Überraschung!

Samstag

-dingdong-

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnet Amelie endlich die Tür. Ihre Haare stehen in alle Richtungen ab und sie trägt einen Schlafanzug. Sie blickt von mir zu Paddy und wieder zurück zu mir. Dann schliesst sie abrupt die Tür und ruft von innen: „Eine Minute!".



Ich blicke Paddy an und grinse. „Scheinbar haben wir da jemanden aus dem Bett geklingelt." Paddy steckt seine Hände in die Hosentasche und lehnt sich an die Wand neben der Tür. „Wie lange wohl diese Minute dauern wird?" Ich zucke mit den Schultern und antworte schmunzelnd: „Das weiss man bei Amelie nie so genau. Ich frage mich eher, warum sie um diese Zeit noch im Bett ist." Ich blicke auf die Uhr - es ist 15 Uhr.



Aus der einen Minute wurden zehn - oder sogar fünfzehn? Paddy und ich haben uns neben die Tür gesetzt und ich habe mich an ihn gekuschelt. Ich habe ihm von meiner Woche erzählt und er mir von seiner. 



Als die Türe schliesslich wieder auf geht, blickt uns eine frisch gestylte und angezogene Amelie fröhlich an. „Sorry, kommt herein. Ich habe geschlafen und... naja... wenn Paddy vor der Tür steht, so aus heiterem Himmel..."

„Alles gut. Wir wollen dich auch eigentlich nur abholen." Amelie blickt mich erschrocken an. „Waren wir verabredet?" Paddy inspiziert inzwischen Amelies Wohnung - das ist so eine Macke von ihm, wenn er in einer neuen Wohnung ist. Erst mal die Lage checken.

„Quatsch, aber wir wollten dich überraschen und dich zum Konzert einladen." Amelie grinst über das ganze Gesicht. „Echt? Oh wow das ist ja mega lieb. Natürlich komme ich! Wartet, ich packe kurz meine Sachen, dann gehts los. Darf ich wieder in den Backstagebereich?" Paddy dreht sich um. „Ehm... ich denke schon." Er kramt in seiner Jackeninnentasche, zieht die Konzertkarte heraus und liest: „All Access Backstage VIP Pass". Amelie klatscht freudig in die Hände und gibt ein kurzes ziemlich hohes Quietschen von sich. Dann stürmt sie los, und beginnt ihre Tasche zu packen.





„Nochmals vielen herzlichen Dank für diese Überraschung", Amelie strahlt über das ganze Gesicht. Sie hat nicht nur einen Backstagepass bekommen,  wir sitzen sogar in Reihe 1, direkt in der Mitte. „Ach, das ist doch selbstverständlich. Wenn er schon in Bremen spielt, gehört dein Hintern nirgends anders hin, als hier her auf diesen Stuhl direkt vor der Bühne. Punkt - Ende -Aus." Amelie lacht. „Also lange wird mein Hintern aber nicht auf diesem Stuhl bleiben, das ist dir ja wohl klar."


Während wir darauf warten, dass das Konzert los geht, lasse ich meinen Blick durch die Reihen schweifen. Einige Gesichter kommen mir - leider - sehr bekannt vor, denn die typischen >am-backstage-eingang-lauernden-fangirls<  kennt man irgendwann einfach.


Das Licht geht aus und Paddy startet seine Show. Auch wenn ich jetzt schon bei ein paar Konzerten war, ist es doch immer wieder aufregend. Ihn so auf der Bühne rumturnen zu sehen, macht mich irgendwie auch ein bisschen Stolz - immerhin ist er mein Freund. Freund... Ich muss schmunzeln. Hätte mir das jemand vor ein paar Wochen erzählt, ich hätte ihn für völlig verrückt gehalten.





In der Pause gehen Amelie und ich nach hinten in den Backstagebereich. Von Paddy ist weit und breit keine Spur. Ich sehe nur Kallas, Christian und Hendrik, die sich gerade am Buffet bedienen. „Ich geh mal zu den Jungs", sagt Amelie und ist schon verschwunden. Ich stehe jetzt ein wenig verloren in der Gegend herum und entscheide mich Paddy suchen zu gehen. Weit kann er ja nicht sein.


Tatsächlich finde ich ihn in einer ruhigen Ecke auf einer Couch liegen. „Na du? Schon fix und alle?" Paddy streckt seine Hand nach mir aus und zieht mich am Arm zu sich auf die Couch. „Nicht wirklich aber mir war gerade irgendwie ein wenig schwindelig." Ich schaue ihn erschrocken an. „Wie... schwindelig? Alles in Ordnung?" Er gibt mir einen Kuss. „Mach dir mal keine Sorgen, hab wohl zu wenig getrunken heute." Ich schnaube. „Pass bloss auf, dass du mir da auf der Bühne nicht umkippst. Du solltest das Wasser auf der Bühne wohl lieber trinken, als es dir über den Kopf zu pusten." Er küsst mich nochmals. „Das ist doch deine Lieblingsszene, die lasse ich bestimmt nicht aus."


Nach einer Viertelstunde muss Paddy zurück. Wir wären beinahe auf der Couch eingeschlafen. Paddy hat eine sehr beruhigende Wirkung auf mich - ich scheinbar auch auf ihn. Zum Glück hat sein Handy vibriert und wir sind aus dem fast-einschlafen hoch gejuckt.


„Wichtig?", frage ich, während wir in Richtung Bühne laufen. Paddy schreibt eine sehr lange SMS und schaut dabei sehr ernst. „Mhm... ehm nein. Nicht der Rede wert." An seinem Tonfall merke ich aber, dass das nicht stimmt. „Sag schon", hake ich nach und bleibe stehen. „ Nicht jetzt, wir reden später." Er gibt mir einen Kuss und verschwindet.


Ich gehe zu Amelie, die noch mit Kallas am Buffet steht. „Hey Kallas, ich glaube du musst wieder auf die Bühne", ich schnappe mir ein Lachsbrötchen. Kallas blickt sich um. „Oh hoppla, schon alle weg!", und schon ist auch er verschwunden. Amelie, mein Lachsbrötchen und ich gehen zurück zu unseren Plätzen.




Paddy schmettert einen Song nach dem anderen heraus. Das Publikum tobt, lacht, weint und singt laut mit. Er hat die Masse voll im Griff - wenn er zwischen den Songs mit dem Publikum spricht, bekomme ich immer so ein warmes Gefühl im Bauch. Ich könnte seinen Geschichten stundenlang lauschen.


Er macht Witze und lässt dabei auch ein paar Damen im Publikum ziemlich auflaufen. Er mag es nämlich gar nicht, wenn ihm irgendetwas von Selfie oder ähnlichem zugerufen wird. Zu sehr erinnert ihn dieses Gekreische und reingerufen an früher - damit hat er abgeschlossen und darauf hat er auch keinen Bock mehr. Die Damen, wie er immer so nett sagt, sollen auf ihren Plätzen bleiben, der Musik lauschen und dann zu ihren Ehemännern nach Hause gehen und sich an denen erfreuen. Die würden ihnen schliesslich mehr geben, als er. Ob das die Frauen auch so sehen?



Nach dem Konzert gehe ich mit Amelie nach Hause. Paddy wird mich dann später bei ihr abholen. „Und hat es dir gefallen?", frage ich und setze mich ein wenig erschöpft auf die Couch. „Bombastisch wie immer." Amelie ist noch immer völlig aufgekratzt. Wie macht sie das nur?


„Du sagst es", gebe ich zurück und schliesse kurz meine Augen. „Warum bin ich eigentlich nach einem Konzert immer so müde? Ich habe gar nichts gemacht ausser zugehört und manchmal ein bisschen mitgetanzt. Ich fühle mich als wäre ich einen Marathon gelaufen." Amelie lässt sich neben mich auf die Couch fallen und grinst mich an. „Tja vielleicht bist du ja auch müde von dem was ihr VOOOOR  dem Konzert gemacht habt." Ich rolle mit den Augen.

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