Kapitel 14

Verstört starrte Komissar Hain auf den Zeitungsartikel vor sich in seinem Büro. Er handelte davon, dass gestern eine reiche Familie vom Urlaub nach Hause gekommen ist und im Schlafzimmer Licht brannte. Die Tür stand offen, mit einem Schlüssel aus Modelliermasse geöffnet. Im Schlafzimmer lag ein junger Mann, der nicht geweckt werden konnte. Nach neunzehn Stunden wachte er auf. Man warf ihm sofort Einbruch vor, doch er verteidigte sich mit der Geschichte, dass ein Freund von ihm ihm das Haus geliehen hätte, er hätte gedacht, auf legale Weise, aber in der Nacht sei der Freund aufgetaucht und hätte die Freundin des jungen Mannes umgebracht. Das schockierendste war: die Freundin war Linda Fox, und tatsächlich schien sie verschwunden. Nach Aussage des Mannes hieß sein ehemaliger Freund Ben, war sechs Jahre alt und lebte im Waisenhaus. Das brachte alle hysterisch zum Lachen. Ein sechsjähriger Junge, der mordete? Doch Peter Hain nahm die Aussage des jungen Mannes ernst. Auch das Opfer, Linda Fox, hatte von einem Ben gesprochen, der allem Anschein nach im Haus  gewesen war, als Relda starb. Peter seufzte. Linda hatte ihm bei seinem zweiten Besuch die Nummer von Bens Eltern gegeben, sie hatte sie im Telefonbuch gefunden, sie hatte die Nummer dort eingeklebt. Unruhig wählte Peter die Nummer. Die Eltern hatten sich nicht mehr gemeldet, nachdem Ben Linda mit einer Droge gefüttert hatte, die sie alles vergessen ließ. Nach einem Bluttest war das mit der Droge herausgekommen. Standen die Eltern vielleicht mit dem jungen Mörder unter einer Decke? Eine monotone Stimme erklang. "Anruf wird weitergeleitet..." Peter kniff die Lippen zusammen.Die Eltern waren nicht da, oder wo anders.

"Hallo?", meldete sich eine Stimme.

"Hallo. Ich würde gerne mit den Eltern von einem Ben sprechen."

"Die sind doch schon alle krepiert.", die Langweile in der Stimme der Frau schockierte Peter. Der Satz hatte es schließlich in sich! Sprach jemand so gelassen über den Tod von.. Verwandten? Freunden?

"Sie... sind tot?."

"Ich meine, ich bin am Leben.", sie lachte mit einer knittrigen Stimme, "Kleiner Scherz. Jap. Sie sind tot. Allesamt."

"Wer sind Allesamt?"

"Sie stellen ja Fragen, mein Herr. Wer sind sie überhaupt?"

"Die Polizei. Und ich erwarte eine Antwort."

Die Stimme schwieg.

"Allesamt sind die Eltern des Jungen. Und mein Ex, er zog nach der Scheidung zu unseren Kindern."

"Wissen sie, wie die Personen gestorben sind? Und wann."

"Ich weiß es nicht genau... Sie hatten Angst und riefen bei mir an, was sehr selten war, wir standen auf Kriegsfuß. Sie gaben mir die Festnetznummer einer... warten sie... Linda Fox. Zu der Dame wollten sie Ben schicken. Sie sagten mir, dass sie vermutlich sterben würden. Vielleicht würde Linda Fox den Jungen aufnehmen. Sie riefen danach nie wieder an." Ihre Stimme zitterte, eher wegen dem Gedanken, dass ein Polizist sie ausfragte, als wegen dem Tod ihrer Familie.

"Wie heißen sie?"

"Nadine Geifert."

"Wir hören uns."

Peter legte auf. Der Anruf hatte ihn ein ganzes Stück weitergebracht. Nun wusste er, weshalb Ben ohne Halt morden konnte, weshalb er hin konnte, wo er wollte, weshalb man sagte, er wohnte im Waisenhaus. Seine Eltern sollten sterben. War Ben vielleicht sogar der Mörder? Peter schüttelte sich. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Junge allein so... brutal sein konnte. Vor allem in dem Alter... Ihm kam eine Idee. Schnell drückte er auf den Knopf 'Nummer vom letzten Anruf wählen' seines Telefons. Nadine Geifert meldete sich nach ein paar Sekunden.

"Ich habe noch Fragen an Sie. Erstens: Sind sie das Letzte lebende Mitglied ihrer Familie?"

"Ich habe noch Mal geheiratet, aber von Bens Familie direkt bin ich die Letzte."

"Aha. Und: Zweitens: Hatte er eine Krankheit?"

"Er hatte dauernd Schnupfen. Und... Ach ja. Er hatte eine Art Anfälle. Manchmal nur 10 Minuten, manchmal über mehrere Tage. Er war ein liebenswerter Junge, doch während den Anfällen verhielt er sich wie ein Erwachsener, mit einem ausgeprägten Sinn für Schwarzen Humor... und er drohte uns. Das war der Grund, weshalb ich mit der Familie auf Kriegsfuß stand. Es machte mir Angst, täglich zu hören, dass ich sterben würde. Ich sagte, Ben sollte in eine Psychatrie. Mein Mann schlug sich auf die Seite von Bens Eltern und ein Streit entstand. Bens Anfälle dauerten mit jedem Mal länger."

"Danke."

Peter legte wieder auf. Das klang ihn stark nach Schizophrenie. Das Telefon klingelte.  Sein Vorsitzender war dran.

"Nehmen sie den Fall von dem Unfall mit Relda auf. Ich glaube, da steckt mehr hinter.", sagte der Mann. Peter grinste.

"Habe ich schon längst."



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