5. Kapitel - Der Dayak

„Dayak? Hat er wirklich Dayak gesagt?"

David unterdrückte einen Fluch.

Der Junkie vor ihm war in den frühen Morgenstunden in die Wache gekommen. Eigentlich wollten er und sein Kollege nur noch einen Kaffee trinken und dann nach Hause fahren, doch der Junkie hatte so verzweifelt geklungen und wollte unbedingt eine Anzeige machen. Also haben sie diese Anzeige aufgenommen.

Davids Kollege Stephan schnaubte. Er glaubte kein Wort dieses Junkies.

„Was soll das sein? Ein Dayak! Ich glaube wirklich, du hast schlechten Stoff erwischt und bist immer noch high."

David war sich da nicht so sicher.

Der Junkie knetete seine Hände und für einen Moment sah es wirklich so aus, als ob er den nächsten Schuss dringend nötig hätte.

„Nein! Wirklich! Er hat mich gepackt und mir Blut ausgesaugt. Die Augen...das war so gruselig!"

Stephan lehnte sich zurück und verdrehte genervt die Augen.

„Das hast du schon erwähnt. Rote Augen! Und er sprang etwa drei Meter hoch, als er verschwand. Und was hat er noch gesagt?"

Er sah zu David und grinste.

Der Junkie zitterte nun. Er sah krank aus, aber nicht wie ein üblicher Junkie, sondern müde und abgeschlafft. Er hätte eher zu einem Arzt gesollt. Aber warum sollte er dann auf die Wache kommen, um über einen Dayak zu berichten?

„Er sagte, er hätte mir eine Gnade gewährt und ich sollte etwas aus meinem Leben machen!"

Stephan beugte sich nach vorne und tippte lustlos auf der Tastatur herum.

„Also gut. Ein Vampir war also hinter dir her. Er nannte sich Dayak und hatte rote Augen. Er biss dich, saugte Blut und riet dir dann dein Leben zu ändern. Also ein barmherziger Vampir?"

David seufzte, während Stefan ein Lachen unterdrückte.

„Wo hat er dich eigentlich gebissen?"

Der Junkie riss am Halsausschnitt seines dreckigen Shirts und zeigte auf eine Stelle, die aber völlig unverletzt aussah.

„Hier! Genau hier!"

Stephan grinste David wieder an.

„Okay. Ich sag dir nun, was wir machen. Ich rufe den Notarzt an und die sollen dich ins Krankenhaus bringen. Wäre das in Ordnung für dich?"

Der Junkie nickte und Stephan geleitete ihn hinaus.

Dann kam er zurück.

„Das war die heftigste Geschichte, die ich je gehört habe. Ein barmherziger Vampir. Hast du etwas am Hals gesehen? Also ich nicht!"

David war sich trotzdem sicher, dass der Junkie die Wahrheit gesprochen hatte. Stephan konnte schließlich nicht wissen, dass es Vampire wirklich gab. Und er konnte auch nicht wissen, dass sie mit ihrem Speichel Wunden schließen konnten.

Er wusste es.

Er hatte alles gelesen.

Aber auch ihm würde niemand glauben.

„Na ja. Du wirst wohl recht haben. Es war schlechter Stoff. In der Klinik werden sie ihn wohl zu einem Entzug raten."

Stephan streckte sich.

„Richtig." Er sah auf die Uhr. „Wie sieht es aus? Genehmigen wir uns noch ein Frühstück? Oder wartet deine neue Flamme auf dich?"

David grinste.

Wie Tamara es vorausgesehen hatte, verbreitete es sich wie ein Lauffeuer, dass er eine neue Freundin hätte und dass sie ihn ganz schön rannehmen würde. David war es recht. Seitdem hatte er vor Cosima Ruhe. Zumindest tat sie nicht mehr so, als ob er sich nach ihr sehnen würde und auch seine Kollegen ließen ihn mit der alten Geschichte in Ruhe.

„Ich bin sicher, dass Tamara schon zur Arbeit gefahren ist! Also können wir uns noch ein Frühstück gönnen!"

Stephan stand auf und gemeinsam gingen sie zu dem Umkleideraum.

„Du hast aber auch wirklich ein Glück. Vor zwei Monaten dachten wir alle noch, dass du wegen Cosima Depressionen hättest. Und dann kommst du mit dieser Frau an, die einen gut bezahlten Job hat. Dann ziehst du von jetzt auf nachher mit ihr in ein Haus. Und wenn ich das mal so erwähnen darf, scheint sie dich nicht gerade an der kurzen Leine zu haben. Zumindest musst du nie fragen, wenn du etwas mit deinen Kollegen kurzfristig unternehmen willst."

David zuckte mit den Schultern.

„Das ist auch nicht nötig. Ich sage ihr nur immer Bescheid wo ich bin. Mehr brauche ich nicht zu tun!"

Stephan stöhnte.

„Oh Mann. So eine Freundin hätte ich auch gerne."

Sie zogen sich um und schlossen ihren Spind ab.

„Jeder wie er es verdient!", meinte David grinsend.

Beide lachten und gingen nach draußen zum Parkplatz.

„David? Darf ich dich kurz was fragen?" Auf diese Stimme hätte David gerne verzichtet.

Er verdrehte genervt die Augen.

„Was gibt es denn?"

Sie senkte ihren Blick. Eine Geste, die unschuldig wirken sollte. Doch er wusste es besser. So hatte sie ihn immer um den Finger gewickelt, wenn sie etwas wollte. Und er war dumm genug, damals darauf herein zu fallen. 

„Nun, ich fragte mich, ob du vielleicht...irgendwann...wieder mit mir ausgehen würdest!"

Er stieß seinen Atem aus.

„Ist das jetzt dein Ernst?"

Sie sah ihn an. Er konnte Schadenfreude in ihren Augen erkennen. Sie dachte wirklich, er meinte das hoffnungsvoll.

„Aber natürlich. Wir könnten am Freitag etwas trinken gehen und...", plapperte sie gleich los. David ging es nur noch auf die Nerven.

Er hob die Hand, um ihren Redefluss zu stoppen.

„Du scheinst meine Frage falsch verstanden zu haben. Ich fragte dich, ob es dein Ernst ist, dass du annimmst, ich würde jemals wieder mit dir ausgehen?"

Wie er erwartet hatte, füllten sich ihre Augen automatisch mit Tränen.

Phase zwei!

„Aber ich dachte...nun...du und ich..."

Er schüttelte den Kopf.

„Es gibt kein du und ich mehr. Sei doch ehrlich, Cosima. Seit ich wieder in einer Beziehung bin, werde ich wieder interessant für dich."

Eine Träne rann ihre Wange hinunter.

Aha! Phase drei!

 David fragte sich, wie sie das schaffte, dass es genau zum richtigen Zeitpunkt geschah. Da musste doch ein Trick dahinterstecken.

„Aber das stimmt doch nicht. Ich meine, wir könnten doch Freunde sein."

Er blies seinen Atem aus.

„Ne, du. Das ist wohl etwas zu spät. Du hast zu viel in meinem Leben kaputt gemacht, als das wir noch Freunde sein können. Und nun entschuldige mich. Stefan wartet."

Er ließ sie einfach stehen und ging zu seinem Auto.

Stephan war schon vorausgefahren und wartete im Café auf ihn. Er hatte schon Kaffee bestellt und grinste David entgegen.

„Ist sie wieder auf der Jagd, hm?"

David seufzte und setzte sich an den Tisch.

„Oh ja. Ich frage mich, wie ich damals auf sie hineinfallen konnte."

Stephan lachte, während David sein Handy herausholte.

„Jeder macht mal Fehler. Aber sie wird es wieder versuchen."

Davon war David auch überzeugt.

Er tippte eine schnelle Nachricht in sein Handy.

Ich frühstücke noch mit einem Kollegen. David.

Er wollte schon das Handy in die Tasche verschwinden lassen, als eine Nachricht angezeigt wurde.

Ich weiß! Ich sehe dich.

Er grinste und tippte wieder.

Geh nach Hause. Die Sonne kommt bald.

Er musste wieder nicht lange warten.

Klar, mein Herr und Meister! Soll ich warten?

Da fiel ihm ein, was der Junkie gesagt hatte.

Auf jeden Fall. Ich habe beunruhigende Neuigkeiten.

Nun steckte er sein Handy weg. Stephan grinste ihn an.

„Ärger?"

David schüttelte den Kopf.

„Nein! Ich habe ja gesagt, dass sie nicht so ist. Und jetzt lass uns frühstücken!"



„Der Junkie hat tatsächlich von einem Dayak gesprochen?"

Tamara zitterte leicht. Das war nicht gut.

David nickte.

„Ja. Er meinte, er hätte sich Dayak genannt. Alleine das ist schon seltsam. Steht in den Büchern nicht, dass ein Dayak eher wie ein Tier ist? Das ihn nur die Blutgier antreibt?Aber der Junkie hat ihn genau beschrieben. Allerdings nicht so, wie ich es erwartet hätte. Doch er hatte den Kerl Dayak genannt."

Tamara nahm das Buch, das sie von Maddox bekommen hatte.

„Ja. Aber wie kommt er auf diesen Begriff? Ich kannte ihn nicht. Und ich bezweifle, dass sich ein Junkie in der Vampirgeschichte so gut auskennt."

David wischte sich durch das Gesicht.

„Genau. Und steht da nicht auch, dass sie die Menschen und Vampire aussaugen? Dann würde der Junkie nicht mehr leben. Und außerdem hatte der angebliche Dayak ihm gesagt, er soll sein Leben ändern!"

Das war nicht nur seltsam. Das würde bedeuten, dass die Vampire absolut falsch lagen.

Tamara stand auf und legte das Buch wieder ins Regal. David schnalzte mit der Zunge.

„Ich weiß genau, was du vorhast, Tamara. Aber ich rate dir, dass du heute nicht nach draußen gehst und diesen Dayak suchst."

Nein, das hatte sie nicht vor.

„Glaubst du, ich bin lebensmüde? Nein. Ich werde vorsichtig sein. Ich brauche allerdings heute Nacht wieder Blut. Ich werde in die Kanalisation gehen und mir Ratten holen."

Er verzog angeekelt das Gesicht.

„Das ist ja widerlich!"

Sie lachte.

„Ich weiß. Aber ich brauche nun mal Blut."

Er gähnte laut.

„Das weiß ich. Aber bitte bleib dann in der Kanalisation. Und komme so schnell wie möglich wieder hierher."

Sie schnaubte leise.

„Willst du vielleicht mit?"

Nun war er es, der lachte.

„Nie im Leben!"

Er stand auf und räumte seine Tasse in die Küche. Danach schlurfte er in sein Zimmer.

Tamara sah ihm lächelnd hinterher.

Das war einer der Vorteile, wenn man Vampir war. Man brauchte keinen Schlaf.

Aber sie musste zugeben, dass ihr Zusammenleben wirklich gut funktionierte. Für David hatte sich nur insofern etwas verändert, dass er nun in einem Haus wohnte und keine Miete mehr zahlen musste. Er ging zur Arbeit, traf sich mit Freunden und auch sonst tat er eigentlich das, was er vorher auch gemacht hatte.

Tamara wollte ihn da auch nicht einschränken.

Auch wenn sie auf seinem Revier als Freundin von David galt, waren sie nicht mehr als gute Freunde. Und das war auch gut so.

Sie ging in den Keller. Sie würde sich einen Film anschauen und dann noch einmal lesen.

Diese Dayak-Geschichte machte ihr Sorgen.

Was war, wenn sich die Vampire wirklich getäuscht hatten? Was war, wenn sie wirklich intelligent waren und schon lange unter den Menschen lebten?

Hatte nicht sogar David gesagt, dass es viele ungeklärte Todesfälle gibt?

Sie seufzte.

Wahrscheinlich machte sie sich Gedanken um nichts.

Aber sie würde vorsichtig sein.



Die Kanalisation also.

Es war wirklich widerlich. Er hatte lange genug in der Kanalisation gelebt, um sich da aus zu kennen.

Aber wenigstens war sie nicht so töricht, ihn jagen zu wollen.

Schnell schlüpfte er in das Nachbarhaus.

„Wo bleibst du denn? Ich dachte, wir treiben es den ganzen Tag?"

Er knurrte leise.

Es hatte keiner besonderen Anstrengung bedurft, um heraus zu finden, wo diese Vampirfrau lebte. Er hatte den zwei anderen Vampiren einfach nur zuhören müssen. Und dann war er ihr gefolgt. In der Nacht hatte er festgestellt, dass ihre Nachbarin...nun ja...sehr einsam war.

So konnte er in der Nähe der Vampirfrau sein.

Tamara!

So hieß sie also.

Er wusste selbst nicht, warum sie ihn so interessierte. Vielleicht war es ihre Geschichte, vielleicht aber auch, weil sie eine Abneigung gegen den sogenannten Vampirkönig hatte. So wie er selbst.

„Hey! Ich warte auf dich!"

Leise seufzte er.

Nun, bis er sie endlich treffen konnte, hatte er noch einiges zu tun.



Es war praktisch, dass sie so stark war.

Tamara hob den Gully Deckel mit Leichtigkeit hoch und hüpfte elegant nach unten. Die Ratten sprangen erschrocken davon.

Tamara verzog das Gesicht.

Sie hatte gehofft, dass sie gleich eine Ratte zu fassen bekam und schnell wieder von hier verschwinden konnte. Aber daraus wurde wohl nichts.

Sie ging den kleinen Kanal entlang und horchte auf die kleinen Tippelschritte. Sie lächelte böse. Diese kleinen Biester schienen zu wissen, dass sie gejagt wurden.

Auf einmal herrschte Stille. Es waren keine Schritte mehr zu hören. Nur ihre eigenen.

Tamara blieb stehen und lauschte.

Auch von der Oberfläche schienen keine Geräusche mehr zu kommen. Schnell kauerte sie sich an die Wand.

Sie war nicht alleine, das spürte sie. Irgendjemand beobachtete sie. Und zwar seit dem Zeitpunkt, ab dem sie hier herunter gestiegen war. Sie nahm all ihren Mut zusammen.

„Wo bist du? Zeig dich!"

Ihre Sinne nahmen jede noch so kleine Bewegung auf, aber nun war es ruhig. Dennoch...sie war nicht allein.

„Ich weiß, dass du mich beobachtest. Willst du mich umbringen?"

Sie hörte ein tiefes empörtes Schnauben.

Also war ihr Beobachter männlich.

„Hör zu, Freundchen. Ich habe keine Lust auf Spiele. Ich werde jetzt gehen."

Sie drehte sich um.

„Nicht!"

Die Stimme war leise und brüchig, als ob sie schon lange nicht mehr benutzt worden wäre. Er klang nicht gefährlich. Eher bittend. 

Langsam drehte sie sich zu der Stimme um und erstarrte.

Es war dunkel, doch sie erkannte zwei glutrote Augen, die gegen die Dunkelheit anzukämpfen schienen.

„Dayak!", entfuhr es ihr.

Sie riss die Augen auf und krallte ihre Finger in die Mauer.

Die Augen schlossen sich und sofort wurde es dunkel. Doch er war noch hier.

„Bitte! Ich will nicht sterben!"

Sie hörte ein leises Lachen, das aber weder gemein noch bösartig war. Es klang belustigt. Und sofort leuchteten die roten Augen wieder auf.

„Du bist doch schon tot!"

Nun war sie es, die schnaubte.

„Du weißt schon, was ich meine!"

Die Augen kamen langsam näher.

„Ich will dich nicht aussaugen. Davon habe ich nichts!"

Sie runzelte die Stirn und er blieb wieder stehen.

„Wer bist du?", fragte sie.

Wieder schlossen sich die Augen.

„Du hast es gesagt!"

Wieder schnaubte sie.

„Verarsch mich nicht! Du kannst kein Dayak sein!"

Die Augen leuchteten wieder.

„Wie kommst du zu der Annahme?"

Tamara hob verwundert eine Augenbraue. Nein, das war kein Dayak! Auf keinen Fall. Ein Dayak würde sich nicht so gewählt ausdrücken. Ein Dayak würde überhaupt nicht reden, sondern hätte sie gleich angefallen und ausgesaugt.

„Dayaks sind Monster. Sie werden nur von der Blutgier getrieben! Sie haben keinen Verstand, nur noch Instinkt."

Wieder kamen die Augen näher und endlich konnte sie ihn wenigstens schemenhaft erkennen.

Der Mann war groß, durchtrainiert und hatte kurz geschnittene Haar. Mehr konnte sie nicht erkennen.

„Erzähle weiter!"

Tamara schluckte.

„Sie kommen in dieser Gegend nicht vor. Durch ihre Blutgier würden sie eine Schneise der Verwüstung hinter sich lassen. Die Menschen wären nicht sicher. Und auch die Vampire nicht."

Wieder kam er einen Schritt näher.

„Weiter!"

Was wollte er von ihr? Was wollte er denn noch hören?

„Man sagt, dass sie hauptsächlich in den Ländern zu finden sind, in denen Krieg, Korruption und Armut herrscht. Dort fällt es nicht auf, wenn sie ihrer Gier folgen!"

Er schnaubte unwirsch und kam noch näher.

Sie sah die Umrisse seines kantigen Gesichts. Er war wütend, aber nicht auf sie.

„Weiter! Sag mir, was deine Vampirfreunde über die Dayaks noch geschrieben haben!"

Wieder schluckte sie hart.

„Es sind nicht meine Freunde!"

Er lachte leise.

„Auch das weiß ich. Trotzdem will ich, dass du es sagst! Was macht dein Schöpfer, wenn er nicht gerade Menschen wandelt, die es nicht wollen?"

Tamara bekam es nun mit der Angst zu tun. Sie wusste nicht, was Gattlin machte. Sie hatte sich nie dafür interessiert. Aber der Mann vor ihr war gefährlich. Das konnte sie spüren.

„Ich...ich weiß es nicht!"

Wieder ging sie einen Schritt zurück.

Er schien jetzt zu merken, dass sie Angst hatte. Er hob langsam seine Hände.

„Nein! Hab keine Angst. Ich will dir nichts tun!"

Tamara glaubte ihm kein Wort. Trotzdem konnte sie sich nicht bewegen. Die Augen schienen sie gefangen zu halten.

„Du lauerst mir hier auf. Stellst mir seltsame Fragen und du wirkst sehr wütend auf mich. Natürlich habe ich Angst!"

Nun seufzte er und ging einen Schritt zur Seite, so dass sie ihn nun sehen konnte.

Nein, er sah nicht wie eine Bestie aus, die in den Büchern beschrieben wurden. Er sah...ganz normal aus. Groß, stark, blondes Haar und ein perfektes Gesicht, das ein Bartschatten zierte. Wie sie selbst war er sehr blass, was seine roten Augen noch betonte.

„Himmel! Deine Augen!", rutschte es Tamara heraus.

Er runzelte die Stirn.

„Was ist mit meinen Augen?"

Sie lachte stockend.

„Sie sind rot!"

Jetzt kam sie doch wieder näher. Sie wurde neugierig. Er war so anders. Nicht so, wie er in Maddox Büchern beschrieben worden war.

„Warum bist du hier?"

Er lächelte leicht. Seine Eckzähne kamen zum Vorschein.

„Ich habe auf dich gewartet!"

Tamara musste sich zusammenreißen, dass sie nicht wieder vor ihm floh.

„Du kennst mich doch gar nicht. Und warum wusstest du, dass ich heute hier bin?"

Nun wurde sein Lächeln breit.

„Ich kenne dich! Ich beobachte dich! Ich weiß alles über dich!"

Sie riss die Augen auf.

„Das glaube ich nicht!", platze es aus ihr heraus.

Er zuckte mit den Schultern.

„Du heißt Tamara. Du wurdest gewandelt, obwohl du es nicht wolltest. Du verabscheust eigentlich die Vampire, aber da du eher praktischer Natur bist, hast du dich mit der Situation abgefunden. Du bist hierher geflohen, weil du nicht die Gefährtin deines Schöpfers werden willst. Aber er weiß es. Er weiß, dass du hier bist und mit dem Menschen zusammenlebst."

Tamara erschrak.

„Gattlin ist hier?"

Er nickte.

Sie sah gehetzt zu der Decke.

„Dann ist David in Gefahr!"

Er schüttelte den Kopf.

„Nein! Dein Schöpfer ist in Ungnade gefallen, weil er dich gewandelt hat. Er wird sich hüten, jetzt einen Menschen umzubringen."

Sie kniff die Augen zusammen.

„Wer bist du? Warum weißt du das alles?"

Er lächelte sie beinahe schüchtern an.

„Ich bin ein Dayak! Das ist schon richtig. Aber bis vor ein paar Wochen wusste ich das nicht einmal!"

Sie lachte stockend.

„Du bist kein Dayak! Das sind Bestien!"

Er legte den Kopf etwas schief.

„Woher willst du wissen, dass ich keine Bestie bin?"

Sie hob den Finger.

„Bestien lassen keine Junkies leben und raten ihnen das Leben zu ändern!"

Er seufzte.

„Dein Menschenfreund ist wirklich gut! Da habe ich wohl nicht aufgepasst. Mein Fehler! Ich habe gehört, wie er dich vor mir gewarnt hat. Aber ich kann dir versichern, dass von mir keine Gefahr ausgeht. Zumindest gilt das für dich! Andere sollten sich nicht darauf verlassen."

Tamara setzte sich nun auf den Boden.

„Du hast es gehört? Wie das? Warst du im Haus?"

Er schüttelte den Kopf.

„Für mich gelten die gleichen Regeln, wie für dich. Und du hast mich nicht eingeladen."

Sie verzog verunsichert das Gesicht.

„Will ich wissen, wie du dennoch an diese Informationen gekommen bist?"

Er grinste.

„Sagen wir mal so. Deine Nachbarin ist sehr glücklich, kann sich aber nicht mehr daran erinnern, warum sie an bestimmten Stellen Muskelkater hat."

Sie stöhnte auf.

„Oh mein Gott! Di hast sie... und sie kann sich wirklich nicht mehr daran erinnern?"

Er schüttelte den Kopf.

„Die Menschen sind sehr einfach gestrickt. Ich kann sie manipulieren. Dein anderer Vampirfreund, der etwas Seltsame, hat doch von Gaben gesprochen. Nun, das scheint einer  meiner Gabe zu sein."

Sie schnaubte.

Sogar der Dayak hatte eine Gabe. Nur sie schien keine zu haben.

„Wie heißt du?"

Er zuckte mit den Schultern.

„Ich kann mich nicht an meinen Namen erinnern. Ich glaube irgendetwas mit C."

Verblüfft beugte sie sich vor.

„Du kannst dich nicht daran erinnern?"

Er seufzte.

„Es dauert zu lange, um dir alles zu erklären. Und ich habe in den letzten zehn Jahren nicht mehr so viel gesprochen, wie jetzt zu dir. Ich weiß, dass ich aus Amerika komme. Genauer gesagt aus Chicago. Ich war wohl Geschäftsmann. Ich kenne meinen Namen nicht. Nenne mich Dayak."

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein! Das werde ich bestimmt nicht!"

Er zuckte mit den Schultern.

„Nenne mich, wie du willst. Und nun solltest du deinen Hunger stillen."

Erst jetzt bemerkte Tamara, dass ihre Eckzähne unangenehm auf die Lippen piksten.

„Ich nehme mal an, ich sehe dich wieder?"

Er nickte.

„Erwarte mich morgen früh auf deinem Balkon. Dann können wir weiterreden!"

Ohne auf ihre Antwort zu warten, sprang er auf und war verschwunden.

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