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Keine Gedankenverbindungen.

Hieß es von Thorsten. Meine Hände lagen auf dem Tisch des Befragungsraumes der Polizei. Ich hatte keinen Anwalt oder eine Anwältin, die mich bei so etwas verteidigen würde. Wie auch? Hätte ich jemals wissen können, dass ich als Werwolf, es mit der Polizei zu tun hätte? Eher weniger. Ich hatte an Machtkämpfe zwischen Rudeln gedacht. Aber nicht das.

"Ich habe mit diesen Vorfällen nichts zu tun."
"An Ihrer Stelle, Miss Sage, würde ich den Mund halten, bis ihr Anwalt eintritt.", schnalzte der Jüngling Jones zurück. Thorsten mied meine Augen. Es wunderte mich, wie er das nicht aufhalten konnte.
"Das ist es ja. Ich habe keinen Anwalt.", betonte ich nochmals, dabei bewegte ich unbedacht meine Hände. Das Eisen glühte meine Handgelenke auf, obwohl sie nicht mal fest darum gezogen waren. Ich mied es zu jammern noch einen weiteren Ton von mir zu geben. Ich wollte nichts riskieren, obwohl Polizist Jones meine roten Handgelenke mitbekommen hatte.

"Sind Sie allergisch gegen Eisen?", holte er mich zurück aus meinen Gedanken.
Waren Werwölfe allergisch dagegen? Nein, es war reines Gift für deren Körper.
"Schon möglich.", konterte ich schulterzuckend zurück. Es war klar, dass meine Haut eine Reaktion abgab. Warum sollte ich es abstreiten?
"Warum steht es dann nicht in ihrer Krankenakte?"
"Fragen Sie mich was leichteres?" Ich war genervt und die Situation machte es nicht leichter. Mein eigener Mate hatte mich im Stich gelassen. Wie sollte ich mich fühlen? Wie sollte ich damit klar kommen mit dem Wissen, dass ich zu Unrecht hier sitze? Wegen so etwas unsinnigem?

Ich dachte an meine letzte gute Mahlzeit. Speck, Zwiebeln und Kartoffeln. Mundspeichel sammelte sich. Wer wusste wann ich zu essen bekam? Ich wollte nach Hause und mich in mein Bett verkriechen.
Jones wechselte mit Thorsten einen Blick aus, den ich nicht verstehen konnte. Ich war zu konzentriert auf meine Essensgelüste gewesen.
"Ich glaube, wir sind uns einig, wenn wir Ihnen die Handschellen abnehmen."
"Jones.", hielt ihn Thorsten zurück und schielte kurz zu der Kamera an der hintersten Ecke des Raumes.

Oh, ich wurde Videoüberwacht. Klar, ich als Massenmörder sollte es bestimmt. Ich wollte heulen.
"Sie ist erst gerade mal 19 geworden und sie hat keinen umgebracht, Thorsten!", schnalzte er zurück und schlug seine Hand von seiner Schulter weg.
"Ich kann es wirklich nicht glauben, dass Sie zu einem brutalen Akt fähig wären." Ich sah zu wie Jones mir die Handschellen abnahm und Thorsten mit kühelnden, Wasser betankten Handtüchern eilte.
"Sollte etwas abkühlen." Ich nickte dankend und legte sie auf meine brennenden Handgelenke. Es schmerzte sehr, würde ich mir dennoch etwas anmerken lassen? Nein.

Es reichte für einen Augenblick, bevor sie zu pochen begannen, aber ich machte es für mein Rudel. Ich durfte keine Schwäche zeigen, redete ich mir selbst ein. Die geöffnete Tür erhielt meine Aufmerksamkeit. Carlson's Zimtgeruch verführte meine Nase. Sofort blickte ich rauf. Die Hoffnung auf ihn war viel zu groß, obwohl ich nicht verstand, warum er nicht zur Hilfe geeilt war. Leider traf ich auf eine weitere Entäuschung. Es war Carlson's Vater, der gerade auf die Handtücher auf meinen Handgelenken blickte.

Seine Gesichtszüge verfeinerten sich, als er meine Augen traf. Zumindest war er Jemand den ich kannte.
"Mr. Wise, da sind Sie ja endlich.", stand Jones auf und wollte ihm die Hand reichen. Freundlicherweise ging Mr. Wise darauf ein.
"Ja, Stau auf der Autobahn."
"Wer kennts nicht.", fügte sich Thorsten ein und trat dazu. Eine harmlose Unterhaltung zwischen Menschen und Werwölfen.

Mr. Wise nahm neben mir Platz. Seine warme Hand legte sich auf meiner Schulter ab und schenkte mir für einen kurzen Moment eine gewisse Zuversicht, dass alles gut enden würde und ich doch nicht alleine drin steckte.
Es beruhigte mich. Überhaupt wenn Carlson's Zimtgeruch in der Luft lag.
"Bitte beantworten Sie mir nochmal die Frage Mr.Wise. Sind Sie Miss Sage's Anwalt?"
Mr. Wise nickte ihm zu und bejahte es schlussendlich. Ich hätte es Wissen müssen, dass irgendwer aus dem Pack Anwalt wäre, aber es war mir aus dem Kopf geraten.

"Finden Sie es nicht etwas übertrieben, der ganze Aufwand?", fragte Mr. Wise provokativ nach.
"Meine Mandantin ist gerade mal 19 Jahre alt geworden. Welches Motiv hätte Sie um einen Hund zu köpfen?", fragte er in Rage und Autorität.
"Die Beweise sind klar ersichtlich. Sie wurde gestern im Wald entdeckt, wo sie über den restlichen Körper des Hundes gestolpert war. Zusätzlich fand man den Kopf in ihrem Schulspind, der noch ihre Haare aufwies. Die Beweise sind nun klar.", betonte Jones und ging schon mittlerweile auf und ab.

"Wollen Sie abstreiten Miss Sage, dass es nicht ihr Spind gewesen ist?"
"Nein.", beantwortete ich wahrheitsgetreu. Es war meiner gewesen.
"Hatten wir gestern ihren Zwilling dabei beobachtet, wie sie über diesen Körper gefallen ist?" Ich schwenkte meinen Kopf. Es stimmte ja.
"Sie bestreitet es nicht."
"Kann sie auch nicht!", warf Mr. Wise zurück.
"Sie werfen ihr offensichtliche Dinge vor. Was ist mit den Hintergrundinformationen? Das alles scheint doch keinen Sinn zu ergeben." Jones blieb still.

"Dachte ich mir schon. Sie fehlen." Mr.Wises Hand rutschte von meiner Schulter ab.
"Meine Klientin hat nichts mit den Vorfällen zu tun. Jemand will ihr es anhängen."
"Wo war sie dann gestern Abend? Haben wir jemanden der mit ihr kurz davor die Zeit verbracht hatte?"
"Durchaus.", antwortete Mr. Wise in ruhigem Ton.
"Mein Sohn und ihre Freundinnen."
Es schien, als ob Thorsten die Luft angehalten hätte. Jones sah auch ziemlich erleichtert aus.

Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
"Gut. Miss Sage wird verstehen, dass sie bis zu weiteren Befragungen in Untersuchung bleibt."
"Ich bin mir sicher wir können uns auf ein Bett einigen. Sie ist keine Mörderin.", warf Mr. Wise ein. Regungslos behielt ich die Blickkontakte zwischen den Polizisten und dem Beta des Packs in Auge.
"Sie bekommt ein Platz in der Klinik." Klinik?

Mr. Wise's Zeit schien vorüber zu sein. Abrupt richtete er sich auf und wandte sich mit einem Lächeln zu mir herab. Ich wollte nachrennen, aber ich konnte mir vorstellen, dass ich dann wieder in Handschellen hier saß.
"Wenn du dich einsam fühlen solltest, solltest du deinen Gedanken freien Lauf lassen."
Meine Augen weiteten sich in Realisierung. Er zwinkerte mir zu, bevor er sich von den Herren verabschiedete. Ich versuchte mein Lächeln zu unterdrücken.

Ich hatte soeben die offizielle Erlaubnis bekommen meine Gedankenverbindung zu nutzen, aber bloß in der Klinik.

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