19. Ein Ende und Ein Neuanfang
Playlist:
- "In Your Corner"
- Imagine Dragons
"Glück":
"Glück bezeichnet das intensivste Wohlbefinden, das Menschen kennen. Das Gefühl ergreift die ganze Person, es ist langanhaltender als Freude, aber kürzer als Zufriedenheit."
~ by julislifestyle ~
Tomura
So, wie bei allen anderen Dingen in seinem Leben auch, hatte er erwartet, dass sein letzter Schultag in einem reinen Desaster enden würde.
Er hatte einmal zu Touya gesagt, dass es nichts half, ständig vom Schlimmsten auszugehen. Es zog den Schmerz nur unnötig in die Länge und leitete die Enttäuschung bereits als Dauergast ein.
Tja, Tomura war schon immer verdammt gut darin gewesen, seinen Mitmenschen weise Ratschläge auf den Weg zu geben, ohne sich selbst daran zu halten ...
Seit dem Tag, an dem seine gesamte Familie von einem Moment auf den anderen für immer verschwunden war und auch noch Jahre später, als seine Großeltern ihn ohne weitere Erklärungen oder Verabschiedungen in einem fremden Heim zurückgelassen hatten, hatte er sich daran gewöhnt, immer nur die schlimmsten Möglichkeiten zu erwarten.
Er wusste ganz genau, wie fragil und kurzlebig das Glück sein konnte. Er hatte erwartet, ein ganzes Leben voller Liebe und Wärme mit seiner Familie verbringen zu können. Stattdessen hatte es sich gerade einmal um fünf Jahre gehandelt ...
Er wusste viel zu gut, wie zerbrechlich Glück war. Wie behutsam man es aufbewahren und beschützen musste. Jeder Tag, jeder Moment im Leben konnte der letzte vor der Zerstörung sein.
Nach dem schlagartigen Erdbeben und dem genau so abrupten, wie schmerzhaften Tod seiner Familie hatte er gelernt, wieso so viele Menschen das Leben als kurz beschrieben. Wieso man jeden Augenblick darin in vollen Zügen auskosten musste.
Man wusste nie, wann es schließlich zu spät dafür war ...
Vermutlich hätte er sich Zuhause eine Pinnwand mit all diesen Lebensweisheiten vollschreiben können und es dennoch nicht geschafft, sich daran zu halten. Nicht immer. Er hatte viele gute Momente erlebt. Kurze Momente des Glücks und der schlichten Sorglosigkeit. Tage, an welchen er mit einem warmen Kribbeln im Bauch, statt dieser eisigen Leere in seinem Inneren aufgewacht war. An welchen sein Glück ihn so plötzlich und unvermittelt getroffen hatte, dass der Effekt doppelt so stark gewesen war.
In so vielen Augenblicken fühlte es sich jedoch so an, als würde er vor einer Wand stehen und nicht weiterkommen. Es war schwer, jeden Tag in vollen Zügen auszukosten und sich allein auf das Glück in seinem Leben zu konzentrieren, wenn diese verachtende Stimme in seinem Hinterkopf ihn seit seinem fünften Lebensjahr dauerhaft an all die Dinge erinnerte, welche er verloren hatte.
Es handelte sich um ein ständiges Ringen. Tomura war bereits oft genug blutverschmiert und mit unzähligen, neuen Narben von diesem Kampf zurückgekehrt.
Solange seine Füße jedoch noch stand hielten und seine Beine noch rennen konnten, würde er weiterkämpfen. Er würde nicht aufgeben, bis er schließlich dauerhaft die Oberhand in diesem kräftezerrenden Kampf gewonnen hätte ...
>>Oh mein Gott! Ich werde euch alle so sehr vermissen! Wir müssen unbedingt eine WhatsApp Gruppe eröffnen, in der wir uns jeden Tag gegenseitig schreiben, was in unserem Leben passiert ist! Oh Mann, wie soll ich es denn so lange ohne euch aushalten? <<
Nun ... Ja.
All das, um zu sagen, dass er einiges erwartet hatte, nur nicht, dass sein letzter Schultag so ... normal verlaufen würde.
Mit hochgezogenen Brauen lauschte er Himikos weinerlichen Worten, bevor ihn ein halb erschöpftes, halb amüsiertes Schnaufen verließ.
>>Jetzt übertreib mal nicht, du überdramatischer Gefühlsdussel. Heute Abend findet immer erst mal noch der Abschlussball statt und danach haben wir noch ganze zwei Monate zusammen, bevor die ersten Semester beginnen. <<
Er listete die Fakten sachlich in einem neutralen Ton auf.
Es handelte sich nicht um das erste Mal, dass sie dieses Gespräch führten. Dass er versuchte, seine Freunde und sich selbst von diesen Worten zu überzeugen. Natürlich war ihnen allen bewusst gewesen, dass es nach der Schulzeit irgendwie weitergehen musste. Dass ihre Leben in genau so verschiedene Richtungen verlaufen würden, wie sie es selbst waren.
Nicht jeder von ihnen würde die selben Wege beschreiten. Einige von ihnen kannten die Pfade, auf welche ihre Füßen sie entlang tragen würden, schon ganz genau. Wiederum andere würden so viele Kreuzungen und Wendungen nehmen, bis sie endlich auf dem richtigen Weg angekommen waren.
Ihm war all das von Beginn an bewusst gewesen. Natürlich war es das.
Es handelte sich um den Verlauf des Lebens. Einen rollenden Stein, dessen Fall man nicht bremsen sollte.
Dennoch war dieses Wissen erst in den letzten zwei Wochen auch ... Real geworden.
>>Sag das nicht so, Tomu! Zwei Monate sind gar nichts! Das sind sechzig Tage, die ich noch mit meinen besten Freunden verbringen kann. Sechzig! Danach seid ihr alle weg! <<, schluchzte Himiko.
Tomura rümpfte die Nase, doch sparte sich eine Antwort darauf.
Himiko ... hatte Recht. Auch, wenn er das nur ungern zugab.
Zwei Monte stellten eine verdammt kurze Zeitspanne dar. Die fragile Ruhe vor dem Sturm. Die letzten, glücklichen Momente, bevor sich alles für immer verändern würde.
Tomura biss sich jedoch auf die Zunge und schluckte diese bittere Wahrheit hinunter, bevor sie seinen Mund verlassen konnte. Er hatte solange darum gerungen, die Oberhand in dem Kampf um sein Glück zu gewinnen. Er würde nicht zulassen, dass ihm dieser Sieg erneut entglitt. Nicht aufgrund eines verdammten Schulabschlusses!
Lieber würde weiterhin seine Freunde und sich selbst anlügen ...
>>Hey, komm schon! Wenn du jetzt anfängst, zu weinen, dann muss ich auch flennen! Du hast immer noch mich, Babe. Wir wurden an derselben Uni angenommen, erinnerst du dich? <<
Jins milder Versuch der Beschwichtigung wurde von Shuichis sarkastischem Lachen unterbrochen.
>>Und das ist echt gut so! Du und diese Verrückte halten es doch nicht einmal eine Woche ohne einander aus. <<
Das war so typisch für Shu.
Den harten und ungerührten Kerl zu spielen, während der Junge auf der Innenseite den größten Softie von ihnen allen versteckte. Tomura wusste dies ganz genau, denn ... Nun ja, zwischen gemeinsamen League of Legends Raids bis zum Morgengrauen hatten sich so gut wie alle Geheimnisse zwischen Shuichi und ihm in Staub aufgelöst.
>>Du musst gerade reden! Als ob dir die Entfernung nichts ausmachen würde, Shu. Das Softwareunternehmen, welches dich angenommen hat, liegt noch mal wie lange von Himiko und meiner Uni entfernt? Drei Stunden. Der Erste, der anfängt, zu flennen, bist du! <<, verteidigte Jin tapfer seine und Himikos Ehre.
>>Ohhh ja. Wir alle wissen, dass Shu nur wie ein Macho tut! In Wirklichkeit ist er weich wie ein Hühnerei! <<, stimmte Himiko in die Rauferei mit ein.
Mit einem Schmunzeln erkannte er, wie sich Shus Wangen nach diesem Kommentar augenblicklich rot färbten.
Huh, so viel zu harter und ungerührter Kerl ...
>>Wie ein Hühnerei? Was zur Hölle soll das denn für eine Metapher sein, du Verrückte? <<
>>Denk doch mal darüber nach. Von außen umgibst du dich mit einer harten Schale, doch wenn man dich einmal knackt, kommt deine weiche Hühnerei-Seele zum Vorschein! <<
>>Ich bin echt nicht davon überzeugt, dass meine Seele ein Hühnerei ist ... <<
>>Du hast keine Ahnung von Metaphern! Du hast kein Recht dazu, meine in Frage zu stellen! <<
Mit einem frechen Grinsen im Gesicht streckte Himiko dem Jungen die Zunge heraus. Shu öffnete bereits den Mund, fertig dazu, zu protestieren, bevor er sich wieder darüber bewusst wurde, mit wem er hier argumentierte.
Das hier war Himiko. Jeglicher Versuch von Logik und Rationalität zeigte bei dem Mädchen keine Früchte.
Statt seine restliche Lebenskraft also für eine zwecklose Diskussion aufzubrauchen, seufzte Shuichi nur einmal langgezogen, bevor sich der Junge erneut an Jin wandte.
>>Ich meine ja nur. Hättest du keine Annahme an Himikos Uni in Fukuoka bekommen, wärst du wahrscheinlich trotzdem dorthin gezogen und hättest dir bei irgendeinem MC Donalds einen Job gesucht, Dude! <<
>>Hmm, der Part mit Fukuoka stimmt vermutlich, aber MC Donalds? Ich weiß nicht recht. Ich finde, ich bin eher der KFC Typ! <<
Jins Kommentar lief einige Sekunden lang ins Leere aus.
Shuichi war schließlich der Erste, aus welchem ein gackerndes Lachen heraussprudelte. Es dauerte nicht einmal zwei Sekunden, bevor Himiko sich ihm anschloss und auch Jin stimmte kurz darauf in ihr lautes Lachen ein.
Es handelte sich um einen Scherz. Tomura war sich sehr gut darüber bewusst. Er wollte sich nicht, wie der Spaßverderber in dieser Runde verhalten, doch das Lachen blieb ihm in der Kehle stecken. Die raue Wahrheit hinter all diesen Scherzen, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack auf seiner Zunge.
Zwei Monate und danach würde er seine Freunde nur noch eine Handvoll Mal im Jahr sehen.
Jin und Himiko würden gemeinsam nach Fukuoka gehen, um zu studieren. Himiko hatte sich in dem Kurs für Humanmedizin eingeschrieben, während Jin sich an dem Studiengang für Soziale Arbeit ausprobierte. Shuichi hatte dagegen nur gerade so seinen Schulabschluss bewerkstelligt und sich für eine Ausbildung als Gaming Entwickler in einem großen Softwareunternehmen entschieden.
In nur zwei Monaten würden hunderte von Kilometern sie alle trennen. Diese Erkenntnis fühlte sich genauso irrwitzig, wie auch schmerzhaft an.
Heute Morgen hatte er all diese bitteren Gedankengänge noch erfolgreich verdrängen können. Zwischen all den Belehrungen und letzten Verabschiedungen von den Lehrern hatte er dieses Wissen ganz gut in die hinterste Ecke seines Verstandes verbannen können.
Es hatte ihn beinahe irritiert, wie ... normal der ganze Schultag verlaufen war.
Nun, das bedeutete, bis zu diesem Punkt.
In genau diesem Moment, an genau diesem Ort, umgeben von seinen besten Freunden, welche schon bald verschwunden sein würden, fiel es Tomura allmählich immer schwerer und schwerer, sich vor der Wahrheit zu verstecken. Seine kühle und unberührte Fassade aufrecht zu erhalten.
Der Platz an den Fahrradständern stellte ihren gewohnten Treffpunkt dar. Für Tomura war es so natürlich geworden, wie atmen oder blinzeln, hierherzukommen, um mit seinen besten Freunden über seine Probleme und Sorgen zu sprechen. Es fühlte sich schräg an, darüber nachzudenken, dass dieser Moment vermutlich das letzte Mal darstellte, an welchem sich ihre Gruppe an genau diesem Platz wiederfand. Das letzte Mal, bevor sich schließlich alles ändern würde.
Die Zukunft, in welche sie sich stürzten, war ungewiss. Auch, wenn er es niemals laut zugeben würde, spürte er die Angst in seinem Inneren. Die Angst vor der Ungewissheit. Vor der Veränderung.
Es glich keiner schäumenden Überwältigung, wie Himiko sie empfand. Er würde nicht von einer Sekunde auf die nächste anfangen zu schreien und in Tränen ausbrechen. Die Angst, welche Tomura verspürte, ähnelte eher einem kalten Schauer, welcher Zentimeter für Zentimeter immer weiter seinen Rücken hinaufkroch. Einer eisigen Faust, welche von hinten seinen Nacken packte und seine Kehle zudrückte.
Er hatte bereits einmal in seinem Leben alles verloren, was er jemals geliebt hatte. Diese Erfahrung hatte ihm jahrelang den Boden unter den Füßen weggerissen. Er wusste nicht, ob er die Kraft dazu besaß, sich erneut aus dem Treibsand herauszuwühlen ...
Diese bitteren Gedanken hatten ihn so sehr eingenommen, dass er nicht bemerkt hatte, dass seine Freunde aufgehört hatten, zu lachen. Dass sie ihr Gespräch fortführten, ohne Tomuras Stille Beachtung zu schenken.
Er konnte es ihnen nicht verübeln. In den letzten Wochen hatten all diese Gedanken immer mehr und mehr Besitz von ihm ergriffen, sodass er sich allmählich immer weiter von den sorglosen Gesprächen seiner Freunde entfernt hatte. Er hatte Abstand genommen. Seine Distanz gehalten.
Er wusste, wie ungesund und deprimierend dieses Verhalten war. Die Distanz zwischen seinen Freunden und ihm war genau die Sache, vor der er am meisten Angst hatte und dennoch war Tomura es selbst, welcher in den letzten Wochen immer mehr und mehr auf Abstand gegangen war ...
Es fühlte sich, wie eine Schlinge an, welche seine Kehle in einem engen Griff umschlungen hatte und ihn am Atmen hinderte. Der Einzige, in dessen Gegenwart er erneut Luft holen konnte, war -
>>Touya! <<
Das schrille Quietschen schallte so laut und abrupt über den Schulhof, dass er zusammenzuckte. Mit einem Ruck fuhr sein Kopf nach oben - er hatte nicht bemerkt, dass er ihn gesenkt hatte -, während seine Augen die Szene vor ihm betrachteten.
>>Hey. Aizawa-Sensei hat mich erst jetzt gehen lassen. Sorry, dass ich zu spät komme. <<
Noch vor zwei Jahren hätte niemand diesen Anblick für möglich gehalten, doch hier waren sie. Touya, welcher mit einem sanften Lächeln ihre Gruppe begrüßte, während Himiko dem Jungen freudestrahlend zuwinkte.
Es war surreal, wie schnell sich die Dinge verändert hatten ...
>>Hey Mann! Kein Problem. Ich komme ständig zu spät! <<, antwortete Jin beschwichtigend.
>>Seriously! Du musst dich vor niemanden aus dieser Gruppe rechtfertigen. Wir sind alle vermutlich am weitesten davon entfernt, perfekt zu sein. <<, fügte Shuichi grinsend hinzu.
Tomura erkannte, wie Touya schmunzelte und etwas erwiderte, doch er konnte sich nicht recht auf dessen Worte konzentrieren.
Er war ... nicht wirklich hier. Es fühlte sich so an, als würde er in einer Zeitschleife zwischen seiner Vergangenheit und der Gegenwart feststecken. Die Bilder überlappten einander, während die Worte miteinander verschmolzen.
Touyas Ankunft sollte etwas Gutes, etwas Schönes darstellen. Das war es auch. Tomura freute sich über die Anwesenheit des Anderen.
Er wusste jedoch auch, wie schnell sich dieses Glück in Luft auflösen und nur Rauch und Asche hinterlassen konnte. Je mehr Dinge man besaß, die einem Glück brachten, desto mehr konnte man auch verlieren. Dies stellte die schmerzhafte Wahrheit hinter all dem dar.
Tomura hatte es selbst am eigenen Leib erfahren müssen ...
In einem Moment war er der Tomura aus dem Hier und Jetzt. Siebzehn und mit seinem Schulabschluss in der Tasche. Im nächsten Augenblick fühlte es sich so an, als wäre er erneut der kleine Junge, welcher an der Hand seiner Großmutter in ein fremdes Heim geführt wurde.
"Wo sind wir?"
Die Frage hallte dumpf und leer in seinem Kopf nach. Er war derjenige gewesen, welcher diese Worte ausgesprochen hatte.
Seine Großeltern - die einzigen Personen, welchen er nach dem abrupten Tod seiner Familie noch vertraut hatte - hatten einen langen Blick miteinander gewechselt. Schließlich war es seine Oma gewesen, welche schwer geseufzt und ihm geantwortet hatte.
"Wir sind in deinem Zuhause, Tenko."
In dem Augenblick hatte er diese Worte nicht verstanden. Er hatte erst allmählich damit begonnen, zu begreifen, als seine Großeltern sich herumgedreht und Tomura - Tenko - in diesem Haus, welches nicht sein Zuhause war, zurückgelassen hatten.
Allein.
Er bezweifelte, dass er seinen Großeltern jemals dafür vergeben konnte. Er kannte ihre Gründe. Er wusste, dass sie Tomura nicht freiwillig dem Rücken zugekehrt hatten.
Dennoch vergaß der Schmerz in seiner Brust nicht. Er saß dort, direkt unterhalb seines Herzens, und würde ihn bis zum Ende seines Lebens daran erinnern, was er verloren hatte.
Er konnte nicht ... Er konnte einfach nicht -
Er schreckte auf, als er die fremde Hand spürte, welche von der Seite aus behutsam nach der seinen griff. Die Berührung war sanft und vorsichtig. Ein zarter Druck, welcher nicht zu Tomuras groben Gedanken passte.
Er benötigte einen Moment, um über den erstmaligen Schock hinwegzukommen, bevor er schließlich spürte, wie ... warm die andere Hand war. Wie sanft und vertraut sie Tomuras hielt. Er fühlte diese bekannte Delle in der Mitte des Handtellers und die Art, mit welcher die weiche Haut immer rauer und schroffer unterhalb des Handgelenkes wurde.
Hierbei handelte es sich nicht um die Hand eines Fremden.
>>Alles okay? <<
Auch diese behutsame Stimme, welche ihm nun leise von der Seite aus zuflüsterte, war ihm vertraut. Er benötigte einen Moment, um tief durchzuatmen, bevor er schließlich den Kopf hob und dem aufmerksamen Blick von Touyas blauen Augen begegnete.
>>Wieso fragst du? <<
Die Gegenfrage verließ seinen Mund automatisch. Die Art, mit welcher er sich vor seinen Mitmenschen verschloss und versuchte, seine eigenen Gefühle zu überspielen, hatte sich zu einem eingefleischten Schutzmechanismus entwickelt.
Touya zog jedoch lediglich die Brauen zusammen und musterte ihn skeptisch. Der Junge kannte ihn zu gut.
>>Du warst still. In dich gekehrt. Ich kenne diese Anzeichen. <<
Er seufzte und ließ seinen Blick herumwandern. Touya stand mit dem Rücken zu dem Rest ihrer Gruppe und schirmte Tomura vor ungewollten Blicken und Fragen ab.
Auch dies war ein klares Anzeichen dafür, dass der Junge innerhalb der letzten zwei Jahre gelernt hatte, Tomura wie ein offenes Buch zu lesen.
>>Es geht mir gut. Mir fehlt nichts weiter. <<
>>Es ist nur ... ? <<
Er schnaufte. Frustriert über sich selbst und Touyas wissenden Blick.
>>Ich weiß nicht. In den letzten Wochen hatte ich kein Problem mit dem Gedanken daran, dass heute der letzte Schultag ist. Dass unsere Gruppe heute vielleicht zum letzten Mal vollzählig ist. Mir war die ganze Zeit über bewusst, dass dieser Tag kommen würde und ich hatte keine Probleme damit. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. <<
Er hielt seinen eigenen Ton leise. Womöglich machte es ihn zu einem verdammten Heuchler, doch er wollte nicht, dass der Rest seiner Freunde diese Seite von ihm erblickte. Himiko war sowieso schon traurig genug über ihren Abschied. Er wollte sie nicht noch deprimierter stimmen. Jin und Shuichi würden ihr bestes damit geben, verständnisvoll zu reagieren, doch hätten eigentlich keinen Plan davon, wie sie mit diesem aufrichtigen Geständnis umgehen sollten.
Touya ... Touya war vermutlich der Einzige in ihrer Gruppe, welcher Tomura tatsächlich verstehen würde.
>>In den letzten Wochen hattest du keine Probleme mit dem Wissen, dass heute der letzte Schultag ist. Aber jetzt hast du welche. <<, fasste Touya das Chaos in Tomuras Seele noch einmal zusammen.
>>Ja ... So in etwa. <<
Touya murrte nachdenklich. Einen Moment lang herrschte zwischen ihnen Stille, bevor der Andere erneut das Wort ergriff.
>>Macht dir der Gedanke Angst? <<
Mit diesen Worten traf Touya so sehr den Nagel auf den Kopf, dass Tomura nicht anders konnte, als instinktiv zurückzurudern.
>>Es ist keine Angst! Ich habe nur - <<
>> - Angst davor, erneut alles zu verlieren. <<, beendete sein Gegenüber seinen Satz
Eine Sekunde lang starrte er Touya einfach perplex und sprachlos an.
Er konnte den Jungen nicht anlügen. Dies war die bittere Erkenntnis, welche ihn zum Schlucken brachte und ihm für einen Moment den Atem raubte.
Auch Touya schwieg eine Minute lang. Der Andere betrachtete Tomura aufmerksam und sah direkt durch ihn hindurch. Durch die Lügen und gespielten Rollen. Der Ausdruck in Touyas blauen Augen wurde ein wenig sanfter, als dieser fortfuhr.
>>Ich denke, ich verstehe. Du willst es nicht laut zugeben, weil du glaubst, dass wenn du diese Sorgen laut aussprichst, sie wahr werden. <<
Nun, dieser eine Satz fasste das Chaos in seiner Seele ganz gut zusammen.
>>Ich weiß, dass es nichts bringt. Es hilft nichts, diese Ängste zu überspielen. Es ist nur so ... Heute könnte vielleicht den letzten Tag darstellen, an welchem ich euch alle an einem Ort sehe und ... Argh! Ich kann es nicht erklären. <<
Seine Zunge fühlte sich belegt und seine Kehle dick an, als er diese Worte gestand. Seine eigene Angst.
Touyas Augen waren so unfassbar blau und sahen alles. Er musste den Blick abwenden, um nicht verzweifelt nach Luft zu schnappen.
>>Hey. <<
Die Hand, welche die seine in einem warmen und sanften Griff festhielt, stubste ihn leicht an. Er schüttelte lediglich den Kopf. Unfähig dazu, erneut aufzublicken.
>>Ich habe Angst davor, dass sich zum zweiten Mal in meinem Leben alles verändern wird. Dass ich erneut alle Menschen verlieren werde, die mir etwas bedeuteten. Ich weiß, dass diese Angst unbegründet ist. Ich kann sie jedoch auch nicht einfach abstellen. <<
>>Tomura. <<
Er schüttelte nur ein weiteres Mal den Kopf, während er zu Boden starrte.
>>Vielleicht macht mich das schwach und gefühlsdusselig! Vielleicht bin ich ein Heuchler, weil ich vor den Anderen so tue, als würde es mir gut gehen. Du kannst dazu sagen, was du willst, aber ich - <<
>>Tenko. <<
Oh fuck. Touya war ein verdammt mieser Verräter, welcher ganz genau wusste, an welchen Strippen er ziehen musste!
Augenblicklich schnappte sein Mund zu, während sein Kopf nach oben schnellte.
Es waren beinahe zwei Jahre vergangen, seitdem er Touya seinen Geburtsnamen verraten hatte.
Tenko Shimura.
Diese zwei Worte brachten in sekundenschnelle all die verdrängten Erinnerungen an die Oberfläche, welche er so lange in dem hintersten Winkel seiner Seele verschlossen hatte.
Er hatte diesen Namen bereits vor langer Zeit abgelegt. Er hatte ihn gemeinsam mit all diesen bittersüßen Erinnerungen weggesperrt. Hatte seine Vergangenheit hinter eisernen Gitterstäben weggeschlossen, um endlich in die Zukunft schreiten zu können.
Tenko.
Jede andere Person, welche diesen Namen aussprach, versetzte ihm damit sofort einen kräftigen Schlag in die Magengrube. Er hatte es zwei, vielleicht drei Monate mit Kurogiri und seinem Vater ausgehalten, bevor er förmlich auf Knien danach gefleht hatte, seinen Namen ändern zu dürfen.
Er wollte nicht länger Tenko sein.
Tenko war das traumatisierte und verschreckte Kind, welches von einem Moment auf den anderen alles verloren hatte. Dessen Schmerz sich so tief eingefressen hatte, dass er ein klaffendes Loch in seiner Brust hinterließ.
Er hatte diesen Namen, diese vergangene Version seiner Selbst bereits vor lange Zeit abgelegt. Und doch ...
Doch fühlte es sich anders an, wenn Touya diesen Namen aussprach. Statt einen gleißenden Schmerz in seiner Brust und ein Gefühl des Ertrinkens in ihm auszulösen, fühlte sich dieser Name aus Touyas Mund ... richtig an.
Wie ein stilles Geheimnis zwischen ihnen, welches nur sie beide verstanden.
Es kam nicht oft vor, dass Touya dieses Wissen verwendete. Der Junge verstand vermutlich besser, als jeder andere, weshalb Tomura diesen Namen und seine Vergangenheit abgelegt hatte. Und er akzeptierte es. Statt eindringlich nachzubohren und immer mehr und mehr erfahren zu wollen, respektierte Touya Tomuras Schweigen und seine Grenzen.
In einigen, fragilen Momenten, in welchen sie beide sich jedoch völlig offen gegenüberstanden und dem jeweils Anderen ihre Gefühle und Ängste auf einem Silbertablett präsentierten, verwendete Touya diesen Namen. Tomura konnte nicht erklären, was anders daran war, diese Silben aus Touyas Mund zu hören. Es fühlte sich einfach ... richtig an.
>>Sieh mich an, Tenko. Komm schon. <<
Das tat er. Er sah Touya direkt an, weshalb er auch den sanften und verständnisvollen Ausdruck in dessen Gesicht erkannte.
>>Ich werde dir nicht versprechen, dass alles gut wird. Das kann ich nicht. Ich weiß nicht, was die Zukunft uns bringen wird. Ich weiß lediglich, dass alles, was jetzt noch kommt, nur noch besser als das davor werden kann. <<
Touya hatte Recht.
Natürlich hatte er Recht. Tomura war bereits einmal durch die verdammte Hölle und zurück gegangen. Er konnte und wollte sich gar nicht erst vorstellen, welches Ereignis das Ganze potentiell noch toppen würde!
Und doch ...
>>Ich weiß. Es macht keinen Sinn, aber dennoch fürchte ich, dass ... <<
>> ... Dass alles sich wiederholt. Dass du erneut jeden verlierst, der dir wichtig ist und wieder ganz allein dastehst. <<, beendete Touya den Satz für ihn.
Er nickte. Erleichtert darüber, dass er die Worte nicht selbst aussprechen musste.
>>Ich verstehe, dass du Angst davor hast. Wobei, nein. Eigentlich verstehe ich es nicht. Das kann ich nicht. Ich habe selbst meine faire Portion an Traumata und Verlustängsten aus meiner Vergangenheit mitgenommen, doch ich war niemals ganz auf mich allein gestellt, wie du es gewesen bist. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, von einer Sekunde auf die andere jeden Menschen zu verlieren, den du liebst. <<
Es fühlte sich, wie ein Faustschlag mitten in die Magengrube an.
Wie der Stich einer vergifteten Klinge direkt ins Herz.
Tomura konnte den Schmerz und die Einsamkeit, welche ihn jahrelang in einem erdrückenden Griff festgehalten hatten, nicht mit Worten beschreiben. Als schließlich Kurogiri und sein Vater in Tomuras Leben getreten waren, hatte er zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit so etwas wie Geborgenheit empfunden und dennoch ...
Dennoch hatten sich der Schmerz und die Angst zu tief in seine Seele eingebrannt, um sie schlichtweg hinter sich zu lassen. Damals, genauso wie heute.
>>Ich weiß, was du sagen willst. <<, unterbrach er Touya mit matter Stimme.
Der Andere wirkte überrascht von dieser Antwort, als er seinem Blick begegnete, doch machte keine Anstalten dazu, zu protestieren.
>>Du versuchst mich davon zu überzeugen, von diesen Ängsten loszulassen. Mir zu zeigen, dass sie irrelevant sind, weil ihr alle für mich da seid. Dass ihr nicht einfach von einem Tag auf den anderen spurlos verschwinden werdet, wie es bei meiner Familie der Fall war. Und ich weiß das. Wirklich. Mir ist all das sehr gut bewusst. Ein Schulabschluss ist nicht dasselbe, wie ein verheerendes Erdbeben! Fuck. Ich ... ich weiß ... <<
Er war es selbst, der sein wirres Gebrabbel stoppte.
Der tiefe Atemzug, welchen er nahm, half wenig dabei, seine rumorenden Nerven zu beruhigen, doch zumindest konnte er mit gefassterer Stimme fortfahren.
>>Mir ist all das sehr gut bewusst, Touya. Du musst mir das nicht extra sagen. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass ich diesen Ängsten gegenüberstehe. Es handelt sich um keine Sache, die ich einfach abstellen kann. Sie werden immer genau hinter mir stehen, um mich zu verfolgen. Ich muss einfach lernen, damit klarzukommen. Einen anderen Weg gibt es nicht. <<
Er stoppte.
Sein Atem ging schwer und stockend, so als wäre er soeben einen Marathon gelaufen. Sein Blick hatte während seiner gesamten Ansprache kein einziges Mal Touyas Gesicht verlassen. Er wusste selbst nicht genau, was er in dessen Ausdruck suchte.
Ärger? Unverständnis? ... Mitgefühl?
Die Emotion, welche er nicht in Touyas Gesicht erwartet hatte, war ... Belustigung?
Er hörte, wie sein Gegenüber sanft schnaubte, bevor dieser amüsiert den Kopf zur Seite neigte.
>>Vielleicht gibt es doch einen anderen Weg. <<
Er blinzelte perplex.
>>Was? <<
>>Himiko hat uns gerade eben alle in die neue WhatsApp Gruppe eingefügt. Vielleicht beruhigt der Bullshit, den sie dort jeden Tag reinstellt ja deine Verlustängste. <<
Diese so vollkommen taktlosen Worte, gepaart mit dem frechen Grinsen auf Touyas Lippen stellten definitiv nicht das dar, was er erwartet hatte.
Er wollte kein Mitleid.
Diesen Satz hatte er Touya oft genug an den Kopf geknallt, während sie nebeneinander auf Tomuras Bett gesessen hatten und er seinem Gegenüber ein weiteres Puzzleteil aus seiner Vergangenheit anvertraut hatte. Er wollte nicht bemitleidet werden. Niemand musste ihn in Watte einpacken und wie ein rohes Ei behandeln, nur weil die Dämonen, welche Tomura Tag für Tag dicht auf den Fersen waren, manchmal schneller rannten, als er selbst.
Touya verstand das. Dieser Wunsch basierte auf Gegenseitigkeit.
Tomura hatte nur nicht erwartet, dass Touya sich so strikt an diese Regel halten würde ...
Er benötigte ein paar Sekunden, in welchen er sein Gegenüber einfach perplex anstarrte, bis er das Gesagte schließlich verarbeitet hatte. Als sich sein Blick langsam zurück zu dem Rest ihrer Gruppe richtete, fühlte es sich so an, als würde eine Glasglocke über ihm angehoben werden.
>> -ey! Lösch sofort dieses Profilbild, du Verrückte! Seit wann hast du dieses Bild in deiner Galerie gespeichert? <<
>>Seit Jins siebzehnter Geburtstagsfeier, logisch! Erinnerst du dich nicht einmal mehr daran? <<
>>Nein! Was zum Teufel?! <<
Oh ja. Tomura erinnerte sich an diesen Abend.
Jins Geburtstagsfeier hatte kurz nach dem Beginn des elften Schuljahres stattgefunden. Tomura war zu diesem Zeitpunkt erst frisch an ihrer Schule angekommen und hatte erst seit wenigen Wochen zu Himikos, Jins und Shuichis Gruppe gehört. Dennoch hatte Jin keine einzige Sekunde damit gezögert, ihn einzuladen.
Damals war Tomura schon seit so vielen Jahren allein gewesen, dass er im ersten Moment geglaubt hatte, der Junge würde scherzen. Es hatte ein paar Tage und viele verwirrte Textnachrichten gebraucht, bis er allmählich begriffen hatte, dass Jin es ... ernst meinte.
Tomura war davor noch nie zu einer Party eingeladen wurden. Seine halbe Kindheit hatte er in einem Heim ohne Freunde und voller strengem Aufsichtspersonal verbracht. Jahre später war er von einem Butler und einem höchst nüchternen Geschäftsmann adoptiert wurden, sodass er nicht gerade in seinem Partylevel aufgestiegen war.
Er war mit einem flauen Gefühl im Magen zu der Adresse gefahren, welche Jin ihm geschickt hatte.
Gott, hatte er nichts an seiner Entscheidung bereut!
Tomura war kein besonderer Fan von Menschenmassen und all den Dingen, welche die stereotypischen Teenager in seinem Alter bevorzugten. Es hatte sich jedoch nur um eine kleine Runde aus Jin, Shuichi, Himiko und ihm gehandelt, an einem verlassenen Sandstrand mit jeder Menge Alkohol. Tomura würde niemals den Moment vergessen, in dem der besoffene Shu schließlich die Entscheidung getroffen hatte, mitsamt seiner Kleidung ins Wasser zu springen, nur um im Anschluss wild um sich schreiend und sich beschwerend über den Strand zu rennen.
Nun, jetzt würde definitiv keiner von ihnen mehr diesen Abend vergessen ...
>>Das war absolut sick, Dude! Du hast dich wie ein angestochenes Huhn benommen! <<, stimmte Jin lachend in die Unterhaltung mit ein.
Shuichi sah aus, als würde der Junge jeden Moment vor Scham in Ohnmacht fallen, doch fand dennoch die Kraft dazu, Himiko zu drohen.
>>Ich verspreche dir, Himiko, wenn du dieses Bild nicht auf der Stelle löschst, erwartet dich ein qualvoller Tod! <<
>>Auf gar keinen Fall! Ich hebe alle Dinge auf, die mir Freude bringen. Diese Bilder bringen mir definitiv jede Menge Freude! <<
>>Was zum Teufel meinst du mit „Bilder"? Es gibt noch mehr?! <<
Er konnte den genauen Moment benennen, in welchem Shuichis Gesicht so rot anlief, dass Tomura befürchtete, der Junge würde gleich platzen. Shu sah so aus, als würde er dem gackernden Jin am liebsten eine reinhauen, bevor er über die feixende Himiko herfallen würde.
Bevor ihr kleiner Spaß jedoch in einem blutigen Mordfall enden konnte, wurden sie alle von den eiligen Schritten unterbrochen, welche geradewegs in ihre Richtung liefen.
>>Verzeiht für die Verspätung! Ich wurde auf dem Weg hierher aufgehalten. Ich hoffe, ihr hattet nicht zu viel Spaß ohne mich. <<
Es handelte sich um niemand geringeren, als Atsuhiro Sako, Tomuras ehemaligen Banknachbarn seines Vertrauens, welcher sie alle inne halten ließ.
Mit einem warmen Lächeln und festen, selbstsicheren Schritten trat der Junge auf sie zu. Es dauerte keine Sekunde, bevor auch schon Himikos aufgeregtes Quietschen ertönte. Im nächsten Moment warf sich das Mädchen quasi voller Enthusiasmus auf den armen Atsuhiro.
>>Atsu! Wo hast du gesteckt? Ich muss dir unbedingt das Profilbild unserer neuen Gruppe zeigen! <<
>>Wage es ja nicht, Himiko Toga ... <<, hörte man Shu im Hintergrund zischen.
Keiner von ihnen schenkte dem halbherzigen Protest des Jungen jedoch wirklich Beachtung.
Vor zwei Jahren wäre dieses Bild noch unvorstellbar gewesen. Tomura, Jin, Shuichi, Himiko, gemeinsam mit Touya und Atsuhiro an einem Ort vereint. Statt harte Worte und Fäuste handelte es sich nun um Scherze und nicht ernst gemeinte Beleidigungen, welche sie untereinander austauschten.
Nun, was sollte er sagen?
Innerhalb von zwei Jahren hatte sich eine ganze Welt verändert.
Musculars Ausraster, bei dem er Touya verprügelt und beinahe erwürgt hatte, hatte schließlich alles ins Rollen gebracht. Touya und der Rest ihrer Gruppe hatten auf dem Polizeirevier ihre Aussagen abgegeben und kurz darauf ... war Muscular weg gewesen.
Es hatte sich um ein stilles und plötzliches Verschwinden gehandelt. Wie bei einem Side Charakter, dessen Screen Time abgelaufen war. Mobbing allein hätte dem Tyrann keine wirklich durchgreifende Strafe eingebracht. Womöglich hätte er zwei Monate lang soziale Arbeit ableisten müssen, doch danach wäre er wieder da gewesen. Doppelt so zornig und rachelustig, wie zuvor.
Touya hatte damals auf dem Parkplatz des Polizeireviers jedoch nicht den Helden gespielt, ohne einen Hintergedanken dabei zu haben. Der Junge hatte sich selbst als Köder benutzt und Muscular hatte ohne jegliche Bedenken angebissen.
Tomuras Handyaufnahme, auf welcher Muscular Touya lautstark beschimpfte und drohte, hatte seinen Job getan. Wenn die Polizisten vor Ort überhaupt noch Zweifel an der Unberechenbarkeit und Gnadenlosigkeit Musculars gehabt hatten, so hatten sich auch diese letzten Bedenken durch dieses Beweisstück in Luft aufgelöst.
Mobbing war bereits brutal genug. Ein versuchter Mord sprach jedoch für sich selbst.
Tomura war nicht vollständig darüber informiert, was aus dem ehemaligen Teufel in Person geworden war und wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann ... interessierte es ihn auch nicht. Er wusste, dass Muscular bereits einige Monate im Jugendknast und der Psychiatrie verbracht hatte. Im Moment stand der Junge unter kontrolliertem Hausarrest für ... genug Jahre, um kein Problem mehr darzustellen. Alles, was dazwischen vor sich ging, war weder Tomuras Angelegenheit, noch sein Interesse.
Zu Beginn hatte es sich seltsam angefühlt.
Muscular hatte jahrelang die Kontrolle über ihre gesamte Schule und halb Musutafu besessen. Für die Menschen in der Reichweite des Tyrannen war es so natürlich geworden, wie atmen, sich klein zu machen. Sich unterzuordnen. Die Befehle zu befolgen, welche ihnen gegeben wurden und bloß nicht aus der Reihe zu tanzen.
Dann war Muscular von einem Tag auf den anderen einfach verschwunden und hatte sie alle mit einer neuen Freiheit zurückgelassen, mit welcher sie nicht wirklich etwas anfangen konnten.
Es hatte lange gedauert, bis schließlich die ersten Personen ihren Mut zusammengenommen und etwas aus dieser neu erlangten Freiheit gemacht hatten. Die erste Veränderung hatte sich langsam und schleichend ergeben, so wie bei allen ersten Schritten. Dieser eine Schritt hatte jedoch den Weg für viele weitere geebnet und schließlich hatte sich die Veränderung von einem milden Tropfen zu einer tosenden und brausenden Flut entwickelt.
Es war auch verdammt noch mal Zeit dafür geworden ...
Nach Musculars wohl verdienter Abwesenheit hatte es sich so angefühlt, als würde die gesamte Schule zum ersten Mal seit einer Ewigkeit aufatmen. Irgendeine durchsichtige Barriere, eine Wand war vor ihren Augen zu Boden gestürzt. Nicht nur vor Touya und Tomura.
Schüler, aus allen möglichen Klassenstufen, welche zuvor gewissenhaft darauf bedacht gewesen waren, nicht aufzufallen, gründeten nun AGs über Gleichberechtigung und die freie Entfaltung der Persönlichkeit. An Freitagnachmittagen fanden regelmäßige Treffen zwischen Schülern und Lehrern gleichermaßen statt, um sich über ihre Gedanken und Gefühle auszutauschen und auf diese Weise auf die extreme Bedeutung von mentaler Gesundheit hinzuweisen.
Die Jahre mit Muscular hatten sich so angefühlt, als würden sie alle unter dem wachsamen Blick eines Despoten leben. Tomura hatte den Jungen nur für wenige Monate kennengelernt, doch dieser kurze Einblick hatte vollkommen ausgereicht, um ihm ein klares Bild von Muscular vor Augen zu führen. Der Bastard hatte sich wie ein verdammter Diktator aufgeführt, welcher die Kontrolle über die gesamte Stadt besaß!
Selbst diejenigen, die sich nicht in der unmittelbaren Reichweite des Tyrannen befunden hatten, waren auf Abstand gegangen. Hatten sich klein gemacht und versucht, unsichtbar zu sein. Jetzt, wo der eiserne Griff um sie alle herum jedoch nicht mehr existierte, besaßen sie genug Platz, um aufzublühen. Um sich frei zu entfalten, wie eine Knospe, welche all die Zeit lang auf den richtigen Moment gewartet hatte, um sich zu öffnen.
Zu Beginn hatte sich diese Veränderung nach nicht viel angefühlt, doch es hatte sich um einen Anfang gehandelt.
Der Beginn von etwas Großem und Neuem.
Einem guten Leben.
Tomura hatte all diese kleinen Veränderungen aufmerksam aus der Ferne heraus beobachtet, denn die größte Entwicklung hatte direkt vor seinen Augen stattgefunden.
Ein warmes Gefühl blühte in seinem Bauch auf, als er nun den Anblick vor ihm betrachtete. Himiko, welche noch immer wie ein Klammeräffchen an Atsuhiros Hals hing, während Atsu nur geduldig lächelte, statt das Mädchen voller Entsetzen und Panik von sich wegzuzerren. Jin und Shuichi, welche diese neue und zugleich altbekannte Szene grinsend betrachteten, während die beiden Atsuhiro wie einen alten Kameraden begrüßten.
Touya ... Touya, welcher seinen Platz neben Tomura eingenommen hatte und dessen Rolle in ihrer Gruppe endlich für etwas Gutes stand, statt nur für Schmerz und Angst.
Es war ein harter und dorniger Weg gewesen, um es bis zu diesem Punkt zu schaffen.
Wochen, Monate und schließlich war ein ganzes Jahr nach Musculars Abgang vergangen, in dem Touya noch immer seine Distanz zu Tomuras besten Freunden bewahrt hatte. Tomura hatte sein bestes damit gegeben, einen guten Vermittler zwischen diesen beiden Fronten darzustellen. Jin, Shuichi und Himiko waren seine besten Freunde, während Touya eine Rolle in Tomuras Leben einnahm, welche sich nur schwer mit Worten beschreiben ließ.
Er wollte keinen von ihnen vernachlässigen oder vor den Kopf stoßen. Die Lösung dafür hatten kurze und vorsichtige Annäherungsversuche gebildet.
Zu Beginn war Tomura noch bei jedem kühlen Treffen dabei gewesen, hatte sich unterstützend an Touyas Seite gestellt und gewissenhaft darauf geachtet, dass keine Unterhaltung zu tief unter die Haut ging und kein scherzhaft gemeinter Kommentar zu hart traf. Einmal hatte Shu Tomuras Rolle innerhalb dieser kurzen und behutsamen Treffen mit einem Job als Touyas Bodyguard verglichen und Tomura hatte dem Jungen nicht widersprechen können.
Manchmal hatte es sich so angefühlt, als wäre Touya eine streunende Katze, welche sich erst langsam und behutsam an die Präsenz anderer Menschen gewöhnen musste. Eine unachtsame Bewegung, ein Schritt zu weit und der Junge würde erneut in sein scheues und distanziertes Verhaltensmuster zurückfallen.
Tomura konnte es diesem nicht verübeln.
Jin, Shuichi und Himiko hatten sich verändert, waren mental gewachsen und waren den Fehlern und Sünden aus ihrer Vergangenheit gegenübergetreten. Dennoch trugen sie alle noch immer die Hüllen derselben Dämonen, welche Touya jahrelang erniedrigt und gequält hatten.
Was geschehen war - was sie getan hatten - konnte nicht einfach so vergeben und vergessen werden.
In Touyas Augen würden Tomuras beste Freunde immer die Rolle von Musculars hungrigen Bluthunden, seinen loyalen Gefolgsleuten einnehmen. Vermutlich würden die Skepsis und das Misstrauen niemals aus dem Gesicht des Jungen weichen, sobald Touya Jin, Shuichi und Himiko gegenüberstand, doch das war okay so. Mehr, als einmal, hatte Tomura Touyas Hand gehalten und diesem versichert, dass es in Ordnung war, wenn er nie wieder etwas mit ihrer Gruppe zu tun haben wollte.
Niemand von ihnen würde es ihm verübeln.
Tomura erinnerte sich selbst noch ganz genau an das Gefühl der Angst in seinen Gliedern. An den kalten Schweiß in seinen Achselhöhlen und das Gefühl des dumpfen Terrors in seinen Knochen, jedes Mal, wenn er die langen und monotonen Gänge des Kinderheims entlang geschlichen war, während er zu jedem Gott dort draußen gebeten hatte, dass er keinem seiner Dämonen über den Weg laufen würde.
Er erinnerte sich nicht mehr an die Gesichter der Jungen, welche sein Leben Tag für Tag in die absolute Hölle verwandelt hatten. Das Einzige, an das er sich noch glasklar erinnerte, war das Gefühl der Panik, welches jeden Zentimeter seines Körpers erfasst hatte.
Hätte Tomura sich in Touyas Position befunden, wäre er vermutlich bei dem ersten Anzeichen von Jin, Shuichi und Himiko gerannt.
Er war jedoch nicht Touya und das würde er auch niemals sein.
Tomura besaß nicht genug Mut und Willensstärke, um mit dem Jungen mitzuhalten, denn anstatt zu fliehen und sich in irgendeiner dunklen Ecke zu verkriechen, hatte Touya lediglich die Schultern gestrafft und ihm versichert, dass er es so wollte.
Touya wollte nicht sein ganzes Leben lang in einer Horrorszene aus seiner Vergangenheit feststecken. Er wollte nicht, dass seine alten Dämonen auf ewig die Kontrolle über ihn behielten und seine Angst die Oberhand über jegliche andere Empfindung gewann.
Aus diesem Grund lief Touya Jin, Shuichi und Himiko freiwillig über den Weg.
Er begleitete Tomura zu den Treffen mit ihrer Gruppe, nicht aus Angst heraus, sondern weil der Junge es so wollte. Touya verhielt sich ruhig und bewahrte seine Vorsicht, doch er lief Seite an Seite mit Tomura und seinen Freunden und schien sie alle mit jedem kurzen Treffen, jedem behutsamen Gespräch ein Stückchen näher an sich heranzulassen.
Die streunende Katze hielt noch immer an ihrer wilden Natur fest, doch erlaubte mittlerweile ein paar sachte Streicheleinheiten ...
Touya war schließlich derjenige gewesen, welcher Atsuhiro in ihre Gruppe eingegliedert hatte. Seit ihrem ersten, richtigen Aufeinandertreffen vor zwei Jahren hatten sich Touya und Atsuhiro zu zwei guten und beständigen Freunden entwickelt. Tomuras ehemaliger Banknachbar besaß dieselbe ruhige und intellektuelle Art, wie Touya und verstand aufgrund der Erfahrungen mit seiner Armprothese, was es bedeutete, für etwas ausgegrenzt zu werden, auf das man keinen Einfluss hatte.
Atsuhiro hatte Touya aufgrund seiner Narben niemals anders - geringer - behandelt. Tomura wusste, dass Touya diese Eigenschaft am meisten an dem Jungen schätzte.
Das erste Zusammentreffen mit Jin, Shuichi und Himiko hatte überraschend normal und vertraut stattgefunden. Zu Beginn hatte Atsuhiro noch seine ehemalige Skepsis bewahrt, doch es hatte nicht lange gedauert, bis sich der Junge schließlich geöffnet hatte und eine warme, vertraute Stimmung zwischen ihnen aufgeblüht war.
Dieses erste Treffen hatte vor gut fünf Monaten stattgefunden. Seitdem fühlte sich der Gedanke an ihre Gruppe, ohne Atsuhiro oder Touya darin, surreal an.
Die Veränderung hatte sich nur langsam und schleichend ergeben, doch es hatte die vermutlich größte Entwicklung innerhalb der gesamten Schule dargestellt. Wenn ihre Mitschüler Tomura und seinen Freunden über den Weg liefen, dachten sie nicht länger an Musculars treu untergebene Gefolgsleute, sondern an die Personen, welche sich vor zwei Jahren als Erste in den Weg des Tyrann gestellt hatten, um Touya zu helfen. Welche nun gemeinsame Sache mit genau den Leuten machten, welche früher von ihnen klein gehalten und gedemütigt wurden. Welche über ihren Schatten und die spitzen Felsen ihrer Vergangenheit gesprungen waren, um endlich den ersten Schritt in die Zukunft setzten zu können.
Es handelte sich um ein erleichterndes Gefühl, nicht länger lediglich für die Fehler ihrer Vergangenheit gesehen zu werden.
Tomura, Jin, Shuichi und Himiko lebten nun als ihre eigenen Personen und nicht mehr nur als die Untertanen eines stärkeren Tyrannen.
Sie waren sie.
Dafür hatten sie alle hart gearbeitet und einige Steine und Unebenheiten in ihrem Weg bewältigt.
Muscular war nicht die einzige Person, welche nicht unbeschadet, aus dem Fall „Touya Todoroki" herausgegangen war. Auch der Rest ihrer Gruppe hatte sich für ihre Taten verantworten müssen, denn auch, wenn sie mittlerweile ihre Fehler eingesehen und Reue gezeigt hatten, bedeutete das nicht, dass die Sünden aus ihrer Vergangenheit einfach verschwinden würden.
All ihre Fehler stellten eine konstante Erinnerung in ihren allen Hinterköpfen dar, welche es ihnen niemals erlauben würde, zu vergessen, was damals geschehen war. Was sie mit ihren eigenen Händen getan hatten.
Tomura war das nur Recht so.
Er würde jahrelange soziale Arbeit in Kauf nehmen, um seinen Mitmenschen zu beweisen, dass zwischen ihm und Muscular ganze Welten lagen. Tomura hatte vieles falsch gemacht in seinem Leben, doch er war sicher kein sadistisches Arschloch, welches andere Menschen zur puren Freude verletzte.
Das war er nicht.
Man hatte Jin, Shuichi, Himiko und ihn ein halbes Jahr lang in verschiedenen sozialen Einrichtungen eingesetzt, damit sie dort ihre Strafarbeit ableisten konnten. Kindergärten, Heimanstalten und Hospize. Letzteres hatte eine Erfahrung dargestellt, welche Tomuras Blickwinkel für den versteckten Schmerz und das stille Leid, welches überall auf dieser Welt existierte, um Längen erweitert hatte, doch welche er niemals wiederholen wollte.
Himiko und Shu vertraten dabei eine ähnliche Ansicht. Derjenige, aus ihrer Gruppe, welchem all diese Erfahrungen dabei jedoch am meisten unter die Haut gegangen waren, war Jin.
Der Junge lebte seit seiner Jungend selbst abwechselnd in Kinderheimen oder bei Pflegefamilien. Viele Familien hatten sich bereits an dieser Herausforderung versucht, doch waren bisher jedes einzige Mal daran versagt. Zu oft scheiterte es an Jins teilweise aufbrausendem Temperament und all den Lastern und Dämonen aus dessen Vergangenheit. Niemand nahm sich die Zeit dazu, den echten Jungen hinter dem Zigarettenqualm und den wilden Gefühlsausbrüchen kennenzulernen. Er wurde herumgereicht, wie ein Objekt. Ein ungeliebtes Spielzeug, für das es keine Verwendung mehr gab.
Tomura verstand all das.
Er selbst hatte Jahre seines Lebens in einem Heim verbracht. Hatte mit angesehen, wie einige der Junge, welche nur ein paar Betten von ihm entfernt schliefen, freudestrahlend Hand in Hand mit ihrer neuen Familie die Torschwelle des Kinderheimes passierten, nur um wenige Monate später wieder am gleichen Punkt zu stehen. Zu oft hatte Tomura als stiller Beobachter den versteckten Schmerz in den Augen dieser Jungen mit angesehen und gewusst, dass es nichts auf dieser Welt gab, was er hätte dagegen tun können.
Tomuras eigene Adoption war anders abgelaufen. Damals war er noch ein verletztes Kind gewesen, welches der ganzen Welt den Rücken zugekehrt hatte. Es hatte weder Freunde, noch andere Bekannte für ihn gegeben. Vertrauen hatte ein kompliziertes Prinzip dargestellt, nachdem er schon einmal in seinem Leben alles verloren hatte und die einzigen Personen, welchen er danach noch vertraut hatte, ihm eiskalt den Rücken zugekehrt hatten.
Am Anfang war er weit davon entfernt gewesen, den beiden fremden Männern zu vertrauen, welche sich plötzlich für Tomura und sein Leben interessiert hatten. Der einzige echte Beweggrund für ihn, einer möglichen Adoption zuzustimmen, war es gewesen, endlich den Dämonen, mit denen er unter einem Dach schlief, zu entkommen.
Er wusste nicht, wieso sein Vater damals ihn - Tenko - von allen Kindern aus dem Heim ausgewählt hatte. Er hatte es ihm nie erzählt und Tomura hatte nie nachgefragt.
Er hatte zu oft erlebt, wie andere Kinder aus seinem Heim zurückgegeben wurden, wie unartige Haustiere, als dass er wirklich daran geglaubt hatte, dass diese Beziehung etwas Beständiges darstellen würde. Am Ende hatte er sich geirrt. Sein Vater und Kurogiri hatten niemals auch nur in Erwägung gezogen, Tomura zurück ins Heim zu geben. Egal wie schwierig die Anfangszeit gewesen war und egal, wie viele Tassen und Gläser Tomura in einem rasenden Wutanfall zerbrochen hatte.
In jedem zweifelnden Moment hatten sein Vater und Kuro es ihm klargemacht, dass er sich festhalten konnte. Dass er in seinem Zuhause angekommen war und solange bleiben durfte, wie er es wollte.
Jin hatte nie diese Bestätigung erhalten.
Er lebte jeden Tag mit der Gewissheit, dass es der letzte Moment sein konnte, bevor dieser erneut alles verlor. Bevor er ein weiteres Mal seine Koffer packen musste. Jins Geschichte sprach für all die Menschen, welche sie innerhalb ihrer Arbeit in den Heimen kennengelernt hatten. Für all die leidenden Seelen da draußen, deren Stimmen nicht laut genug waren, um gehört zu werden.
Auch jetzt noch, nachdem die sechs Monatsfrist bereits vor geraumer Zeit abgelaufen war, pflegte Jin die Kontakte, welche der Junge innerhalb dieser Zeitspanne gemacht hatte. Vor ein paar Monaten hatte der Junge schließlich damit begonnen, an seinen Wocheneden ehrenamtlich in den Heimen in ihrer Gegend auszuhelfen und hatte ebenfalls vor, hauptberuflich genau dort auszuhelfen, wo bei ihm selbst immer ein leerer Fleck gewesen war.
Tomura konnte sich keine bessere Entwicklung für einen von Musculars ehemaligen Gefolgsleuten vorstellen.
Innerhalb von nur zwei Jahren hatten sie alle eine Entwicklung hingelegt, welche einer ganzen Lebenszeit gerecht wurde. Sie hatten sich von dem Tyrann gelöst, welcher sie alle klein gemacht und kontrolliert hatte. Sie waren ihren Fehler gegenüber getreten und hatten daraus gelernt.
Sie waren ... zu besseren Menschen herangewachsen.
Tomura hatte die Rolle ihrer Gruppe, das Bild, welches sie nach außen hin präsentierten, immer verachtet. Die Mobber. Die Mitläufer, ohne eigenen Sinn und Verstand.
Erst in den letzten Monaten hatte sich ihre Gruppe zu etwas entwickelt, wovor er sich nicht länger schämen musste. Auf das er endlich stolz sein konnte.
Der Kloß in seiner Kehle wuchs durch all diese Gedanken nur noch, während Tomura still das Bild vor ihm betrachtete.
Jin. Shuichi. Himiko. Atsuhiro. Touya.
Seine Freunde.
Seine besten Freunde.
Sie alle hatten so hart dafür gearbeitet, diese unmöglich scheinende Freundschaft aufrecht zu erhalten. Tomura konnte nicht glauben, dass ihnen all das von einem Tag auf den nächsten einfach weggenommen wurde.
Wegen eines verdammten Schulabschlusses!
Das Schluchzen, welches aus Tomuras Kehle drang, klang rau und hässlich. Selbst in seinen eigenen Ohren. Das Geräusch brach so abrupt und unvermittelt aus ihm heraus, dass es sofort die unbeschwerte und glückliche Atmosphäre um ihn herum zerschnitt.
Wie ein Pistolenschuss in der Stille.
Augenblicklich richteten sich die besorgten Blicke seiner Freunde auf ihn, während die Welt um ihn herum mucksmäuschenstill wurde. Er erkannte den Schock in den Gesichtern seiner Freunde. Die Besorgnis darin.
Well. Fuck.
>>Tomu ... <<
Er war sich nicht sicher, wer von den Anderen seinen Namen aussprach. Er wusste nur, wie absolut erbärmlich diese Situation war.
Das hier stellte vermutlich ihr letztes offizielles Treffen als vollständige Gruppe dar. Er sollte verdammt nochmal das Beste aus diesem Moment herausholen! Diese Chance würde sich ihm kein zweites Mal bieten!
Je mehr er sich selbst jedoch dazu zwang, sich zu beruhigen, desto aufgewühlter wurde er und desto mehr gepresste Schluchzer drangen dumpf aus seiner Brust heraus.
>>Oh, Tomura. Ist alles in Ordnung? <<
Atsuhiros besorgte Stimme in seinem Ohr, dessen warme Hand auf seiner Schulter.
>>Sorry, ich wollte nicht ... <<
Verdammt!
Wie zum Teufel sollte er ein anständiges Wort herausbringen, wenn Atsuhiro ihm direkt gegenüberstand und sanft seine Schulter tätschelte?
Derselbe Junge, welchen Tomura eben erst in sein Herz geschlossen hatte und im nächsten Moment schon wieder verlieren würde.
>>Sorry ... <<, wiederholte er nur mit zittriger Stimme.
>>Kein Grund, sich zu entschuldigen. Wo auch immer sie herkommen, lass die Emotionen heraus. Sie anzustauen, tut am Ende nur noch mehr weh. <<
Atsuhiros Stimme klang so ruhig und verständnisvoll, wie sie es immer war, während dessen vorsichtige Hand behutsam Tomuras Schulter tätschelte.
Seit er ihn kennengelernt hatte, nahm Atsuhiro so etwas, wie eine Vaterrolle in Tomuras Leben ein. Nicht, auf eine seltsame und perverse Art und Weise, sondern als Jemand, der beschützte und sich kümmerte. Eine Person, welche Tomura in seiner Kindheit nie gehabt, doch sich sehnlichst gewünscht hatte.
Fuck!
>>Hey, Tomu! Was ist denn los? <<
Himikos besorgte Stimme drang durch ein Rauschen zu ihm hindurch. Er verstand ihre Worte glasklar, doch es fühlte sich an, als stecke sein Kopf unter Wasser.
Er hörte ihre Schritte nicht, doch er erkannte, wie sich das Mädchen in ungewohnter Zaghaftigkeit auf ihn zubewegte und dann einige Meter von ihm entfernt stehen blieb.
Seinen Freunden gegenüber hatte Tomura sich bisher nur eine Handvoll Male so aufgelöst und emotional verhalten. Er hatte ihnen nie verraten, was ihm in so einer Situation half, weil ... Nun, weil er es selbst nicht wusste.
Er hatte immer gehofft, seine standhafte und unberührte Fassade aufrecht erhalten zu können. Sobald Tomura einmal brach, dann war es in tausend Stücke. Er wollte es nicht seinen Freunden aufbürden, die Scherben aufzuheben ....
>>Tut mir leid! Ich bin gerade nur ... <<
Er verstummte, als er merkte, dass er nicht wusste, wie er es erklären sollte.
>>Emotional und seltsam? <<, warf Shuichi nicht gerade helfend ein und erntete ein trockenes Lachen von ihm.
>>No shit, Dude ... <<
Er konnte das Zittern nicht ganz aus seiner Stimme heraushalten, als er diese Worte aussprach.
>>Hey! Ich meine ja nur. Wir haben dich noch nie so erlebt. Was ist denn los? <<
>>Ist es, weil heute der letzte Schultag ist? <<, hakte Jin skeptisch nach.
Tomuras Schweigen darauf war Antwort genug.
Einen Moment lang herrschte eine bedrückende Stille zwischen ihnen. Tomura hätte die Besorgnis seiner Freunde sogar mit geschlossenen Augen erkannt. Er beobachtete, wie die Anderen nervöse Blicke untereinander tauschten, während keiner von ihnen tatsächlich zu wissen schien, wie sie mit seinem stillen Geständnis umgehen sollten.
Fuck.
Das letzte, was er wollte, war, seine Freunde mit genau den Problemen zu belasten, mit welchen er nicht einmal selbst zurechtkam ...
Instinktiv öffnete er den Mund, bereit dazu, sich ein weiteres Mal zu entschuldigen. Dazu kam es jedoch nicht. Bevor ein einziger, kläglicher Laut über seine Lippen dringen konnte, hörte er die Schritte, welche schnell auf ihn zustürmten. Eine Sekunde später spürte er die vertrauten Arme, welche sich in einem erdrückenden Griff um seinen Oberkörper schlangen.
>>Oh mein Gott, Tomu! Bitte wein doch nicht! Ich verspreche, dass wir dich nicht im Stich lassen werden! Stimmt's Leute? <<
Im ersten Moment wirkte der Rest ihrer Gruppe genau so verblüfft und perplex, wie Tomura sich in diesem Augenblick fühlte.
Hier stand er. Schluchzend und zitternd, während er verzweifelt versuchte, seinen Scheiß zusammenzukriegen. Der kühle und unantastbare Tomura zu bleiben, welchen er seinen Mitmenschen sein ganzes Leben lang präsentiert hatte.
Je mehr er es versuchte, desto kläglicher schien er zu scheitern ...
>>Hey, Mann! Ich weiß, dass wir uns manchmal wie ein paar echte Arschlöcher verhalten können, aber wieso hast du denn nichts gesagt? Du hättest uns davon erzählen können, wie schlecht es dir wirklich geht. <<
Jins Stimme klang überraschend ruhig und gefasst.
Die gewohnten Gefühlsausbrüche des Jungen hatten sich immer mehr und mehr verringert, seit Musculars Verschwinden und Touya und Atsuhiros Beitritt in ihre Gruppe.
Jins Temperament hatte ihn nie sonderlich gestört. Es stellte gleichermaßen einen Teil seines Freundes dar, wie alle von dessen positiven Eigenschaften. Tomura hatte gelernt, damit umzugehen. In dieser Situation war er jedoch dankbar darüber, nicht mit einem schreienden und in Panik verfallenden Jin kommunizieren zu müssen.
>>Im Ernst, Dude! Wir kennen uns jetzt schon für wie lange? Fast drei Jahre! Du stellst quasi meinen verloren geglaubten Zwillingsbruder dar. Ich würde mich nicht aus so einem Grund über dich lustig machen. Nicht, wenn ich wüsste, dass es dich wirklich persönlich trifft. <<, warf Shuichi ein.
Tomura schluckte, doch blieb stumm. Er bezweifelte, dass er ein anständiges Wort über seine zitternden Lippen gebracht hätte.
>>Das stimmt. Wir alle würden das nicht. <<
Diesen letzten, aufrichtigen Kommentar aus Touyas vertrauter und verständnisvoller Stimme zu hören, stellte schließlich den finalen Tropfen dar, welcher das Fass endgültig zum Überlaufen brachte.
Ein lautes und hässliches Schluchzen brach aus Tomuras Brust heraus, wie ein Wall in seinem Inneren, der plötzlich einstürzte. Ob aus schierer Überwältigung oder Erleichterung heraus konnte er selbst nicht sagen.
Er wusste lediglich, dass er sich von einem Moment auf den anderen leichter fühlte. Befreiter. So, als hätte seit Wochen ein schmutziges Geheimnis auf seiner Zunge gelegen, welches er endlich ausgesprochen hatte.
>>Ihr seid Idioten. Ihr alle ... <<, murmelte er.
Seine Stimme klang belegt und es steckte kein echter Biss hinter seinen Worten.
Dennoch beobachtete er, wie Shu sich betroffen an die Brust griff, während dieser die Augen weit aufriss.
>>Entschuldige bitte! Wir gestehen dir hier gerade unsere Liebe und bedingungslose Unterstützung und du nennst uns „Idioten"? <<
Er sah das Grinsen auf Shus Lippen und fühlte, wie ein eigenes, ehrliches Lachen aus seiner Kehle herausbrach.
>>Heh, ich wusste, dass du darauf reagieren würdest! Lachend mag ich dich viel mehr, als weinend. <<
Diese aufrichtigen Worte sorgten nur dafür, dass ihn ein weiteres Lachen verließ. Die Tränen, welche noch vor wenigen Minuten seine Wangen benetzt hatten, versiegten zu einem Schimmern auf seiner Haut, während es nun Geräusche der Freude waren, welche seine Lippen verließen, statt bitteres Schluchzen.
Es war absurd und erleichternd zugleich. Tomuras Gefühlswelt glich einem verdammten Hurrikan, welcher alle Empfindungen kreuz- und querwirbelte und nichts an seinem vorhergesehenen Platz ließ. Womöglich existierte gar kein vorgesehener Platz für seine Gefühle ...
Er bedauerte all die geduldigen Personen, welche ihre Zeit und Energie darin investierten, Tomura zu verstehen, wenn er es nicht einmal selbst tat.
Er blinzelte, als er spürte, wie Himikos Griff sich um seinen Oberkörper herum verfestigte, während sich das Mädchen mit mehr Kraft als nötig an ihn schmiegte.
>>Du musst keine Angst davor haben, mit uns über deine Gefühle zu sprechen, Tomu! Wir sind deine Freunde. Wir vertrauen dir und hören dir zu, egal was! <<
Die Worte waren sentimental und weichgespült, doch ... sie bewegten etwas in ihm.
Er schluckte, während er seinen Blick über ihre Runde schweifen ließ. Er erkannte Atsuhiros verständnisvolles Nicken, hörte die zustimmenden Worte seiner Freunde und spürte, wie Himikos Arme ihn fest und vertraut umschlangen.
Sein Blick blieb an Touyas blauen Augen hängen.
Diese verdammten, blauen Augen, welche Tomura irgendwann noch ins Verderben stürzen würden!
Sie funkelten sanft im Sonnenlicht, wie ein stilles Gewässer, welches alle Geheimnisse in sich aufnahm und bewahrte. Touya musste nichts sagen, damit Tomura die stumme Frage in dessen Augen verstand.
„Wir vertrauen dir. Vertraust du uns auch?"
Das tat er.
Diese Erkenntnis kam so schnell und direkt, dass sie alle bestehenden Zweifel und Sorgen in Staub auflöste.
Diese Menschen waren seine besten Freunde. Er vertraute ihnen mehr, als jeder anderen Person.
Welche Risiken würde es schon mit sich bringen, ihnen die Wahrheit anzuvertrauen, wenn diese Leute sowieso schon jede andere Seite von ihm kannten?
>>Ich habe nichts gesagt, weil ich euch alle nicht noch zusätzlich mit meinem Scheiß belasten wollte. Diese Situation ist für uns alle schwer und ich weiß, dass ihr genug eigene Sorgen und Ängste habt, mit denen ihr umgehen müsst. Aus dem Grund dachte ich, dass es die ganze Situation erleichtern würde, wenn ich euch nichts sage. Das hat es jedoch nicht. Mein dämlicher Drang danach, alle Probleme allein zu bewältigen, hat alles nur noch schwerer gemacht und das tut mir leid. <<, gestand er leise.
Er fühlte sich dumm, als er diese Worte laut aussprach. Dumm und erleichtert.
>>Dir geht es nicht allein so, glaub mir. Ich habe einen Großteil meines Lebens ohne echte Freunde verbracht. Ich kann verstehen, wie schwer es dir fällt, dich anderen Menschen zu öffnen, wenn du nie zuvor die Chance dazu gehabt hattest. <<
Atsuhiros braune Augen waren sanft und dessen Stimme verständnisvoll, als der Junge diese Worte aussprach.
Der Andere wusste nicht alles über Tomuras Vergangenheit und er war sich nicht sicher, ob er diesem jemals alles anvertrauen würde. In Momenten, wie diesem, in welchem er jedoch in Atsuhiros wissende, braune Augen blickte, hatte er das Gefühl, dass der Junge ihn besser kannte, als er glaubte.
>>Ja ... Damit hast du wohl Recht. <<
>>Du hast Angst davor, dass du uns alle nie wiedersiehst, wenn wir in zwei Monaten getrennte Wege gehen. <<, erklang Jins Stimme im Hintergrund und zog Tomuras Aufmerksamkeit auf sich.
Es handelte sich um keine Frage, sondern um eine simple Aussage.
>>Ja ... <<
Einen Moment lang ließ er dieses Wort einfach in der Stille ausklingen. Dann nahm er einen tiefen Atemzug und raffte seinen gesamten Mut zusammen, bevor er zu sprechen begann.
>>Ich habe schon einmal in meinem Leben alles und jeden, der mir lieb und teuer war, verloren. Einfach so. Ihr alle ... Ihr seid die einzigen Personen, welche mich jemals wirklich verstanden haben. Welche überhaupt erst versucht haben, mich zu verstehen. Ich denke nicht, dass ich jemals wieder solche Freunde, wie euch finden werde. Deshalb, ja. Ich habe Angst davor, euch gehen zu lassen und damit zu riskieren, dass ich euch womöglich nie wiedersehen werde. <<
Jedes seiner Worte wog soviel wie Gold.
Er schüttete sein verdammtes Herz aus und erwartete nur das Schlechteste. Die Wahrheit war eine scharfe Schneide, deren Spitze direkt auf Tomuras Brust zielte.
Der Schmerz stellte etwas Vertrautes, etwas Beständiges dar. Tomura hatte sich so sehr daran gewöhnt, seinen Schmerz allein zu ertragen, dass die Erkenntnis, dass es andere Menschen gab, welche seinen Schmerz mit ihm teilen konnten, ihn völlig aus dem Kalten heraus traf. Besser gesagt, Shuichis leises Schniefen erwischte ihn völlig aus dem Kalten heraus.
Überrascht und schockiert, riss er die Augen auf, während sein perplexer Blick zu Shu glitt. Der Junge schniefte ein weiteres Mal, während er sich über die sichtlich geröteten Augen wischte.
>>Verdammt! Ich wollte eigentlich nicht heulen, aber ... Damn, Dude! That feels! <<
Tomuras irritierter Blick blieb an dem aufgewühlten Shuichi hängen. Er hörte dessen Schniefen und erkannte dessen ungeweinte Tränen, während er beobachtete, wie der Junge gleichermaßen verzweifelt mit seinen Emotionen rang, wie Tomura es eben noch getan hatte.
In diesem Moment gab es eine Millionen Dinge, welche Tomura hätte sagen oder tun können.
Die Sache, für die er sich schließlich entschied, war ... zu lachen.
>>Was denn? Lachst du mich etwa gerade aus? <<, grummelte Shuichi.
Er konnte den Protest des Jungen nicht ernst nehmen, wenn dessen Stimme wie eine bibbernde und wackelnde Seite klang.
>>Vielleicht nur ein kleines bisschen ... <<
>>Das ist nicht nett, Tomura. Warte nur auf meine Rache! <<
>>I know. Es ist bloß ... Ich glaube, Himiko hatte Recht. <<
>>Häh? <<
>>Du bist tatsächlich weich, wie ein Hühnerei. <<
Sein Lachen versteckte keine echte Schadensfreude, sondern lediglich die pure Erleichterung darüber, nicht der Einzige zu sein, dem all diese Dinge nahe gingen.
>>Oh, hört schon mit euren dämlichen Metaphern auf! Ich gestehe dir hier gerade meine Gefühle und du fängst mit irgendwelchen Eiern an! <<
Shuichis Protest wurde von dem blubbernden Lachen unterbrochen, welches aus ihm heraussprudelte. Im nächsten Moment japste der Andere erschrocken auf, als Jins kräftige Arme ihn in einer überschwänglichen Umarmung beinahe erdrückten.
>>So wie ich das hier sehe, seid ihr beide rohe Eier. Hör also auf damit, dich zu beschweren und fang endlich damit an, zu akzeptieren, was du wirklich bist! <<
Shu gab lediglich einen unverständlichen Laut von sich, während der Junge wie ein Fisch an Land in Jins Griff zappelte. Dessen Protest sorgte nur dafür, dass Jin die Augen verdrehte und seinen Griff ein wenig lockerte.
>>Du musst mich nicht gleich erwürgen, um mir das zu sagen, Mann! <<
Shus Protest verlor endgültig an Bedeutung, als Himikos freudiges Quietschen im Hintergrund ertönte.
>>Gruppenkuscheln! <<
Mit diesen Worten löste sich das Mädchen schließlich von Tomura und stürmte voller Enthusiasmus auf die beiden nichts ahnenden Jungen zu.
Tomura ließ sie ohne Widerworte gehen. Er wusste, dass sie früher oder später zu ihm zurückkehren würde.
Keiner seiner Freunde hatte direkt auf Tomuras Worte von vorhin geantwortet, doch ... das war nicht nötig gewesen.
Himikos beinahe erdrückende Umarmung, Atsuhiros sanftes Verständnis und Shus Tränen ...
In einigen Momenten sprachen Handlungen wie diese mehr als tausend Worte.
Seine Freunde hatte ihm auch ohne Worte versichert, dass die ängstliche Stimme in Tomuras Hinterkopf falsch lag. Dass sie ihn nicht einfach zurücklassen und durch Jemand neuen - Jemand besseren - ersetzen würden. Sie waren für ihn da. Sie alle. Sie waren seine besten Freunde. Keiner von ihnen würde Tomura einfach so im Stich lassen.
Es war nicht das erste Mal, dass ihm dieses süße Versprechen gegeben wurde. Es würde jedoch das erste Mal darstellen, an dem es auch gehalten wurde.
Er versuchte gar nicht erst, das milde Lächeln aufzuhalten, welches sich auf seine Lippen schlich, während er das Geschehen vor ihm betrachtete. Seine Freunde. Seine besten Freunde. Diejenigen, die Tomura von Beginn an genau so akzeptiert hatten, wie er war. Mit jedem Makel und Fehler. Die ihm selbst in den Situationen zur Seite gestanden hatten, in welchen niemand sonst es getan hätte.
Die ihn niemals im Stich lassen würden.
Beinahe instinktiv glitt sein Blick zu Touya hinüber. Er erkannte das sanfte und aufrichtige Lächeln auf dessen Lippen und beobachtete, wie dieser ihm stumm zunickte.
Tomura verstand auch ohne Worte.
Mit einem tiefen Atemzug schloss er die Augen und straffte die Schultern. Es fühlte sich befreiend an, die nassen Spuren von seinen Wangen zu wischen. Sie gehörten dort nicht mehr hin.
Als er erneut die Augen öffnete, war es mit einem besseren Gefühl. Er fühlte sich leichter, als er zielstrebig einen Schritt nach vorn setzte.
Geradwegs auf seine Freunde zu.
Die Berührung war warm und sanft, als er sie alle in seine Arme schloss. Sie fühlte sich nach nichts geringerem an, als Zuhause.
Tomura hatte bereits zu viele schlechte Dinge in seinem Leben durchgemacht. Er war es gewohnt, immer nur vom Schlimmsten auszugehen.
Vielleicht, nur vielleicht würde diese eine Sache jedoch zum ersten Mal gut für ihn enden.
°
Er nahm einen tiefen Atemzug und ignorierte das Zittern in seinen Fingern, während er mit den Händen den edlen Stoff seiner Anzugsjacke zurechtstrich.
Ein teurer Seidenstoff aus Ostasien. Die dunkelrote Farbe spiegelte den Ton von Tomuras Augen wieder und bildete einen scharfen Kontrast zu seiner blassen Hautfarbe.
„Blutmondaugen."
So hatte Touya sie einmal genannt.
Tomuras weißes Haar steckte als aufwendiger Knoten in seinem Nacken fest und gab seinem Gesicht eine völlig neue Kontur, an welche er sich erst noch gewöhnen musste. Die Frisur war Himikos Idee gewesen. Zuerst hatte Tomura nur die Augen verdreht, doch das Mädchen hatte so lange gebettelt, bis er schließlich aus reiner Ungeduld heraus nachgegeben hatte.
Nun, einige Stunden später, fand er sich vor dem ovalen Spiegel in seinem persönlichen Ankleidezimmer wieder - einen Raum, welchen er liebend gern durch ein persönliches Gaming Zimmer ersetzt hätte - während sein prüfender Blick das finale Resultat betrachtete.
Es handelte sich nicht um das erste Mal in seinem Leben, an dem er einen Anzug trug. Dennoch erwischte er sich immer wieder selbst dabei, wie seine Hände die unsichtbaren Falten aus seiner Anzugsjacke herausstrichen oder an seiner schwarzen Krawatte herumzupften.
Diese Handlung war so banal, dass er am liebsten gelacht hätte!
Tomura hatte sich noch nie zuvor übermäßig für sein äußeres Erscheinungsbild interessiert. Die weiße Haarfarbe stammte davon, dass er es nicht ertrug, dieselben dunklen Strähnen seines Vaters oder seiner Schwester Hana zu erkennen, jedes Mal, wenn er sich selbst im Spiegel betrachtete. Also war er kurz nach seiner Adoption zusammen mit Kuro in irgendeinen beliebigen Drogerieladen gestampft und hatte nach der erstbesten Haarfarbe gegriffen, welche seine Hände zu fassen bekommen hatten.
Die Ästhetik war eher ein ... Bonusfaktor gewesen.
Mode und teure Kleidung waren in seinen Augen immer nur etwas für die Reichen und Schönen gewesen. Innerhalb seiner Zeit im Heim hatte er größtenteils von den Kleiderspenden mitfühlender Menschen gelebt. Er hatte genommen, was er kriegen konnte, ohne weiter darüber nachzudenken.
In der edlen Seide seiner Anzugsjacke und den teuren Lederschuhen fühlte er sich wie ein Fremder. Der Blick in den Spiegel war ungewohnt. Er zeigte noch immer ihn, doch in der Haut einer anderen - hochgeboreneren - Person, als er es war.
Seit seiner Adoption waren Jahre vergangen, doch noch immer hatte er sich nicht an den Gedanken gewöhnt, dass er nun zu den Reichen und Schönen gehörte.
Naja, vielleicht auch nur zu den Reichen ...
>>Tomura, bist du soweit? <<
Ein höfliches Klopfen an seiner Zimmertür und Kurogiris fragende Stimme beförderten ihn schließlich in die Gegenwart zurück. Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr an seinem Handgelenk verriet ihm, dass es tatsächlich Zeit dafür war, aufzubrechen, wenn er pünktlich ankommen wollte.
Und das wollte er in dieser Situation auf jeden Fall ...
>>Gib mir eine Minute. <<, rief er hastig zurück.
Ein letztes Mal glitten seine prüfenden Augen über die Gestalt vor ihm im Spiegel. Sein Blick fing die blutrote Anzugsjacke ein, das schwarze Seidenhemd darunter, die gleichermaßen schwarze Hose, wie Schuhe und blieb schließlich an der goldenen Armbanduhr an seinem Handgelenk stehen.
Sie stellte das einzige Kleidungsstück an seinem Körper dar, für welches man keinen halben Monatslohn aufopfern musste. Auf den ersten Blick war die Uhr schlicht und optisch nicht gerade herausragend. Beim genaueren Hinschauen fielen jedoch die vielen kleinen Gravierungen, welche überall auf dem Band und dem analogen Ziffernblatt verteilt waren, auf. Es handelte sich um die Logos und Symbole von allen von Tomuras Lieblingsvideospielen.
Die Uhr war ein personalisiertes Geschenk von Touya an Tomuras letztem Geburtstag gewesen. Die Scham färbte seine Wangen noch immer heiß und rot, wenn er daran dachte, welche Gedanken und Mühen Touya in sein Geschenk gesteckt hatte, während Tomura dem Jungen lediglich einen Gutschein übergeben hatte. Touya hatte auf seine Reaktion hin nur gelacht und ihm versichert, dass er es nicht als schlimm empfand.
Es war der Gedanke, der zählte.
Trotzdem!
Tomura würde eine ganze Limousine voll mit den Dingen bestellen, welche ein Lächeln auf Touyas Gesicht zauberten, um es im nächsten Jahr wiedergutzumachen!
Der Anblick derselben Uhr an seinem Handgelenk löste nun ein warmes und kribbelndes Gefühl in seinem Bauch aus. In diesem Moment war er in Leder und edle Seide gehüllt, doch nichts von alldem war für ihn so wertvoll, wie diese Uhr.
Mit einem tiefen Atemzug und einem letzten, wagen Blick in den Spiegel drehte er sich schließlich herum und lief in Richtung Tür. Kurogiri wartete geduldig im Flur auf ihn, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, während der aufmerksame - jedoch nicht urteilende - Blick des Butlers über Tomuras Gestalt glitt.
>>Und? Bin ich so aktzeptabel genug für den Schulball? <<
Sein Ton war amüsiert, doch es handelte sich nur um einen halben Scherz, wenn er sich an seine Nervösität von vorhin erinnerte, als er sich vor seinem Spiegel zurechtgemacht hatte.
>>Nun ... <<
Mit einem nachdenklichen Brummen spannte Kuro ihn einige Sekunden lang auf die Folter, bevor sich ein warmes Lächeln auf dessen Lippen schlich.
>> ... Ich würde sagen, du siehst mehr als aktzeptabel genug aus. <<
Die Antwort färbte Tomuras Wangen, bis hinauf zu seinen Ohren, in einen tiefen Rot Ton, welcher seinem Anzug Konkurrenz machte.
>>Schleimer ... <<
>>Haha, vielleicht bin ich das. Ich habe dir allerdings nur meine ehrliche Meinung gesagt. Wer hat dich zu dieser Frisur inspiriert? <<
>>Himiko ist auf die Idee gekommen. ich bin mir nur noch nicht sicher, ob es mir wirklich gefällt. <<
>>Ich finde es charmant. Ich habe dich noch nie zuvor mit hochgesteckten Haaren gesehen. Es lässt dich reifer wirken, ohne dich dabei älter zu machen. Ich bin mir sicher, dass auch Touya dieser neue Look gefallen wird. <<
What?!
Kurogiri besaß die verdammte Dreistigkeit, Tomura diese Worte mit unschuldiger Stimme direkt ins Gesicht zu sagen, wenn der Butler ganz genau wusste, was er mit dieser letzten Aussage in Tomuras Innerem anrichtete? Mit einem peinlich berührten Laut und glühenden Wangen boxte er Kuro gegen die Schulter.
>>Jetzt hör schon auf ... <<
>>Noch einmal, ich verrate dir lediglich meine ehrliche Meinung. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass du Touya mit diesem neuen Look gefallen wirst. <<
>>Kuro! <<
>>Tomura. <<
Er zuckte zusammen, als die vertraute und zugleich so fremde Stimme hinter ihm ertönte.
Er benötigte eine Sekunde, um sich wieder zu fassen, die Schultern zu straffen und sich dann neu geordnet zu dem Mann hinter ihm herumzudrehen.
>>Vater. <<, begrüßte er seinen Adoptivvater.
Shigaraki-San war in keiner Definition ein warmer und herzlicher Mensch. Gespräche mit seinem Adoptivvater liefen kühl und formell ab, egal seit wie vielen Jahren sie nun schon gemeinsam unter einem Dach lebten.
>>Wie ich sehe, bist du bereit dazu, aufzubrechen. <<
Normalerweise würde sich sein Vater in diesem Moment auf einer seiner Geschäftsreisen befinden, hunderte Kilometer von Musutafu entfernt. Der Einzige Grund, weshalb sich der Mann in diesem Augenblick noch hier befand, war, um Tomuras letztem Schultag beizuwohnen und ihn in förmlicher Art für den Schulball zu verabschieden.
Wie ein echter Vater für einen echten Sohn ...
>>Ähm, ja ... Ich denke, dass bin ich in der Tat. <<
Er fühlte, wie sein Rücken instinktiv ein wenig gerader und steifer wurde, während der kühle Blick seines Vaters ihn von oben bis unten musterte. Prüfte und analysierte, wie eines seiner Arbeitsprojekte.
Eine gute Minute lang sagte keiner von ihnen ein Wort. Die Luft war schwer vor Anspannung und mit jeder Sekunde, in welcher sein Vater ihn weiterhin abschätzend analysierte, fühlte er sich immer lächerlicher in seinem teuren Anzug.
Egal, wie sehr er es versuchte, er würde niemals der Mann sein, welchen sein Vater damals im Heim in ihm - in Tenko - gesehen hatte. Tomura würde niemals zu dem erfolgreichen Unternehmersohn werden, welchen sich sein Vater in ihm erhofft hatte.
Er war er.
Der Tomura voller Makel und schlechten Angewohnheiten. Der nicht einmal wusste, wie er ein Gespräch mit seinem Vater aufrecht erhalten sollte, welcher ganz allein für Tomura eine bedeutende Geschäftsreise ausgesetzt hatte.
Die Stille war kühl und unangenehm, doch er wusste nicht, wie er sie durchbrechen sollte. Er erwartete eine kühle Bemerkung und eine ebenso seriöse Verabschiedung. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass sein Vater einen Schritt auf ihn zumachte, eine Hand in Tomuras Richtung ausstreckte und ... seine Krawatte zurechtrückte.
>>So. Jetzt bist du bereit dazu, aufzubrechen. <<
Im ersten Moment fühlte er sich so perplex, dass er einfach nur dastand und starrte.
>>Du siehst elegant aus. Das Rot steht dir gut. <<
Das Kompliment drang aus einer kühlen Stimme zu Tomura hindurch. Es ähnelte eher einer höflichen Bemerkung unter Geschäftskollegen, als einem Kompliment, welches ein Vater seinem Sohn gab.
Tomura war sich jedoch schon lange darüber bewusst gewesen, dass dies - diese kühle und förmliche Atmosphäre - alles war, was er bekommen würde, doch ... Das war okay so.
Sein Adoptivvater war keine herzliche und überschwängliche Person. In keinster Weise. Er sagte jedoch in den meisten Fällen die Wahrheit und war für Tomura dar, wenn er es benötigte. Auf seine eigene subtile Art und Weise. Das war es, was zählte.
>>Danke, Vater. <<
Diesmal musste er das Lächeln auf seinen Lippen nicht künsteln. Es kam von selbst.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, so etwas wie Wärme in den stumpfen Augen seines Vaters aufblitzen zu sehen. Genauso schnell und spontan, wie der Ausdruck gekommen war, verschwand er jedoch auch wieder.
Mit einem Räuspern faltete sein Vater die Hände zusammen, während sich erneut diese gewohnt kühle und seriöse Mimik auf dessen Gesicht abzeichnete.
>>Nun, ich hoffe, du amüsierst dich. Ein Schulabschluss stellt ein einschlagendes Erlebnis im Leben dar. Genieße es, bevor es vorbei ist. <<
Das würde er.
Ein letzter Abend, ein letzter Tanz mit all seinen Freunden, bevor das Leben sie in vollkommen unterschiedliche Richtungen schicken würde. Niemand wusste, was die Zukunft brachte, also würde Tomura diesen letzten gemeinsamen Abend in vollen Zügen auskosten.
>>Das werde ich. <<
Einen stillen Moment lang verweilte der aufmerksame Blick seines Vaters auf ihm, so als lägen diesem weitere Worte auf der Zunge. Am Ende schluckte sein Vater sie herunter, ließ diese als unangetastete Stille zwischen ihnen ausklingen, bevor er sich an Kurogiri wandte.
>>Kurogiri, ich vertraue dir damit, Tomura und seine Begleitung sicher an ihren Zielort und von dort zurück zu bringen. <<
>>Ich gebe mein Wort darauf, Shigaraki-San. <<
Ja.
Tomuras Familie würde wohl niemals zu dem werden, was andere Menschen mit einer Familie verbanden, doch das war okay so.
Tomura hatte Kurogiri und er hatte seinen Vater. Sie beide unterstützten und umsorgten ihn auf ihre eigene subtile Art und Weise. Ihre Liebe war nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, doch Tomura war so viele Jahre ohne ausgekommen, dass er die Anzeichen erkannte und zu schätzen wusste.
Glück war eine subtile Empfindung.
Man konnte sie weder, mit der passenden Zeit, noch der passenden Situation erzwingen.
Das hatte er von Touya gelernt.
Glück war eine Empfindung, die einfach da war. Genau hinter uns, an unserer Seite. Manchmal kostete es nur einen einzigen Blick nach hinten, um sie zu finden.
Womöglich würde seine Familie niemals zu dem werden, was die meisten Menschen unter diesem Begriff verstanden. Das war jedoch okay so. Tomura hatte Kurogiri und seinen Vater. Er hatte seine besten Freunde. Er hatte Touya.
Er war so viele Jahre lang ohne Glück ausgekommen, dass er gelernt hatte, die Anzeichen zu erkennen.
°
Die Nervosität kehrte zurück, als er sich schließlich vor dem Eingang des vertrauten Mietgebäudes befand.
Er schwitzte in dem teuren Stoff seiner Anzugsjacke und die Krawatte kratzte an seinem Hals. Sein Puls pochte mit jeder Sekunde laut in seinen Ohren und seine Hände waren so schwitzig, dass er beinahe den Blumenstrauß darin fallen gelassen hätte.
Es war eine Erlösung, endlich die vertrauten Schritte im Treppenhaus zu hören und zu beobachten, wie sich langsam die Tür vor ihm öffnete. Der Anblick, welcher sich ihm bot, ließ Tomura völlig vergessen, dass er den anderen Jungen eigentlich begrüßen sollte.
Touyas Kleidung war nicht annähernd so edel und luxuriös, wie Tomuras es war, doch das brauchte der Andere auch nicht. Das luftige schwarze Jackett, gepaart mit dem dunkelblauen Hemd darunter und der schwarzen Anzugshose reichten vollkommen aus, um aus Touya eine absolute Gottheit zu machen.
An der Kehle des Jungen baumelte eine leichte Goldkette herunter, welche Tomura viel zu bekannt war. Die Kette hatte Tomuras ersten, milden Versuch markiert, einen romantischen Valentinstag mit seinem Partner zu verbringen. Am Ende waren sie schließlich doch mit Pizza und Chips auf Tomuras Sofa gelandet und hatten sich exzessiv über Reality TV Programme ausgelassen.
Touya hatte die Kette jedoch behalten.
Nun baumelte Tomuras einstiges Geschenk von dessen Kehle herunter und reflektierte sanft das einfallende Mondlicht. Touyas blaue Augen strahlten so, wie Tomura sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Verdammt.
Touyas Augen waren so blau und so intensiv, dass es Tomura für einen Moment den Atem raubte.
>>Du siehst ... <<
Sein Hirn arbeitete in diesem Moment in Zeitlupe, sodass er einige Sekunden brauchte, um seinen Satz zu beenden.
>> ... gut aus. <<
>>Aha. Ich habe also all diesen Aufwand auf mich genommen, mich hübsch für dich zu machen und du fertigst mich mit einem milden „Du siehst gut aus." ab? <<
Touyas Lippen waren zu einem frechen Grinsen gespitzt. Tomura wollte den Ausdruck von dessen Mund küssen.
>>Nein, ich ... Du siehst umwerfend aus. <<, antwortete er diesmal ehrlich.
Er erkannte den verräterischen, roten Schimmer, welcher sich daraufhin auf Touyas Wangen legte. Der Jungen versuchte, geschickt davon abzulenken, indem dieser seinen Blick auf die Blumen in Tomuras Hand fallen ließ.
>>Ich glaube, die da sind für mich. <<
Tomura senkte ebenfalls den Blick und musterte den Strauß in seinen Händen. Blauer Enzian. Die Farbe hatte ihn an Touyas Augen erinnert.
>>Ja, das sind sie. <<, murmelte er leise.
Diese Situation war absurd!
Er hatte längst damit aufgehört zu zählen, wie viele vertraute Treffen bereits zwischen Touya und ihm stattgefunden hatten. Tomura sollte mittlerweile an die knisternde Atmosphäre zwischen ihnen beiden und Touyas spitze Bemerkungen gewöhnt sein und doch brauchte sein Gegenüber lediglich ein freches Grinsen aufzulegen, um Tomuras Nerven erneut in die Zeit ihres ersten, richtigen Dates zurückzuschicken.
>>Sie sind hübsch. <<, bemerkte Touya beiläufig.
Tomura schluckte nur, während er stumm nickte. Seine Wangen brannten plötzlich vor Hitze, während sich ein Kloß in seiner Kehle bildete.
Sein nervöser Blick verweilte auf den blauen Blumen in seiner Hand, auch als er hörte, wie Touya einen Schritt auf ihn zumachte. Der Junge blieb erst stehen, als sie beide sich so nah waren, dass Tomura fühlte, wie die Wärme von Touyas Körper seine Haut streichelte.
Touya war immer warm.
Es war ein kleines, unbedeutendes Detail, welches Tomura vor einiger Zeit festgestellt hatte, doch welches ihm jedes Mal aufs Neue bewusst wurde, wenn sie beide sich so nah waren. Touyas Wärme war freundlich und sanft. Sie glich einem zarten Atemzug, welcher Tomuras Haut streichelte und dafür sorgte, dass sich ihm die Härchen aufstellten. Dieses kleine, unbedeutende Detail machte den anderen Jungen in seinen Augen nur noch liebenswürdiger.
>>Nicht so hübsch, wie du. <<
Touyas Stimme - sanft, jedoch mit einem frechen Unterton - drang als Flüstern in Tomuras Ohr. Seine Augen weiteten sich überrascht, während sein Kopf nach oben schnellte. Vertraute Hände stoppten ihn in seiner Bewegung, während sie sanft nach Tomuras Wangen griffen. Touyas Berührung war behutsam und zärtlich. So, als wäre Tomura etwas Kostbares, was der Junge auf keinen Fall zerbrechen wollte.
Er schluckte. Seine Augen geweitet, unfähig dazu, etwas zu erwidern. Das musste er jedoch auch nicht.
Touya ließ ihm keine Sekunde Zeit dazu, einen Rückzieher zu machen, bevor der Junge ihre Lippen miteinander versiegelte und Tomura auf diese Weise endgültig den Atem raubte. Im ersten Moment war er so perplex, dass er steif wie eine Eissäule dastand. Dann begann Touya damit, seine Lippen leicht gegen Tomuras zu bewegen und jeder Rest Anspannung in seinem Körper schmolz dahin.
Es spielte keine Rolle, wie oft sie sich schon auf diese Art und Weise berührt hatten. Wie oft ihre Lippen diesen vertrauten Tanz bereits miteinander getanzt hatten. Touyas Nähe und die sanfte Wärme von dessen Körper stellten eine Droge dar, von der Tomura niemals genug bekommen würde.
Instinktiv legte er die Arme in einem behutsamen Griff um Touyas Taille herum, während er fühlte, wie die neugierigen Finger des Jungen zärtlich durch sein Haar fuhren. Er wusste nicht, wer von ihnen den Anderen schließlich näher zog und ihre Körper auf sanfte und vertraute Art aneinander schmiegte. Der Blumenstrauß in Tomuras Händen war längst in der Wärme des Moments vergessen und knickte zwischen ihren beiden Körpern.
Es spielte keine Rolle.
Das einzige wichtige in diesem Moment waren Touya und er. Sie beide gemeinsam.
Sie waren zwei verlorene Seelen, welche endlich zueinander gefunden hatten.
Zwei einsame Puzzleteile, welche man aneinandergefügt hatte.
Sie brauchten einander. Mehr als alles andere auf dieser Welt.
Mit geschlossenen Augen und vernebelten Sinnen, welche nur den Jungen vor ihm wahrnahmen, bemerkte er nicht die Person, welche sich ihnen vor vorn näherte. Er bemerkte die Frau erst, als Rei Todorokis Lachen im Hintergrund ertönte.
>>Störe ich etwa? <<
Diese taktlosen Worte durchbrachen die sanfte Stille zwischen ihnen, wie ein Hammerschlag. Tomura war der Erste von ihnen beiden, welcher weit die Augen aufriss und heftig zusammenzuckte, so als hätte er sich verbrannt.
Schwer atmend betrachtete er die weißhaarige Frau, welche wie die Ruhe selbst vor ihnen stand, so als hätte sie Tomura nicht soeben einen halben Herzinfarkt verpasst. Das freche Schmunzeln und der wissende Blick in den grauen Augen erinnerten ihn unmittelbar an Touya.
Tja, nun wusste er auch, von wem der Junge seine Dreistigkeit geerbt hatte ...
>>Oh, bitte. Ihr müsst nicht wegen mir aufhören. Macht ruhig weiter. <<, neckte Rei sie mit amüsierter Stimme.
Diese Worte sorgten nicht gerader dafür, dass Tomura sich weniger verlegen fühlte, während er mit glühenden Wangen ein wenig Abstand zwischen Touya und sich brachte. Sein Gegenüber zog lediglich eine dunkle Braue hoch, während er sich schnaubend zu seiner Mutter umdrehte.
>>Du machst Tomura verlegen, Ma. <<
>>Tut mir ja sehr leid, dass ich dir dein Date ausspanne. Ich bin mir sicher, dass sich euch diesen Abend noch genügend Gelegenheiten bieten werden, miteinander rumzumachen. <<
Oh verdammt.
Tomura würde auf der nächstbesten Stelle, die er fand, ein Loch ausheben und sich hineinlegen.
Wie zum Teufel sollte er Rei jemals wieder normal in die Augen sehen, nachdem sie gerade das zu ihnen gesagt hatte?
>>Ma! <<, protestierte Touya ebenfalls.
>>Was? Ich wurde nicht als alte Frau geboren. Ich weiß ganz genau, was sich auf Schulbällen in der Regel so zuträgt. <<
>>Tomura und ich hatten nicht vor, auf dem Schulball rumzumachen! <<
>>Ach nein? Ich an eure Stelle würde es tun. <<
Rei letzte Aussage war so trocken und direkt, dass Tomura gelacht hätte, wäre er nicht viel zu beschäftigt damit gewesen, nicht so rot anzulaufen, wie der Stoff seiner Anzugsjacke.
Auch Touya hatte Probleme damit, nach diesem Kommentar noch ernst zu bleiben, während der Junge nur halbherzig die Augen verdrehte.
>>Bist du nur runtergekommen, um uns zu stalken oder hast du noch etwas besseres zu tun? <<
>>Heh. Ihr beide dachtet doch nicht wirklich, dass ich mich nicht ordentlich verabschieden würde? So hübsch wie ihr beide zusammen ausseht, kann ich euch unmöglich ohne ein paar Bilder gehen lassen. Das Rot steht dir im Übrigen ausgezeichnet, Tomura. <<
>>Oh, ähm ... Dankeschön. <<
Seine Wangen mussten nun endgültig in demselben roten Ton seiner Anzugsjacke glühen, während Rei ihm schelmisch zuzwinkerte und ihr Handy aus ihrer Tasche zog. Ein kleiner, spaßverderbender Teil von ihm wollte sich genervt und verlegen herumdrehen. Ein sehr viel größerer Teil seiner Seele strahlte jedoch ein warmes, kribbelndes Gefühl von seinem Bauch, bis in seine Zehenspitzen hinein aus. Erstrecht, als Touyas vertraute Handfläche den Weg zu Tomuras Hüfte fand und ihn zu dem Jungen heranzog, sodass dieser einen sanften Kuss auf Tomuras Wange verteilen konnte.
Sein Fremdschamgefühl sollte verdammt sein! Sobald Tomura seine Finger an diese Bilder bekam, würde er sie überall in seinem Zimmer aufhängen.
>>Wenn man euch so anschaut, wird man glatt neidisch! Ihr zwei seht perfekt zusammen aus. <<, bemerkte Rei mit aufrichtiger Stimme, während sie durch die neuen Aufnahmen auf ihrem Handy scrollte.
„Perfekt."
Es war ein dramatisches und überemotionales Wort.
Tomura musste Rei jedoch zustimmen. In diesem Moment fand er kein einziges Wort auf dieser Welt, welches besser passte.
All die darauffolgenden Ereignisse zogen in einem Rauschen aus Stimmen und Bildern an ihm vorbei. Rei zögerte die Verabschiedung definitiv bewusst heraus, um viel zu viele Fotos zu schießen und die ein oder andere spitze Bemerkung abzugeben, sobald Touya und er sich ein wenig näher rückten. Sie hatten definitiv die Ankunftszeit für den Schulball verpasst, als sich schließlich auch noch Touyas Geschwister zu dem Trubel dazugesellten und ein „Familienfoto" forderten.
Huh.
Es war so lange her, dass Tomura zu einer richtigen Familie dazugehört hatte, dass das warme Kribbeln in seinem Bauch definitiv jede negative Empfindung über ihr Zuspätkommen neutralisierte.
Als Touya und er schließlich ihre Plätze nebeneinander im Auto einnahmen, war es keine Verlegenheit mehr, welche Tomuras Wangen rot färbte, sondern das pure Serotonin, welches durch seine Adern schoss.
Touya und er hatten einmal eine Präsentation darüber gehalten, was es bedeutete, Glück zu verspüren.
In diesem Moment kannte die Tomura die Antwort darauf ganz genau ...
>>Hallo, Touya. Es freut mich, dich zu sehen. Du siehst sehr hübsch aus. <<, erklang Kurogiris ruhige und zustimmende Stimme vom Fahrersitz aus.
>>Danke, Kuro. Es muss wohl daran liegen, dass ich endlich zwölf verdammt anstrengende Schuljahre hinter mich gebracht habe. <<
>>Ja. Ich kann mich noch gut an meine eigene Erleichterung erinnern, als ich den ganzen Stress endlich hinter mich gebracht habe. Wie geht es mit deinem Buch voran? <<
>>Das grobe Skript für die Handlung steht. Ich habe vor zwei Wochen das erste Kapitel, gemeinsam mit einer kleinen Zusammenfassung, an einen lokalen Buchverlag geschickt und warte noch auf ihre Rückmeldung. Ich hoffe, sie zeigen Interesse. <<, antwortete Touya mit einem bescheidenen Lächeln.
>>Gut. Der erste Schritt ist immer der schwerste. Ich bin mir sicher, dass alles ganz leicht verlaufen wird, sobald der erste Verlag einmal anbeißt. <<
>>Natürlich wird es das! Jeder, der Touya keine Chance gibt, ist ein verdammter Idiot. <<, warf Tomura voller Überzeugung ein.
Touya hatte sich nach der Schule für ein Studium im Bereich Philosophie, an Musutafus Universität eingeschrieben. Zeitgleich hatte der Jungen vor einem halben Jahr damit angefangen, an einem eigenen Buch zu arbeiten, in welchem er seine persönlichen Erfahrungen zu den Themen Mobbing und soziale Ausgrenzung auf eine fiktive Handlung übertrug.
Seine eigenen Eindrücke aufzuschreiben, um sie auf diese Weise mit anderen Menschen zu teilen, hatte Touya sehr damit geholfen, die Dämonen aus seiner Vergangenheit zu verarbeiten. Sie würden niemals vollständig verschwinden. Es würde immer Nächte geben, in welchen der Junge keuchend und schweißgebadet aus dem Bett hochfuhr, weil die Schatten in seinem Verstand zu groß und undurchdringlich gewurden waren. Der erste Schritt war jedoch gemacht.
Der Weg bis zur Spitze des Berges war noch immer ein harter und steiniger, doch die schwerste Strecke war bereits bewältigt. Alles, was jetzt noch folgte, würde leichter sein ...
Touya hatte verdammt viel Schweiß und Herzblut in diese Arbeit gesteckt. Selbst, wenn der erste Verlag kein Interesse zeigen würde, gab es noch tausend weitere Türen, die nur darauf warteten, geöffnet zu werden.
Außerdem hatte Tomura noch immer den guten Shigaraki Namen auf seiner Seite, um damit ein freundliches Wort für Touya einzulegen ...
>>Es freut mich, dass ihr euch gegenseitig unterstützt. Ich würde es jedoch noch lieber sehen, wenn du ebenfalls damit anfangen würdest, in deine eigene Zukunft zu investieren, Tomura Shigaraki ... <<
Und auf ein Neues ...
Kurogiris subtiler Wink mit dem Zaunpfahl war kein Stück subtil mehr, nachdem sich Tomura diese Bemerkung nun schon tausend Mal anhören musste.
>>Komm schon, Kuro! Ich habe noch mein ganzes Leben vor mir, um mir den Arsch abzuschuften. Gönn mir dieses eine Jahr Pause! <<
Auch die Antwort hatte sich bereits abgenutzt.
Weder Kurogiri, noch sein Vater hatten wirklich glücklich damit gewirkt, als Tomura ihnen vor ein paar Monaten verkündet hatte, dass er ein freies Jahr nach seinem Schulabschluss einlegen würde, statt sich wie der Rest seiner Freunde sofort in seine Zukunftsplanung zu stürzen.
Die Wahrheit war ... Er wusste nicht, wie seine eigene Zukunft aussehen würde.
Er hatte keine Ahnung davon, in welche Berufsrichtung er gehen sollte. Ob er studieren oder doch gleich damit anfangen würde, zu arbeiten. Für alle anderen Menschen schienen diese Fragen so leicht zu beantworten zu sein, während sich in Tomuras Verstand nur eine gähnende Leere auftat, jedes Mal, wenn er über seine eigene Zukunft nachdachte.
Er war nicht, der erfolgreiche Unternehmersohn, welchen sich sein Vater gewünscht hatte, als er Tenko damals adoptiert hatte. Er liebte das Gaming, doch konnte sich nicht wirklich vorstellen, aus seinem Hobby seinen Beruf zu machen, so wie Shuichi es getan hatte. Er war weder besonders gut im Umgang mit anderen Menschen, so wie Jin und Himiko, noch hatte er eine große Geschichte zu erzählen, wie Touya.
Er ... Er wusste nicht genau, wer er war.
Er war Tomura Shigaraki. Tenko Shimura.
Alles andere würde die Zeit ihm verraten.
>>Ich finde, Tomura hat Recht. Er steht erst am Anfang seines Weges und steckt noch voller ungenutztem Potential. Gib ihm ein wenig Zeit und er wird den richtigen Pfad finden, da bin ich mir sicher. <<
Touyas Augen funkelten blau und intensiv, als er den Jungen ansah.
Der gequälte Junge, die leidende Seele von damals war verschwunden. Der Ausdruck in den blauen Augen war nicht länger voller Schmerz und Melancholie, sondern Hoffnung und Optimismus. Der Touya vor ihm war stark. Das war er schon immer gewesen. Früher war der Junge nur von so vielen hasserfüllten Menschen klein gehalten wurden, dass er seine eigene Stärke erst ganz zum Schluss erkannt hatte.
Tomura musste nach der warmen Hand des Jungen greifen, um sich zu vergewissern, dass Touya tatsächlich hier - bei ihm - war. In einigen Nächten wachte er noch immer keuchend und schweißgebadet auf, während sein Verstand ihm einredete, dass all das nur ein zu süßer Traum gewesen war. Manchmal blickte er in den Spiegel und erkannte Musculars sadistische Züge in seinem eigenen Gesicht. Jedes Mal, wenn er sich jedoch daraufhin herumdrehte, stand Touya hinter ihm und lächelte ihn an.
Er lächelte ihn an ...
Zwei Jahre stellten keine lange Zeitspanne im Gegensatz zu all den Jahren dar, in welchen Touya von Muscular und Tomuras Freunden erniedrigt und gequält wurden war. Dennoch hatte Tomura mitangesehen, wie Touya jeden Tag nach Musculars Arrest ein Stückchen mehr gewachsen war. Der Junge würde niemals vollständig heilen - sie beide würden das nicht - doch der Touya, welcher nun vor ihm stand, war kein blankes Abbild des Schmerzes mehr.
Dieser Touya stand für Stärke und Hoffnung.
Für all die Dinge, welche ihm so lange von anderen Menschen verwehrt wurden waren, doch welche sich der Junge mit doppelter Kraft zurückerkämpft hatte.
Vermutlich wäre die Welt ein besserer Ort, wenn jeder Mensch so viel Mut und Willensstärke besitzen würde, wie Touya es tat ...
Nun blickte er in die leuchtenden Augen seines Gegenübers, welche ihm so viel Wärme und Zuneigung entgegenbrachten.
Ihre Handflächen schmiegten sich zärtlich aneinander und passten zusammen, wie zwei lang verlorene Puzzleteile, welche endlich zusammengefügt wurden waren.
Es gab tausend verschlungene Pfade, welche Tomuras Zukunft für ihn bereithielt. Unendlich viele Chancen und Möglichkeiten, welche er ergreifen konnte.
Früher hatte er geglaubt, verloren zu sein. Nun wusste er, dass jeder Weg, welchen er jemals entlanggelaufen war, ihn ganz genau an diesen Punkt geführt hatte. Zu Kurogiri und seinem Vater. Zu seinen besten Freunden. Zu Touya.
Es gab keinen falschen Weg, solange er ihn gemeinsam mit Touya beschreiten würde ...
Mit einem Lächeln auf den Lippen und Touyas warmer Hand in der seinen, nahm er schließlich einen tiefen Atemzug.
>>Also dann, ich glaube, wir werden auf einem Ball erwartet. <<
Zum ersten Mal in seinem Leben war er wirklich angekommen.
- the end -
Diesmal tatsächlich.
Ich kann es selbst nicht ganz glauben, dass diese Geschichte, welche mich über ein Jahr lang begleitet, nun schließlich beendet ist.
"Beste Feinde" hat defintiv eine emotionale Geschichte, voller Höhen und Tiefen dargestellt. Sowohl beim Lesen, als auch beim Schreiben.
Nichtsdestotrotz hat es mir unglaublich viel Freude bereitet, mich ein wenig mehr in die Gedanken- und Gefühlswelt von Tomura und Touya hineinzuversetzen.
Ich hoffe, ihr hattet genauso viel Spaß daran, diese Geschichte zu lesen, wie ich es dabei hatte, diese Geschichte zu schreiben.
Mit diesen Worten. Bis dahin!
Vielleicht liest man sich in Zukunft mal wieder.
~ by julislifestyle ~
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