4 | Mr. Big (Lebowski)
Langsam und vorsichtig bewege ich mich über Jesse, der genussvoll stöhnt, als ich ihm zärtlich in den Hals beiße und mich dabei ein wenig weiter in ihn schiebe. Seine Augen sind geschlossen und ich bleibe weiter bei meinen genießerisch langsamen Bewegungen, die ihn so verrückt machen. Wir beide mögen es ein wenig intensiver, enger und vertrauter. Wir sind keine Fremden mehr, die unkontrolliert übereinander herfallen. Wir haben so regelmäßig Sex, dass es auch gerne mal länger dauern kann, ohne dass wir uns dabei langweilen. Im Gegenteil. Je mehr wir uns aufeinander einlassen, desto mehr will ich ihn und er mich. Zumindest sagen wir uns das und ich für meinen Teil kann das nur bestätigen. Warum sollte ich ihn anlügen, davon hätte keiner was.
Während ich eine kurze Pause mache, um meinen Mund auf seiner warmen Brust umherwandern zu lassen und seinen betörenden Duft in mir aufzunehmen, wirkt er heute etwas gehetzt. Gierig greift er nach meinem Hintern und will mich wieder in sich spüren. „Was ist denn los mit dir, Jess? Gefällt es dir heute nicht?", frage ich sanft und schaue ihm in die Augen. Seine langen Wimpern sehen einfach unglaublich hübsch an ihm aus und seine braunen Wellen stehen ihm durch die Begegnung mit dem Kopfkissen wild vom Kopf ab. Am liebsten würde ich ihn küssen... doch das geht nicht.
„Doch, klar", stöhnt er lächelnd. „Ich denke nur an unsere Pizza, die gleich kommt und wir nicht. Ich möchte sie ungerne kalt essen." Ich lache auf. Dann werde ich ihn mal erlösen. „Ich habe die Pizza nicht für sofort bestellt. Wir haben noch genug Zeit", grinse ich und sehe Erleichterung auf Jesses Gesicht.
„Sehr gut. Dafür liebe ich dich", lobt er und ich stocke kurz. „Also ich liebe dich für deine Einfälle und dafür, dass du mitdenkst", schiebt er hinterher und haut mir dann etwas zu heftig auf den Hintern. ‚Okay', denke ich mit klopfendem Herzen, ‚das war kurz etwas gruselig, aber er hat es nochmal gerettet.' Nicht auszudenken, wenn plötzlich irgendwelche Gefühle ins Spiel kämen. Das macht doch alles nur kompliziert, oder?
„Sorry, habe ich dich erschreckt?", fragt er grinsend, als könne er meine Gedanken lesen. „Ein bisschen", gebe ich zu und beiße schnell in seinen Hals, bis er stöhnt und sich unter mir anfängt zu rekeln. Ich liebe es, wenn er das tut. Es, nicht ihn. Naja, vielleicht ein bisschen. Aber das muss er ja nicht wissen.
Eine gute Stunde später sitzen wir mit unserer Pizza frisch geduscht im Wohnzimmer und zappen durch das TV-Programm. Das heißt, Jesse zappt. Ich konzentriere mich auf mein Handy und texte Nachrichten mit Leon. Wir müssen beide noch eine gemeinsame Hausarbeit fertig schreiben und er möchte dies an diesem Wochenende tun. Aber das Wochenende mit Jess ist mir heilig, das muss er verstehen. Oder auch nicht. Denn wie kann er es verstehen, wenn er nichts von ihm und mir weiß?
Für Leon ist Jess mein Kumpel. Jemand, mit dem man den Abend verbringt, um zu spielen oder zu quatschen. Nicht jemand, bei dem man am Freitagnachmittag einfällt und erst am Sonntagabend oder - und auch das kommt inzwischen ziemlich häufig vor - Montagmorgen wieder geht. Wie soll Leon das einordnen?
Also schreibe ich, dass meine Eltern sich mal wieder gestritten haben und ich mich auf andere Dinge konzentrieren muss. Wahrscheinlich stimmt das sogar. Auch wenn ich nicht zuhause bin, um das mitzubekommen.
„Es läuft einfach nichts", mault Jess und schaltet resigniert den Fernseher aus. „Mit wem schreibst du?", will er wissen, als ich gerade die Nachricht abgeschickt habe. „Niemand wichtigem", antworte ich ehrlich und lege das Handy beiseite.
„Ich sehe, wenn du lügst", grinst Jess und beugt sich zu mir herüber. „Ich lüge nicht", entgegne ich empört. „Es ist Leon und er will die Hausarbeit dieses Wochenende schreiben. Und ich musste ihm kurz absagen."
„Wieso?", fragt Jess interessiert.
„Weil meine Eltern sich gestritten haben und mir das nun zu viel Stress ist", rezitiere ich meine Ausrede. Er lacht. „Nein, ich meine, warum du sie nicht schreiben willst. Wegen mir musst du ihm nicht absagen. Ist ja nicht so, als wären wir zusammen und ich wäre wütend, wenn du mal nicht hier bist."
Ich weiß, er meint es nicht böse. Er will mir Freiraum geben. Aber seine Worte treffen mich trotzdem unerwartet schwer, mitten ins Herz. „Okay, dann gehe ich eben!", sage ich verletzt und stehe auf. Doch Jess hält mich am Arm fest und zieht mich wieder runter auf seinen Schoß.
„Oh nein, mein Freund", sagt er bestimmt und hält mich mit seinen Augen fest. „Du gehst nicht beleidigt hier raus, während ich hierbleibe und nicht weiß, was ich getan habe. Habe ich dich verletzt? Das wollte ich nicht. Ich bin immer glücklich, wenn du hier bist, das weißt du, oder?"
Seine Augen machen diesen sexy Aufschlag, die seine Wimpern so unglaublich klimpern lassen. Ja, auch Jesse hat einen Blick drauf, der meine Knie weich werden lässt. Ich ziehe einen Schmollmund, doch nicke brav. „Außerdem habe ich Vodka und Kaluha für heute Abend gekauft, damit wir uns nachher White Russians mixen können", lächelt er aufmunternd.
„Du willst schon wieder The Big Lebowski gucken, oder?", geht mir durch den Kopf. Er lacht. Dann streicht er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Augen huschen darüber und für einen kurzen Augenblick, meine ich so etwas wie echte Zuneigung in ihnen sehen zu können. Aber das kann nicht sein. Wir sind nur Freunde. Und das bestätigt er, indem er mich wie aus heitererem Himmel anfängt zu kitzeln. Er weiß genau, welche Stellen bei mir das größte Vergnügen auslösen und ich kann mich wie immer nicht wehren. Zu fest hält er mich, als er sich über mich beugt und meine Seiten mit seinen Fingern bearbeitet. Grölend lachend fallen wir schließlich vom Sofa und bleiben erschöpft auf dem Teppich liegen.
„Na gut, ich bleibe", murmele ich grinsend und drücke einen zarten Kuss auf seine Wange. Dafür, dass er mir den Freiraum gibt und trotzdem möchte, dass ich bleibe.
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