Kapitel 4

Als ich aufwachte und auf die Uhr sah, schreckte ich sofort hoch.
"Verdammt", keuchte ich. Es war eigentlich schon viel zu spät, wenn ich noch rechtzeitig bei der Arbeit ankommen wollte, musste ich mich eindeutig verdammt noch mal beeilen. Also sprang ich sofort von der Couch. Ben und Noah waren sowieso schon in der Uni, also konnte ich mir auch gerade auf dem Weg zum Bad hektisch die Klamotten ausziehen. Für duschen blieb keine Zeit, also musste ich mich mehr oder weniger mit einer Katzenwäsche begnügen, die Haare band ich zusammen, was sowieso Vorschrift war. Ich schlüpfte in meine Klamotten, während ich mir die Zähne putzte (Was einige Verrenkungen bedeutete) zog mir die Schuhe an, schnappte meine restlichen Sachen und stürmte aus der kleinen Wohnung. Ich erwischte gerade noch so die nächste S-Bahn. Sicher, die darauf kam nicht viel später, aber im Moment zählte wirklich jede Minute. Nachdem ich gestern schon blau gemacht hatte, konnte ich mir heute kein zu spät kommen leisten. In der Bahn blieb mir ein wenig Zeit zum durchatmen, auch wenn ich leider keinen Sitzplatz ergattern konnte, außer ich wollte mich neben einen Typen setzen der aussah als hätte er seit drei Wochen keinen tropfen Wasser mehr gesehen.
An meiner Station sprang ich aus der Bahn und lief, ja rannte schon fast, zu dem Eiscafé in dem ich arbeitete. Dort meldete ich mich kurz bei meinem Chef, der mich argwöhnisch ansah.
"Dir scheint es ja wieder blendend zu gehen", brummte er unfreundlich.
Ich lächelte verlegen, "ja, war wohl der Kreislauf"
"Sicher doch, jetzt geh an die Arbeit, da sitzen schon ein paar die bedient werden wollen", er wandte seinen Blick zu seiner Zeitung. Damit war unser Gespräch beendet und ich ging, holte mir meinen Notizblock (leider hatten wir keine der coolen elektronischen Geräte mit denen heutzutage immer öfter die Bestellungen aufgenommen wurden) und den kleinen Umhängegeldbeutel und ging los zu den Tischen die mir zugeteilt worden waren.
"Guten Tag, wissen Sie schon was Sie wollen?", begrüßte ich die erste Familie die an einem der Tische saß. Es dauerte etwas bis die Tochter des Paares sich endlich entschieden hatte, dann gab ich die Bestellung weiter und ging an den nächsten Tisch. Und so lief es den ganzen Tag, ich nahm Bestellungen auf, gab sie weiter und wenn das Eis oder was auch immer bestellt worden war fertig war, brachte ich oder eine andere Kollegin das ganze zum Tisch. Außerdem bezahlten ein paar Gäste bei mir oder wechselten auch mal ein zwei nette Worte mit mir. So schlich der Tag vor sich hin und bald musste ich darauf acht geben nicht gelangweilt oder müde auszusehen (was durchaus beides auf mich zu traf) Immer öfter sah ich auf die große Uhr die an einer Wand hing und je öfter ich nachsah, desto langsamer schien die Zeit zu vergehen. Doch dann brachen die letzten 10 Minuten doch endlich an. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen und meine Motivation schien nochmal einen letzte Schub zu bekommen.
"Guten Tag, wissen Sie schon was Sie wollen?", ich sah von meinem Notizblock auf und sah direkt in dunkle, braune Augen. Der Mann der da vor mir saß war vielleicht zwei oder drei Jahre älter als ich und schenkte mir ein warmes und aufrichtiges Lächeln und er war allein! Keine Jacke hing über dem Stuhl neben ihm, keine Tasche lag darauf und auch sonst gab es keine Anzeichen dafür, dass er in Begleitung da war. Und gut sah der Mann aus und wie. Die Haaren hatten ein dunkles Braun, fast das gleiche Braun wie seine Augen und waren etwas hochgegelt, ich vermutete zumindest das Gel im Spiel war, denn so wie sie leicht nach oben und nach hinten standen, konnte das nicht von Natur aus sein. Die Seiten waren leicht ausrasiert und sein Gesicht schmückte ein drei Tage Bart. Der allein ließ ihn für mich schon um das zehnfache attraktiver wirken, ja, ich stand auf Männer mit Bart und wie. Sein Gesicht wirkte etwas kantig, aber irgendwie passte es zu ihm. Seine Wangenknochen waren gut zu erahnen, ohne aber zu weit hervorzustechen. Nur seine Nase war nicht perfekt und bog sich leicht nach unten, was seinem Gesicht aber einen gewissen Hauch von Charakter verlieh. Er trug ein Hemd, die oberen zwei Knöpfe waren geöffnet und verliehen dem ganzen etwas lässiges.
"Ich hätte gerne einen Kaffee, schwarz bitte", sagte er und riss mich so aus meinen Gedanken.
"Ist das alles?", fragte ich höflich und er nickte, ich startete den Rückzug, konnte es mir aber nicht nehmen noch einmal nach hinten zu schauen und dabei wäre ich fast gegen einen Tisch gelaufen. Noch nie hatte mich ein Mann so aus dem Konzept gebracht. Ich sah auf meinen Notizblock. Wo kam dieses verdammte Herzchen bitte her? So konnte ich das Blatt nicht abgeben. Also riss ich es ab, knüllte es zusammen, schob es in meine Hosentasche und schrieb die Bestellung erneut auf einen neuen Zettel, den ich dann auch abgab. Ich brachte dem Mann seinen Kaffee und kümmerte mich weiter um die verbliebenen Gäste, konnte es mir aber nicht nehmen immer und immer wieder zu ihm rüber zu sehen. Schließlich hob er die Hand um zu bezahlen und bevor auch nur jemand anderes im Raum es auch nur wagen konnte sich in seine Nähe zu bewegen, stand ich auch schon bei ihm.
"Ich würde gerne bezahlen", erneut dieses warme Lächeln. Ich nickte und ging seine Rechnung holen. Und dann, auf Grund eines plötzlichen Impulses, schrieb ich auf die Rückseite der Rechnung meine Handynummer. Mein Herz sprang mir fast aus der Brust, als ich ihm die Rechnung brachte. Sogar ein kleines Trinkgeld gab er mir, dann nahm er die Rechnung und schob sie in seinen Geldbeutel. Dann konnte ich nur noch hoffen, dass dieser verboten gut aussehende Mann auf die Rückseite der Rechnung schauen würde. Er stand auf, nahm seine Jacke vom Stuhl, lächelte mich ein letztes mal an und ging. Ich sah auf die Uhr. Ich hatte schon seit zehn Minuten Feierabend, aber ich hatte einfach da bleiben müssen, bis der Mann ging.

So, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Also denne, haltet die Ohren steif

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