Kapitel 5: Sicht Tessa
„Warum so schreckhaft?"
Der Schatten wurde immer größer. Die Person kam auf mich zu.
Ich hätte verschwinden sollen. Hätte mich umdrehen und abhauen sollen, solange ich es noch konnte.
„Erkennst du dein deinen alten Freund nicht?"
Alter Freund? Kannte ich ihn etwa?
Aber er klang nicht freundlich. Vielleicht kannte ich ihn tatsächlich von früher und jetzt kam er zu mir, um eine Rechnung abzugleichen.
„Wer bist du?", schrie ich in die Finsternis.
Ein paar Sekunden herrschte Stille, bevor ich eine Antwort bekam.
„Scheiße, du erinnerst dich ja wirklich nicht. Aber es sind exakt 666 Tage um. Es hätte schon längst wieder einsetzen müssen. Ach verdammt! Das tut mir Leid. Ich wollte dir keine Angst einjagen."
Und dann trat er vollständig aus dem Nebel heraus, so dass ich ihn erkennen konnte.
Es war ein Junge etwa in meinem Alter, seine Haut war hell, er hatte dunkelbraune Haare, die wild in alle Richtungen abstanden. Die grünen Augen leuchteten unfassbar intensiv und man merkte seinen Lippen an, dass normalerweise ein verschmitztes Lächeln darauf lag. Obwohl er jetzt ziemlich verwirrt da stand.
„Cam!"
Wo war das hergekommen? Hatte ich das gesagt? Ja, aber wer war Cam? Was war Cam?
Die Worte waren einfach so meinem Mund entflossen.
„Du erinnerst dich also doch!", jetzt lachte der Junge wieder. Diesmal klang es weit weniger bedrohlich.
„Du kleine gemeine Schauspielerin! Du hast mir Angst gemacht!"
Er lief auf mich zu, die Arme ausgebreitet.
Was war hier los?
Ich stand wie einfrieren da, schockstarr.
Und dann war er bei mir. Seine Arme umschlossen mich, er presste mich an sich, während er mir ins Ohr flüsterte: „Willkommen zurück, Tessa!"
Ich versuchte ihn zurückzudrücken, mich von ihm losmachen, als eine Erinnerung in meinem Kopf auftauchte.
Es war nur eine kleine, ein Fetzen, den ich erbarmungslos an die Oberfläche zog. Ich wollte unbedingt wissen, was es war.
Ein blasses Bild vor meinem inneren Auge. Verzweifelt versuchte ich, mich zu erinnern, das Bild scharf zu stellen. Dann erkannte ich zwei Menschen, die sich umarmten.
Ein Mädchen und einen Jungen. Das Mädchen hatte schwarze Haare, von der Farbe her ähnelten sie meinen, aber sie waren kürzer geschnitten. Der Junge hatte dunkelbraune Haare. War er das? Der Junge der mich jetzt gerade umarmte?
Ich versuchte nicht ch immer, mich aus seinem Gruff herauszuwinden, als mir wieder dieses eine Wort durch den Kopf schoss: Cam.
Und dann flossen unheimlich viele Erinnerungen auf mich ein.
Es waren schreckliche Dinge, die da passierten. Leute starben, es gab Massaker, zerstörte Häuser, ganze zerstörte Städte, vermummte Menschen mit Skimasken, die wahllos Menschen anschossen, Unmengen an Blut. Aber bei jeder dieser Erinnerungen waren der Junge und ich. Er war Cam. Und ich fühlte mich geborgen in seinen Armen, als wäre ich mach langer Zeit voller Heimweh endlich zuhause angekommen.
Also ließ ich mich fallen. Aber in dem Moment hörte er auf, mich festzuhalten.
Und ich fiel auf die Erde.
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