Kapitel 12

Michelle P.o.V.

Traurigerweise ist Abby heute morgen schon abgereist. Mein Bruder hat gestern angerufen, während wir im Park waren. Zwei Leute sind krank und eine hat sich des Bein gebrochen. Darum muss Abby zurück. Sie möchte aber sobald wie möglich zurückkommen, damit wir ordentlich feiern gehen können. Meine beste Freundin hat sogar schon Harry mitgeteilt, dass er Leni nehmen muss an diesem Tag.
Natürlich ist es für ihn kein Problem.
Eben war ich auf der Arbeit und gehe nach Hause. Leni wird mir später von Harry gebracht. Der wollte Leni ein paar Stunden haben, darum hat er sie früher aus dem Kindergarten geholt. Ich hoffe, dass er Leni hingelegt hat zum Mittagsschlaf. Die braucht ihr schläfchen.
Ich brauche die Woche noch öfters Harry's Hilfe. Solange die Sache nicht mit Louis geklärt ist, will ich Leni nicht zu ihm bringen. Natürlich wird er sich vor Leni nichts anmerken lassen. Ich will ihn nur noch nicht sehen. Obwohl er mir jeden Tag die Mailbox zutextet mit Entschuldigungen. Natürlich möchte ich mich wieder mit ihm vertragen. Ich werde ihn aber noch ein paar Tage zappeln lassen. Der soll einfach merken, dass er Mist gebaut hat.

Im Briefkasten finde ich die erwartete Abmahnung. Das ging ja wirklich schnell. Wahrscheinlich hat die Alte sich schon längst beschwert gehabt.
Ich muss dringend mit Harry gleich sprechen. Vielleicht hat er eine Lösung. Unsere Freundschaft funktioniert eigentlich ganz gut. Ich kann nur hoffen, dass er mich nicht beobachtet. Könnte peinlich für mich werden.
Immer wenn ich denke, dass er es nicht bemerkt, starre ich ihn an. Ich kann nicht anders.
Ein bisschen genieße ich es schon, dass er bei uns ist. Ich genieße seine Nähe.
In Punkto Leni kann ich ihm wirklich vertrauen.
Ich kann ihm nur nicht mehr in Sachen liebe vertrauen. Irgendwie hasse ich es ihn nicht zu berühren. Ihn zu küssen.
Ich vermisse seine Lippen und morgens neben ihm aufzuwachen. Eigentlich sollte ich ihn hassen. Ich kann es nur nicht.

In meiner Wohnung lege ich mich erstmal auf die Couch. Mich kotzt es an, dass ich schon wieder eine Abmahnung bekommen habe.
Diese herzlose Alte Frau beschwert sich wegen einem kleinen Kind. Die weinen mal oder rennen herum. Sonst beschwert sich keiner über uns. Wir kommen mit allen im Haus sonst super aus.
Nur diese alte Kuh hat etwas gegen uns.
Ich muss wirklich jetzt schon handeln. Die Wohnungssituation in London ist sehr schlecht. Entweder gibt es keine bezahlbaren Wohnungen oder es ist echt die letzte Bruchbude.
Darum brauche ich wirklich Harry's Hilfe.
Vielleicht kann er sogar mit dem Vermieter noch einmal reden. Immerhin bezahlt er einen Teil von der Wohnung.
Ich muss einfach darauf hoffen, dass es eine Lösung gibt.

"Mummy bin da!" ruft Leni, eine Stunde später durch den Flur. Ich habe Harry einen Schlüssel gegeben, damit er nicht klingeln muss.
Leni ist umgezogen. Sie trägt ihre Wechselklamotten aus der Kita. Eine blaue Latzhose und ein weißes Shirt. Heute morgen hatte sie noch eine graue Hose und ein rosa Shirt an. Wahrscheinlich hat meine kleine Ratte wieder mit Wasser gespielt.
"Hab dir tauft." Leni drückt mir einen Schokoriegel in die Hand.
"Oh danke. War es schön mit Papa?" möchte ich von ihr wissen.
"Ja. Hab neue Barbie." erwähnt sie grinsend.
Ich werfe Harry einen tadelten Blick zu. Er soll sie nicht so verwöhnen. Die kleine Maus hat genug Spielsachen. Besonders jede Menge Barbies. Sie braucht nicht alle verschiedenen Barbies auf dieser Welt.
"Im Beutel sind ihre Sachen. Leni hat sich mit Wasser voll gespritzt. Du sollst auch frische Wechselsachen mitbringen." richtet er mir aus.
"Wird gemacht." antworte ich ihm.
Ich kenne meine Tochter sehr gut. Mir war gleich klar, dass sie wieder mit Wasser gespielt hat.

"Ich Zimmer." verkündet Leni und rennt mit ihrer neuen Barbie in ihr Zimmer. Vielleicht kommt meine Tochter die nächsten zehn Minuten nicht mehr zurück. Seit für ein Gespräch mit Harry.
"Harry können wir kurz reden. Ich hab wahrscheinlich ein großes Problem." fange ich an.
"Klar." Harry setzt sich neben mir auf die Couch.
"Ich hab eine zweite Abmahnung bekommen vom Vermieter. Bei der nächsten müssen wir raus. Wie ich meine nette Nachbarin kenne, kann diese Abmahnung nicht lange auf sich warten. Ich habe gedacht, dass du vielleicht ein Wort mit dem Vermieter reden kannst oder mir schon einmal helfen eine neue Wohnung zu finden." sage ich zu ihm.
Leni kommt zurück und hat ihre Schnuller Sammlung dabei. Zwei Schnuller stecken in ihrem Mund.
"Für disch." nuschelt sie durch die Schnuller und reicht einen Schnuller Harry.
"In Mund. Wie Isch." befehlt sie ihm.
Harry steckt sofort den Schnuller in den Mund. Das ist echt witzig.
Ich nehme mein Handy und muss gleich davon ein Foto machen. Leni setzt sich zu Harry auf den Schoß und ich kann von beiden ein paar Fotos machen. Die muss ich ausdrucken und in den Bilderrahmen machen. Echt niedlich die beiden zusammen.

Leni geht mal wieder in ihr Zimmer.
Mal sehen, was sie jetzt holt.
"Wegen der Wohnung. Viel machen kann ich wahrscheinlich nicht, dass du in der Wohnung bleiben kannst. So gut bin ich jetzt nicht mit dem Vermieter. Doch wir werden schon etwas neues für euch finden. Sollte jedoch die nächste Abmahnung früher kommen, bevor wir etwas neues für euch gefunden haben, könnt ihr solange zu mir kommen. Leni hat sowieso schon ihr eigenes Zimmer bei mir und dir kann ich ein Gästezimmer frei machen." bietet er mir an.
Das wäre für die Not wirklich eine Lösung.
Oder ich ziehe halt wieder zu Louis. Der hat nur genug für mich getan. Eigentlich wäre es mal besser, wenn ich Harry die Chance gebe. Er kann sich besser um Leni kümmern.
"Lass uns erstmal nach einer Wohnung umsehen. Sollte ich nichts finden, dann würde ich dein Angebot annehmen." antworte ich ihm.
"Dann haben wir alles geklärt. Wir können ja die Tage schon mal nach Wohnungen sehen." bemerkt er.
"Ja. Machen wir das."
Na hoffentlich finden wir eine Wohnung. Ich hab ja kein gutes Gefühl dabei. In den letzten Tagen habe ich öfters im Internet nachgesehen. Bis jetzt bin ich nicht fündig geworden.

Leni marschiert mit ihrem Puppenwagen ein. Im Wagen sind alle ihre Barbies.
"Wir spielen. Ja?" sagt sie.
Wenigstens hat sie ihre Schnuller Sammlung nicht mehr dabei. Manchmal frage ich mich, wo meine Tochter die alle versteckt. Ich finde die Dinger nie, wenn wir die unbedingt brauchen.
"Natürlich." Harry setzt sich auf den Boden, damit er mit Leni spielen kann.
Dieses Bild von den beiden erwärmt mein Herz. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal sehe, wie Harry mit seiner Tochter spielt.
"Spielt ihr zwei nur. Ich muss etwas zum essen machen. Du isst doch mit Harry."
"Natürlich." bestätigt er mir.
Während Harry und Leni spielen mache ich Essen. Es fühlt sich toll an, dieses Bild von einer fast perfekten Familie. Ich habe nur angst mich daran zu gewöhnen. Am Ende wird mir mein Herz wieder von ihm gebrochen. Genau das möchte ich vermeiden. Darum muss ich auf mein Herz aufpassen und mich nicht von meinen Gefühlen übermannen lassen.

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