Kapitel 10: Schmerz und Trost

Er verschwand dann schließlich und ich starrte aus dem Fenster. Mein Kopf war leer, ebenso mein Herz.

Es tat immer noch so sehr weh. Und wahrscheinlich würde das nie wieder aufhören. Ich musste nun damit leben und damit klar kommen, dass es so war.

Nach ein paar Minuten kam der Typ mit einer weichen Decke und einer Tasse heißem Tee wieder. Er deckte mich sachte zu und reichte mir dann die Tasse. 

"Danke.", sagte ich emotionslos und umfasste mit beiden Händen das heiße Getränk, während mir der Typ meine Schuhe auszog.

Wieso tat er das hier und half mir?

"Gib mir auch mal deine Jacke.", meinte er und ich stellte meine Tasse auf dem Tisch ab, als ich einen Schluck getrunken hatte.

Pfefferminz.

"Ich ich hoffe du magst Pfefferminz.", meinte er.

Ich nickte leicht. Ich striff mir dann die Jacke von den Schultern und gab sie ihm. Er legte sie bei Seite und verschwand dann wieder kurz, kam dann mit einem feuchten Waschlappen wieder.

"Für dein Gesicht.", meinte er.

"Danach wirst du dich besser fühlen."

Ich nickte und ließ mir von ihm sanft das Gesicht waschen. Es war angenehm und ich fühlte mich schon etwas besser. Er gab mir dann ein Taschentuch, wo ich einmal heftig reinschnäuzte. Er stellte die Packung mit den Tüchern dann auf dem Tisch ab.

"Okay und jetzt erzählst du mir mal in aller Ruhe, was passiert ist. Lass dir ruhig Zeit.", meinte er mit sanfter Stimme und setzte sich mir gegenüber auf einen Sessel.

"Ach ja ich heiße übrigens Rezo. Und du?"

"Kane.", hauchte ich leise und atmete dann einmal tief durch.

Jetzt musste ich ihm alles erzählen.

Und es fiel mir nicht gerade leicht.

"Also...", fing ich dann an, während mir wieder die Tränen in die Augen stiegen.

Er hörte mir die ganze Zeit aufmerksam zu und immer wenn ich wieder weinen musste, reichte er mir die Packung mit den Taschentüchern.

Er war erschüttert über meine Geschichte. Ich hatte ihm alles erzählt.

"Und er glaubt dir nicht? Ist der irgendwie komplett dumm oder so?", stieß er entsetzt hervor.

"Naja ich habe nicht mit ihm darüber geredet...", meinte ich dann und spürte wieder, wie mir die Tränen in die Augen stiegen.

"Okay als aller Erstes: Du musst dieses Schwein anzeigen. Und dann musst du mit deinem Freund reden. Wie heißt der eigentlich?", fragte er mich dann.

"J-julien...", sagte ich leise, was Rezo aufhorchen ließ.

"Warte mal, ich kenne doch einen Julien! Wie sieht er aus?", fragte er mich dann.

Dass ich über ihn reden musste, fiel mir schon schwer genug.

Nun aber auch noch sein Aussehen beschreiben zu müssen gab mir den Rest und ich brach wieder in Tränen aus, während ich sprach.

"E-er hat grau gefärbte Haare u-und hat braune Augen... E-er ist Asiate...", schluchzte ich, was Rezo die Augen aufreißen ließ.

"Was, Ju? Er ist mein bester Kumpel! Dann bist du das! Oh mein Gott, ich hatte keine Ahnung... Das tut mir so leid! Aber jetzt mal ehrlich, ist der irgendwie dumm oder so? Ich muss da mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden!", sagte er aufgebracht, während ich mich wieder beruhigte und einen Schluck Tee trank.

"Am besten gleich. Hey, es wird alles gut ja? Und wenn ich diesem Volldepp die Ohren lang gezogen habe, dann gehen wir sofort zur Polizei!", sagte er und ich nickte nur schwach.

Das hieß es würde doch wieder alles gut werden?

Er rief dann direkt Julien an, welcher auch zum Glück direkt ran ging.

Aufgebracht sagte Rezo zu ihm:

"Sag mal, bist du dumm oder tust du nur so? Ich hab hier gerade deine Freundin sitzen, völlig aufgelöst und fertig. Ich habe sie in einer dunklen Gasse gefunden, da ich sie schluchzen gehört habe. Ju, sie wurde von diesem Arschloch vergewaltigt! Sie wollte das nicht! Du Vollidiot, sie will nur dich! Dass du das nicht siehst, du Depp!"

Ich starrte Rezo nur entsetzt an und konnte es nicht fassen. So klein waren also die Welten.

Ju an anderem Ende der Leitung schien dann erstmal gar nichts mehr zu sagen.

"Jetzt sag doch endlich was, du Vollidiot!", meinte er dann ungeduldig.

Er reichte mir dann den Hörer.

"Hier, für dich.", meinte Rezo mit einem leichten Lächeln.

"Stimmt es, was Rezo sagt?", fragte mich Ju dann mit aufgelöster Stimme.

Ich zitterte und mir liefen dann wieder Tränen über die Wange und ich schluchzte leise.

"J-ja... I-ich liebe nur dich Ju... Ich liebe dich...!!", meinte ich dann immer schluchzender und war einfach nur noch aufgelöst...

"Puuh... Ich ehm... Boah, es tut mir so leid Kane! I-ich hatte ja keine Ahnung... Ich bin sofort auf dem Weg! Bis gleich!", meinte er dann und legte dann auf.

"Und?", fragte Rezo dann.

"Er ist auf dem Weg hier her...", sagte ich leise und gab ihm sein Handy wieder.

"Sehr gut. Hey, alles wird gut, ja?", meinte er dann, stand auf und setzte sich neben mich, um mich dann fest in den Arm zu nehmen.

Ich zweifelte zwar immer noch etwas daran, musste dann aber sanft lächeln.

Zumindest schien mir Ju jetzt doch zu glauben. Vielleicht wurde es ja doch wieder gut...

Es dauerte nicht lange und da klingelte es auch schon an Rezo's Tür. Ich sah sofort auf und sah, wie Rezo aufstand, um Ju aufzumachen, der jetzt wohl da sein musste.

Mein Herz schlug sofort schneller und ich hoffte einfach nur, dass alles gut werden würde.

Es musste einfach. Aber irgendwie war ich auch sauer und verletzt, dass Ju mir zunächst nicht geglaubt hatte. Irgendwie machte mich das sehr traurig und auch wütend.

Rezo begrüßte Ju und kam dann nach kurzer Zeit mit ihm ins Wohnzimmer.

"Kane...", stammelte Ju besorgt und eilte zu mir.

Er setzte sich zu mir und wollte mich in den Arm nehmen. Doch ich wehrte ab und sah ihn bloß an. Mein Blick musste unerwartet böse für ihn sein, denn er zuckte sofort zurück und wollte sich entschuldigen.

"Kane... Ich, es...", fing er an, als ich ihm auch schon eine schallende Backpfeife gab, was auch Rezo zu wundern schien, da er erschrocken dreinschaute.

Ju sah mich geschockt an und hielt sich nur die Wange. Da fing ich auch schon an, wieder schluchzend zu weinen und sackte in mich zusammen.

Mich erfasste der schlimmste Nervenzusammenbruch, den ich je in meinem ganzen Leben erlebt hatte.

All die negativen Emotionen rauschten nun durch meinen Körper und ließen mich überall zittern. Ich schrie aus vollem Leibe und spürte, wie Ju mich hilflos in den Arm nehmen wollte, doch ich schubste ihn mit aller Kraft von mir weg, welche ich noch in mir aufbringen konnte und schrie mit Tränen überströmten aus Wut erfülltem Gesicht:

"FASS MICH BLOß NICHT AN!!"

Ich war so wütend und enttäuscht zugleich auf ihn. Eben hatte ich noch gewollt, dass er zu mir kam und mich einfach nur an sich drückte.

Doch jetzt wollte ich am liebsten auf ihn einschlagen, da mich auf einmal diese unglaubliche Wut erfasste.

Geschweige denn, von ihm berührt zu werden. Und eben hatte ich das noch gewollt.

Ich verstand mich gerade selber nicht mehr und aus Wut wurde wieder Verzweiflung und Schmerz.

Da brach der Damm und ich fiel einfach nur noch schluchzend in Ju's Arme. Er sagte nichts und schien sichtlich überfordert. Er hielt mich bloß fest, während ich mich fest in seine Schultern klammerte und alles nur noch aus mir heraus schrie.

Rezo sagte unterdessen gar nichts mehr und auch Ju war still. Irgendwann hatte ich dann auch keine Kraft mehr und meine Tränen versiegten.

"Ju, du Vollidiot ich... Ich liebe dich man! Und du machst so einen Scheiß... Bitte tu mir das nie wieder an!!"

Ich hörte wie er schluckte und sah ihm dann flehend in die Augen.

"Kane ich... Es tut mir so leid, dass ich dir nicht geglaubt habe und nicht für dich da war... Ich war so ein Vollidiot!", sagte er schuldbewusst und sah mich mit schmerzlicher Miene an.

"Ich mache mir solche Vorwürfe... Wenn ich bei dir gewesen wäre, dann wäre das alles sicher nicht passiert..."

"W-warum dachtest du, dass ich das will...? Mit IHM...?!", stammelte ich und sah ihn fassungslos an.

Da schaltete auch Rezo sich mit ein.

"Und dass du nicht eingeschritten bist..."

Ju sah nur schuldbewusst auf den Boden.

"Ach keine Ahnung, ich weiß es nicht... Ich war in dem Moment einfach nur dämlich... Es tut mir so leid..."

Ich ließ die Schultern hängen und sah ihm dann in die Augen. Ich versank mal wieder in ihnen. Ich liebte ihn so sehr und hätte ihn am liebsten geküsst...

Doch da spürte ich, dass ich das nicht konnte, denn alle Bilder schossen mir wieder in den Kopf.

Und da brach in dem Moment wieder eine Welt für mich zusammen...

To be continued...

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