Home sweet home 2.0
Während ich meine Pizza geniesse erzählt Paddy von seinem neuen Album. „Ich habe bereits fünf Songs eingespielt und bei drei weiteren sind wir gerade am Feintuning." „Ist es eigentlich bekannt, dass bald ein neues Album von dir kommen wird?"
„Nein, das läuft alles im Hintergrund. Es soll sozusagen eine Überraschung für die Fans sein." „Wann soll es denn heraus kommen?" „Ich denke spätestens gegen Ende des Jahres. Ich will es erst raushauen wenn es perfekt ist." „Perfekt ist langweilig", rutscht es mir heraus. „Für mich muss es eben perfekt sein, sonst ärgere ich mich nachher jedes Mal wenn ich es mir anhöre." „Ein Perfektionist bist du also auch", sage ich grinsend und hoffe er nimmt es mir nicht übel. „Leider ja, aber das ist egal. Da keiner von meinem Album weiss, spielt es auch keine Rolle wann es raus kommt." „Auch wieder wahr. Kann ich von deinem Risotto probieren?" „Klar, bedien dich."
„Warum bist du eigentlich nicht in den Zug gestiegen?", fragt Paddy aus heiterem Himmel. Gerade hatten wir uns noch über die nicht vorhandene Tischdeko lustig gemacht. „Ich weiss es auch nicht so genau. Es hat sich einfach falsch angefühlt, irgend etwas hat mich zurückgehalten aber ich kann dir nicht genau sagen was." Ich schaue Paddy an und wundere mich dass er mich mit einem breiten Grinsen ansieht. „Was?" Er zuckt nur mit den Schultern und grinst weiter vor sich hin. „Was denn?", versuche ich es noch einmal. „Nichts, alles gut." Er grinst immer noch und das macht mich wahnsinnig... nervös?
Ich lasse mir meine Unsicherheit nicht anmerken und versuche das Thema wieder auf ihn zu lenken. „Sag mal, wenn man so berühmt ist wie du, wie ist das denn mit einer Freundin oder einer Frau?" „Wie soll das sein?" „Ist das einfach oder schwierig?" Paddy zuckt mit den Schultern. „Kommt ganz auf die Frau an. Meine Exfreundin wollte nicht in die Öffentlichkeit und das war manchmal sehr schwierig. Für die Presse und die Fans ist das natürlich ein sehr interessantes Thema." Mir fällt ein, dass ich beim Friseur auch immer diese Klatschheftchen lese und schaue wer mit wem gerade eine Beziehung hat. Ich habe mir aber noch nie Gedanken darüber gemacht, ob diese Partner auch wirklich so in der Öffentlichkeit stehen wollen.
„Wie habt ihr das denn gemacht?" „Wenn wir gemeinsam unterwegs waren mussten wir halt immer aufpassen - man durfte ja nicht sehen, dass zwischen uns etwas läuft. Das war auch der Grund warum ich mich getrennt habe. Sie wollte nicht einmal, dass ich ihr den Arm in der Öffentlichkeit um die Schulter lege." „Echt? Aber das macht man ja auch bei Freunden." „Genau das habe ich auch immer gesagt, aber sie wollte nicht und ich habe es akzeptiert." „Wie lange ward ihr denn zusammen?" „Drei Jahre", antwortet Paddy knapp. „Und bis wann?" „Wir haben uns vor knapp einem Jahr getrennt." Das Thema scheint ihm unangenehm zu sein, denn er knibbelt an seinen Fingernägeln - und die sehen so aus, als tue er das sonst nie.
Gerade als ich etwas sagen will, steht die Kellnerin neben uns. „Hat es geschmeckt?" Sie beginnt die Teller abzuräumen. „Ja, ganz hervorragend. Richten sie das bitte auch dem Koch aus und sagen sie ihm einen lieben Gruss von Mike." Die Kellnerin nickt und verschwindet in der Küche. „Mike?", frage ich amüsiert. „Ich binde nicht gleich jedem auf die Nase wer ich bin. Schutzmechanismus. Passiert irgendwie automatisch. Willst du noch einen Kaffe oder ein Dessert?" Von diesem raschen Themenwechsel bin ich leicht überrumpelt. „Ehm, nein danke." Paddy winkt die Kellnerin wieder zu sich und bitte sie, ihm die Rechnung zu bringen. Scheinbar möchte auch er keinen Nachtisch.
Während wir zum Auto laufen ist Paddy sehr still. Er hat seine Hände in den Hosentaschen vergraben und blickt beim Laufen stur auf den Boden. „Alles in Ordnung?", frage ich nach einer Weile. Er bleibt stehen und blickt mir direkt in die Augen. „Können wir einen Deal machen?" Ich bleibe ebenfalls stehen. „Okay", sage ich unsicher. „Lass uns in der Zeit in der du hier bist nicht über unsere Ex-Partner sprechen. Ich habe mit Hannah abgeschlossen. Wir können gerne über alles mögliche aus der Vergangenheit sprechen aber nicht über meine Beziehungen." Da ich mit dieser Bitte nicht gerechnet habe sage ich nochmals: „Okay." Paddy läuft weiter und auch ich setze mich wieder in Bewegung. Entweder sitzt der Schmerz ziemlich tief oder er hat tatsächlich damit abgeschlossen. Hannah - eigentlich ein hübscher Name.
„Home sweet home", Paddy öffnet die Tür und lässt mich eintreten. Irgendwie fühlt es sich tatsächlich wie nach Hause kommen an. Ich ziehe meine Jacke und meine Schuhe aus und schmeisse meine Tasche auf den Boden. Paddy hebt sie auf und legt sie auf den Küchentresen. „Ich glaube wir brauchen einen Platz für deine Sachen." Er holt einen Stuhl von draussen, stellt ihn neben die Eingangstüre und verstaut meine Schuhe darunter. Meine Tasche legt er oben drauf und begutachtet sein Werk. "Ordnungsfreak also auch", sage ich leise.
Ich drehe mich um, gehe zur Couch und lege mich hin. „Boah ich habe echt zu viel Pizza gegessen." Paddy hebt meine Beine an und setzt sich. Meine Beine liegen nun auf seinem Schoss und er beginnt meinen linken Fuss zu massieren. Dafür, dass wir uns gerade mal vier Tage kennen, hat er scheinbar keine Berührungsängste. Ich überlege, wann ich meine Füsse das letzte Mal gewaschen habe und mir fällt ein, dass ich heute morgen geduscht habe - oder war das gestern? „Entspann dich mal ein bisschen. Deine Füsse sind ja total verkrampft." Ich schliesse die Augen und versuche mich zu entspannen - was gerade gar nicht so einfach ist.
Paddy beginnt leise eine Melodie zu summen und ich frage mich, womit ich das hier eigentlich alles verdient habe. Paddy kennt mich doch gar nicht richtig und trotzdem lässt er mich hier wohnen, zeigt mir die Stadt, geht mit mir Essen, geht mit mir zum Bowling und massiert mir zu allem noch meine Füsse. Wer hat mir diesen Menschen nur in mein Leben geschickt? An wen soll ich denn jetzt die Dankeskarte schicken?
„Wann soll ich dich morgen wecken?", höre ich Paddy fragen. Ich war ganz in die Melodie versunken, die er vor sich hin gesummt hat. „Um 10?" „Perfekt. Ich weck dich und gehe anschliessend Brötchen holen. Dann kannst du in Ruhe aufstehen und hast das Badezimmer für dich."
„Warum bist du so lieb zu mir?", rutscht es mir über die Lippen. „Weil ich dich mag." „Achja?" „Würde ich dich nicht mögen, dürftest du wohl kaum in meinem Bett schlafen. Ausserdem bin ich froh nicht alleine zu sein und du kannst mir gerne beim Putzen und Aufräumen helfen." Ich ziehe meine Füsse weg und setze mich auf. „Achja? Ich bin also nur eine Putzfrau? Wird ja immer besser", sage ich gespielt empört. Paddy fängt an zu lachen. „Klar, diese Chance bekomme ich bestimmt nie wieder." Ich boxe ihm in die Schulter. „Ich putze hier kein einziges Staubkörnchen weg." „Will ich auch hoffen, hier gibt es nämlich keinen Staub und wenn doch, muss ich Emma leider kündigen." Ich stutze. „Emma?" „Meine Haushälterin. Sie kommt einmal pro Woche und putzt meine Bude. Ich bin ja oft weg und sie schaut, dass hier alles in Ordnung ist. Solltest du also Staub finden, geht das auf ihre Kappe." „Ein Haushälterin könnte ich auch gebrauchen. Vielleicht nehm ich Emma ja einfach mit nach München." „Wehe, Emma gehört mir. Lass uns jetzt schlafen, ich hab morgen noch das Meeting mit meinem Management und muss mich vorher noch ein wenig darauf vorbereiten. Ich war die letzten Tage irgendwie anderweitig beschäftigt." Ich hebe meine Hände in die Luft. „Also ich bin unschuldig." „Natürlich", sagt Paddy und steht auf. „Willst du zuerst ins Bad oder soll ich?", fragt er und sieht mich an. Seine Augen sehen müde aus. „Geh du, ich muss erst noch meine Sachen aus dem Koffer holen."
Während Paddy im Badezimmer ist, verschwinde ich in den Tiefen meines Koffers. Mit Schlafanzug, Kulturbeutel, Haarbürste und meinem Ladekabel bewaffnet setze ich mich aufs Bett und warte. Paddy kommt aus der Tür und trägt Boxershorts - sonst nichts. Ich blicke rasch auf mein Handy, welches in meiner Hand liegt und beginne irgendwas anzutippen. Paddy stellt sich vor mich und räuspert sich. Ich blicke von seinen Füssen nach oben zu seinem Bauch und dann in sein Gesicht. „Du sitzt auf meinem Shirt." Ich rutsche auf die Seite und halte ihm das Shirt hin, welches er sich sofort über den Kopf zieht.
„Normalerweise schlafe ich ohne Shirt aber ich will dich ja nicht erschrecken." „Dafür ist es jetzt zu spät", rutscht es mir heraus. „Soll ichs wieder ausziehen?" „Würde mich nicht stören." Ich stehe auf, schnappe mir meine Sachen und stolpere rasch ins Badezimmer. Ich schliesse die Tür und lehne mich von innen mit der Stirn dagegen. Habe ich das gerade wirklich gesagt? Bin ich bescheuert? Wenn man es genau nimmt, hat aber eigentlich Paddy angefangen halbnackt vor mir herumzuturnen - also ist es seine Schuld. Ich schüttle den Kopf und mache mich bettfertig.
Bevor ich die Türe öffne, atme ich einmal tief ein und hoffe, dass er schon eingeschlafen ist. Ich habe mir extra lange Zeit gelassen. Draussen brennt nur noch das kleine Licht auf dem Nachttisch neben dem Bett. Als ich zur Couch schaue muss ich grinsen. Das Shirt hängt über der Lehne. „Schlaf gut", höre ich Paddy sagen. Ich schlüpfe ins Bett und lösche das Licht. „Du auch."
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