Chapter 9
J A R E D
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Genervt laufe ich in Richtung Sportplatz. Nachdem der Direktor unserer Schule mir eine gefühlte Ewigkeit lang einen Vortrag über mein Verhalten und meine drastisch verschlechterten Noten gehalten hat und die anderen Jungs nun ohne mich in die Stadt gegangen sind, muss ich wohl oder übel alleine auf den Beginn warten. Wenigstens werde ich nun die Umkleidekabine für mich allein haben und mich nicht im Stress umziehen müssen.
Ich laufe im Sportgebäude zu den Umkleidekabinen und stoße schwungvoll die Tür auf. Mein Gesicht dabei auf mein Smartphone gerichtet, trete ich ein und nehme den süßlichen Geruch von Frauendeo wahr.
Verwirrt blicke ich auf und entdecke Charlie auf einer Bank in der Ecke sitzend. Sie wirft mir einen wütenden Blick zu, den ich ignoriere.
Anscheinend schien sie schon länger hier zu sein, da sie sich bereits umgezogen hat. Grinsend mustere ich ihr Outfit für das heutige Training. Dieses mal ist es, wie von Anthony gewollt, eine Leggings. Noch dazu trägt sie einen Kapuzenpulli, der wenig verdeckt. Etwas überrascht davon, dass sie sich doch nicht 24/7 unter irgendwelchen Kartoffelsäcken versteckt, laufe ich auf eine Bank zu.
„Ich hab nichts anderes zum anziehen gefunden. Meine Sachen sind alle in der Wäsche", verteidigt sie sich trocken, nachdem sie meinen Blick wohl richtig verstanden hat.
Ich blicke wieder auf und grinse dabei immer noch. „Wenn du nicht willst, dass die anderen dich mit ihren Blicken verschlingen, kann ich dir gerne mein Sportshirt anbieten. Ich kann mein normales Shirt anlassen", schlage ich vor und bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht ablehnen wird. Es ist tatsächlich ziemlich mutig, so vor einer Horde pubertierender Jungs aufzutauchen.
Kurz sieht sie verunsichert aus, blickt mich aber dann wieder gespielt arrogant an und steht auf. „Also, ich habe damit kein Problem", sagt sie und lächelt dabei, wie immer, provokant.
Sie dreht sich um und fängt an, ihre langen, dunkelblonden Haare mit einem Zopfgummi zu bändigen. Dabei bekomme ich einen vollen Ausblick auf ihren Allerwertesten. Ich kann mir das Lachen kaum verkneifen, da es wirklich ein kindischer Weg ist, um mich provozieren zu wollen. Ihr Hintern ist zwar nicht der schlechteste und allgemein hat sie eine gute Figur, wäre also der Traum eines jeden Mannes, aber irgendwie überzeugt sie mich nicht. Wäre sie nicht so nervtötend und provokant, würde ich sie glatt auf ein Date einladen. Aber Charakter konnte so viel zerstören.
Allerdings fällt mir wieder die Wette ein und ich überlege sogar, ob ich auf ihren Versuch eingehen soll.
Dave und Liam haben bereits am Mittwoch ihr Glück versucht und sie angesprochen, jedoch haben beide eine Abfuhr kassiert und sind somit raus aus dem Spiel.
Ich krame meine Sportklamotten aus meiner Tasche, die auf meiner Bank liegt, und beginne damit, mich ebenfalls umzuziehen. Ehrlich gesagt möchte ich meine Chance nicht sofort verspielen, weshalb ich beschließe, auf nichts einzugehen und einfach auf Morgen, der Tag an dem Anthonys Party steigt, zu warten.
Ich ziehe meine Sportsachen an und laufe schließlich raus auf das Feld. Charlie eilt vor und ich rolle mit den Augen. Ihr Hintern provoziert mich so dermaßen, dass ich mich auf die erste Stufe der Tribüne niederlasse und auf die Anderen warte.
Nach zehn Minuten ist auch Cliff anwesend und mustert uns, insbesondere Charlie. „Mädchen, bist du dir sicher, dass du in diesem Aufzug mitmachen willst? Du bist hier alleine unter 14 Jungs", ruft er ihr skeptisch zu. Anscheinend kommt die Vaterrolle aus ihm heraus. Charlie lächelt ihn aber nur sanft an und winkt ab.
„Keine Sorge, Coach. Ich bin mit Jungs aufgewachsen. Ich komme mit den paar Hampelmännchen klar."
Er nickt nach kurzer Gedenkzeit und lässt sich ebenfalls auf der Tribüne nieder.
Nach weiteren Minuten hört man auch schon die Jungs grölen und sie betreten ebenfalls den Platz. Grinsend schlägt Mason bei mir ein. Ich deute auf Charlie, die sich gerade aufwärmt und die Blicke schießen zu ihr. Mit offenem Mund betrachten die meisten das Geschehen.
„Die hat 'ne Leggings an!", freut sich Anthony und ich ramme ihm meinen Ellbogen in die Seite. Empört sieht er mich an. „Was ist denn?", fragt er und ich zucke nur mit den Schultern und blicke zu Coach, der die Treppen runtersteigt und vor uns zum Stehen kommt. Er ruft noch Charlie zu uns und fängt dann an zu reden.
„Also, Jungs und Mädchen", er lächelt dabei Charlie an. Es ist sofort jedem klar, dass sie sein neuer Liebling ist. „Die Season beginnt und am Samstag ist schon das erste Spiel. Ihr spielt gegen das Team von Santa Barbara. Es ist kein Heimspiel, weshalb wir Freitag Vormittag mit dem Bus losfahren und dort dann in einem Hotel bleiben werden, das ganze Wochenende über. Wie gesagt, es ist das erste Spiel, also strengt euch gefälligst an. Ich will keine Niederlage erleben müssen!", meint er streng und wir beginnen alle zu jubeln.
Endlich würde wieder die Season beginnen und ich habe so im Gefühl, dass das unser Jahr wird.
Zum Aufwärmen lässt Coach uns dann wieder eine Runde laufen und lässt uns schließlich das Elfmeter Schießen üben.
„Wer geht ins Tor?", fragt Mason und blickt in die Runde. Nach kurzem Zögern tritt Charlie vor und schnappt sich die Handschuhe. Der Coach sieht sie unsicher an, hält sie aber nicht auf, als sie dann auf das Tor zuläuft.
„Die wird da vorne sterben", meint Liam und sieht mich hilflos an. Ich zucke mit den Schultern, denn für mich ist ihr Geschlecht kein Grund zur Schonfrist. „Stellt euch auf, na los", befiehlt Cliff und pfeift wieder mit seiner dämlichen Pfeife.
Mason soll als Erster schießen und wirft Charlie einen unsicheren Blick zu. Im weit entfernten Tor sieht sie noch kleiner aus als sonst. Da Mason sozusagen die gute Seele von uns ist, schießt er nicht besonders fest, weshalb Charlie den Ball mühelos fangen kann. „Was war das denn! Ein bisschen mehr Elan!", meckert Cliff. Mason hebt beide Arme abwehrend hoch.
„Ich kann die doch nicht einfach abschießen", verteidigt er sich und läuft zum Ende der Schlange. Als nächstes bin ich dran.
Ich mustere kurz den Ball und überlege dann, in welche Richtung ich schießen soll, aber mir kommt es so vor, als wüsste Charlie immer, wo es ungefähr hingehen soll. Spontan schieße ich ihn nach rechts oben, doch auch diesen fängt sie ohne weitere Probleme. Ich balle die Fäuste und geselle mich zu Mason.
Das gesamte Training über wird nur das Elfmeter Schießen geübt und jeder muss einmal in das Tor. Nach den zwei Stunden entlässt uns der Coach schließlich, doch gerade, als ich loslaufen wollte, hielt er mich auf indem er mir meinen Namen hinterher rief.
„Ich müsste kurz mit dir sprechen", meint er nur, als er meinen fragenden Blick sieht. Ich nicke und die Jungs klopfen mir beim Vorbeigehen auf die Schultern.
Nachdem alle Spieler den Platz verlassen haben, kommt Cliff schließlich auf mich zu.
„Du weißt, dass du ein sehr wichtiger Teil des Teams bist und ich sage das jetzt wirklich ungern", er seufzt und mustert mich. „Aber der Direktor hat mich heute angesprochen und es soll öfters zu Problemen deinetwegen gekommen sein." Daher weht der Wind also.
Wieso wird eigentlich immer ein Elefant aus einer kleinen verfluchten Mücke gemacht? Und wieso werden andere, die nichts damit zu tun haben, mit rein gezogen, wenn es sie nicht mal etwas angeht?
„Es tut mir echt leid Junge, aber er sagte, wenn du in nächster Zeit nochmal auffällst, verlangt er von mir, dich als Konsequenz aus dem Team zu schmeißen. Also reiß dich gefälligst zusammen und zügele deinen jugendlichen Trotz, denn ich will wirklich nicht einer meiner besten Spieler gehen lassen. Ich war auch mal jung, aber ich musste meine Grenzen auf ziemlich schmerzhafte Art kennenlernen", meint er und ich sehe ihn unsicher an. Hoffentlich würde jetzt keine "Damals"- Story folgen.
Nach weiteren fünf Minuten Strafpredigt, zum Glück ohne eine Old Time Story, lässt er mich gehen und ich laufe zur Umkleide. Ich stoße die Tür auf und hoffe, dass niemand mehr da ist, um alleine sein zu können, doch Charlie macht mir einen Strich durch die Rechnung. Nur in pinker Unterwäsche bekleidet steht sie bei ihrer Bank und bemerkt mich nicht mal, da sie zu sehr mit ihrem Handy beschäftigt ist. Ihren Zopf hatte sie wieder geöffnet und anscheinend hatte sie auch angenommen, dass sie die letzte im Gebäude ist. Ich mustere sie und verkneife es mir, irgendwelche Geräusche zu machen. Eigentlich wäre die Sache doch schöner, wenn sie, wie von mir am Anfang gedacht, wirklich wie eine hässliche Kartoffel aussehen würde. Dann würde ihr Kartoffelsack wenigstens zu ihr passen.
Ich grinse bei dem Gedanken und überlege, wie ich mich nun am besten bemerkbar machen könnte. Irgendwie fühle ich mich den Jungs jetzt überlegener und dem Wettgewinn näher. Eigentlich sieht sie sogar ziemlich süß aus, wie sie da steht und total konzentriert auf ihr Handy starrt.
Ich unterdrücke ein Auflachen und sage so lässig wie möglich „Hey Charlie".
Sofort schießt ihr Blick nach oben und sie starrt mich erschrocken an. Dann wirft sie einen Blick auf sich selbst und ihre Kinnlade klappt nach unten.
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