. Seraphina löste sich von ihm.

Er schaute nicht zu ihr, sondern bloß in die Dunkelheit hinein.

"Sagt es mir", flüsterte sie leise.

"Wir sollten zurück zum Ball", sagte er und lief den Weg zurück zum Palast. Sie schaute ihm eine Weile hinterher, ehe sie ihm folgte.

Die Aufregung vom Kuss war schlagartig der Sorge gewichen, dass König Cedric auch eine gefährliche Seite haben könnte.

Der König hatte sich wieder zum Thron begeben und sie geflissentlich ignoriert, was sie ärgerte. Sie würde sich nicht so behandeln lassen. Sie war nicht jemand, den man in einem Moment küssen und im nächsten Moment links liegen lassen konnte. Wut in ihr stieg auf und sie beschloss, es dem König gleich zu tun. Sie ignorierte ihn und tanzte mit Linn. Sie würde sich diesen Abend nicht vermiesen lassen. Nur diesen Abend, wollte sie abschalten und sich keine Gedanken um ihre Vergangenheit oder Zukunft machen, die sie noch immer nicht kannte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top