28. Kapitel - Leide!

Xavier rannte um sein Leben.

Er wusste, dass Gattlin und Cayden ihn verfolgten.  Auch Arthur würde hinter ihm her sein, sobald er Gwendolyn getötet hatte. Nicht, dass ihn das nun besonders betroffen machen würde.

Er hatte sich damals mehr von Gwendolyn versprochen.

Sie war eine hervorragende Jägerin gewesen und hatte seine Vorliebe für brutale Spielchen mit den Blutsklaven geteilt.

Doch seit geraumer Zeit hatte sie ihn einfach nur angeödet. Sie war nicht mehr auf die Jagd gegangen, hatte von ihm verlangt, dass er bei ihr blieb und nicht immer eine der Blutsklavinnen zu sich ins Bett nahm. Sie war träge geworden. Träge und lustlos.

Sie war langweilig. 

Nur zum Schluss hatte sie ihn etwas erregt. Als sie den Hals des Orakels mit ihrer Zunge berührt hatte.

Er schnaubte.

Verdammt, er war so nahe gewesen und Gattlin hatte alles verdorben. Hätte der General nicht gestört, dann würde das Orakel nun in seinen Händen sein und tun, was er verlangte.

Und dieser Anführer der Dayak. Arthur!

Xavier schüttelte sich.

Der war nun wirklich gefährlich. Nie hätte er gedacht, dass sich Maddox kleiner Gespiele als ein Dayak entpuppen würde.

Xavier rannte aus der Burg. Überall lagen die toten Körper der Vampire und er hatte Mühe gehabt den Dayak aus zu weichen, die nun überall zu sein schienen.

Er rannte in den Wald und lehnte sich gegen einen Baum.

Dabei lächelte er.

Sie machten es ihm einfach und wussten es nicht einmal.

Er hatte gehört, dass Amsu tot war und sie hatten ihm damit in die Karten gespielt. Er musste nun nur abwarten, bis die Dayak wieder verschwanden und dann konnte er alles übernehmen.

Als erstes würde er die beiden Orakel suchen lassen.

Khedri war führungslos ohne ihren Bruder. Auch sie würde ihm gehorchen.

Nur Geduld!

Dann wäre Ludokar seines.

Auf einmal hörte er ein scharrendes Geräusch. Es hörte sich so an, als ob jemand mit den Fingernägeln gegen die Rinde schaben würde.

Alarmiert hob er den Kopf, doch er sah niemanden.

Leise lachte er. Wahrscheinlich sah er schon Gespenster.

Entspannt lehnte er sich wieder zurück.

Doch dann hörte er es wieder.

„Wer ist da?", brüllte er und griff an seinen Gürtel. Verdammt. Er hatte sein Schwert verloren. Wahrscheinlich lag es immer noch in seinen Räumen.

Niemand antwortete ihm, doch er hörte eine Frau kichern.

Gehetzt sah er sich um, doch er sah niemanden.

Das Scharren kam näher.

„Komm raus, Weib und stell dich mir! Oder bist du zu feige, um dich einem Vampir zu stellen?"

Wieder ertönte das Kichern.

„Du hast Angst!", flötete sie. Wie ist das, Xavier? Fühlst du nun, was du anderen angetan hast?"

Xavier schluckte hart.

„Ich habe keine Angst. Vor niemanden!"

Das Kichern schwoll zu einem Lachen an.

„Deswegen bist du also vor dem Dayak geflohen? Weil du keine Angst vor ihm hattest? Oder vor Gattlin? Selbst jetzt versteckst du dich hier im Wald, anstatt doch wie alle anderen zu kämpfen!"

Wieder ein Scharren.

Dieses Mal klang es so, als ob sie direkt neben ihm war, doch als er sich zu dem Geräusch drehte, war da nichts.

„Das hat nichts mit Feigheit zu tun. Ich handle außerordentlich klug, denn ich weiß, dass ich gegen einen Dayak keine Chance habe. Komm heraus und zeig dich endlich!"

Sie kicherte erneut.

„Oh nein! Ich spiele gerne Spiele. Das habe ich von dir gelernt. Weißt du noch? Diese perversen Spiele, die du mit deiner Frau so gerne gespielt hast?"

Er lachte spöttisch.

„Du bist also ein Blutsklave."

Er entspannte sich wieder. Ein Blutsklave konnte ihm keine Angst machen.

„Komm raus und zeige dich, Mädchen. Ich werde dir deine Frechheiten verzeihen."

Sie lachte laut auf.

„Meine Frechheiten! Das ist so krank, dass du noch von Frechheiten sprichst. Sag mir, wie viele Menschen hast du auf dem Gewissen? Wie viele hast du verscharrt oder einfach nur ins Meer geworfen? Wie vielen hast du Versprechungen gemacht, damit sie dir gehorchten? Und wie viele davon hast du eingehalten? Ich denke, kein einziges!"

Das Scharren entfernte sich wieder etwas.

„Ihr Vampire seid ein krankes Volk. Ihr gebt viele Versprechungen, damit wir euch hierher folgen. Doch nur die Wenigsten bekommen das, was ihnen zusteht."

Nun kam das Scharren auch von einer anderen Seite.

Xavier sah sich um, doch auch da war niemand.

„Dir geht es also darum? Du willst belohnt werden?"

Sie lachte spöttisch.

„Was willst du mir denn geben?"

Er lächelte.

„Was willst du denn haben? Reichtum? Ja, gebe ich dir. Bildung? Du scheinst mir nicht so, als ob du das nötig hättest." Einen Moment blieb er ruhig, um seine Worte wirken zu lassen. Doch dann lachte er leise. „Oder willst du das, was alle Blutsklaven insgeheim wollen? Soll ich dich wandeln? Ist es das, was du willst? Willst du ein Vampir werden? Wenn du mich in Ruhe lässt, dann werde ich dir sogar noch mehr geben. Ich wandle dich und du wirst an meiner Seite sein. Als meine Königin."

Natürlich würde er das nicht tun, aber sie klang so machtbesessen wie damals Gwendolyn. Bestimmt konnte er sie damit locken.

Doch er täuschte sich.

„Nein!"

Ihre Antwort schallte wie ein Echo von den Bäumen wieder.

Xavier schnaubte.

„Was willst du dann, verdammt noch mal?"

Vor ihm teilten sich die Büsche und ein Mädchen kam hervor.

Er schnaubte.

„Aba!"

Sie lächelte ihn höhnisch an.

„Ja, Aba! Du erinnerst dich also noch an mich? Oder bin ich eine von vielen?"

Sie kam langsam näher und wiegte ihre Hüften.

Er schluckte trocken.

Warum war ihm nie aufgefallen, dass sie eine so tolle Figur hatte? Wahrscheinlich lag es nun daran, dass sie etwas anderes anhatte, als dieses sackähnliche Kleid. Sie trug enge Hosen und ein enges Shirt. Es war aus demselben Stoff gemacht, wie die Kleider, die sie sonst tragen musste.

„Wer hat dir erlaubt die Stoffe zu nehmen und dir etwas Verbotenes zu nähen?", brüllte er sie an.

Sie grinste und zeigte auf die Burg.

Man konnte die Schreie der Vampire bis hierher hören.

„Niemand verbietet mir etwas! Sollte ich eine Strafe fürchten? Ich denke, das erledigt sich gerade von ganz alleine!"

Sie kam noch näher und Xavier hob einen Mundwinkel nach oben. Nicht nur ihre Kleidung hatte sich verändert, sondern auch ihr ganzes Benehmen. Sie war selbstsicher und sie fühlte sich ihm überlegen. Das konnte er an ihrem Gesicht ablesen.

Sie hatte ein Speer in der Hand. Sofort verspürte Xavier Unbehagen.

„Woher habt ihr die Waffen aus Silber?"

Sie lachte schallend.

„Von den Dayak!"

Er knirschte mit den Zähnen.

„Du lügst. Ein Dayak kann man mit einer Waffe aus Silber auch schnell erledigen!"

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein. Ich lüge nicht. Es stimmt auch nicht, dass man damit einen Dayak töten kann. Man kann sie verletzen und die Heilung dauert länger, aber sie hat keine so verheerende Wirkung auf ihn, wie bei einem Vampir."

Sie senkte den Speer etwas und berührte leicht seine Haut.

Sofort brannte die Stelle und Xavier zischte auf.

Rauch stieg aus der Wunde auf.

Sie starrte lächelnd auf seinen Arm.

„Interessant!", murmelte sie und Xavier stolperte einen Schritt zurück.

Er hob beide Hände.

„Ich erneuere mein Angebot. Ich wandle dich und mache dich zu meiner Königin!"

Seine Stimme klang belegt.

Sie lachte schallend.

„Nun hast du Angst! Nicht wahr?"

Er nickte, denn er hatte wirklich eine Scheißangst. Vor einem Menschen! Das konnte nicht sein!

Sie legte den Kopf schief.

„Warum sollte ich auf dein Angebot eingehen, wenn ich jetzt schon genügend Macht über dich besitze?"

Einen Moment bekam er wieder Oberhand.

„Weil du alt werden wirst, während ich auf ewig leben werde! Du verlierst deine Schönheit und irgendwann verlierst du auch die Macht gegen mich. Aber nicht, wenn du mir gleichgestellt bist!"

Ein Mundwinkel erhob sich spöttisch.

„Du wirst nicht ewig leben! Dafür hast du zu viel Schlechtes getan und zu viele Leute sind hinter dir her! deine Tage sind gezählt, Xavier!"

Er grinste selbstgefällig.

„Wer will mich denn töten? Du etwa? Ein schwacher Mensch?"

Jemand trat hinter ihn und hielt ihm einen Silberdolch an die Kehle.

„Wie wäre es mit mir, du Arschloch?"

Xavier erstarrte.

Milan!

„Was zur Hölle...wollt ihr euch rächen?"

Milan lachte nicht.

„Was bietest du mir an, Xavier, mh? Was gibst du mir für das, was du mir angetan hast? Willst du mich auch wandeln? Willst du mir Reichtum bieten? Was ist es?"

Xavier schluckte, doch Milan redete weiter.

„Wie willst du die Familien von denen entschädigen, die du getötet hast? Aus Spaß wohlbemerkt?"

Der Dolch kam immer näher an seinen Hals und Xavier schluckte trocken.

„Was verlangt ihr?"

Nun sprach Aba wieder.

„Nichts! Alles!"

Er schnaubte.

„Was soll das heißen?"

Sie lachte laut auf.

„Was glaubst du denn?"

Milan bewegte den Dolch blitzschnell und ritzte Xaviers Tunika auf.

Die Klinge berührte seine Brust und Xavier brüllte vor Schmerz. Er wollte zu Boden sinken, doch Milan hielt ihn unbarmherzig fest.

Aba berührte mit dem Speer seinen Oberschenkel.

„Arthur hat deine Frau erledigt, doch das ging uns zu schnell. Sie hat einen so schnellen Tod nicht verdient. Und du auch nicht."

Xavier biss die Zähne zusammen, so dass sie anfingen zu knirschen.

Wieder spürte er den Dolch. Dieses Mal am Rücken.

Er schrie wieder und dieses Mal ließ Milan ihn los.

Xavier wandte sich am Boden vor Schmerzen, doch Aba lachte nur höhnisch, während Milan ihn nur ansah.

Die Wunden brannten wie Säure und es fraß sich durch die Haut. Wieder stieg Rauch auf.

Milan lachte  nun zum ersten Mal.

„Siehst du das, Aba? Sein Fleisch löst sich auf. Das ist ja interessant!"

Xavier stöhnte.

„Bringt es zu Ende!", forderte er.

Milan hockte sich vor ihm hin.

„So wie du es gemacht hast? Du hast mich gebissen und Blut ausgesaugt. Zu viel Blut! Und du hast meine Wunden nicht verschlossen. Weißt du, wie lange ein Mensch noch blutet, wenn er von deinesgleichen gebissen wurde und ihr die Wunden nicht verschließt?"

Xavier lachte leise, obwohl er vor Schmerzen sich kaum bewegen konnte.

„So ist das eben!"

Milan rammte ihm den Dolch in den Unterleib.

„So ist es eben nicht! Khedri, Tamara und sogar ihr Dayak haben mir gezeigt, dass es sehr wohl anders geht."

Aba sah Milan ernst an.

„So geht es zu schnell, Milan. Wir wollen ihn leiden lassen!"

Milan lachte wieder.

„Ich habe ihn gerade den Dolch in den Schwanz gerammt. Damit hat er dich doch immer gequält, oder?"

Sie nickte ernst und sah Xavier spöttisch an.

„Oh ja. Er hat mich vergewaltigt. Das hat er immer gemocht. Er wollte mich beherrschen. Wie viele Frauen hast du schon so zum Sex gezwungen?"

Sie legte ihren Kopf wieder zu Seite.

„Oder waren es auch Männer? Hast du auch Männer vergewaltigt?" Sie sah zu Milan. „Hat er?"

Xavier stöhnte auf.

„Nein! Habe ich nicht."

Sie strich sanft mit dem Speer über sein Gesicht. Die Haut verglühte und er spürte, wie sie sich langsam auflöste.

Die beiden standen auf.

„Ihr...ihr könnt mich nicht so liegen lassen!"

Aba lachte und nahm Milans Arm.

„Oh doch. Können wir."

Sie hob den Kopf.

„Hörst du das, Xavier? Die Schreie sind verstummt. Nun hättest du dich wieder in die Burg begeben, oder nicht? Du hättest deinen Anspruch auf den Thron erhoben, habe ich recht? Und wahrscheinlich wärst du sogar damit durchgekommen. Doch das geht ja jetzt nicht mehr."

Sie lehnte sich leicht an Milans Körper.

„Es wirkt wie Säure. Das Silber meine ich. Die Wunden werden langsam größer und die Haut löst sich auf."

Xavier stöhnte.

„Macht endlich Schluss!"

Milan schüttelte den Kopf.

„Nein! Aber wenn du Glück hast, kommen bald die Primitiven vorbei. Vielleicht tun sie dir den Gefallen!"

Sie drehten sich um und verließen ihn.

„Kommt zurück. Macht Schluss! Bringt mich um! BITTE!"

Xavier brüllte, doch sie reagierten nicht einmal mehr auf ihn.

Er schaute sich gehetzt um.

Die Schmerzen wurden schlimmer. Seine Hände suchten zitternd den Waldboden ab, bis sie auf etwas Hartes trafen. Er griff danach und hob es hoch. Als er sah, was er in der Hand hielt, lachte er.

Es war ein Holzstück. Geformt wie ein Holzpflock.

Wie im Mittelalter.

Zitternd hob er ihn weiter hoch. Direkt über seinem Herz.

Wieder kamen die Schmerzen über ihn.

Und wieder lachte er.

Er war schon tot und nun zitterte er bei dem Gedanken, sich selbst diesen Holzpflock ins Herz zu rammen.

Leise fluchte er.

Er hielt es nicht mehr aus. Er rammte das Holz in sein Herz, doch es reichte nicht. Er war zu schwach.

Wind kam auf und er hörte Stimmen.

„Helft mir!", flüsterte er.

„Wow, da hatte aber jemand eine Scheißwut auf dich!"

Langsam öffnete er die Augen.

Der Dayak stand vor ihm und grinste. Einen Moment war Xavier irritiert. Cayden lebte doch noch!

„Mach es zu Ende!", stöhnte er.

Cayden schüttelte den Kopf. Stattdessen hob er ihn hoch und stellte ihn an einen Baum. Eer nahm den Holzpflock aus seiner Brust und rammte ihn in Xaviers schulter, so dass er am Baum hängen blieb.

„Weißt du, ich habe auch Wut auf dich!"

Xavier stöhnte.

„Verfluchter Dayak!"

Cayden lachte.

„Genau. Du verurteilst ja gerne. Nur dich nciht. Hast du nicht Tamara vergewaltigt? War es nicht so, Liebes?"

Xavier hob den Blick.

Beide Orakel standen ihm gegenüber. Und keine von ihnen hatte einen besonders mitleidigen Blick.

„Lass ihn hängen! Wir haben keine Zeit für so einen Mist!"

Xavier hörte Gattlin.

„Verräter!", zischte er.

Cayden nickte.

„Das ist wohl so. Na gut. Gattlin hat Recht. Wir haben keine Zeit. Also, dann gehab dich wohl! Und stirb schön langsam!"

Sie drehten sich um und gingen.

„Wissen die Dayak, dass du ihnen hilfst? Wissen sie es? Glaube mir, wenn sie vorbeikommen, werde ich es ihnen sagen. Sie werden dich jagen, Cayden. Dich und deine Schlampe! Dieses Mal kommt ihr nicht so davon! Sie werden euch finden!"

Niemand drehte sich nach ihm um.

Auch sie ließen ihn alleine!

Doch Xavier hielt sich an den Ästen fest. Er würde am Leben bleiben, bis die Dayak ihn fanden.

Das würde seine letzte Tat sein.

Er würde sie verraten.

Leise lachte er.

Sie alle würden keine Ruhe mehr haben!

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