Chapter 40

C H A R L I E
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Ich knalle die Haustür hinter mir zu und atme kurz durch.

„Charlie?", ruft mein Vater und ich setze ein Lächeln auf.

„Ja?", gebe ich zurück und schlüpfe aus meinen Schuhen.

Mein Vater taucht im Türrahmen auf und sieht mich prüfend an.

„Alles okay mit dir? Dein Trainer hat heute angerufen. Warum bist du nicht sofort nach Hause gekommen?", fragt er besorgt und ich nicke.

„Ja, mir geht es gut, nicht der Rede wert. Ich war im Krankenhaus, um mich untersuchen zu lassen. Man, war da viel los. Ich sag's dir", lüge ich und lächele zur Bestätigung. Meine Vater grinst nun auch und umarmt mich kurz.

„Dann ist ja gut. Deine Mutter hat angerufen, sie wollte mit dir reden."

Verwirrt löse ich mich. „Sicher, dass sie mich meint?" Er nickt und ich seufze.

Schnell schnappe ich mir unser Festnetztelefon und laufe hoch in mein Zimmer. Meine Gedanken schwirren noch immer über diesem verfluchten Parker herum. Langsam muss ich mir doch ein wenig eingestehen, dass ich ihn mehr mag. Vielleicht ein bisschen zu viel mehr.

Ich klatsche mir für diesen Gedanken eine und lasse mich auf mein Bett nieder. Nein, das stimmt nicht, das kann nicht sein.

Ich seufze frustriert und betrachte meine Wand. Wenn es stimmen sollte, darf es Jared niemals erfahren. Er wird sowieso nur Falsches von mir denken. Und ein 'wir' würde es sowieso niemals geben, nicht nach heute.

Ich balle die Fäuste und atme kurz ein und aus.

Fühlt es sich so an? Dieser stechende Schmerz, wenn er ein anderes Mädchen anguckt und diese Wärme, wenn er bei mir ist. Ist das Liebe? Verflucht, ich rede schon wie eine Geisteskranke. Ich sollte mich einweisen lassen.

Ich nehme das Telefon und verdränge all meine Gedanken, während ich auf die Nummer meiner Mutter klicke. Herausforderung Nummer zwei. Was wollte sie denn ausgerechnet jetzt von mir? Der erste Ton ertönt und mein Herz fängt langsam an zu pochen.

„Hallo?", meldet sie sich und ich betrachte meine zitternden Hände. Es ist das erste mal seit dem Umzug, dass ich ihre Stimme höre.

„Hey", gebe ich locker zurück, obwohl in mir alles langsam einbricht.

„Charlett. Wie schön, dass du anrufst. Wie geht es dir?", fragt sie leise.

Ouagh, Charlett. Sobald ich 18 bin, werde ich meinen Namen ändern.

„Gut. Mir geht es gut", gebe ich kühl zurück und eine Stille entsteht.

„Wie ist es dort? Also, in Kalifornien?"

„Gut. Sehr gut."

„Das ist schön, Liebes", sagt sie schwach und ich kann mir ihr gefaktes Lächeln nur allzu gut vorstellen. Spar dir dein Liebes, würde ich am Liebsten sagen.

„Ja, finde ich auch."

„Hör mal, Charlie. Ich weiß, es hätte niemals so kommen sollen. Ich wollte das alles nicht, verstehst du? Komm zu mir zurück, ja? Bitte verzeih mir, ich wollte das wirklich nicht. Ich brauche dich doch. Ich..-, ich wohne alleine. Es wird nur noch uns zwei geben. So wie früher, ja? Bitte", sagt sie plötzlich und schluchzt kurz auf. Ich verkrampfe alle meine Muskeln und versuche, das Gesagte zu verarbeiten.

„Ich..- weiß gerade nicht, was ich sagen soll."

„Das ist kein Problem Liebes, bitte. Denk darüber nach. Ich brauche dich wirklich und ich wollte dich nie verlieren. Überleg es dir Charlie, ja? Komm zurück zu Mum."

Mittlerweile heult sie unverkennbar und ich sehe ratlos durch mein Zimmer. Zurück nach London? Weg von Dad? Von Liz, dem Fußballteam? Von Jared?

„Mum, ich..- lass mich darüber nachdenken, ja? Lass mir Zeit, ich muss das erstmal verarbeiten. Das von dir zu hören hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet", gebe ich unsicher zu und bevor sie etwas erwidern kann, lege ich auf. Meine Hände zittern immer noch und ich lege mich in mein Bett. Soll ich zurück? Sie ist meine Mum! Aber nach all dem? Sie hat sich aber entschuldigt.

Mein Kopf rauscht. Warum ist alles nur so unglaublich kompliziert? Warum kann nicht einmal etwas glatt laufen? Gefühle machen einen nur kaputt.

Ich bemerke kaum, wie meine Tränen sich langsam ihren Weg nach unten durch bahnen und genervt von mir selber wische ich sie energisch weg. Nein, ich will nicht heulen. Ich heule nie. Ich bin stark.

-

Mein Wecker klingelt und ich reiße die Augen auf. Müde sehe ich mich in meinem Zimmer um. Ein neuer Schultag steht an und ich stöhne genervt auf.

Langsam setze ich mich auf und checke kurz mein Handy, bevor ich ins Bad tapse. Meine Maskara von gestern ist noch verschmiert und ich greife nach einem Abschminkttuch, um alles zu entfernen. Spontan beschließe ich, heute auf Schminke zu verzichten und binde meine Haare hoch zu einem lockeren Dutt.

Ich habe leichte Kopfschmerzen und noch immer sitzen mir all die Probleme im Magen fest.

Mum, London, Kein Fußball für zwei Wochen, Jared. Jared ist eigentlich das größte Problem.

Wenn ich wirklich was für ihn empfinde, was meiner Meinung nach immer noch nicht sein kann, dann habe ich ein gewaltiges Problem.

Ich könnte wirklich einfach nur nach London zurück, aber kann ich das meinem Vater wirklich antun?

Ich fische mir ein Tanktop und ein Bandeautop heraus und ziehe sie an. Dazu lasse ich Jareds Jogginghose, in der ich geschlafen habe, an. Ich habe überhaupt keine Lust auf alles und trampele nach unten.

„Guten Morgen Süße! Komm, ich fahr dich. Es ist schon spät", sagt mein Vater und lächelt. Ohne die Miene zu verziehen, ziehe ich meine Schuhe an und nicke. Er läuft voraus zum Wagen und ich steige ein. Langsam habe ich mich doch tatsächlich an Jareds Rumkutschieren gewöhnt.

„Alles in Ordnung mit dir?", fragt Dad mit zusammengezogenen Augenbrauen und ich nicke kaum merklich.

Vor der Schule verabschiede ich mich und steige aus. Den Blick starr auf den Eingang gerichtet, laufe ich los. Ich ignoriere alles, alles um mich herum. Ich ignoriere die Rufe, meinen Namen, das Gedrängel. Mein Kopf platzt vor Gedanken.

Mum. Jared. Mum. Liz. Mason. Mum. Jarad. Mum. Liz. Mum. Jared. Mason. Liz. Mum. Jared. Mum. Jared. Jared.

Oh verdammt, ich sollte mich wirklich einweisen lassen.

Ich laufe auf meinen Spind zu, blende alles aus, werfe meine Sachen rein und funktioniere wie eine Maschine.

„Charlie? Charlie!", ruft jemand, ich kann die Stimme nicht genau zuordnen, aber ich ignoriere sie und drehe mich um, um ins Klassenzimmer zu kommen.

Mathe steht an, natürlich. Ironie des Schicksals.

Ich habe die Stunden recht gut überlebt mit meiner Ignoranz. Es ist einfach besser, für mich und alle anderen, wenn Gefühle einem nicht im Weg stehen.

Ich laufe gerade aus der Cafeteria raus, als mich jemand umdreht und ich in Jareds strahlenden Augen sehe.

„Was?", frage ich gleichgültig und entreiße ihm meinen Arm. Er zieht die Augenbrauen zusammen.

„Wieso ignorierst du mich? Seit gestern bist du so komisch, wenn es wegen dem einen Spruch ist..-"

„Nein. Es ist nicht deswegen", sage ich ruhig und er sieht auf dem Boden.

„Wegen was denn dann? Ich kann es nicht ab, wenn du mich ignorierst", quengelt er.

Verdammt, er darf auf keinen Fall erfahren, dass sich etwas in mir aufbahnt.

„Ich..- meine..- meine Mutter, sie hat gestern angerufen", meine ich und er sieht wieder auf.

„Sie..- sie will, dass ich zurück nach London ziehe."

Schlagartig weicht ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht und er sieht mich geschockt an.

„Aber..- aber du gehst doch nicht, oder?", fragt er unsicher und ich zucke mit den Schultern.

„Ich weiß es nicht. Sie ist meine Mutter", sage ich und er schüttelt den Kopf.

„Nein..- komm schon, bitte Charlie. Du kannst jetzt nicht weg. Du gehörst zu uns. Zu uns allen. Oh mein Gott, du kannst mich doch nicht alleine lassen! Ich will nicht, dass du gehst", sagt er aufgebracht und stampft wie ein kleines Kind mit dem Fuß auf.

„Nenn mir einen guten Grund, wieso du es nicht willst", schlage ich vor und er kratzt sich am Hinterkopf.

„Naja, ähm..- weil."

Ich schüttele den Kopf, um ihm zu zeigen, dass mir diese Antwort nicht reicht.

„Weil halt. Außerdem brauche ich doch jemanden zum rummachen", sagt er grinsend. Meine Kinnlade klappt nach unten und ich sehe ihn geschockt an.

„Ist das dein..- Parker, du bist so ein Vollidiot! Ich hasse dich, oh mein Gott, hau ab. Verpiss dich", sage ich und mache Anstalten zu gehen, aber er packt mich am Handgelenk und bevor ich weiß, was mir geschieht, landen seine weichen Lippen auf meinen.

Scheiße, kann man von sowas süchtig werden? Wenn ja, muss ich dringend in eine Entzugsklinik. Sollte ich ihn jetzt nicht wütend wegschubsten und einen Abgang like Paris Hilton machen? Immerhin kann uns hier jeder sehen, und er hat mal wieder sowas idiotisches gesagt..- aber who cares? Kuss Nummer 4, Check.

Ich schließe die Augen und genieße das Kribbeln in meinem ganzen Körper, das sich so anfühlt wie Brause mit hochprozentigem Alkohol.

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